Problem von Anonym - 20 Jahre

Ich weiß nicht mehr weiter

Momentan fühle ich mich hilflos, nicht genug und so als würde ich überhaupt nichts richtig machen. Es fühlt sich an als wäre ich wieder in ein tiefes Loch gefallen und keiner möchte mir so richtig helfen.
Ich war über die Jahre hinweg bei mehreren Ärzten die mir nicht weiterhelfen wollte, da meine Gedanken und mein extremes Verhalten/extreme Gefühle ja total normal sei.
Ich fühle mich zurzeit einfach so schlecht. Habe das Gefühl ich bringe niemanden weiter und bin nur eine Last für jeden.
Würde vielleicht dich gerne wieder eine Therapie anfangen, jedoch weiß ich nicht wie ich da vorgehen sollte..

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende oder lieber Ratsuchender,

ich danke dir, dass du uns vertraust und uns geschrieben hast. Das ist sehr toll und ehrt dich sehr.
Ich finde es zunächst einmal auch richtig toll von dir, dass du erkennst, dass du leidest und den Mut hast, dich diesem Leid zu stellen und du auch versucht hast, dir Hilfe bei Ärzten zu suchen.

Dunkles Loch

Es tut mir leid, zu lesen, dass du dich so hilflos fühlst und so leidest. Wenn das für dich in Ordnung ist, fühl dich von mir gedrückt.

Doch glaube mir bitte, wenn ich dir schreibe, dass es Wege aus diesem dunklen Loch gibt. Du fühlst dich hilflos, das lese ich deutlich heraus und brauchst jemanden, der dir hilft. Ich möchte jemand sein, die dir helfen will, aber ich bin mir sicher, dass es auch noch andere Menschen gibt, die dir helfen wollen und können. Ich hoffe aber, dass ich dir eine erste Hilfe sein kann.

Um dich besser zu verstehen und auch deine momentane Lage, habe ich einige Fragen an dich, die du beantworten kannst, aber nicht musst. Es reicht auch, wenn du dir die Fragen selbst stellst und für dich beantwortest, um Klarheit zu finden:
Wie kommst es, dass du dich gerade so fühlst? Was meinst du, ist der Auslöser dafür? Warum fühlst du dich so hilflos und wie kam es dazu, dass du in dieses tiefe Loch gefallen bist? Warum denkst du, dass dir keiner helfen möchte? Ist das wirklich so oder ein Gefühl von dir? Du schreibst auch, dass du "wieder" in ein tiefes Loch gefallen bist. Ich nehme an, dass es dir also zwischendurch wieder besser ging, stimmt das? Wie kam es dazu, dass du aus dem Loch wieder herauskamst, was hat dir geholfen oder was hat sich verändert? Ich möchte dein Geschriebenes nicht anzweifeln, weil ich dir glaube, aber ich vermute, dass es sicherlich jemanden gibt, der dir helfen möchte. Nur diesen jemand musst du noch wahrscheinlich finden.

Mich würde auch interessieren, wieso du das Gefühl hast, dass du niemanden weiter bringst und nur eine Last für andere bist. Ist das wirklich so oder wie du schon schreibst, nur ein Gefühl und woher kommt das? Ich bitte dich, in dich zu gehen und dich zu fragen, ob an dem Gefühl wirklich etwas dran ist oder nicht vielleicht aus Selbstzweifeln kommen. Vielleicht wird es dir schwer fallen, dich diesen Fragen zu stellen. Schließlich bedeutet das auch, sich den Problemen und sich mit Abgründen zu befassen. Das kann schmerzhaft sein, aber ist ein wichtiger Schritt, damit es dir wieder besser geht und dir geholfen werden kann.

Ich würde mich auch freuen, wenn du mir noch einmal deine Antworten schreiben würdest, denn dann könnte ich dich besser verstehen und dir noch besser helfen. Du kannst hier anonym schreiben, dir wird nichts passieren, wenn du das machst, das ist ein geschützter Raum. Aber natürlich nur, wenn du auch willst. Wenn du nicht willst, akzeptiere ich das.

Auf der Suche nach Ärzten

Es tut mir leid, dass du bereits bei vielen Ärzten warst und sie dir nicht helfen konnten. Das kann sehr entmutigend, deprimierend und enttäuschend sein, solche schlechten Erfahrungen gemacht zu haben. Umso schöner finde ich, dass du dennoch nach Hilfe suchst und nicht aufgibst. Ich bewundere dich für diesen Durchhaltewillen. Es klingt für mich so als hätten sie dich und dein Problem nicht wirklich ernst genommen. Doch das, was du schreibst, erscheint mir nicht nach einem normalen Zustand, ohne das zu bewerten. Es klingt für mich nach einem ernsten Problem, du hast allen Grund, dir Hilfe zu suchen. Mich würde interessieren, was denn die Ärzte genau gesagt und gemacht haben. Bei welchen Ärzten warst du denn? Es wäre schön, wenn du vielleicht genauer auch darauf eingehen kannst, was du mit extremen Gefühlen, Verhalten und Gedanken meinst. Das könnte mir Klarheit bringen, um dir mehr zu helfen.

Gefühl, eine Last für andere zu sein

Es tut mir auch sehr leid, dass du so schlecht von dir schreibst und das Gefühl hast, dass du andere belastest. Wie kommst du denn auf diesen Gedanken? Hat das denn jemand konkret mal mitgeteilt? Oder sind es nicht vielleicht auch nur deine eigenen Gedanken? Ich möchte auf keinen Fall dir das Gefühl geben, nicht verstanden zu werden. Ich nehme deine Worte sehr ernst und glaube es dir auch, dass du dich so fühlst. Vermutlich empfindest du dich als Belastung, weil du dich so hilflos hilfst, von anderen Hilfe brauchst und nicht weiter weißt. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege. Es ist absolut nicht verwerflich, dass du dich so fühlst, du kannst dafür nichts, bitte mach dir keine Vorwürfe. Du schreibst selbst, dass du das "Gefühl" hast, dass es so ist. Du trennst deine Empfindungen und Fakten, was super reflektiert von dir ist! Gefühle sind natürlich sehr subjektiv, spiegeln aber nicht unbedingt das wider, was wirklich ist. Was du empfindest, bleibt dir überlasen, aber es kann auch nur eben ein Gefühl sein. Dieses Gefühl wirkt sich aber vermutlich stark auf deine Wahrnehmung aus.

Ich bin mir sicher, dass du auch Dinge richtig machst, aber diese vielleicht ausblendest, weil du dich auf das Negative konzentrierst? Magst du vielleicht in dich gehen und schauen, was wir vielleicht liegt oder was du gut kannst? Vielleicht kannst du deine Familie und Freunde danach fragen, was sie an dir schätzen und was ihnen in den Sinn kommt, was du gut kannst. Gibt es vielleicht auch Dinge, die du gern machst, bestimmte Hobbys oder Ähnliches? Vielleicht kannst du dich diesen Dingen mehr widmen und dadurch auch mehr Selbstvertrauen und Freude gewinnen.

Jemanden anvertrauen

Hast du vielleicht mal mit jemanden darüber gesprochen und dich anderen anvertraut?
Gibt es denn jemanden in deinem näheren Umfeld wie Freunde oder Familie, denen du dich anvertrauen kannst? Du musst das nicht allein durchstehen, du kannst dir nicht nur professionelle Hilfe suchen, sondern auch Mitmenschen mit einbeziehen, die dir nahe stehen. Du kannst auch die Menschen, denen du vertraust, fragen, ob sie dir dabei helfen, nach einem Therapeuten zu suchen und ob derjenige auch bei einem Erstgespräch dabei sein kann. Das könnte dir die Angst vor der Ungewissheit nehmen und vielleicht fühlst du dich sicherer, wenn du dann mit einem Therapeuten über deine Probleme sprichst.


Therapie anfangen

Du schreibst, dass du gerne eine Therapie beginnen möchtest, was ich total lobenswert und mutig von dir finde! Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Besserung. Ich kann verstehen, dass du da unsicher bist, schließlich weißt du nicht, wie das geht und alles Neue macht erstmal Angst. Wobei du "wieder" geschrieben hast, was mich vermuten lässt, dass du bereits Erfahrungen damit gemacht hast. Wie ist es denn damals gelaufen? Ich fasse mal die wichtigsten Schritte zur Therapiesuche zusammen, an denen du dich entlanghangeln kannst.

Es ist zwar keine Pflicht, aber schon sinnvoll, wenn du zu deinem Hausarzt gehst, ihm erklärst, wie es dir geht. Ein guter Arzt nimmt dich auch ernst. So wie ich es gelesen habe, scheinst du aber schlechte Erfahrungen mit Ärzten gehabt zu haben, was mir leid tut. Aber glaube mir: Es gibt auch viele gute Ärzte, die dir helfen und dich ernst nehmen. Es ist nur manchmal schwierig, den richtigen zu finden, aber gib bitte nicht auf. Wenn du einen gefunden hast oder bereits einen guten Hausarzt hast, kannst du betonen, dass du lange leidest und professionelle Hilfe brauchst.

Du musst aber nicht zum Hausarzt, du kannst auch direkt zum Therapeuten deiner Wahl gehen. Du kannst selbst entscheiden, ob du direkt zum Arzt gehst oder gleich zum Therapeuten.

Als nächstes geht es dran, die richtige Therapie für dich zu finden. Das musst du aber nicht alleine entscheiden. Entweder hilft dir dein Hausarzt oder der Therapeut entscheidet dies in den ersten Sprechstunden. Es gibt verschiedene Arten von Therapien. Wenn du dich schon einmal informieren möchtest, hier ist ein Link dazu: https://einguterplan.de/erstehilfe

Dein Hausarzt hat eventuell eine Liste mit Empfehlungen, oder du schaust online oder in Telefonbüchern nach Praxen.Übers Internet zu suchen, hat den Vorteil, dass du auch nach Bewertungen schauen kannst, was dir die Entscheidung erleichtern könnte. Am besten wäre es, einen Therapeuten zu suchen, der auch in der Nähe wohnt. Schließlich wirst du mindestens einmal pro Woche dort eine Sitzung besuchen.

Wenn du ein Therapeuten gefunden hast, nimmst du Kontakt auf. Dazu vereinbarst du einen Termin für eine Sprechstunde in der psychotherapeutischen Praxis. Diese können maximal 150 Minuten sein. Während der Sprechstunde bekommst du auch eine Empfehlung für die weitere Behandlung. Du hast zwei bis vier Probesitzungen. Du brauchst keine direkte Überweisung, um einen Termin zu vereinbaren. Während der Probesitzungen kannst du feststellen, ob die Chemie zwischen dir und dem Therapeuten stimmt.

Achte bitte darauf, ob du dich gut dabei fühlst. Wenn es nicht passt, ist es wirklich nicht schlimm, wenn du dir einen anderen aussuchst. Das hat nichts mit Scheitern zu tun. Du kannst jederzeit auch einen anderen Therapeuten aufsuchen, mit dem du dich besser fühlst. Damit die Behandlung klappt, ist es nämlich wichtig, dass du dich ihm öffnen und dich wohlfühlen kannst.

Es wäre auch sinnvoll, bei mehreren psychotherapeutischen Praxen anzurufen und sich nach einem Termin zu erkundigen. Denn diese Praxen haben meist Wartelisten und so erhöhst du deine Chance, möglichst bald einen Platz zu kriegen.

Falls du keinen Termin für eine Therapie bekommst, könntest du dich zur Überbrückung an Psychiatrische Institutsambulanzen wenden. Das ist eine Art Notfallpsychatrie in Krankenhäusern. Diese ist auch für Menschen zuständig, die keine Psychologen finden. Zwar kannst du da keine Therapie machen, aber bei akuten Problemen ist das eine gute erste Anlaufstelle.

Wenn es dir schlecht geht und du auf die schnelle Hilfe oder jemanden zum Reden brauchst, wende dich bitte sofort an psychologische Notdienste, die Telefonseelsorge (Telefon 0800 – 111 0 111) oder rufe einen Notarzt (Telefon 112).
Auch die Nummer gegen Kummer kann für dich eine erste Anlaufstelle sein: 116 111 oder unter https://www.nummergegenkummer.de/

Hier habe ich dir einige Links zusammengestellt, die dir helfen könnten bei deiner Entscheidung:

https://www.psychotherapiesuche.de/pid/ersteschritte
https://www.therapie.de/psyche/info/fragen/psychotherapie-ablauf/erstgespraech/
https://www.netdoktor.de/therapien/psychotherapie/
https://www.therapie.de/psyche/info/index/therapie/einleitung/
https://www.psychotherapiesuche.de/pid/therapie

Zur Überbrückung bis zum Therapieplatz

Wenn du keinen Therapieplatz oder erst viel später bekommst, musst du nicht aufgeben, es gibt Wege, um die Zeit zum Therapieplatz zu überbrücken. Einige stelle ich dir mal vor mit passenden Links.

Du könntest dich auch erkundigen, ob du Anspruch auf eine sogenannte Akutbehandlung hat. Das trifft auf Menschen in einer schweren seelischen Krise zu, diese haben Anspruch auf 12 bis 24 Therapiestunden: https://www.onmeda.de/behandlung/wartezeit-therapieplatz-psychotherapie-ueberbruecken.html.

Einen Termin für die erste Sitzung der Akutbehandlung vereinbarst du im Erstgespräch, der psychotherapeutischen Sprechstunde. Anders als bei der regulären Therapie sind keine Probesitzungen anfangs notwendig. Allerdings ist das keine dauerhafte Linderung, sondern eben für den akuten Notfall. Die Akutbehandlung soll verhindern, dass die Erkrankung schlimmer wird und sich der Zustand stabilisiert.

Möglich wäre auch einen Psychotherapeuten ohne Kassenzulassung zu suchen. Normalerweise müsste man bei der Behandlung bei einer Privatpraxis selbst zahlen. Eine Ausnahme ist aber, wenn nachgewiesen werden kann, dass eine Psychotherapie dringend notwendig ist. Und es in der Umgebung keinen zugelassenen Therapeuten gibt, der freie Plätze hat.

Weiterhin könntest du auch eine Beratungsstelle suchen, die beiden seelischen Problemen eine schnelle, kostenlose und anonyme Hilfe bieten. Die Mitarbeiter sind ausgebildete Sozialpädagogen und Psychologen. Eine Therapie können sie zwar nicht anbieten, aber anderweitig helfen, indem sie praktische Lösungen bieten, weitere Hilfsangebote bieten. Es gibt auch den sozialpsychiatrischen Dienst, der allgemein für Menschen mit psychischen Erkrankungen gedacht ist.
Die jeweiligen Telefonnummern sowie weitere Angaben findest du im Internet oder könntest bei der Stadtverwaltung nachfragen.

https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/
https://www.psychiatrie.de/kommunale-psychiatrie/sozialpsychiatrische-dienste.html

Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn du dich einer Selbsthilfegruppe anschließt. Aber nur, wenn du dich dazu bereit fühlst, dich auch anderen zu öffnen. Das setzt aber voraus, dass du weißt, womit du es zu tun hast. Das müsstest du dann mit deinem Hausarzt oder einem psychologischen Experten herausfinden. Du kannst aber auch selbst schauen, ob das für dich passend wäre. In Selbsthilfegruppe kann man sich mit Menschen treffen, die ähnliche seelische Probleme haben und sich austauschen. Das bewirkt, dass man sich verstanden, gestärkt und unterstützt fühlt. Vielleicht bekommst du so auch neue Erkenntnisse, die dir helfen können. Selbsthilfegruppen gibt es eigentlich in fast allen Städten, auch da hilft die Suche im Internet weiter: https://www.nakos.de

Bitte versuche Hilfe anzunehmen. Ich kann mir vorstellen, dass du eine schwere Zeit durchmachst und sehr leidest. Aber bitte glaub mir, wenn ich dir schreibe, dass es nicht für immer sein wird, es werden andere Zeiten kommen, es wird wieder besser werden, wenn du dir Hilfe suchst und Unterstützung annimmst, was du ja bereits tust. Wichtige Voraussetzung ist aber natürlich, dass du dafür offen bist und die Hilfe auch annimmst, wenn du dich demjenigen anvertraust, der dir helfen will und kann.

Ich hoffe, ich konnte dir helfen und wünsche dir nur das Beste. Wenn du jemanden zum Schreiben brauchst und weiter Hilfe suchst, kannst du mir jederzeit schreiben.

Liebe Grüße,
Lan