Problem von Lena - 20 Jahre

Ich weiß nicht mehr weiter ..

Hallo, ich bin jetzt 20, verheiratet und bekomme in 3 Wochen mein erstes Kind. Die Schwangerschaft war nicht geplant, aber Abtreibung kam uns nicht in den Sinn. Nun ist es schon länger so, dass mein Partner und ich uns nicht wirklich über das Baby freuen können. Allgemein war die Schwangerschaft mit vielen Problemen verbunden. Außerdem fühle ich mich in meinem Körper nicht mehr wohl, mein Partner fasst mich nicht mehr an, Zuneigung gibt es bei uns nicht mehr und ich fange an mich wertlos zu fühlen, ich ziehe mich nicht einmal mehr vor ihm aus. Er sagt immer „Ich will dein altes Ich zurück“ und folgt ständig neuen Frauen auf sozialen Netzwerken, die sich freizügig zeigen, was mich noch mehr verunsichert. Versuche ich das Thema anzusprechen nimmt er es nicht ernst, sagt dass die Probleme bald alle weg sind, aber das glaube ich nicht oder ich fange bitterlich an zu weinen und bringe kein Ton mehr raus, auch darüber macht er sich lustig, dass ich immer am weinen bin. Er ist momentan allgemein sehr auf sich fokussiert. Dies lässt mich die ganze Zeit glauben er würde sich schon nach anderen Frauen umgucken, dann kommen da noch finanzielle Probleme hinzu und die nicht vorhandene Freude auf das Baby, ich will das die Schwangerschaft endlich vorbei ist und am liebsten in mein altes Leben zurück. Aber das geht leider nicht und ich weiß nicht ob ich das übers Herz bringe das Kind zur Adoption freizugeben wenn sich bis zur Geburt nicht geändert hat, schließlich läuft es schon ziemlich lange so und verbinde die Schwangerschaft nur mit Problemen & Traurigkeit, was mir für das Baby eigentlich leid tut.

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Lena,

ich bin selbst Mutter und kenne das Gefühl sehr gut, das alte Leben zurückhaben zu wollen. Damit bist du definitiv nicht allein, auch wenn das einige Eltern nicht zugeben möchten oder sich Dinge schönreden. Auf der anderen Seite kann sich eine holprige Anfangszeit mit Baby als sehr erfüllend entpuppen, zumindest aber eine solide liebevolle Beziehung entstehen. Deswegen würde ich sagen, du solltest rein auf dich und dein Kind bezogen nicht die Flinte ins Korn werfen. Schwangerschaften sind bei Weitem nicht so rosig, wie sie oftmals dargestellt werden. Auch das kenne ich selbst nur allzu gut und ich war ebenfalls froh, als sie vorbei war. Vielleicht hilft es dir da schon, wenn du das einfach anerkennst, dass du so empfindest und versuchst, Frieden damit zu schließen. Du musst dich ja nicht auf Krampf freuen, musst dich aber auch nicht selbst noch "hineinsteigern", wenn du verstehst, was ich meine.

Das alte Leben wirst du so oder so nicht wieder haben - das ist schlichtweg eine Illusion. Auch mit Partner ohne Kinder wird es immer Veränderungen geben. Dein Mann könnte all das, was du gerade so schlimm findest, auch ohne dein Schwangersein an den Tag legen! Es klingt einfach nach grundlegenden Konflikten, die ihr beide miteinander habt - und deine Schwangerschaft verdeutlicht sie einfach noch viel stärker. Also sei da bitte ehrlich zu dir selbst und sieh der Wahrheit ins Auge.

Du HAST einen Wert, immer und überall! Und dieser hat rein gar nichts mit deinem Aussehen zutun. Wer sich wahrlich liebt, kann über bestimmte körperliche Veränderungen hinwegsehen und diese genauso annehmen und liebhaben. Mach dir da also bitte nichts vor - du bist weder schuld noch unzulänglich. Vergiss diesen Schrott im Internet, der die Leute nur massiv stresst und verunsichert. Schau auf dich und deine individuelle Schönheit, die zuallererst aus deinem Inneren leuchten kann. :)

Was ich sehr wichtig finde: Klärt eure Ehe. Lasst euch beraten - sowohl bezüglich der Zeit nach der Geburt als auch hinsichtlich eurer gravierenden Schwierigkeiten. Ich sehe da enorme Respektlosigkeit und Rücksichtslosigkeit bei ihm und kann absolut verstehen, dass du dich dadurch noch unverstandener und "wertloser" fühlst, auch wenn das objektiv gesehen natürlich Blödsinn ist. Nur weil sich dein Körper verändert (was übrigens eine ganz tolle Leistung ist, die viel zu wenig gewertschätzt wird!), bist du kein anderer Mensch. Du bist eben schwanger und stark von den Hormonen und den ganzen seelischen Veränderungen beeinflusst. Das sollte jedem werdenden Vater auch irgendwie klar sein und seine Frau entsprechend unterstützen und emotional auffangen.

Schau bitte auf dich, schau auf das, was dich glücklich macht. Wenn es dir gut geht, kannst du auch viel eher eine gute Bindung zu deinem Baby aufbauen, was besonders vor und während der Geburt, natürlich auch danach, sehr entscheidend ist. Du hast dabei das Recht auf alle erdenklichen Hilfen! Sei es in Form von psychologischer Beratung, Hebammen, Doulas, lieben Freund:innen und Familienmitgliedern, etc. ...
Im NFP-Forum gibt es auch ganz viele kompetente Frauen, die rund um Kinder, Schwangerschaft, Kummer und generelle Fragen sehr viel Wissen bereitstellen und sehr solidarisch miteinander umgehen. Vielleicht möchtest du dich dort einmal umsehen. https://www.nfp-forum.de/index.php

Übrigens bringt es total viel, sich mit anderen werdenden Eltern zu vernetzen und sich den Kummer dann auch mal von der Seele zu reden. Du bist wie gesagt nicht allein mit deinen Empfindungen und zum Glück trauen sich immer mehr Mütter, auch die Schattenseiten von Schwangerschaft und dem Mutterdasein anzusprechen und sich zu emanzipieren. Du bist immer noch du, es kommt einfach nur eine weitere Rolle hinzu, die der Mutter! Aber damit gibst du deine Persönlichkeit ja nicht auf. Du kannst dir ja auch sehr bewusst vornehmen, deine Interessen und Sozialkontakte auch nach der Geburt so intensiv wie möglich zu pflegen. Wenn dein Mann seine Vaterrolle ernst nimmt, sollte er dich dahingehend entlasten können, sodass du deine Freiräume haben kannst. Auch wenn diese anfangs noch kleiner sind - es geht stetig aufwärts. Und Durststrecken wird es immer geben, wie auch in allen anderen Lebensbereichen.

Falls es wirklich so sein sollte, dass ihr euer Baby zur Adoption freigeben möchtet, dann ist das genauso okay wie es gemeinsam als Familie zu versuchen. Solange ihr fair zueinander seid und das Bestmögliche für den kleinen Wurm anstrebt, ist da überhaupt nichts Verwerfliches dran. Kein Kind hat etwas von unglücklichen Eltern, die vielleicht auch noch eine kaputte Beziehung miteinander führen. Hier wieder meine Empfehlung, eine Familienberatungsstelle bzw. Sprechstunden für werdende Mütter/Eltern aufzusuchen.

Ich wünsche dir und deinem Kind alles erdenklich Gute und hoffe, dass sich bald Gewissheiten und positive Veränderungen einstellen werden, sodass ihr alle gut (miteinander) leben können werdet.

Alles Liebe,
Nuala