Problem von Anonym - 21 Jahre

Ich weiß auch nicht so recht

Hallo lieber Mensch vom Kummerkasten Team,
Ich habe tatsächlich schon sehr lange überlegt, ob ich nicht einfach mal hierein schreibe. Also ich glaube so vor 5 Jahren hat mir jemand mal geraten, dass ich so ein Angebot ja einfach wahrnehmen kann, da er selber dort mitgemacht hat. Ich wusste nicht so recht in welcher Kategorie ich suchen sollte und ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, ob es dazu sowas wie eine "Antwort" wirklich gibt, aber ich fühle mich gerade etwas alleine und habe das Bedürfnis zu reden, weiß aber nicht mit wem ich reden möchte und eigentlich möchte ich auch gar niemanden sehen und alles nur einmal loswerden. Wie Tagebuch schreiben, nur dass es vielleicht jemand mitbekommt. Wenn ihr keine Kapazitäten habt, tut es mir super leid, wenn ich jetzt so viel schreibe... Wie gesagt, ich glaube so richtig eine Antwort braucht das Ganze auch nicht...
Naja, ich fange mal einfach an. Ich stecke gerade im Studium und muss noch eine Hausarbeit schreiben, dann bin ich für dieses Semester durch. Hausarbeiten schreiben liegt mir nicht. Also so gar nicht. Ich habe schon immer alles mögliche vor mir hergeschoben und das zieht sich sehr stark mit ins Studium. An sich gefallen mir meine Fächer, aber dass ich alles nicht so bearbeite, wie ich es eigentlich könnte, lässt mich mirselber Vorwürfe machen. Meine Brüder (beide älter als ich) scheinen das alles besser zu und zielstrebiger zu machen. So eine klare Struktur habe ich irgendwie einfach nicht. Alleine früh aufzustehen macht mir zu schaffen. Ich bin gestern um 1 Uhr schlafen geagnegn und wollte um 9 aufstehen. Ich stand auch kurz und war im Bad. Dann habe ich mich noch einmal neben meinen Freund gelegt und bis 14 Uhr geschlafen. Gestern der Tag war nicht anstrengend, aber zu schlafen ist so entspannend und so ohne jegliche Pflichten, dass ich im moment am liebsten gar nicht aufstehen würde.
Wenn ich dann mal wieder zu spät aufgestanden bin, macht es auch keinen Sinn sich stress zu machen . Für wen denn auch? Das einzige wäre vllt. wenn man irgendwelche Öffnungszeiten für irgendwas beachten muss oder wenn man einem Prof ne Mail schreiben muss und nicht zu schlecht rüberkommen will, wenn man das erst um 2 Uhr nachts macht.
Ich dachte mir heute, dass ich gestern ja nichtmal Alkohol oder so zu mir genommen habe und trotzdem bin ich nicht zu motivieren. Die Ansprüche die ich selber und auch von meiner Familie her auf mich kommen würde ich am liesbten einfach abwehren.
Ich habe auch ein Stipendium, das mir sogar gestern erst verlängert wurde. Aber anstatt dass ich mich wirklich freue, habe ich im Hinterkopf, dass ich mir Pflichten auferlegt habe. Dass der Druck weiterzumachen immer noch da ist. Das stört schon ziemlich und oft scheint mir schon eine Aufgabe am Tag zu viel. Dann kommt noch ein Kommentar von Mama: "Warum schickst du dein Handy nicht mal ein?" (Die Antenne von meinem Handy ist seit nem Monat ca kaputt) Naja... ich muss gestehen, dass ich es gar nicht so schlecht finde, weniger erreichbar zu sein. (Habe ich natürlich nicht gesagt, sie macht sich shcließlich auch irgendwie ihre sorgen über mich. Dass ich nicht auf ie schiefe Bahn gelange. Sie hat zumindest im selben Gespräch, als ich ein lange vor mir hergeschobenes Thema angesprochen in Bezug auf meinen Freund gefragt, ob ich die Kinder vom Bahnhof Zoo kenne. Ich konnte nur sagen: Ja kenne ich und nein so ist es nicht.) Mhhh.... kurzer Exkurs und jetzt völlig vom Thema weggekommen.. Zugegegbener Maßen.. In meinem Kopf ist es, wenn ich einmal anfange drüber nachzudenken ungefähr riesen Chaos. Eins führt zum anderen und das wieder zu nichts und ganz ehrlich, es ist wie einer dieser nervigen Ohrwürmer, bei denen sich eine Zeile immer wieder wiederholt und man einfach nicht weiterkommt. Ich habe das Gefühl schon etwas länger. Mal mehr und mal weniger ausgeprägt, aber ich bin recht schlecht darin, direkt anzusprechen, was mich bedrückt und noch schlechter darin, neue Menschen auf "tiefer Ebene" kennenzulernen. Meinen Freund habe ich vor 1,5 Jahren kennengelernt und wir sind seit einem Jahr zusammen. Das entstand aus einer offenen BEziehung und er sahte mir, dass er keine BEziehung möchte und ich nicht nur sagen soll, dass es mir nichts ausmacht, weil er kenne es schon, dass es derjenigen dann doch etwas bedeutet hat und er ihr das Herz gebrochen hat. Na glückwunsch... Ich habe mir eingeredet, dass da eh nichts draus wird und hab alles eher versucht oberflächlich zu behandeln. IN mir ist da denke ich schon was anderes abgegangen. Er kam dann nach so 6 Monaten immer mal wieder an und meinte, wir müssten reden. Ich hatte keine Lust auf ein klärendes Gespräch oder so. Es konnte doch eh nur nach hinten losgehen. Aber nein, er wollte mit mir zusammen sein. Das sind wir auch noch, aber ich habe nicht das Gefühl als ICH mit ihm zusammengekommen zu sein. Ich wollte mich nicht auf ihn einlassen und ich habe es mir so so sehr ausgeredet. Ich habe es bis heute gefühlt nicht geschafft ein ernsthaft tiefgründiges Gespräch mit ihm zu führen. Wobei... vllt 1 oder 2 mal. Aber ich verschiebe ein Thema, was mir sehr auf dem Herzen liegt immer weiter auf und habe den Eindruck, dass ich jeden Tag eine Chance verpasse, einfach offen zu ihm zu sein.
Es geht darin um die Krankheit und den Tod von meinem Vater, was ich so im Alltag eben nicht einfach mal so thematisiere und bei dem ich mir auch unsicher bin, ob das allgemein meine Art ist damit umzugehen oder ich was verdränge. Also naja.. es gab schon die ein oder andere Alkoholerfahrung, die mit großem Geweine und Nachdenkerei geendet hat, was mir eigentlich eher letztere Vermutung bewahrheitet.
Ich glaube gerade auch eher nicht, dass das hier jemand bis zu dieser Stelle geduldig weiterliest. Weil... eigentlich passiert gerade nicht so wirklich etwas in meinem Leben, von dem ich sagen würde, dass es schrecklich ist. Aber ich stehe in meinem Kopf manchmal so festgefahren in manchen Gedanken und Vorsätzen, dass meine To-Do LIste irgendwie immer länger wird und ich einfach nur raus möchte.
Ich bin übringens super glücklich mit meinem Freund. Vor allem wenn ich bei ihm sein kann. Dann mache ich mir weniger Gedanken um das Große und Ganze und was bei ihm in seinem Leben passiert oder auch nicht wirklich passiert (bisher hat er "studiert", aber eher eben nicht und hat grob gesagt noch nicht das richtige gefunden) . Ich habe es satt irgendwem auf die Frage "Was macht er denn?" zu antworten und ich habe auch keine Antwort darauf. Und noch viel weniger kann ich das Gefühl leiden, dass ich mittlerweile das Gefühl habe, meine Familie schaut mich durch so eine "Naja, dein Freund macht aber noch nicht so das richtige und das wirkt sich ganz bestimmt auf dich aus - Brille" an.
Mein Freund lässt sich nicht gerne irgendwas vorkauen und sagen. Meine Mama kontrolliert irgendwie gerne und bietet ihre Hilfe zwar eigentlich nur an - drängt sie aber auch gerne schonmal was zu sehr auf. Gefühlt ist das so ein Kommunikationsspagat von "ne du, meine Mama meinte das nur hilfreich" und "Ja Mama, er findet schon wirklich das richtige und es muss ja auch nicht immer alles direkt gut laufen".
Ja ich weiß, dass man irgendwas im Leben tun sollte und ich tue mich selber auch etwas damit schwer, wenn dazu gehört, dass man so 9h am Tag zockt, weil man anscheinend sonst nicht anderes mit sich anzustellen weiß.
Oh Gott, es tut mir leid für das ganze Zugetexte. Ich finde diesen Spagat zwischen Familie und Anforderungen und Beziehung und Studium einfach schrecklich im Moment. Ich möchte gerne bei meiner Familie sein und bin aber auch froh, nicht in der selben Stadt zu wohnen sondern woanders zu studieren.
Aber alles in allem wird es mir irgendwie zu viel. Und ob das jetzt ins Thema passt oder nicht, aber wenn ich drei Tage lang jeden Tag 2 Stunden für meine Fische aufbringe, weil sich einer was eingefangen hat, habe ich nicht den Eindruck, dass ich damit auf die Frage von Mama vonwegen "Was machst du denn den ganzen Tag?" irgendwie antworten könnte. Ich habe einfach nicht den Eindruck, dass das, was ich mache für irgendwas ausreicht und dass alles, was ich irgendwie um mich habe eher angefangen ist, als dass es irgendwie läuft.
Ich glaube nicht, dass ich jetzt alles wirklich gut einfangen konnte, aber das ist wohl das, was mir gerade so im Kopf herumschworr... So viel zu meinem Titel " Ich weiß auch nicht so recht "
Wenn mein Freund mich fragt, worüber ich denn nachdenke und ich daraufhin darüber nachdenke, dass ich mich seit einem Jahr einfach bei im ausheulen möchte und ihm so einen für mich wichtigen Teil irgendwie offenbaren möchte (bzw. es einfach mal muss bevor es mein betrunkenes Ich für mich übernimmt), dann kann ich ihm das genau dann nicht einfach erzählen. Es fühlt sich dann alles so falsch an und ich kann ihm einfach nicht sagen worüber ich nachdenke. Dann fragt er natürlich nochmal nach, weiß nicht wo er dran ist, sieht dass ich nachdenke, aber ich kann einfach nicht. "Hey ich wollte dir doch schon immer mal von meinem Vater erzählen.... Wo wir schon dabei sind, such doch mal nen Job. Und nein ich mache dir keine Vorwürfe, aber das Kompensieren wird langsam schwierig. " Irgendwie so sähe das wohl aus. Ich könnte gerade noch ewig so weiter schreiben, aber ich belasse es mal dabei...

Stephanie Anwort von Stephanie

Hallo liebe Schreiberin,
ich danke dir das du uns daran teilhaben lässt was in dir vorgeht und was dich bewegt. Nicht viele Menschen trauen sich das Fremden so zu schreiben. Ich finde es toll und ich habe auch alles gelesen. Meiner Meinung nach bist du ungewollt in ein tiefes Loch gerutscht und siehst keine Perspektive daraus zu kommen. Aber frag dich mal bitte was du im Leben wirklich noch erreichen möchtest? Welche Ziele und Wünsche hast du? Nimm dir mal Zeit dafür und denk darüber nach.
Wenn man einen geliebten Menschen verloren hat durch eine Krankheit, man vielleicht noch zusehen musste wie deren Kraft und Lebenswille dahin schwindet, er sich aufgibt und nur noch leidet. So das der Tod die Erlösung ist, dann verändert das einen Menschen der das alles mitbekommen hat. Man fragt sich wozu man eigentlich kämpfen soll, für was, für wen? Alles zieht an einem vorbei, man kann es nicht verstehen und schon gar nicht wirklich verarbeiten. Dein Papa der dir das Leben geschenkt hat, mit dem du glücklich aufgewachsen bist. Er ist einfach nicht mehr da. Du vermisst ihn und du denkst an die Zeit mit ihm zurück und es tut weh. Dieser Schmerz gegen den man machtlos ist, diese Auseinandersetzung mit sich selbst was der Tod eigentlich bedeutet. Vorher war doch alles prima, man hat keinen Gedanken daran verschwendet das es so schnell vorbei sein kann. Rede mit deinem Freund darüber. Ist er nicht der Mensch der dir zuhören sollte wenn es dir nicht gut geht? Er fragt dich ja schon was los ist. Nimm es an und sag es ihm damit er dich besser verstehen kann.
Wenn du aber dennoch denkst das du nicht mit ihm darüber reden kannst, würde ich dir nahe legen einen Psychotherapeuten aufzusuchen. Es ist keine Schande sich Hilfe zu suchen, er wird dir zuhören und Verständnis haben. Ihm kannst du alles anvertrauen und er wird dich nicht verurteilen. Er ist da um herauszufinden was mit dir los ist, er hilft dir zu verarbeiten was dich beschäftigt. Und ich denke das solltest du versuchen. Was hast du zu verlieren außer das es dir besser gehen kann? Wenn der Kopf frei ist, hat man wieder Antrieb. Die Lust etwas zu schaffen und stolz darauf zu sein das es geklappt hat. Vergrabe dich nicht, setz die Leiter an und steig aus deinem Loch heraus. Mit Hilfe und Perspektiven wie deine Zukunft aussehen könnte, wirst du es bis nach oben schaffen. Nimm deinen Freund mit an die Hand und animiere ihn dazu auch etwas zu ändern. Steht zusammen morgens auf, plant den Tag gemeinsam, redet über das was euch bedrückt und auch am anderen stört. Nur nebenher Leben und nur schlafen kann nicht eure Zukunft sein, das macht euch unzufrieden. Steht auf und kämpft für euch und eure Zukunft, Stück für Stück geht es voran aber ihr müsst den ersten Schritt gehen sonst ändert sich nichts. Melde dich bei deiner Mutter, besucht sie, zeige ihr das du sie liebst und auch für sie da bist. Redet gemeinsam über deinen Vater, durch Erinnerungen und Erzählungen leben Verstorbene in den Herzen derer weiter die sie geliebt haben. Bitte denk mal darüber nach und finde dich selbst wieder, dein Lächeln und dein Leben. Noch soviel liegt vor dir, schmeiß es nicht weg.

Du kannst dich jederzeit gerne wieder bei uns melden, es gibt hier immer jemanden der deine Zeilen lesen wird.

Liebe Grüße
Stephanie