Problem von Richard - 50 Jahre

Ich darf meine Frau nicht mehr streicheln...

Hallo, ich bin 50 Jahre alt, meine Frau 46. wir haben drei Kinder (7,11 und 12) Wir haben beide unsere Erkrankungen, wie Depressionen und weitere. Bis vor ein paar Jahren war ich Selbständig, musste viel arbeiten und hatte leider wenig Zeit für meine Familie. In meiner freien Zeit musste ich, weil meine Frau es alleine nicht geschafft hat, den Haushalt erledigen! Das ging bis zu einem Punkt einigermaßen gut, bis ich meine Firma geschlossen habe. Danach habe ich alles im Haushalt gemacht, mich um die Kinder gekümmert.
In dieser Zeit musste meine Frau in Reha und hat, wie es kommen musste, einen anderen Mann kennengelernt. Erst haben die beiden nur geschrieben oder mal telefoniert. Später wurden Treffen daraus, wo meine Frau meinte, es wären Treffen mit der Rehagruppe! Nur durch Zufall bin ich dahintergekommen, dass sie ein Verhältnis hat!
Sie hat mir damals die Schuld gegeben, ich hätte mich nicht genug um sie gekümmert!
Wir haben uns danach ausgesprochen und viele Sachen geklärt!
Doch nun schreibt sie wieder sehr viel mit einem anderen Mann, trifft sich zum Spazierengehen, zum Tee! Behauptet aber, er wäre nur ein guter Freund!
Zärtlichkeiten zwischen uns finden überhaupt nicht mehr statt...ich darf ihren Rücken kraulen, ihre Füße massieren, aber wenn ich mal mehr möchte, werde ich immer abgewiesen!
Ich habe vor zwei Jahren den Motorradführerschein gemacht, um mit ihr fahren zu können! Sie mochte allerdings immer nur kurze Strecken fahren. Ich hatte sie ein paarmal gefragt, ob wir nicht mal etwas mehr fahren wollen. Hat sie verneint. Letztes Jahr allerdings konnte sie mit ihrem Freund auf einmal den ganzen Tag eine Tour machen!?!
Ich würde gerne mal mit ihr spazieren gehen, aber sie meint immer nur: zu kalt, zu windig, zu nass! Mit ihrem Freund kann sie es allerdings sehr wohl!
Spreche ich sie an, warum sie nicht mit mir will, kommt die Aussage, ich würde nie etwas mit ihr unternehmen wollen!
Nun ist es auch so, wir haben zwei behinderte Kinder, viel Stress und leider wenig Zeit füreinander.
Nun haben wir auch noch neu gebaut, noch mehr Stress und sie flüchtet immer mehr! Gibt mir aber immer wieder zu verstehen, dass ich Schuld an der ganzen Sache bin...
Ich weiß einfach nicht weiter.,,

Lan Anwort von Lan

Lieber Richard,

vielen Dank, dass du dich uns anvertraut hast.


Fremdgehen verarbeitet?

Das ist schon echt schwierig, überhaupt mit dem Fremdgehen des Partners umzugehen. Ich finde es bewundernswert, dass ihr das beide verarbeiten konntet, wobei ich befürchte, dass der Betrug und das Fremdgehen noch nicht ganz verarbeitet sind und du noch vielleicht dein Vertrauen zu ihr nicht vollständig wiederherstellen konntest. Sonst würden vielleicht nicht solche Zweifeln bei dir bestehen, vermute ich.

Ich finde es ehrlich gesagt schwierig, dass deine Frau dir die komplette Schuld an dem Fremdgehen gegeben hat. Es stimmt zwar, dass immer zwei Menschen an so etwas beteiligt sind und nicht der Betrügende komplett der Schuldige ist. Aber das dann umzukehren, ist auch nicht richtig. Sie hatte daran auch ihren Anteil und hätte nicht dich betrügen MÜSSEN, nur weil sie sich vernachlässigt gefühlt hat.
Ich kenne da natürlich jetzt nur deine Sicht, aber für mich klingt es so, dass du eben zu viel mit Haushalt und Kindern zu tun hast. Klar, kann es passieren, dass wenig Zeit für Zweisamkeit bleibt. Aber das sollte sie vielleicht auch erkennen und sie hätte das von sich aus auch ansprechen können.


Der andere neue Mann

Das klingt erstmal harmlos, vielleicht ist sie wirklich nur mit dem Mann befreundet. Aber ich kann verstehen, dass du da vorsichtiger geworden bist und das hinterfragst, zumal deine Frau dich schon einmal betrogen hat. Wer garantiert, dass es nicht wieder passieren könnte?

Wie hat sie den neuen Mann kennengelernt? Was mag sie an ihm und warum verbringt sie so gern Zeit mit ihm? Das könntest du sie mal fragen.


Kaum Zärtlichkeiten mehr

Ich kann gut nachempfinden, wie es dir geht. Du sehnst dich nach Nähe, Berührungen und Zärtlichkeit. Aber deine Frau kann oder will dir das nicht geben.
Dadurch fühlst du dich emotional aber vielleicht auch körperlich abgelehnt und das tut echt weh.

Für mich klingt das so, als bestünde da eine große Baustelle in eurer Ehe. Zum einen wäre das vielleicht dein Vertrauen ihr gegenüber. Zum anderen aber auch ein Problem, was das Körperliche und Zärtlichkeiten betrifft. Das scheint bei euch derzeit nicht zu harmonieren.
Es liest sich für mich, als würde sie sich gerne von dir verwöhnen lassen, fast wöllte ich ihr unterstellen, dass sie dich dazu ausnutzt, weil du schreibst du "darfst" ihr den Rücken kraulen und ihre Füße massieren. Gibt sie dir denn auch etwas zurück dafür, wenigstens ein Danke oder revanchiert sich dafür? Wenn nicht, klingt das für mich ehrlich gesagt eher danach, dass sie dich dafür ausnutzt.

Du sehnst dich nach mehr Zärtlichkeiten vielleicht auch in Richtung sexuellem. Deine Frau nicht. Wie wäre es, wenn du mit ihr mal offen darüber sprichst, was deine Bedürfnisse sind und ihre. Warum lässt sie nicht mehr zu? Woran liegt das?
Schildere ihr ruhig, dass du dich nach Zärtlichkeiten sehnst, sie liebst und dir mehr wünscht, aber es dich verletzt, abgewiesen zu werden. Du wünscht dir, dass ihr körperlich wieder mehr miteinander harmoniert. Frage, was du am besten tun kannst, damit es so wird.


Weniger gemeinsame Unternehmungen

Es ist toll, dass du dich so dafür einsetzt, mit deiner Frau etwas zu machen. Man merkt, dass du mehr Zeit mir ihr verbringen und mit ihr mehr erleben willst. Davon können sich viele Männer eine Scheibe von dir abschneiden. Ich möchte dir schreiben, dass du alles richtig gemacht hast bisher und ich wüsste wahrscheinlich an deiner Stelle auch nicht, was ich noch tun könnte. Du strengst dich richtig an, um deiner Frau näher zu kommen, suchst auch das Gespräch, willst sie verstehen, ihr nahe sein.

Ich finde es super, dass du sie fragst, ob sie etwas mit dir unternehmen will. Aber sie scheint nicht zu wollen und Ausreden zu finden, warum es mit dir nicht geht, aber mit dem anderen. Das klingt für mich wirklich nur nach Ausreden. Vielleicht kannst du sie auch nochmal darauf ansprechen, dass es sich für dich so anfühlt, als würde sie mit dir lieber nicht so viel Zeit verbringen und warum es mit dem anderen Freund sehr wohl geht. Du hattest es ja schon mal angesprochen, aber darauf eine sehr widersprüchliche Antwort erhalten: Im Gegenteil, du willst ja etwas mit dir unternehmen, das versuchst du ja schon, aber sie blockt ab.

Meine Theorie wäre ja, dass deine Frau derzeit vielleicht auch einfach sehr gestresst ist mit der ganzen Situation, mit der Familie, dem Haushalt und dem Hausbau an sich. Vielleicht findet sie dann in den Treffen mit dem Freund eine Art Auszeit, wo sie mal abschalten kann. Aber mit dir könnte sie dann vielleicht eher wieder den Alltagsstress und die Sorgen verbinden, weswegen sie vielleicht auf Abstand geht. Das könnte eine Erklärung sein, muss es nicht. Darum ist es wichtig, dass du mit deiner Frau darüber redest, um herauszufinden, was wirklich hinter ihrem Verhalten steckt.

Das klingt wirklich sehr hart, was du durchmachst. Du steckst gerade wirklich in einer schweren Zeit, hast viel Stress und bekommst dann auch noch die Schuld für die Flucht deiner Frau zu hören. Hast du sie nochmal gefragt, warum du genau schuld dran sein solltest? Hast du ihr auch geschildert, wie sehr dich das bedrückt und dass du dich um Haus, Kinder, Haushalt kümmerst und dann noch versuchst, noch Zeit mit ihr zu verbringen?


Gespräch über die Ehe

Das liest sich für mich leider nicht mehr nach einer liebevollen Beziehung oder Ehe, die ihr miteinander führt.
Ich frage dich ganz ehrlich: Was gibt dir diese Ehe? Bist du wirklich noch glücklich? Was liebst du an deiner Frau? Warum bist du mit ihr zusammen? Und was war für dich der Grund, ihr die Affäre zu verzeihen? Was für eine Ehe möchtest du führen? Welche Wünsche und Bedürfnisse hast du? Gehe mal in dich, schreibe deine Gedanken und Antworten dazu gern auf.

Und dann suche das Gespräch mit deiner Frau und stelle ihr auch solche Fragen: Wie fühlt sie sich derzeit in eurer Ehe? Was fehlt ihr? Was gibt sie ihr? Was macht sie glücklich? Was nicht? Was wünscht sie sich mehr, was weniger? Liebt sie dich noch? Warum kann sie keine Zärtlichkeiten zulassen? Was steckt dahinter, generelle Unzufriedenheit mit der Ehe, mit dir oder auch mit dem Körperlichen? Warum ist sie mit dir verheiratet? Und warum hat sie dich damals betrogen? Was gibt ihr dieser Freund, was du ihr nicht geben kannst? Hat sie vielleicht Gefühle für den anderen? Ist sie zufrieden mit ihrem jetzigen Leben? Und wenn nicht: Was hätte sie gern anders? Und was könntest du anders machen, damit sie sich dir nicht mehr entzieht?

Was klappt nach eurer Ansicht nach gut, was nicht?
Wie könnt ihr gemeinsam an eurer Ehe arbeiten, damit ihr beide wieder zufrieden miteinander seid? Seid ihr beide bereit an der Ehe festzuhalten und dafür zu kämpfen oder nicht?

Für mich klingt das so, als würde deine Frau eher eine Art Wohngemeinschaft oder Freundschaft mit dir haben wollen, was eben Zärtlichkeiten oder gar Sexuelles ausschließt. Das kann stimmen, muss nicht sein. Wenn es zutreffen sollte, kläre für dich ab, ob du dir das vorstellen könntest, ob es in deinen Augen umsetzbar ist oder du das nicht mit dir und deinen Bedürfnissen vereinbaren kannst.

All das gilt es, zu erforschen und gemeinsam mit deiner Frau ehrlich und offen zu besprechen. Und daher führt ein Weg an einem direkten Gespräch nicht vorbei. Wahrscheinlich wird es auch mehrere Gespräche brauchen, um das zu klären und aufzuarbeiten.

Vielleicht erstmal zu zweit, aber wenn du merkst, dass sie sich dir weiter entzieht und nicht mit dir reden will, wäre es besser, einen Therapeuten noch mit ins Boot zu holen.


Termin beim Paartherapeuten

Du könntest auch erstmal alleine zum Paartherapeuten gehen und schildern, wie es dir derzeit geht. Es ist nichts schlimmes dabei, dorthin zu gehen. Du musst dich dafür nicht schämen oder schlecht fühlen.
Der Paartherapeut könnte dir seine Sicht auf eure Situation schildern und dir vielleicht schon mal erste Tipps geben, wie du damit weiter umgehst.

Und im nächsten Schritt fragst du deine Frau, was sie von der Idee hält, gemeinsam zum Therapeuten zu gehen. Du schilderst ihr, dass du derzeit keine andere Lösung siehst und möchtest an eurer Ehe arbeiten, sie retten. Ich hoffe, dass deine Frau dann auch Einsicht hat und dazu bereit ist, da mitzumachen. Denn das zeigt dann auch, wie wichtig ihr die Ehe ist und dass sie dich auch noch liebt und an Baustellen arbeiten will.

Ich habe dir noch einige Links zusammengestellt für ein vertieftes Lesen und für weitere Anregungen:

https://www.stern.de/familie/beziehung/julia-peirano/j--peirano--mein-partner-ist-wuetend-und-frustriert---und-gibt-mir-an-allem-die-schuld-9381230.html
https://www.stern.de/familie/beziehung/julia-peirano/der-geheime-code-der-liebe--meine-frau-laesst-mich-seit-fuenf-jahren-sexuell-verdursten-6821664.html


Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, dass dir meine Worte weiterhelfen können. Wenn du Fragen hast, schreibe uns doch gerne wieder.


Viele Grüße,
Lan