Problem von Anonym - 17 Jahre

Ich (w/17) nehme seit 4 Jahren die Pille, die extreme Nebenwirkungen bei mir hat. Meine Mutter verbietet mir jedoch die Pille ab zusetzten.

Hallo,
ich nehme seit ca. 4 Jahren die Antibabypille. Ich habe auch seit über einem Jahr einen Freund. Meine Mutter besteht auf diese Pille seitdem ich 14 bin. Als ich anfing, die Pille zu nehmen, hatte ich immer wieder enorme Schwierigkeiten. In den ersten 3 Monaten habe ich sie jeden Tag ausgebrochen, meine Frauenärztin hatte mir daraufhin eine andere Pille verschrieben. Mit den nachfolgenden Pillen wurde es jedoch nicht besser. Ich hatte in meinem Leben gefühlt alle Nebenwirkungen die es gibt. Ich war zwischendurch psychisch komplett am Ende. Deshalb spiele ich seit mehreren Monaten mit dem Gedanken, die Pille abzusetzen. Natürlich habe ich darüber auch oft mit meiner Mutter gesprochen, doch sie sieht es nicht ein. Von ihr kommen nur Kommentare wie: unsere Generation bildet sich das eh nur ein, ich sollte mich nicht so anstellen, ich sollte aus einer Fliege keinen Elefanten machen, zu ihrer Generation hätte es sowas nicht gegeben usw. . Ich habe sonst ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Mutter aber bei dem Thema gibt es jedes mal Tod und Mordschlag. Kompromisse möchte sie auch nicht eingehen. Selbst ein einfacher Beratungstermin beim Frauenarzt ist zu viel. Ich weiß gut über meine Rechte bescheid, und weiß genau, dass ich auch selbstständig zum Frauenarzt gehen könnte usw., ich möchte jedoch nicht noch mehr Streit mit meiner Mutter haben. Jetzt weiß ich nicht was ich machen soll, wenn ich die Pille nicht mehr nehme, darf mein Freund wahrscheinlich nicht mehr bei mir schlafen.

Sarah B. Anwort von Sarah B.

Hallo liebe Ratsuchende,
ich danke dir für deine Zuschrift und dein Vertrauen in uns.

Vorab möchte ich kurz folgendes erwähnen:
Ich bin keine Ärztin und das, was ich dir im Folgenden schreibe, basiert einzig und allein auf meinem angelesenen Wissen zu diesem Thema.
Ich habe die Pille vor ein paar Jahren abgesetzt und mich im Vorfeld sehr intensiv damit auseinander gesetzt und daran möchte ich dich gerne teilhaben lassen. Dennoch ersetzt meine Nachricht an dich nicht das Gespräch mit (d)einer Ärztin.

So, nun aber zum Wesentlichen :-)
Ich kann die Beweggründe und Ansichten deiner Mutter durchaus verstehen.
Wenn Kinder anfangen Beziehungen einzugehen und sexuell aktiv zu sein, wollen Eltern natürlich sicher gehen, dass es nicht zu einer verfrühten Schwangerschaft kommt.
Und da liegt es nah, der Tochter die Pille verschreiben zu lassen. Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um eine einfache und auch solide Verhütungsmethode. Wenn man sie regelmäßig nimmt und gewisse Dinge beachtet, schützt sie zuverlässig vor dem, vor dem sie schützen soll.
Aber da gibt es auch die andere Seite und dieser Seite ist man sich heute bewusster denn je. In den letzten Jahren rückte immer mehr die Tatsache ins Bewusstsein, dass die Pille auch etliche Nebenwirkungen hat.
Dazu gehören nicht nur Dinge wie Libidoverlust, Stimmungsschwankungen (bis hin zu Depressionen), sondern auch die erhöhte Wahrscheinlichkeit Thrombosen oder auch einen Schlaganfall zu erleiden und ähnliches.
Ich muss deiner Mutter ein Stück weit widersprechen. In ihrer Generation hat es diese Probleme durchaus auch schon gegeben, nur war man sich dessen damals nicht so bewusst wie heute.
Damals war es in Bezug auf's Verschreiben der Pille nicht viel anders als heute. Damals wie heute wird und wurde sie gerne, überspitzt ausgedrückt, als "Wunderwaffe" angesehen. Oftmals stand und steht gar nicht unbedingt der Verhütungsaspekt im Vordergrund, sondern gerne auch mal Dinge wie Schmerzen während der Periode, PMS, Hautprobleme etc.
Aber ich denke man muss auch Verständnis für die Sicht deiner Mutter haben. Sie geht vermutlich von ihren eigenen Erfahrungen aus und tut sich daher schwer damit, deinen Wunsch nachvollziehen zu können.

Wenn ich von mir und auch meinen Freundinnen ausgehe, kann ich dir sagen, dass viele von uns in den letzten Jahren den Schritt gegangen sind und die Pille abgesetzt haben.
Keine von uns hat es bereut. Ja, es ist keine leichte Zeit. Der Körper muss sich umstellen und das kann etliche Begleiterscheinungen mit sich bringen wie fettige(re) Haare, Pickel, Gewichtszunahme...ABER:
Ebenso darf man sich über ein neues Lebensgefühl und bessere Gesundheit freuen.
Von daher lohnt es sich die Umstellung durchzuziehen, denn am Ende rechtfertigt der Effekt den Aufwand.
Mir ist es wichtig zu erwähnen, dass nicht alle Frauen unter der Pille leiden und damit prinzipiell schlechter dran sind, das ist, wie alles im Leben, sehr individuell und darf nicht verallgemeinert werden.
Leider gehörst du scheinbar ja auch zu denjenigen die durch die Pille einige Probleme haben und das ist keine Tatsache, die man einfach so hinnehmen sollte.

Ich finde es toll, dass du deine Mutter nicht übergehen und ohne ihr Wissen zum Arzt gehen möchtest.
Ja, das könntest du machen, aber ich bin der Meinung, dass man immer das große Ganze im Auge behalten sollte und es ist doch für euch beide viel schöner, besser und angenehmer das zusammen und unterstützend anzugehen.
Ich würde dir raten nochmal in Ruhe mit ihr zu sprechen und ihr deine Gedanken bezüglich des Absetzens mitzuteilen.
Zeig ihr auch gerne meine Nachricht an dich, vielleicht fällt es ihr leichter sich mit dem Thema zu beschäftigen, wenn sie es von einer außenstehenden Person hört bzw. liest.
Der nächste Schritt wäre dann ein gemeinsamer Beratungstermin bei deiner Ärztin. Wobei ich nicht weiß, ob das momentan/coronabedingt möglich ist.
Vielleicht gibt es ja die Option das Ganze per Videosprechstunde zu machen.
Gemeinsam könnt ihr euch dann nach einer alternativen Verhütungsmethode umsehen. Es gibt ja noch etliche andere Möglichkeiten und ihr werdet die richtige für dich finden.

Ich wünsche dir von Herzen, dass deine Mama dich auf diesem Weg begleitet und du auf ihre Unterstützung bauen kannst. Sag ihr ruhig, dass dir wohler wäre sie an deiner Seite zu haben und, dass es dir wichtig ist, dass sie über deine Sorgen und Beschwerden Bescheid weiß. Du hast ja geschrieben, dass ihr im Allgemeinen ein gutes Verhältnis zueinander habt und das soll ja auch so bleiben, denn sowas ist unglaublich schön und sehr viel wert.
Ich hoffe sehr, dass ich dir ein klein wenig weiterhelfen und Mut zusprechen konnte.

Melde dich bitte jederzeit wieder, wenn du noch Fragen hast oder erzählen möchtest, wie es weitergegangen ist.
Ich sende dir viele liebe Grüße und die besten Wünsche,
Sarah