Problem von Michael - 30 Jahre

Negative Gedanken?

Hallo, ich habe das Problem, das ich mich in gedanken zu sehr reinsteigere. 2012 hat es angefangen, da war es noch im Rahmen. Jetzt seit 2016 ist es immer schlimmer geworden. Sobald ich mich in Gedanken reinsteigere die endweder passiert sind oder passieren können werde ich wütend und könnte diese Person/en am liebsten umbringen. Ich habe auch gemerkt, daß ich impulsiv bin wenn mich zb jmd dumm von der Seite anmacht. Meine Kindheit verlief auch nicht so toll. Ich würde vom Lebensgefährten meiner Mutter misshandelt, probleme mit meiner Mutter hatte ich früher auch. Sie hat mich manchmal mit und ohne Grund einfach geschlagen. Hab auch mit ihr darüber geredet. Von den grundlosen handgreiflichkeiten "weiß sie angeblich nichts mehr."Sie hat sich aber dafür entschuldigt. Probleme mit anderen Kindern hatte ich damals auch. Ich war damals offen, aber seitdem ich immer nur ausgelacht wurde, weil ich immer alles lang gezogen habe und auch weil ich für die eine komische" Stimme" hatte bin ich zurückhaltend und schüchtern geworden. Seitdem habe ich auch immer ein Ängstliches Gefühl im Bauch wenn ich unterwegs bin. Ich bin seit 2018 alleine. Ich habe mit" Freunden" den Kontakt abgebrochen, seitdem sitze ich alleine in der Wohnung rum. Ich habe am 22.05. einen Termin beim erste hilfe kurs, damit ich selber lerne, wieder mehr aus mir raus zu kommen und weil ich den Führerschein anmelden will. Und immer wenn ich iwo fremd bin, habe ich eine Aufregung und leicht bis große Panik. Beim Psychologen war ich auch schon paar mal. Ich hoffe das mir hierüber Tipps gegeben werden können, wie ich das so in den Griff bekomme. Die haubtsache ist, das offener werden, das ständige reinsteigern und die Wut. MFG

Lan Anwort von Lan

Lieber Michael,

ich danke dir für deine Nachricht und dein Vertrauen.
Bitte entschuldige, dass es so lange mit der Antwort gedauert hat.

Ich finde es super von dir, dass du erkennst, was dich belastet und dass du auch dran arbeiten willst. Das merkt man dir an. Und ich finde es schön, dass du auch Hilfe bei uns, dem Psychologen suchst und auch aktiv wirst, um etwas gegen deine Wut und auch Schüchternheit zu tun. Das machst du bisher wirklich toll. :)


Ursachen für Wut ergründen

Am besten gehst du mal in dich und setzt dich mit deinen Gefühlen und Gedanken auseinander. Gab es denn 2012 etwas, was sich geändert und dich geprägt hat, wodurch du angefangen hast, dich in diese Gedanken hineinzusteigern? Überlege auch mal, welche Situationen dazu führen, dass diese Gedanken aufkommen. Was sind das eigentlich für Gedanken? Und welche Gefühle sind damit verbunden? Was genau erzeugt in dir Wut? Ist es Neid, Eifersucht, Kontrollverlust, Ungerechtigkeit, Kritik oder Zurückweisung? Fühlst du dich unsicher und angegriffen? Oder bist du gestresst oder gekränkt oder hilflos?

Im nächsten Schritt schaust du, was du gerne anders hättest: Was an der jeweiligen Situation führt dazu, dass sich bestimmte Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche von dir nicht erfüllen? Wenn du dich beispielsweise ungerecht behandelt fühlst, könnte Wut entstehen. Dahinter steckt dann dein Bedürfnis nach Gerechtigkeit, du willst gut und gerecht behandelt werden. Was kannst du tun, um dieses Bedürfnis zu erfüllen? Im besten Falle bespricht man das mit den betreffenden Personen. Oder hinterfragt vielleicht auch mal die eigene Denkweise: Ist es wirklich so, dass ich ungerecht behandelt oder zurückgewiesen werde? Oder sind das nur meine Gedanken und Vorstellungen? Auch da hilft es vielleicht, darüber zu reden, anstatt das in dich hineinzufressen.

Du schreibst, dass du dann impulsiv bist, wenn dich jemand dumm anmacht. Was passiert dann in solchen Momenten in dir, was geht in dir vor? Was genau triggert dich daran? Woher kommen diese Wutanfälle?

Ich kann nur spekulieren, aber vermute mal, dass es unter anderem auch mit deiner Kindheit zusammenhängt. Wenn jemand misshandelt wurde, Gewalt erlebt hat, kann es sein, dass er dann selbst Aggressionen verspürt und dann einen Weg sucht, um das, was er erlebt hat, nach außen zu bringen. Vielleicht hast du dich damals als Kind auch machtlos gefühlt, konntest aber nichts tun, da du als Kind physisch dem Lebensgefährten deiner Mutter unterlegen warst. Und jetzt triggern dich vielleicht solche Fälle, in denen dich jemand auch nur verbal angreift oder deine Grenzen überschreitet und nicht akzeptiert und du reagierst dann so darauf. Das wäre eine Erklärung.

Es gibt Wege, wie du das besser in den Griff bekommen kannst. Keine gute Idee wäre, der Wut freien Lauf zu lassen und das zu tun, was dir in den Sinn kommt. Auch Unterdrücken kann dich auf Dauer kaputt machen.


Wut verstehen und akzeptieren

Das Wichtigste ist: Die Wut akzeptieren und versuchen, auf anderen, gesünderen Wegen, nach außen zu tragen und sie damit abzubauen.

Diese Wut in dir will dir etwas sagen. Auch wenn du sie als negativ erachtest, sie hat einen Nutzen und will dich vielleicht auch nur schützen und dir Gutes tun. Versuche zu verstehen, warum du so wütend bist in solchen Situationen. Und dann verdränge die Wut nicht, sondern fühle in sie hinein, aber ohne, dass du ihr nachgehst und du gewaltsam wirst. Das ist wahrscheinlich sehr schwierig, aber es ist wichtig, das du dem Impuls widerstehst, selbst handgreiflich zu werden. Wenn das erstmal nicht geht mit dem Hineinfühlen ohne das was passiert, versuche es wie gesagt mit Ablenkung oder anderen Dingen.

Schreibe auch mal auf, was dich alles ärgert. Auch das hilft schon mal, einen klaren Kopf und Überblick zu bekommen.


Mit Gedanken befassen und Distanz gewinnen

Das große Problem bei dir scheint mir das Hineinsteigern in Gedanken zu sein. Es sind vielleicht nicht mal die Situationen und Personen an sich, sondern deine Gedanken, die in dir diese Wut erzeugen. Darum würde es sich sehr lohnen, dich mit deinen Gedanken auseinanderzusetzen: Denn das, was dir denken, beeinflusst auch immer das, was wir fühlen und wie wir uns das verhalten und reagieren. Das hängt alles sehr eng zusammen.

Also frage dich, schreibe auch mal auf, welche Gedanken das genau sind. Sind es immer dieselben oder unterschiedliche? Versuche dich zu erinnern oder versuche ab sofort alle Gedanken, die du hast, bevor die Wut kommt, aufzuschreiben. Es mag schwer sein, innezuhalten, weil das wahrscheinlich schon ein sehr festes Muster bei dir geworden ist. Reiz-Reaktion sozusagen. Aber du bist deinen Gedanken und deiner Wut nicht ausgeliefert, du kannst sie ändern und wieder die Kontrolle übernehmen. Aber dazu musst du bereit sein, etwas daran zu ändern. Das wird nicht sofort klappen, aber je öfter du deine Gedanken unterbrichst oder aufschreibst, desto mehr gewinnst du die Kontrolle über sie. Du schaffst mit dem Innehalten auch eine gewisse Distanz dazu. Werde dir bewusst, dass du nicht deine Gedanken und deine Wut bist. Sie mögen ein Teil von dir sein, aber definieren dich nicht. Du kannst sie beeinflussen. Leichter gesagt als getan, aber es ist mit viel Durchhaltvermögen möglich.

Wenn du wieder merkst, dass Wut aufkommt, versuche die Gefühle dann mal laut zu beschreiben, wenn du allein bist. Oder wenn du auch mit jemandem zusammen bist, der dich wütend macht. Beispielsweise: "Ich merke, dass ich gerade wütend bin, weil..." Das mag erstmal ungewohnt sein, hilft dir aber, dich besser zu verstehen und besser mit der Wut umzugehen und auf andere Art und Weise auszudrücken.


Finde heraus, was dich entspannt

Versuche es vielleicht erstmal mit Achtsamkeits- und Entspannungsübungen. Wenn du merkst, dass wieder Aggressionen hochkommen, werde dir dieser bewusst und halte inne. Sage dir innerlich Stopp und lenke deinen Fokus auf etwas anderes, versuche dich abzulenken, Sport zu treiben. Boxen oder Kampfsport wäre beispielsweise gut, um deine Aggressionen gezielt, aber ohne, dass sie eine Gefahr werden, herauszulassen.

Oder gibt es noch andere Tätigkeiten oder Hobbys, bei denen du merkst, dass du dich entspannen und vollkommen drin aufgehen kannst? Was hilft dir, runterzukommen?


Kindheit verarbeiten

Das stimmt mich sehr traurig, dass du in deiner Kindheit so gelitten hast. Fühl dich gern von mir gedrückt, wenn du magst. Das ist schrecklich, was dir widerfahren ist, niemand hat es verdient, so misshandelt zu werden.

Es ist gut, dass sich deine Mutter entschuldigt hat, aber die Frage ist: Kannst du ihr auch verzeihen? Und brodeln all das, was du in deiner Kindheit erlebt hast, immer noch in dir und hält dich gefangen? Vielleicht wäre das ja auch noch einmal Thema, wenn du mit dem Psychologen sprichst?

Es tut mir leid zu hören, dass du den Kontakt zu deinen Freunden abgebrochen hast. Darf ich fragen, warum das passiert ist. Beantworte das auch gerne nur für dich.

Wie ist denn der Erste-Hilfe-Kurs gelaufen? Ich hoffe doch gut, du kannst mir gern mehr erzählen, wenn du magst.

Dass du aufgeregt bist, wenn du in neuen Situationen mit fremden Mensch bist, das ist normal und kennt wohl jeder von uns. Die Frage ist jetzt nur: Woher kommt diese Panik? Warum löst das Neue solche Gefühle in dir aus? Wovor hast du Angst?


Hilfe suchen

Du machst es schon mal sehr gut, dass du dir Hilfe suchst und auch den Kontakt zu Menschen und dir Ziele wie den Führerschein bekommen setzt. Das machst du sehr gut und solltest auch dran bleiben.

Du schreibst, dass du bereits bei einem Psychologen warst. Was hat er dir denn gesagt? Hattest du das Gefühl, dass dir das etwas geholfen hat? Wie ist es gelaufen? Und willst du da weiter hingehen?
Ich kann nur sagen: Weiter so! Ich denke, dass du bei dem Psychologen schon mal gut aufgehoben bist. Dieser verfügt mit großer Wahrscheinlich über das Wissen, um dir besser und gezielter helfen zu können.

Vielleicht wäre auch so etwas wie ein Anti-Aggressionstraining etwas für dich, um das aggressive Verhalten vorzubeugen. Damit könntest du lernen, wie du mit Aggressionen umgehst und sie abbauen kannst.
So etwas könnte auch bei verschiedenen Beratungsstellen vor Ort angeboten werden.

Du schreibst auch, dass du eine leichte bis große Panik bekommst, wenn du irgendwo in einer dir fremden Umgebung bist. Was meinst du, woran das liegt? Woher kommt diese Panik? Aus der Ferne kann ich dir das nicht sagen, das müsstest du auf jeden Fall für dich herausfinden und gemeinsam mit deinem Psychologen. Für mich klingt es nach einer sozialen Phobie, zumal du geschrieben hast, dass du keinen Kontakt mehr zu Freunden hast und alleine wohnst und alleine bist. Da kann es auch sein, dass dich das überfordert, wenn du mit (vor allem fremden) Menschen zu tun hast. Das ist aber nur eine Vermutung. Wenn es so sein sollte, wird dir dein Psychologe bestimmt mehr dazu sagen und dir dabei helfen können.


Akzeptiere dich selbst

Wichtig ist, dass du lernst, dich selbst zu akzeptieren. Du bist ruhig oder schüchtern oder introvertiert? Na und? Was ist schon schlimm daran? Wir sind alle ganz verschieden und es ist okay, wenn man eben etwas ruhiger ist. Du bist gut so, wie du bist und nur weil du ruhiger bist, macht dich das nicht weniger wertvoll und nicht zu einem schlechten Menschen. Du bist eben wie du bist und darum möchte ich dir ans Herz legen, deine auch ruhige Seite und auch deine Seiten, die du nicht magst, zu akzeptieren. Sie machen dich zu dem besonderen Menschen, der du bist, du bist unvergleichlich. Versuche auch mal die positiven Seiten am Ruhigsein zu erkennen, da gibt es sicherlich einige: Du strahlt Ruhe aus, andere Menschen könnten sich mehr entspannen, du wirkst interessanter, vielleicht mysteriöser. Du kannst vermutlich gut zuhören. Um nur einige Beispiele zu nennen.


Offener werden

Du schreibst auch, dass du gerne offener sein willst. Doch warum willst du das werden? Und frage dich mal, warum es dir so schwer fällt. Liegt es an deiner schwierigen Kindheit? An dem Mangel der sozialen Kontakte? Es könnte viele Ursachen haben und diese gilt es zunächst einmal zu identifizieren. Denn nur, wenn du weißt, woran es liegt, kannst du daran auch arbeiten.

Durch die schlimmen Erlebnisse aus deiner Kindheit hat vielleicht auch dein Selbstbewusstsein sehr gelitten. Das wieder aufzubauen, wäre eine wichtiger Schritt für mehr Offenheit.

Ich denke, dass es für dich auch gut wäre, wenn du mehr den Kontakt zu anderen suchst, woraus sich auch neue Freundschaften bilden können. So oft wie möglich den Kontakt zu anderen suchen, kann auch helfen offener zu werden.

Um selbstbewusster zu werden, würde es helfen, auch deine eigenen guten Eigenschaften, Stärken und Fähigkeiten zu kennen. Schreib doch mal auf, was du an dir selbst magst, was dir leicht fällt, was du gut kannst oder wofür dich andere beneiden oder wofür du Lob bekommst.

Offenheit hat auch viel damit zu tun, dass du von dir etwas preisgibst, dass du dich auch ein Stück weit verletzlicher machst. Das ist nicht leicht, vor allem wenn man so schlimme Erfahrungen gemacht hat und verletzt wurde. Aber es gehört dazu, dass man anderen Menschen lernt, zu vertrauen. Du müsstest lernen, mehr von dir zu erzählen, dann vertrauen dir auch andere und erzählen von sich.
Nun frage ich dich: Wie steht es um dein Vertrauen gegenüber anderen Menschen? Was für eine generelle Haltung hast du gegenüber anderen? Ich vermute mal eher eine ängstliche, aber das ist okay. Daran lässt sich arbeiten.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass Übung den Meister macht. Versuche so oft wie möglich, mit anderen zu sprechen, dich zu überwinden und viel zu reden. Das mag anfangs sehr viel Kraft und Mut kosten und dich werden vielleicht Ängste plagen. Aber je öfter du das tust, desto leichter wird es dir auch fallen.

Da ich jetzt aber nicht weiß, ob du vielleicht doch an sozialer Phobie leidest, möchte ich dir raten, das lieber mit deinem Psychologen zu besprechen, was er für dich am besten hält. Für jemanden, der unter sozialer Angst leidet, ist es noch einmal sehr viel schwerer, sich zu überwinden und Kontakt zu anderen zu suchen.. Konfrontation würde aber sicherlich bei der Therapie helfen.


Wenn du mehr Anregungen zum Thema Wut haben willst, kannst du gern mal in folgende Links reinschauen:

https://www.gesundheit.gv.at/leben/psyche-seele/praevention/wut-tipps
https://mein-kummerkasten.de/index.php/333044/Innere-Aggressionen.html
https://wut-coaches.de/aggressionstherapie?gc_id=10938269004&h_ad_id=510648758865&gclid=EAIaIQobChMIj8bM4P-K8QIVTeJ3Ch3EYwzUEAAYASAAEgJbqPD_BwE
https://www.strussundclaussen.de/karriere-blog/beitraege/wut-im-bauch-wie-wir-aggressionen-fuer-uns-nutzen-koennen/#:~:text=Wie%20Sie%20konstruktiv%20mit%20aggressiven,ungefiltert%20nach%20außen%20zu%20tragen
https://aggressionenabbauen.de
https://www.aggressionen-abbauen.com

Hier wären noch weitere Links zum Thema Offener und selbstbewusster werden:

https://mein-kummerkasten.de/333283/Problem-mit-sich-selber-in-der-Beziehung-und-mit-den-Schwiegereltern.html
https://www.selbstbewusstsein-staerken.net/kommunikativer-werden/
https://naturaldoping.de/offener-werden/
https://karrierebibel.de/selbstbewusstsein-selbstvertrauen/
https://karrierebibel.de/schuchternheit-uberwinden/


Ich hoffe, dass ich dir damit ein paar Anregungen geben konnte. Ich wünsche dir alles Gute und kann nur sagen, mach weiter so! Ich finde es super, dass du Hilfe annimmst und denke, dass du so schon mal auf dem richtigen Weg bist.
Melde dich gern, wenn du noch etwas auf dem Herzen hast.

Beste Grüße,
Lan