Problem von Anonym - 40 Jahre

Selbstzweifel, Unsicherheit, Soziale Angst

Mein Problem ist , dass ich mich trotz meiner 40 Jahre immer noch wie ein kleines Kind fühle. Bin unsicher sobald ich unter Menschen bin. Habe ständig Angst etwas falsches zu sagen oder mich blöd zu verhalten.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Ich danke dir für deine Zuschrift. Da du wenig geschrieben hast und ich daher nichts über deine Lebensausgestaltung weiß, antworte ich relativ kurz und allgemein gehalten. Verzeih', sollte ich Falschannahmen treffen oder deine Lage nicht gut passend genug einschätzen können. Vielleicht möchtest du auch einfach erneut schreiben und dann ausführlicher. Eventuell hast du deswegen so wenig geschrieben, weil das schon sehr unangenehm war. Ich habe dafür definitiv Verständnis!

Weißt du was, ich fange mal anders an. Ich berichte mal ein bisschen von mir.
Ich bin selbst nicht sozial ängstlich, kann mich da aber auf Grund einer bestimmten physiologischen Veranlagung, Wesenszügen und Erfahrungen teilweise ganz gut reinversetzen. Ich fühle mich mitunter hochgradig unwohl in sozialen Momenten, vor allem mit Ansammlungen unbekannter Personen. Oder auch schlimm: Bekannte in einem unübersichtlichen Terrain finden und sich dabei ggf. zu blamieren. Das habe ich schon als Jugendliche verabscheut.
Was mir da hilft: Striktes Vermeiden von dem, was mir schadet, sofern ich keinen anderen Nachteil davon habe und es Alternativen gibt (das Vermeiden mache ich, weil ich Energieverlust verhindern möchte). Und wenn ich es nicht vermeiden kann, bereite ich mich gründlich darauf vor und plane nach dem "Event" viel Zeit zum Erholen ein.

Nun ist es so, dass ein enormer Unterschied darin besteht, ob man sich unwohl fühlt/etwas nicht so gern macht oder richtig Angst bekommt. Ich kann mich noch aktiv für oder gegen eine Situation entscheiden (und nehme das Unangenehme in Kauf. Bei einer sozialen Phobie etc. ist das anders). Die Übergänge sind fließend. Was mal "nur" blöd gewesen ist, kann sich über die Zeit hinweg zu einem riesigen Problem auswachsen. Deswegen ist ein therapeutisches Herangehen sehr sinnvoll. Vorher sollte genau diagnostiziert werden, was genau vorliegt.
Mit einer behutsamen Begleitung sind nach und nach soziale Interaktionen möglich, die früher undenkbar schienen. Das würde ich dir sehr wünschen! Nicht nur dafür, dass du etwas gelernt und gemeistert, sondern vor allem viel für dein Selbstwertgefühl und dein Selbstbewusstein getan hast.

Falls du das Internet wenig für soziale Beziehungen nutzt, würde ich dir das nahelegen. Sei es durch bestimmte Gruppen in Netzwerken, Foren, Mailkontakte, usw. Auch Brief - und Postkartenfreund:innenschaften können toll sein und die Verbindung zu anderen Menschen stärken, ohne dauernd ins "Haifischbecken" zu müssen (sofern es vor allem der face-to-face-Kontakt ist, der dir zusetzt). Sehr schön finde ich auch Postcrossing, da holst du dir kurzweilige soziale Kontakte aus aller Welt ins Haus, ohne sozial viel investieren zu müssen: https://www.postcrossing.com/

Folgende Links empfehle ich dir unbedingt. Du kannst dich dort informieren, nach professioneller Hilfe suchen und dich mit anderen Betroffenen vernetzen.
- https://www.angst-verstehen.de/phobien/sozialphobie-soziale-phobie/
- https://www.vssp.de/
- https://forum.angst-und-panik.de/
Es gibt selbstverständlich noch viele weitere Anlaufstellen und Literatur.
Bücher u.a.:
- Soziale Phobie - die heimliche Angst. Selbsthilfeprogramm mit Übungen aus der Praxis (Martina Fischer-Klepsch)
- Raus aus dem Schneckenhaus (Hans Morschitzky, Thomas Hartl)


Enden möchte ich mit der Botschaft für dich, dass ein anderes Leben machbar ist - zwar mit Arbeitsaufwand (Verlassen der Komfortzonen) und einer großen Portion Mut, aber mutig kannst du glücklicherweise trotz Angst sein :)
Ich bin zuversichtlich, dass es sehr viele positive Veränderungen für dich geben kann. Ich glaube an dich und möchte dich damit anstecken!

Bitte melde dich, wenn du noch detailliert über deine Sorgen schreiben möchtest.

Alles Gute & Liebe,
Nuala