Problem von Anonym - 41 Jahre

Kopf & Herz

Aufgrund der prägenden Kindheitsphase ( Schläge, Einsperren, Niedermachung von Mutter, Vergewaltigungen, Abschiebungen Heim und Pflegefamilien) bin ich trotz alle dem in der Lage mein Leben weitesgehens Erfolgreich zu meistern. Einige Pädagogen haben mir eine ganz andere Zukunft voeher gesagt. Ich bin alleinerzeihend, der Kontakt zum Kindesvater ist perfekt. Überhaubt meine Beziehungen langjährig und nur positiv. Mein Wille dem Sumpf in dem ich aufgewachsen bin zu entkommen, war /ist gross!!!!! Und doch..gibt es immer wieder Situationen denen ich mich nicht gewachsen fühle. Zu versagen, nicht gut genug zu sein, nicht geliebt zu werden, sich selbst nichts Wert zu sein, kompensiere meine Gefühle mit Sex....Ich persönlich habe nie eine Therapie gemacht..viel zu viel Angst davor. Wegschieben und nach vorne schauen, war/ ist das was ich am besten kann. Versuche mich selbst zu therapieren. Das Kind in mir beschützen > Mein Kopf ist rationell und unenmotional, kalt....und doch sind da so viele Bedürfnisse. Ich habe das Gefühl, je älter ich werde, desto schwieriger wird das mit dem weg schieben. Die kleinsten Missverständisse zwischenmenschlicher Natur, bringen mich dazu mich einzuigeln. Mein Dickkopf wird ebenfalls sehr schnell aktiv und ein Zugang zu mir ist so gut wie unmöglich. Viele Studien gelesen, will es nicht mehr...und trotzdem bekomme ich diesen Rattenschwanz nicht weg. Es gibt mittlerweile mehr Tage in denen ich nur weinen könnte...es tut einfach alles so weh manchmal. ich versuche mich an positiven Erlebnissen festzuhalten, mir positive Ereignisse vor Augen zu führen...es gelingt nicht. Vor ein paar Tagen gab es einen Todesfall in der Familie >19 Jahre wurde er. Da wurde mir bewusst, dass wenn meiner Tochter was passiert ich nicht mehr in der Lage wäre das Lebne zu meistern.
Wie bekomme ich also dieses "sich selbst nichts wert sein" Gefühl in den Griff?

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

schön, dass du uns geschrieben hast. Ich danke dir für dein Vertrauen.

Erst einmal freue ich mich von Herzen für dich, dass du dennoch ein erfolgreiches und schönes Leben bisher hast, obwohl du schon so viel Schlimmes erfahren musstest. Das ist wirklich hart und viele zerbrechen daran. Umso schöner ist es, dass du das Leben trotz deiner Vergangenheit so bewältigen konntest. Dafür hast du meinen größten Respekt!


Die Vergangenheit bleibt immer ein Teil von dir

Es ist aber auch total verständlich, dass du eben nicht immer glücklich und stark sein kannst. Es gibt leider immer Momente, in denen uns die Vergangenheit einholt oder auch alte Muster, Glaubenssätze, Probleme wieder auftauchen, weil sie durch irgendetwas getriggert worden. Auch wenn du diese schwierige Kindheitsphase hinter dir hast. Sie kann nicht aus deinem Leben verbannt werden. Sie hat dich sehr geprägt und wird immer auch ein Teil von dir und deinem Leben bleiben.

Du schreibst, dass du du Situationen erlebst, denen du dich nicht gewachsen fühlst. Magst du in dich gehen und genauer beschreiben, was das für Situationen sind, wie du dich fühlst und was sie mit dir machen?

Du hast das, was dir passiert ist, weggeschoben, dich auf die Zukunft konzentriert, aber merkst, dass es auf Dauer nicht klappt, die Vergangenheit zu verdrängen. Sie arbeitet noch in dir und kommt dann zum Vorschein, macht sich bemerkbar, indem du diese Ängste verspürst.

Ich denke mir: Du kannst es annehmen, das, was passiert dir, was das mit dir gemacht hat. So schlimm es auch war und so sehr du es vergessen willst. Es wird sich nicht verdrängen und auslöschen lassen. Es ist ein Teil deines Lebens geworden, prägt dich immer noch. Um damit zurechtzukommen, musst du lernen, es anzunehmen. Nicht gutzuheißen, sondern es wahrzunehmen und zu akzeptieren, dass es passiert ist. Und vor allem denke ich, wird es Zeit, das aufzuarbeiten. Es weiter zu verdrängen, erscheint mir nicht der richtige Weg. Du merkst, dass dich das auch fertig macht, das kostet viel Kraft.


Angst vor Therapie

Ich finde es erstaunlich und bewundernswert, dass du dich selbst therapieren willst. Das geht sicherlich bis zu einem bestimmten Grad. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man merkt, dass man es allein doch nicht schaffen kann. Und dann ist es ein Zeichen wahrer Stärke, wenn du das akzeptierst, dich deiner Ängste stellst und dich jemandem anvertraust, auch eine Therapie beginnst. Manche Dinge, die wir erlebt haben, können wir nicht ohne äußere Hilfe verarbeiten. Und ich vermute, dass es bei dir auch der Fall sein könnte.

Dass du Angst hast, das ist normal. Niemand will von den Erlebnissen von früher überwältigt werden, du willst vielleicht am liebsten damit abschließen und denkst, dass es auch ohne geht. Deine Angst kann ich total gut verstehen, schließlich würdest du dich wieder mit deiner Vergangenheit befassen, die dich sehr belastet. Wenn du dich mit all den negativen Erfahrungen und Gefühlen auseinandersetzt, kann es sein, dass dich das alles überwältigt und es richtig weh tut. Aber ich bin mir sicher, du hast die Kraft in dir, zu lernen, damit umzugehen. Du kannst diese Stärke aus dir selbst schöpfen.

Schau mal, du musst bei der ersten Therapiesitzung auch nicht alles von dir preisgeben. Du entscheidest selbst, wie viel du von dir erzählst, wie nah du den Therapeuten an dich heranlässt. Du kannst Grenzen setzen und auch jederzeit abbrechen, wenn dir das zu viel wird. Höre auf dich und deinen Körper und achte darauf, was dir gut tut. Wenn du merkst, dass es zu viel wird, kannst du damit auch aufhören. Sowieso geht es bei den ersten Therapiestunden nur darum, erstmal sich gegenseitig kennenzulernen, zu schauen, ob es von der Chemie her passt und du Vertrauen zum Therapeuten aufbauen kannst. Je mehr Vertrauen du fasst, desto leichter wird es dir, deine Ängste zu überwinden. Therapeuten sind darauf geschult, auch damit zurechtzukommen und dir deine Ängste ein wenig zu nehmen.
Vielleicht schreibst du auch mal auf, was dich genau daran hindert, eine Therapie zu beginnen. Das könnte dir Klarheit bringen.


Selbstwertgefühl finden

Außerdem erwähnst du, dass du Angst vor Versagen hast, dass du nicht genug bist und geliebt wirst.
Ich lese stark heraus, dass du mit einem mangelndem Selbstwertgefühl zu kämpfen hast. Das liegt vermutlich in der Kindheit begründet und begleitet dich bis heute.

Deine zentrale Frage ist, wie du dein Selbstwertgefühl entwickeln und stärken kannst. Die Antwort findest du nur in dir selbst. Befasse dich noch intensiver mit dir, was für ein Mensch bist du, was für ein Mensch willst du sein willst, was sind deine Bedürfnisse, was ist dir wichtig? Befasse dich mit dir, mit deinen positiven wie auch negativen Seiten, auch mit deinem Leben und fange an, alles zu akzeptieren. Es wird nicht sofort gelingen, es wird ein schwerer Weg sein, vielleicht ein Leben lang andauern. Aber es ist wichtig, dass du damit anfängst.
Schau auf die Dinge, die du an dir magst und die du an dir positiv findest. Schreibe es gern auch mal auf. Nur du selbst kannst dir auch Selbstliebe geben, das ist überhaupt das wichtigste, um stabile Beziehungen zu pflegen.

Vielleicht arbeitest du auch mal mit dem Konzept "Inneres Kind", was du auch selbst angesprochen hast. Du schreibst, dass du das Kind in dir beschützen musst. Aber was genau meinst du damit? Und wovor musst du es denn beschützen?
Außerdem kann ich dir das Buch "Das Kind in dir muss Heimat finden" von der Psychologin Stefanie Stahl. Da gibt es auch Übungen, die du anwenden kannst. Das Buch sollte man nicht sofort und auf einmal durchlesen und durcharbeiten, sondern je nachdem, wie stark dich die Thematik trifft, etappenweise.

Zum Thema "Selbstwertgefühl stärken" habe ich einige Links herausgesucht:
https://www.sinnsucher.de/blog/selbstwertgefuehl-staerken-was-du-tun-kannst-um-dich-selbst-zu-moegen
https://www.selbstbewusstsein-staerken.net/selbstwertgefuehl-staerken/
https://www.palverlag.de/selbstwertgefuehl.html
https://mein-kummerkasten.de/333298/Habe-nicht-genuegend-selbstwert.html

Hier ist ein kleiner Leitfaden, der dir helfen kann, einen Psychotherapeuten zu finden:
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Hier sind noch weitere hilfreiche Links zum Thema Therapeuten finden:
https://www.refinery29.com/de-de/2016/09/124589/keine-angst-vor-psychotherapie-das-erwartet-dich-bei-einem-therapeuten


Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke mir, dass du es bisher toll gemacht hast, du hast dich allein gut durchs Leben geschlagen, aber du merkst selbst: Es geht nicht mehr. Ich lege dir professionelle Hilfe dringend ans Herz. Es ist auch kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, wenn du deine Ängste überwindest und dir Hilfe suchst. Du bist nicht allein und musst auch nicht mit deinen Problemen allein klarkommen. Sei mutig und nimm auch Hilfe an.


Ich wünsche dir alles alles Gute und hoffe, dass dich meine Worte erreichen werden.

Viele Grüße,
Lan