Problem von Nicole - 43 Jahre

Kontakt zu Eltern

Mit 5 Jahren habe ich das erste Mal ein Bild gemalt, welches meine Beerdigung zeigt. Schreierei und ständige Androhung von Schlägen waren an der Tagesordnung. Meine Mutter hat kaum einen Tag ausgelassen, um mich runterzubuttern. Mein Vater steht unter ihren Pantoffel und sagt zu allen ja und amen, damit er keinen Stress hat... unterstützt sie sogar bei ihren Drohungen. "Du bist ein Unfall... deine Schwester ein Wunschkind... aber mach dir nicht's draus, wir haben dich trotzdem irgendwo lieb...", hat meine Mutter mal zu mir gesagt. Meine Familie hat mich im Geld betrogen und stellt mich als dumm da, da bei mir eine Lernschwäche festgestellt wurde. Mit 19 kam ich wegen Selbstmordgedanken in eine psychiatrisches Krankenhaus. "So tun als wolle ich mich umbringen kann ich auch, aber ich muss dafür nicht in die Klapse...", hat meine Schwester gesagt. Ausserdem meinte sie auch, dass sie was besseres wäre, weil sie nen Realschulabschluss hätte und ich nur eine dumme Hauptschülerin bin. Ich kam in der Klinik zu mir selbst, fing an zu kämpfen und machte ne neue Ausbildung. 2010 kam es dann zum endgültigen Bruch als mein Vater meinte, dass ich mich auf der Beerdigung meines Opa s unter aller Sau benommen hätte. Ich habe es doch glatt gewagt mich mit meiner Cousine an schöne und auch lustige Dinge mit unseren Opa zu erinnern, bei denen wir auch mal geschmunzelt haben. Der Kontaktabbruch war zum einen trarig, aber auch befreiend. Ich hab mir immer nur gewünscht geliebt zu werden... dann erfuhr ich, dass ich schwanger bin. Ich hab mir Gedanken, um mein Kind gemacht und dachte, dass es unfair von mir wäre wenn sie ihre Grosseltern nicht kennen lernen dürfte. Also erzählte ich ihnen von der Schwangerschaft. Das ist jetzt fast 11 Jahre her und ich bereue es zu tiefst. Von kleineren Demütigungen hat mekn Vater mich am Sonntag angeblafft, weil mein Mann, ich und unsere Tochter nicht von den Coronaimpfungen überzeugt sind und uns von daher nicht impfen lassen. Selbst meine Tochter hat gesagt "Ich fand die mal lieb... aber jetzt nicht mehr so." Ich möchte den Kontakt wieder abbrechen... ich fühle mich verletzt.

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Hallo Nicole,

Vielen Dank erstmal für deine Zuschrift und dein Vertrauen, was du uns schenkst :)

Es ist zweifelsfrei schlimm und grausam, was du in deiner Kindheit durchleben musstest. Da gibt es überhaupt keine zwei Meinungen, finde ich. Und umso schlimmer ist es, dass sich das ganze bis heute so präsent durch dein Leben zieht und du noch heute damit zu kämpfen ist. Einmal leidest du wie man liest noch heute über den Taten deiner Familie in deiner Kindheit und Jugend - doch auch heute schenken Sie dir nicht wirklich das Gefühl von "Familie", welches du dir sicher wünschen würdest. Umso mehr bin ich jedoch froh darüber, dass man die damals in der psychiatrischen Klinik helfen konnte und du dort und danach einiges positives für dich erreichen konntest.

Was ich nun folgend schreibe ist meine ganz persönliche Meinung:

Ich würde mit Menschen, die mich schwächen und mich ausschließlich belasten nicht mein Leben verbringen wollen. Wer in dir nur deine Leistung und deinen Schulabschluss sieht und nur daraus seine Schlüsse zieht - so eine Person hat dich finde ich gar nicht verdient, weil du einfach mehr bist, als dein Abschluss. Und wenn wir das ganze mal eben umdrehen: Vielleicht hättest du mit einer anderen Familie, die dich anders wertgeschätzt und gefördert hätte auch ganz andere Chancen im Leben gehabt. Doch, so ist es nicht. Dieser Teil der Familie (also deine Eltern und deine Schwester) haben dich immer hintenan gestellt und nie das in dir gesehen, was dich wirklich ausmacht. Du hast nicht aufgegeben und ich finde, dass du dies auch weiterhin beibehalten solltest. Das ist deine Charaktereigenschaft und deine persönliche Stärke, dass Du es schaffst: weiter zu machen! Und das ist manchmal einfach so viel wert!

Ich finde, dass ein klarer Kontaktabbruch in deinem Fall verständlich ist und auch vielleicht die große Chance beinhaltet, dass Du dich nun auf dich, deinen Mann und deine Tochter konzentrieren kannst. Das hast du verdient! Und ich denke, dass es dir sicher auch besser gehen kann, wenn Du nicht weiter herhalten musst, um Demütigung und Abwertung auszuhalten. Du bist mehr als das, was sie in dir sehen, Nicole. Für deine Tochter musst du das nicht weiter "aushalten" - denn: Ganz unabhängig davon, wie sie selbst ihre Großeltern sieht. Du selbst kannst einen klaren Trennstrich zwischen Dir und deiner Familie ziehen. Deine Tochter lernt dadurch, wie schon in deiner letzten Nachricht an uns Nuala benannt hat, dass Du klare Grenzen setzt und dich gegenüber deiner Familie abtrennst und dir sowas nicht gefallen lässt. Dieses "Nein" sagen können ist etwas, was auch deine Tochter in ihr Leben mitnehmen sollte, oder nicht? Deine Tochter ist nicht besser oder stärker, wenn Sie von dir lernt, alles runterschlucken zu müssen. Sie kann von dir jetzt lernen, dass Du durchziehst und wichtige Entscheidungen triffst. Hier einmal die damalige Zuschrift mit Antwort nochmal für dich: https://mein-kummerkasten.de/331726/Ich-gehoere-nicht-dazu.html

Natürlich gehen Meinungen der Gesellschaft über die Coronaimpfung gerade grundsätzlich sehr, sehr weit auseinander. Es ist innerhalb einer Gesellschaft schon schwer, dort auf einen Nenner zu kommen, wie man der aktuellen medialen Berichtserstattung nun schon seit die Impfung existent ist, entnehmen kann. Da ist es schon schwierig genug. Wenn man sich dann innerhalb einer Familie nicht ganz einig ist, wird das ganze natürlich nicht einfach. Doch, du bist ein erwachsener Mensch und du hast es geschafft DEINE Familie aufzubauen, nachdem du selbst nicht nur gute Erfahrungen und Erinnerungen an dein eigenes Aufwachsen hast. Du kannst es heute mit deinem Kind besser und anders machen und ein anderes Leben führen. Entfernt von diesen Vorstellungen deiner Eltern. Das du und dein Mann nicht von der Coronaimpfung "überzeugt" sind und euch deshalb nicht impfen lasst - lässt mich nur zweifeln, wie gut ihr für eure Gesundheit und die Gesundheit anderer einsteht. Doch, die Unsicherheit die dahinter steht, kann ich absolut nachvollziehen. Es hilft dabei häufig, wenn man sich genau informiert, über die Vor- und Nachteile und dann erneut abwägt, wenn man sich sicherer ist und auch genau über die möglichen Konsequenzen beider Wege nachgedacht hat. Das "nicht ganz überzeugt" zu sein, ist eine Haltung, die ihr mit vielen Mitmenschen teilt. Für einen selbst kann man die Konsequenzen häufig einfacher tragen, als für andere Menschen, die man gefährdet. Ich hoffe daher, dass Ihr euch nochmal genau informiert und eure Unsicherheiten klären könnt und dann erneut eine Entscheidung trefft, ob ihr euch impfen lassen wollt, oder nicht. Und dies dann aus einer sicheren Haltung heraus.

Hier noch ein Link zur Information:

https://praxistipps.focus.de/impfen-pro-und-contra-argumente-im-ueberblick_108585




Ich wünsche dir Alles Liebe und Gute,

Julia