Problem von Nonnie - 23 Jahre

Wie kann man nur so besessen von mir sein?

Hallo, liebes Kummerkasten Team.

Vor einem halben Jahr habe ich über das Netz eine Person kennengelernt und wir waren für grob zwei Monate unüblich enge Freunde von fast vom Anfang an. Man muss dazu wissen dass ich mir auf Social Media über viele Jahre hinweg einen Ruf aufgebaut habe und besonders dafür bekannt war, einen Videospielcharakter sehr zu mögen.

Ich habe nach einem Monat in unserer Freundschaft herausgefunden dass meine neue Freundin besessen von mir ist (sie ist auch 23 so wie ich) und das schon seit 2016. Sie hat mir Chatausschnitte von ihr und ihren Freunden über die Jahre hinweg gezeigt und es sieht aus als wäre ich ständig in ihrem Kopf gewesen, erst hat sie mich regelrecht gehasst weil sie ernsthaft in meinen Lieblingscharakter verliebt ist und sie fand, dass ich ihn zu sehr mag und sie wurde eifersüchtig. Später fand sie heraus dass ich nicht ganz so verrückt bin wie sie und von da an wurde sie besessen davon, meine Freundin zu sein.

Ich hatte spätestens ab da ein ganz übles Bauchgefühl bei ihr und auch meine Freunde waren der Meinung dass sie sich sehr toxisch und manipulativ anhört. Sie hat auch davon gefaselt dass sie die "Königin seines Fandoms" sein will und sie mich als die "Königin seines Fandoms" ansieht und sie deshalb total geehrt ist, mit mir reden zu dürfen.

Irgendwann wurde mir ihre psychisch kranke und manipulierende Art zu viel und ich schnitt den Kontakt ab. Ein ziemliches Drama folgte und weil ich sie doch leider gern gehabt habe, brauchte ich einige Zeit um mich von der Sache zu erholen. (Ich könnte schwören, der hat man ihren Wahnsinn am Anfang nicht angemerkt, die hat das versteckt)

In der Zeit habe ich viel über mich selbst gelernt, unter anderem auch dass ich selber zu ungesundem Eskapismus neige, dass ich in toxischen Szenen aufgewachsen bin in denen es leicht ist, den Bezug zur Realität zu verlieren weil sich irgendwie alle kollektiv in den Wahnsinn strudeln, ich habe mich selber mal auf toxisches Verhalten untersucht weil mir die verrückte Person leider auch ein Spiegel gewesen ist und ich mal kritisch selbst hinterfragt habe. Ich habe mich komplett aus den ungesunden Szenen und auch Social Media an sich zurückgezogen, habe viele Freundschaften abgebrochen und bin dabei mir sozusagen ein neues Leben aufzubauen bzw eine neue Sicht auf das Leben.

Was mich allerdings noch belastet ist, dass die verrückte Person nicht von mir ablassen kann und ich manchmal noch dieses ungünstige Bedürfnis habe, sie zu googeln. Sie ist immer noch besessen von mir, ab Dezember weinte sie, dass sie mich als Freundin zurückhaben will, sich als Person geändert hätte und versuchte mich zu kontaktieren (das war bevor ich mich von Social Media zurückzog) und alles Blocken half bei der Person nicht. Sie hat sich übrigens nicht bzw. nur halbherzig geändert, das wurde mir nach einem kleinen Gespräch sofort klar.

Ich habe einen Blog über meine Zeit in der realitätsfremden Community geschrieben und wie mich das selber gefährlich nahe zum kompletten Realitätsverlust geführt hat, bis mir die Verrückte und dann eine wohlgesonnene Freundin mit die Augen geöffnet haben. Die Verrückte hat meinen Blog aufgespürt, sich selber schonungslos beschrieben gesehen und hat dann ein Bild gezeichnet, wie sie hilflos in den Armen des Charakters liegt und er mich böse ansieht. In der Beschreibung hat sie angedeutet dass das wegen meinem Blog ist. Tja. Wenn sie mich nicht in Ruhe lässt bekommt sie eben die Wahrheit zu hören, auch wenn sie es nicht erträgt.

Die ganze Sache an und für sich tangiert mich nicht mehr so sehr wie noch vor einiger Zeit aber trotzdem beschäftigt es mich, wie zur Hölle eine Person SO derart besessen von mir sein kann. Alles was ich gemacht habe, ist dass ich meine Zeichnungen online postete und Leute das feierten. Und diese kranke Person hat mich zum Hauptobjekt ihrer Zwangsgedanken gemacht. (Sie hat OCD und ist angeblich in Behandlung aber es scheint nicht wirklich zu helfen).

Ich weiß, ich bin auf dem richtigen Weg und ich muss nur so weitermachen und dass sie einen Manipulationskanal zu mir hat wenn ich ihr noch irgendwelche Aufmerksamkeit schenke. Trotzdem scheint mich die Sache nach wie vor zu belasten. Ich habe mich schon selbst um professionelle Hilfe bemüht aber die Therapeutin war nicht die richtige für mich.

Tja, ich musste mir das mal von der Seele schreiben. Fühlt sich an, als wäre ich aus einem Kult ausgetreten und habe noch ein Kultmitglied auf meinen Fersen. Glücklicherweise weiß diese Person nicht, wer ich offline bin und sie lebt in Frankreich sonst hätte ich mich um andere Schutzmaßnahmen bemühen müssen. Es wäre ganz leicht sie zu vergessen, aber so leicht ist es wohl doch nicht.

Und ja, ich bemühe mich darum, mein soziales Leben offline zu verbessern, das Problem ist nur dass die meisten meiner Offline Freunde auch in dieser toxischen Community sind und selbst in meiner Ausbildung sind die meisten so - ich habe damals bewusst eine ähnliche Ausbildung wie die anderen angefangen.
Ich werde in wenigen Monaten meinen Abschluss machen, zu meinen Eltern zurückziehen (die mich schon seit Jahren vor der Community warnen, mich da als Jugendliche auch mal herausmanipuliert hatten aber da meine Erkenntnis noch nicht da war, bin ich später wieder zurückgegangen) und naja dann muss ich wohl von Null auf anfangen. In Freundschaften aber auch beruflich.
Was auch lustig wird in Corona Zeiten.

Aber zurück gehe ich nie wieder, das weiß ich ganz sicher.

Lan Anwort von Lan

Liebe Nonnie,

ich danke dir für deine Nachricht und dein Vertrauen. Schön, dass du dir alles von der Seele schreiben konntest. Ich hoffe, es geht dir jetzt damit etwas besser? Schreiben kann durchaus auch heilsam sein.

Das ist eine recht komplizierte Geschichte, die du beschreibst. Die Sache mit der ehemaligen Freundin, die du beschreibst, klingt besorgniserregend und für mich auch sehr problematisch.

Erstmal finde ich es wirklich stark und toll von dir, dass du den Kontakt abgebrochen und dann an deinen eigenen Baustellen so konsequent gearbeitet und dir ein sozusagen neues Leben aufgebaut hast. Das muss sehr schwer gewesen sein, hat sicherlich viel Zeit und Arbeit gekostet. Aber ich finde es bewundernswert, dass du eben an dir selbst gearbeitet hast und dein Leben radikal geändert hast. Das schafft nicht jeder. Dadurch hast du dich und dein Leben kritisch hinterfragst, bist reflektierter geworden und hast deine eigenen Muster durchschaut und daran gearbeitet.

Dass diese Person, die scheinbar besessen von dir scheint, immer noch intensiv den Kontakt nach dir suchst, belastet dich sehr, das lese ich heraus.
Dass dich das nach der schwierigen Zeit, die du durchgemacht hast, noch immer beschäftigt, ist verständlich. Schließlich hat dich das sehr beeinflusst und auch mitgenommen.


Abstand gewinnen beziehungsweise Kontakt abbrechen

Ich würde an deiner Stelle tatsächlich weiterhin versuchen, den Kontakt mit dieser betreffenden Person zu kappen, so gut wie es geht. Also ihr nicht noch mehr Aufmerksamkeit schenken, denn das will sie vermutlich auch. Sie braucht vielleicht diese Aufmerksamkeit und solange sie diese bekommt, wird das mit ihr so weitergehen. Auch wenn ich verstehen kann, dass es dir Genugtuung verschafft, wenn du ihr all das schreibst, was dir auf der Seele liegt. Aber wie geschrieben, das befeuert sie weiter und sie wird noch weniger davon ablassen, dich weiter zu verfolgen.

Du schreibst, dass du auch das Bedürfnis hast, sie zu googeln. Immer wenn du das Bedürfnis hast, hast du immer die Wahl, dich auch für etwas anderes zu entscheiden, du musst diesem Bedürfnis nicht nachgehen. Auch wenn es sehr anstrengend kann sein und Überwindung kostet, aber je öfter du dieses Bedürfnis nicht stillst, desto mehr stärkst du auch deinen eigenen Willen. Du bist diesem Bedürfnis nicht ausgeliefert. Doch je mehr du dich dem Bedürfnis hingibst, desto schwieriger wird es, dem zu widerstehen.

Ich kann nachvollziehen, dass dich ihre Obsession sehr beschäftigt, schließlich bist du ja diejenige, die es betrifft. Trotzdem würde ich an deiner Stelle versuchen, nicht zu viel darüber zu grübeln. Es ist ihr Problem, mache es nicht zu deinem eigenen Problem. Du kannst ihr Problem nicht lösen, sollst du auch nicht. Dass sie dich "ausgesucht" hat, kann viele Gründe haben. Es kann aber auch einfach Zufall gewesen sein. Aber da spielt jetzt keine Rolle. Du kannst ihr mit ihrer Obsession nur indirekt helfen, indem du dich von ihr distanziert, ihr nicht mehr Gründe gibst, dich weiter aufzusuchen. Das wäre meine Ansicht.

Im Endeffekt wirst du es nicht wissen, warum sie so verrückt nach dir ist, solange du nicht mit ihr darüber sprichst. Und auch wenn ihr euch darüber unterhalten solltet, wird es für dich nicht nachvollziehbar sein, da sie vermutlich wirklich psychische Probleme hat und auch einen gewissen Zwang entwickelt hat. Das ist jetzt keine Diagnose, sondern nur meine Vermutung und Meinung. Wenn man selbst nicht so etwas durchgemacht hat, wird es schwierig, das zu verstehen.

Am besten wäre es natürlich, die Person würde sich in Therapie begeben, sofern das noch nicht passiert ist. Aber es ist nicht deine Entscheidung, sondern liegt ganz bei ihr. Du kannst nur beeinflussen, wie du mit ihr umgehst und ob du dich noch mit ihr beschäftigst. Ich nehme an, dass es dich mehr belastet als dir guttut, weiter Kontakt mit ihr zu haben. Darum hast du damals auch den Kontakt zu ihr abgebrochen. Und es ging dir vermutlich damit besser, oder?

Frage dich selbst: Was hast du davon, wenn du weiter mit ihr zu tun hast? Bringt dich das weiter oder hält dich das davon ab, ein neues gesünderes Leben aufzubauen?


Passenden Therapeuten finden

Ich glaube, dass dir mehr Abstand von ihr helfen kann, das alles noch weiter zu verarbeiten. Solange du aber noch mit ihr zutun hast, wird das schwer werden. Dann triggert dich das, alles kommt wieder hoch und du kannst keinen Schlussstrich ziehen.

Schön, dass du dir in dem Bezug auch professionelle Hilfe suchen willst. Ich denke, dass dir ein Therapeut bei der Verarbeitung sehr helfen kann. Du hast schon sehr viel getan und gezeigt, dass du stark genug bist, dein Leben zu ändern. Aber vielleicht braucht es tatsächlich jetzt professionelle Unterstützung, um weiterzukommen. Und wenn um das Belastende in Bezug auf die Person endlich zu verarbeiten.

Es kann leider vorkommen, dass die Chemie zwischen dir und der Therapeutin nicht gestimmt oder die Behandlungsweise nicht die passende war. Lass dich von bitte nicht abschrecken und versuche es weiter. Es kann dauern, bis man den richtigen Therapeuten findet, aber es lohnt sich. Ich spüre, dass du das unbedingt willst, dass du das hinter dir lassen und deine Baustellen bearbeiten willst und weiß, dass du die Kraft haben wirst, durchzuhalten.

Hier noch eine Soforthilfe zum Thema Therapeutensuche:
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html


Problem Freunde

Ich finde es auch gut, dass du versuchst, dein soziales reales Leben zu verbessern. Jedoch scheint es gerade schwierig zu sein, da deine Freunde wohl auch aus der toxischen Community stammen. Wenn man dann einen solchen Freundeskreis hat, wird es problematisch, sich davon zu distanzieren. Die Frage ist, wie sehr dich das in deiner Entwicklung einschränkt, also wie sehr beeinflussen dich deine Freunde, wie ausgeprägt ist das Toxische bei ihnen? Wichtig ist, wie es dir damit geht. Tun dir diese Freundschaften noch gut? Wie fühlst du dich mit diesen Menschen? Überwiegt das Positive oder das Negative? Und arbeiten deine Freunde auch an sich? Unterstützen sie dich bei deiner Entwicklung und Veränderung?

Sollte es so sein, dass sie dir eher nicht gut tun, müsstest du in dich hineinhören: Entweder du lebst damit, bleibst in diesen Freundschaften oder du löst dich von ihnen, hälst zumindest mehr Abstand, wenn du dich von ihnen nicht trennen kannst. Ändern wirst du sie nicht, nur du kannst dich und dein Umgang mit anderen ändern.

Ansonsten bleibt dir tatsächlich, wie du schon schreibst, nichts anderes übrig, als neue Freunde zu finden. Doch das solltest du dir wert sein, wenn du eben unter deinen Freundschaften leidest, sie dir nicht mehr gut tun. Sicherlich ist es nicht leicht, Freundschaften aufzubauen, aber wenn du es wirklich willst und ich gestehe dir so viel Wille und Durchhaltevermögen zu, kannst du das schaffen. Vielleicht ist ein Neustart tatsächlich das, was du gerade sehr brauchst. Das kannst nur du herausfinden. Und vielleicht ist das auch eine gute Chance, wenn du mit der Ausbildung fertig bist und wieder zu deiner Familie zurückziehst. Auch wenn es jetzt in Corona-Zeiten alles andere als einfach wird, es ist möglich. Versuche da offen ranzugehen, nicht zu viel und zu schnell zu wollen.


Ich habe dir einige Beiträge mal verlinkt, lies doch gern mal ein:

https://mein-kummerkasten.de/333041/Mein-bester-Freund-behandelt-mich-wie-Dreck.html
https://www.refinery29.com/de-de/wenn-freundschaft-toxisch-wird
https://www.myself.de/leben/familie-freunde/toxische-freundschaft/
https://www.refinery29.com/de-de/2021/05/10480608/toxische-freundschaften-anzeichen
https://www.stern.de/neon/herz/freundschaft/selbstschutz--sich-von-toxischen-menschen-zu-trennen-tut-weh---aber-auch-sehr-gut-8525000.html


Ich hoffe, dass du die für dich richtigen Entscheidungen triffst und den Mut und die Stärke hast, weiterhin professionelle Hilfe zu suchen. Ich wünsche dir viel Erfolg und alles Gute!

Liebe Grüße,
Lan