Problem von Anonym - 18 Jahre

Ich bin so müde

Hallo,
ich schreibe hier rein, weil es mir gerade schlecht geht. Ich bin so müde und so erschöpft einfach, und das schon Jahre lang. Meine Mutter ist verstorben als ich noch jünger war, es geht aber jetzt um meinen Vater. Mein Vater ist alt, viel älter als die Väter der meisten Leute in meinem Alter und er ist inzwischen nicht mehr so wie früher. Er ist Alkoholiker und krank und körperlich geht es ihm auch nicht mehr so gut. Und er macht mich psychisch fertig. Er kann furchtbar gemein sein und schreien und dich fertig machen, obwohl die Sachen, die er sagt überhaupt keinen Sinn machen. Ich werde die ganze Zeit hin und her gerissen zwischen der Situation, dass ich ihm bei allem helfen muss und er mir so leid tut und dann auf der anderen Seite schreit er mich an, macht mich kaputt und ich hasse ihn dafür. Es ist nicht fair. Ich habe ihn trotz allem lieb, aber das werde ich ihm nicht vergeben können. Es geht schon Jahre lang so. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er ein Narzisst ist, er denkt er wäre besser als alle anderen und lässt sich gar nicht gerne helfen. Ich kann es nicht beschreiben, aber er ist schlimm und hat schon die schrecklichsten Sachen zu mir gesagt. Und trotzdem muss ich mir jeden Tag Sorgen machen, dass er irgendwann nicht mehr da ist. Es ist so ermüdend und ich bin innerlich einfach sehr sehr traurig. Ich möchte doch nur, dass alles gut ist. Es wäre wirklich schön, wenn jemand erkennen würde, dass ich mein Bestes gebe. Ich versuche es wirklich, ich bin nur so müde. Ich habe bestimmt auch schon viele Sachen falsch gemacht, aber nie mit böser Absicht, es tut mir einfach leid. Ich hoffe, irgendwann, egal ob hier oder wenn er nicht mehr da ist, versteht er, dass ich mein Bestes gegeben habe und dass er mir viel Schmerz bereitet hat. Ich weiß, dass ich ihm vergeben werde, aber ich wünschte er könnte verstehen, dass es auch mir nicht gut geht. Ich wünschte, er könnte es aus der Perpektive sehen, die er früher hatte. So wie er früher war. Ich weiß gar nicht, ob das hier jemand lesen wird, aber trotzdem danke. Für's Zuhören. Irgendwann wird bestimmt alles gut. <3

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

vielen Dank für deine Nachricht und dein Vertrauen.
Du hast lange auf eine Antwort warten müssen, was mir leid tut. Ich hoffe dennoch, dass sie dir weiterhelfen wird.

Du machst eine Menge durch, dir geht es wirklich nicht gut. Fühl dich von mir gedrückt, wenn du magst.

Das war sehr mutig und stark von dir, dass du uns geschrieben hast. Das zeigt, dass du mit Problemen zu kämpfen hast, die du allein nicht mehr lösen kannst. Du brauchst Hilfe, das lese ich stark heraus.

Du bist ein starker Mensch und ich glaube es dir von Herzen, dass du dein Besteg gibst. Wer, wenn nicht du, kann es am besten wissen, was du alles täglich schaffst. Du kannst dir selbst die Anerkennung und Wertschätzung geben und dich liebevoller behandeln. Du bist nicht abhängig von der Anerkennung anderer oder von der deines Vaters.

Du leidest sehr unter dem Verhalten deines Vaters und seiner Sucht. Ich lese das Dilemma heraus, dass du das gerne alles hinter dir lassen willst. Aber gleichzeitig fühlst du dich verantwortlich für deinen Vater, er tut dir leid und du willst ihn nicht im Stich lassen. Obwohl er dich so behandelt und verletzt hat. Das nennt man auch emotionalen Missbrauch, wenn er dich so verbal verletzt und fertig macht.

Jeder macht mal Fehler und das ist okay und menschlich. Ich glaube dir, dass du die Fehler nicht begangen hast, um andere zu verletzen. Versuche dir selbst dafür zu vergeben, niemand ist perfekt.

Hast du denn im nüchternen Zustand mit deinem Vater mal darüber geredet, wie es dir jetzt geht?
Bleib bei dir und erzähle davon, wie du dich damit fühlst und worunter du leidest.

Was du jetzt vor allem brauchst, denke ich, ist professionelle Hilfe. Du bist mit deinem Latein am Ende, dir geht es selbst nicht mehr gut, du selbst kannst deinem Vater auch nicht weiter helfen, wenn es dir so schlecht geht. Darum solltest du jetzt vor allem an dich denken und dir Hilfe suchen.

Ein Familienhelfer wäre für euch geeignet, denke ich. Das wäre jemand, der als Sozialarbeiter zu euch kommt und gemeinsam mit euch an einer Lösung arbeitet.

Auch eine Beratungsstelle für Angehörige von Alkoholkranken könntest du aufsuchen. In deiner Heimatstadt oder in der nächst größeren gibt es sicherlich welche, die findest du meist übers Internet. Du kannst dich da informieren, welche Wege es gibt, um mit allem besser umgehen zu können.


Du bist inzwischen 18 und könntest jetzt auch auf eigenen Beinen stehen. Ich weiß leider nicht, ob du noch studierst oder Ausbildung machst oder schon arbeiten gehst. Aber ich finde, dass du jetzt mehr an dich denken und ausziehen solltest. Der Abstand von deinem Vater wird dir helfen, wieder zu dir zu kommen, damit es dir besser geht. Du musst kein schlechtes Gewissen haben, du entscheidest dich dafür, etwas für dich zu tun. Dein Vater ist erwachsen und es gibt sicherlich noch andere Möglichkeiten, wie ihm geholfen werden kann. Aber dafür muss er sich dafür einsetzen, das kannst und sollst du ihm nicht abnehmen. Du bist nicht für ihn verantwortlich, zumal du ja selbst das Kind bist und er der Erwachsene von euch beiden. Doch was du beeinflussen kannst, ist, wie du damit umgehst und dass du dir selbst hilfst. Du musst nicht länger unter dem Verhalten deines Vaters leiden. Wichtig ist, dass du aus dieser belastenden Situation rauskommst und dir Hilfe suchst.

Wenn dir das momentan einfach zu viel ist, ist es nur gesunde Selbstfürsorge, wenn du erst einmal woanders unterkommst oder dir eine eigene Wohnung suchst. Ich kann verstehen, dass du deinen Vater nicht im Stich lassen willst. Du wirst mit einem schlechten Gewissen kämpfen und es ist wirklich sehr schwer, diese Entscheidung zu treffen. Aber du leidest gerade enorm und tust weder dir noch ihm etwas Gutes, wenn du länger bei ihm bleibst. Ich glaube, dass es dir schon helfen würde, wenn du etwas Abstand gewinnst. Du kannst deinen Vater ja trotzdem oft besuchen kommen, wie du magst. Aber du hättest so immer die Möglichkeit, dich wieder zurückzuziehen, wenn es dir nicht gut geht.


Ich verlinke dir hier einige Beiträge zu deinem Thema. Schau gern mal rein:
https://mein-kummerkasten.de/309678/Mein-Vater-ist-alkoholiker.html
https://mein-kummerkasten.de/142962/Mein-Vater-ist-Alkoholiker.html
https://mein-kummerkasten.de/221336/Mein-Vater-ist-Alkoholiker.html

Hier gebe ich dir noch einen Link zu unserer Soforthilfe mit, der auch wichtig sein könnte:

Ich gebe dir auch noch einen Link unserer Soforthilfe, auch der könnte wichtig sein:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/28/Alkoholmissbrauch.html


Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen und alles Gute!

Alles Liebe,
Lan