Problem von Anonym - 27 Jahre

Freundschaft weiter möglich?

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich schreibe euch, weil ich mich gerade in einer etwas komplizierten Situation befinde. Es geht um meinen besten Freund (männlich) und mich (weiblich).
Wir kennen uns nun schon seit vielen Jahren, richtig dick befreundet sind wir allerdings erst seit 3 Jahren, seit wir zufällig eine Ausbildung zusammen begonnen haben. Ich arbeite seit dem auch im selben Betrieb wie er.

Er hatte die letzten Jahre immer mal wieder kurze Beziehungen oder Bekanntschaften, die jedoch nie länger als ein halbes Jahr gedauert haben. Ich bin seit vielen Jahren glücklick in einer Partnerschaft.
Ihm ging es immer wieder schlecht, weil seine Bekanntschaften und Beziehungen zerbrochen sind, jedoch kam jedes Mal das selbe Problem auf, wo ich schon häufig mit ihm drüber gesprochen habe: Er definiert sich über seinen Beziehungsstatus. Das bedeutet: hat er keine Freundin, ist er andauernd am Boden zuerstört, tot unglücklich, fühlt sich nichts Wert und möchte als ausgleich andauernd etwas unternehmen und meldet sich mehrmals täglich.
Sobald er aber eine Bekanntschaft hat, taucht er vollkommen ab. Meldet sich tagelang nicht und stellt alles Andere für sie in den Hintergrund. Es ist nur nur ich, die sich dadurch verletzt fühlt, ich habe auch mit anderen gemeinsamen Freunden und Kollegen von uns gesprochen. Auch sie sind verletzt, weil man immer wieder von ihm aus nichtigen Gründen versetzt wird.
Leider haben wir (meine Kollegen und ich) es zu lange "durchgehen" lassen. Wir haben ihn immer wieder unterstützt oder es geschluckt, dass er spontan doch nicht kann, weil er einen ruhigen Abend mit seiner Freundin haben wollte. Das wirkt sich jedoch nicht nur in den Freizeitbereich sondern auf aus unsere Ausbildung aus. Dort stehen wir kurz vor den Abschlussprüfungen und er hat in einem Hauptfach ziemliche Probleme.
Eigentlich hatten wir ausgemacht, dass ich ihm vor den Prüfungen noch einmal ordentlich beim Lernen helfe, da mir dieses Fach keine Probleme bereitet.
Allerdings ist die Situation nun leider eskaliert:

Seit August hat er nun wieder eine Freundin. Auch hier war der Start nicht besonders glücklich, da er sich ab diesem Moment wieder garnicht mehr meldete. Sie führen eine Fernbeziehung und ich habe sie nun 3x bisher gesehen und muss leider sagen, dass sie und ich absolut nicht auf einer Wellenlänge sind. Er weiß auch, dass ich sie als arrogant und hochnäsig einstufe, aber damit klar komme, solange die beiden nett miteinander umgehen.
Leider hat er die letzten 2 Wochen vor den Ferien nicht mehr wirklich am Unterricht in präsenz teilgenommen, da er an den Tagen bei seiner Freundin sein wollte, die da Zeit hatte. Darüber war ich schon sauer, weil ich keine Lust darauf habe, ihm unter die Arme zu greifen, wenn er nicht zum Unterricht kommt. Also habe ich ihm damals schon gesagt, dass wenn er wegen solchen Gründen nicht erscheint, er von mir auch keine Informationen aus dem Unterricht bekommt. In diesem Unterricht haben wir jedoch eine Probeklausur geschrieben und noch wichtige Informationen zur Abschlussklausur bekommen. Diese habe ich ihm bisher alle nicht weitergegeben, ansonsten hat er auch keinen Kontakt zu anderen aus unserer Klasse (nur er und ich machen diese Ausbildung bei uns um Betrieb).
Zudem hat er mich in den letzten Wochen immer wieder (ebenfalls aus nichtigen Gründen wie das Putzen vom Badezimmer, Einkaufen gehen, Schränke zusammen bauen oder eben seiner Freundin beistehen, welche auch demnächst Prüfungen hat) kurzfristig versetzt, wenn wir zusammen lernen wollten (wir müssen noch ein Projekt gemeinsam fertigstellen).
Es gab immer wieder Streit zwischen uns, welcher nun immer weiter eskaliert ist.
Es ist leider keine Seltenheit mehr, dass wir uns am Telefon anschreien. Ich habe schon mehrmals um ein persönliches Treffen gebeten, was aber bisher nicht wirklich zu stande kam. Wir haben ein Mal persönlich nach dem Unterricht uns auf dem Parkplatz unterhalten, da wollten wir aber beide nach Hause, so dass jeder einmal seine Meinung gesagt hat und nach 10 Minuten hatten beide keine Lust mehr und wollten nach Hause.

Letzte Woche nun, waren wir erneut zum Arbeiten am Projekt verabredet (sie war die komplette letzte Woche bei ihm), wo ich schon gespannt war, ob dies überhaupt stattfinden wird. Morgens rief er dann an und sagte, dass er nicht wisse, ob das heute mit dem Arbeiten klappt, da das Wetter so schön sei und er mit ihr was unternehmen wollen würde. Ich habe ihn dann versucht freundlch darauf hinzuweisen, dass das Wetter die nächsten Tage auch schön sei und wir verabredet wären. Er meinte darauf hin nur "mal schauen". Ab da wusste ich schon, dass er irgend eine andere Ausrede finden wird, weshalb wir heute wieder nicht arbeiten können. So war es dann auch. Nach seinem Dienst rief er an und meinte, dass er nun zu K.O. sei um noch zu arbeiten und erst einmal "zuhause ankommen müsse". Ich wollte ihn dann überreden, dass er ja jetzt 1.5 Std Pause machen könne und wir dann anfangen. Das wollte er nicht sondern es lieber auf einen anderen Tag verschieben. Das hat ich wieder sauer gemacht und ich habe ihm vorgeworfen, dass er so unzuverlässig ist, dass er das Projekt jetzt auch gerne alleine fertig machen kann. Es kam erneut zu einem lautstarken Streit am Telefon. Danach habe ich mich per Whatsapp bei ihm entschuldigt, aber keine Antwort mehr erhalten.
Am nächsten Tag habe ich ihm noch einmal geschrieben und um ein persönliches Gespräch gebeten. Darauf kam in der Mittagspause dann die Antwort, dass er nicht wisse wofür, wir alles schon mehrfach durchgesprochen hätten und er nur kommem solle, damit ich ihm vorwerfe wie scheiße und unzuverlässig er ist.
Ich habe ihn dann noch einmal gebeten sich bitte mit mir zu treffen und das ganze nicht per Telefon oder Whatsapp zu klären. Er rief dann an und ich war ziemlich aufgelöst, da mich seine Antwort extrem getroffen hatte. Dabei ging er auch dann relativ schnell darauf ein, sich mit mir zu treffen, auch wenn er dahinter keinen Sinn sehen würde, es mir aber extrem wichtig ist, das ganze noch einmal Face to Face zu klären. Also verabredeten wir uns für Abends für den selben Tag.
Ich beeilte mich nun meine Aufgaben, die ich an dem Tag noch zu erledigen hatte, zu erledigen und war fast fertig, als eine lange Nachricht von ihm kam, dass er sich nicht mit mir treffen würde. Dabei gehe ich davon aus, dass er mit seiner Freundin gesprochen hatte, welche ihm vermutlich ausgeredet hatte, einem Treffen zu zustimmen. Man muss noch dazu wissen, dass sie selbst keine Freunde besitzt, da sie "keine Wert auf Freundschaften legt, da man eh nur verarscht wird. Außerdem hat sie ihre Meinung und andere würden das nicht akzeptieren, dass sie von dieser nicht abweichen möchte" (das ist einer der Gründe, weshalb ich sie für arrogant halte).
Erneut war ich davon mehr als am Boden zuerstört und habe ihn noch einmal angerufen. Diesmal war ich echt fertig mit der Welt und nur noch am heulen und fast am Hyperventilieren, weil mir diese Freundschaft eigentlich sehr viel bedeutet und ich immer für ihn da war, wenn es ihm scheiße ging. Ich habe teilweise Besuch kurzzeitig bei mir alleine gelassen, weil ihn ein Mädel verlassen hatte und er kurz davor war "Dummheiten" zu machen. Es war mehr als ein Schlag ins Gesicht nun von ihm, obwohl es mir mehr als eindeutig schlecht ging zu hören, dass er sich nicht treffen möchte. Die Gründe dafür wechselten jedoch von Minute zu Minute. Zuerst war es, weil er Zeit zum nachdenken bräuchte, dann weil er wieder zu K.O. war und dann (ich vermute leider der ehrlichste) dass es ihm nicht in seinen Zeitplan passen würde, weil Zuhause seine Freundin auf ihn warten würde. Ich habe ihm dann noch einmal gesagt, dass es mir aktuell das größte Anliegen wäre einmal die Gelegenheit zu bekommen alles Face to Face zu klären. Einmal die Möglichkeit zu haben zu sehen wie er reagiert, wenn ich ihm was sage, da er häufig sich am Telefon einfach ausschweigt, wenn etwas unangenehm ist oder per Whatsapp einfach garnicht drauf reagiert. Das Telefonat dauerte etwa 20 Minuten und am Ende einigten wir uns darauf, dass wir uns dann eben sofort treffen würden, damit er wieder früher zuhause sei.
Ich fuhr sofort los und brauchte etwa 20 Minuten zum Treffpunkt. Eine Minute bevor ich dort war, erhielt ich wieder eine WhattsApp Nachricht von ihm, dass er nicht kommen würde, sein Handy jetzt ausstellen würde und ich mich nicht mehr melden solle. Wenn es mir so wichtig sei, solle ich am nächsten Morgen doch bitte um 7 Uhr zum Treffpunkt kommen.
Ich habe ihm daraufhin die beste Freundschaft beendet und geschrieben, dass wir jetzt nur noch Kollegen sind.

Seit dem mache ich mir Gedanken wie es weiter gehen soll, ob eine Freundschaft noch weiter möglich ist. Ich war eigentlich der festen Meinung "JA", aber nach zwei Tagen schrieb seine Freundin mir in einem sehr unhöflichen Ton, was mir denn einfallen würde einfach die Freundschaft zu beenden. Nur weil er mal keine Zeit hätte, wäre das ja kein Grund und ich wäre ja nur eifersüchtig und wenn ich ein Problem mit ihr hätte, ich ihr das ja ins Gesicht sagen solle. Ich war am überlegen ob ich überhaupt ihr antworte, da ich es mehr als unverschämt finde, dass sie sich in diese Situation mit einmischt, den Ton den sie dazu wählt, obwohl ich sie nicht kenne und was ihrer Meinung nach das Problem ist.
Mein Freund meinte aber ich könne ihr ruhig sachlich antworten und dann schauen was passiert, also habe ich ihr dann ganz sachlich geschrieben, dass sie vermutlich nicht die ganze Geschichte kennt und einer meiner Punkte war, dass ich die Dinge gerne Face to Face klären möchte und nicht über Whatsapp. Von ihr kam dann wieder eine schimpftirade von ihr zurück, auf welche ich nicht mehr geantwortet habe. Auf ein Schlammcatchen mit ihr habe ich wirklich keine Lust. Aus dem alter bin ich eindeutig raus.
Jetzt überlege ich welche Optionen es gibt.
Ihr einmischen hat für mich das ganze nur noch viel schlimmer gemacht und egal ob und wie ich mit ihm ein Verhältnis wieder aufbauen könnte, sie würde immer irgendwie dazwischen stehen. Im Endeffekt würde das meiste davon abhängig sein, wie er die ganze Situation mit ihr bewertet, bzw. ob er überhaupt davon weiß.
Für mich ist klar, dass ich mit ihr wohl nie auf einen grünen Zwei kommen werde, wo ich drüber hinweg sehen könnte. Jedoch frage ich mich, wie die Zukunft dann aussehen sollte. Vorallem gemeinsame Treffen halte ich für problematisch, da die bisherigen auch schon nicht sonderlich gut verlaufen sind (beim 1. Treffen fing sie an Fotos, welche an meiner Wand hingen negativ zu bewerten, beim 2. Treffen hat sie keine Antworten außer auf Ja/Nein-Fragen gegeben und beim 3. Treffen hatte sie ein Motto-Tshirt, welches wir für den Abend gekauft hatten sich geweigert anzuziehen, da ihr das Logo nicht gefiel. Kam später aber dann mit einer Entschuldigung, dass sie es vergessen hätte).
Ich würde ihn niemals vor die Entscheidung stellen sie oder ich. Aber ich frage mich, ob eine Freundschaft nochmal möglich ist und dem ganzen (sofern er auch dazu bereit ist) eine Chance zu geben mit der Gefahr, dasss es nach kurzer Zeit wieder eskaliert oder ob ich direkt sagte, dass kann so nichts mehr werden.
Ein komplette Kontaktabbruch ist aufgrund der beruflichen Situation nicht möglich. Und auch überlege ich ob ich stur sein soll und ihm die Informationen aus der Abschlussprüfung noch geben sollte, bzw. ihm beim Lernen noch helfen sollte.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Du hattest uns Anfang des Jahres bereits geschrieben und Lan hatte dir geantwortet: https://mein-kummerkasten.de/333585/Bester-Freund-veraendert-sich-durch-Beziehung.html

Ich finde auch, dass Freund:innenschaften, insbesondere enge, sehr kostbar sind. Allerdings sehe ich an keiner Stelle in deiner Beschreibung, wo er einen Mehrwert für dich darstellen könnte. Ja, harte Worte, aber von Luft kannst du dir nichts kaufen.
Ich schreibe das deswegen so deutlich, weil ich den Eindruck habe, dass die Substanz für eine echte Freundschaft, die dich erfüllt, nicht gegeben ist. Es wirkt auf mich, als hättest du dich viel zu lange mit ein bisschen Nettem, etwas Nahem zufrieden gegeben und viel mehr gegeben als erhalten. Du hast investiert, aber wofür?
Hier ist ein Umdenken angesagt. Schau' konsequent auf dich, anstatt ständig zu versuchen, etwas zu retten, was offensichtlich schon lange tot ist bzw. nie richtig gelebt hat. Dieser Auswuchs mit der Einmischung seiner Freundin ist ja nur die Spitze des Eisbergs!

Es gibt Menschen, die zu inniger und ehrlicher Freund:innenschaft mit dir in der Lage sind. Dieser jenige scheint es nicht zu sein, auch wenn das schmerzlich ist. Vielleicht hattet ihr einmal eine gute erste Zeit. Doch diese scheint schon lange vorbei zu sein. Es geht hier auch nicht um Schuld, sondern allein um den Ist-Zustand, der so nicht gesund wirkt.

Du solltest dich innerlich verabschieden und dich ganz bewusst auf den damit verbundenen Trauerprozess einlassen. Akzeptanz ist hier ganz wesentlich, so wie es Lan auch schon geschrieben hatte. Es tut sehr weh. Doch es wird leichter, wenn du dir selbst vor Augen führst, wie du eigentlich behandelt werden möchtest. Dann fällt dir auf, wie sehr sein Verhalten davon abweicht. Und das schafft eine Distanz, die neue Möglichkeiten schafft.

Dass ihr bei der Arbeit noch aufeinandertreffen werdet, ist ja kein Grund, an einer maroden Freundschaft festzuhalten. Ich sehe das eher nüchtern als Anlass, eine konstruktiv-sachliche Beziehung zu etablieren, in der es eben nur noch um die Arbeitsinhalte geht. Das wird nicht von heute auf morgen eintreffen und sicherlich wird es noch den ein - oder anderen emotionalen Moment geben. Doch wenn du zu dir selbst stehst, wirst du immer mehr aufhören, dich derart ver*** zu lassen.

Ich wünsche dir alles Gute,
Nuala