Problem von Tobias - 22 Jahre

Versagensangst und Alleinsein

Ich stehe 2 Wochen vor meinem Bachelor. Ich studiere in einer zeitaufwendigen Fachrichtung und man sich mit den ein oder anderen überflieger vergleicht. Ich muss die schriftliche Arbeit und ein Projekt bald abgeben. Mein Problem liegt darin, dass ich Angst davor habe es nicht mehr rechtzeitig zu schaffen. Ich mag mein Studium wirklich, dennoch schob ich diese Arbeit ständig auf. Jetzt kam heute der Punkt an dem in echte Panik verspürte. Angst davor nicht alles rechtzeitig fertig zu haben oder durchzufallen macht mich verrückt. Meine Ex Freundin war in den vorherigen Semestern meine seelische Stütze. Es lässt sich wohl schon erkennen was ein trennungsgrund war.: Es war meine emotionale Unreife. Ich verdrängte und lief von Konflikten davon statt mich Gefühlen anzunehmen. In der Zeit nach der Trennung begann ich mich mit meinen Themen zu arrangieren und sie zu verstehen. Ich habe Fortschritte gemacht (mit jmd. über Gefühle geredet, Selbstaktzeptamz erhöht,...) doch um ehrlich zu sein bin noch mitten drin um große Baustellen zu lösen. Jetzt kommt diese enorme Angst dazu weshalb ich kaum Gedanken für diese Gefühle fassen kann. Wodurch ich mich noch weiter hineinreite. Falls ich die Arbeit nicht bestehe, käme ich wieder nicht zur Ruhe und könnte meinen Plan nicht verfolgen, indem ich ein Jahr Studienpause vor dem Master mache, um verschiedenste Etappen zu gehen. Umzug in die Stadt, Orte sehen die mich interessieren und Hobbies nachgehen für die während des Studiums keine Zeit war. Vor einem Knackpunkt zu stehen, der bei Versagen mir meinen Plan um die Ohren werfen kann erschöpft mich.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo Tobias,

das klingt schon toll, dass du dich persönlich so enorm weiterentwickelt hast! Es ist eine große Errungenschaft, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und mit anderen Menschen zu teilen. Das eröffnet ganz andere Möglichkeiten und schafft Freiheit, Befreiung. Deswegen möchte ich dir auch viel Anerkennung aussprechen. Ich wünschte, die Menschen würde generell mehr darauf achten, ihre Psyche bzw. ihre Empfindungen zu respektieren und selbstverständlich mit in ihre tägliche "Hygiene" einbeziehen. Somit kannst du Anderen ein Vorbild sein :)

Es liegt auch in der Natur der Sache, dass es ein lebenslanger Lernprozess ist, Herz & Kopf in Einklang zu bringen. Sei hier einfach stolz auf das, was du für dich geschafft hast, ohne daraus einen neuen Leistungsanspruch zu kreieren. Mach' alles in deinem persönlichen Tempo - was du sehr schön dadurch bewerkstelligen kannst, indem du genau auf dein Inneres hörst. Es kann z.B. sinnvoll sein, einen Tag mal gar nicht im klassischen Sinn zu schreiben, sondern eine bewusste Auszeit zu nehmen. Du solltest also nicht auf Krampf einen Arbeitsplan durchziehen, wenn deine innere Stimme etwas Gegenteiliges sagt. Meistens rächt sich das nämlich, wenn man sich so übergeht. Und nicht umsonst kommen solche inneren Impulse - vielleicht würdest du im genannten Beispiel davon profitieren, einen Ruhetag einzulegen, um das bisher Formulierte sacken zu lassen bzw. neue Einsichten zu bekommen. Gerade beim Aufenthalt im Grünen kann man schnell zu sich kommen, wie beiläufig Geistesblitze bemerken und dadurch sogar manchmal weiter kommen als wenn man regulär arbeiten/lernen würde.

Sei nachsichtig mit dir!
Solange du es als Versagen ansiehst, deinen Plan nicht wie vorgesehen zu schaffen, stehst du dir selbst im Weg. Du baust dir so unnötig Druck auf und wirst zum schlimmsten Feind.
Scheitern gehört zum Leben dazu - unbedingt auch zu einem erfolgreichen Leben! Die Kunst besteht vielfach darin, sich nicht entmutigen zu lassen, neuen Anlauf zu nehmen oder andere Wege zur Zielerreichung zu nehmen. Es ist total okay, umdisponieren zu müssen. Das kann dich sogar viel weiter bringen als alles nach Schema F bzw. nach Lehrbuch durchzuziehen. Und dein Wert als Person wird auch nicht geschmälert, wenn du einmal eine Prüfung nicht bestehst oder einen (Abgabe)termin nicht einhalten kannst. Erinnere dich hier auch an das, was du in den letzten Monaten gelernt hast: Du bist stark aus dir selbst heraus, wenn du deine Gefühle genauso berücksichtigst wie deinen Verstand.

Was ich dir empfehle: Fokussiere dich jetzt inhaltlich so gut es geht auf deine Arbeit und kombiniere diese konstruktiven Vorbereitungen mit bewusst gesetzten Auszeiten zum Entspannen. Gehe dann raus in die Natur, mache Sport, schlafe, höre Musik oder mache etwas Anderes, was dir hilft, neue Kraft und Zuversicht zu schöpfen. Gerade auch den Aspekt mit dem Alleinsein könntest du dann elegant angehen, indem du dir die Pausen auch mit gezielter Geselligkeit füllst. Wenn du dir einen halbwegs festen Lernplan erstellst, in denen die Pausen eingeplant sind, kannst du dich nicht ausräubern. Und die Abende solltest du sowieso zum Regenerieren nutzen, inklusive guter Schlafkultur. Viel Schlaf ist sehr wichtig.
Was die Anderen machen, solltest du bewusst ausblenden. Es geht um dich!

Du kannst ergänzend auch eine Studienberatung zum Thema Versagensangst und Leistungsdruck aufsuchen. Denn viele Studis leiden unter solchen Ängsten. In einer solchen psychologisch orientierten Beratung kannst du dir extra auf deine Situation zugeschnittene Tipps abholen.

Nach deinem Bachelor kannst du weitere seelische Themen aufarbeiten. Darauf kannst du dich auch freuen. Und wie ich es ja schon versucht habe zu beschreiben, kannst du schlussendlich alles kombinieren, weil sich Anstrengung und Entspannung keineswegs ausschließen, sondern sich vielmehr gegenseitig bedingen.

Ich wünsche dir ganz viel Erfolg - wobei ich Erfolg so sehe, dass es dir einfach gut gehen sollte. Du wirst spüren, was du wann und wie brauchst, da bin ich sehr zuversichtlich.

Alles Liebe,
Nuala