Problem von Anonym - 25 Jahre

Beziehungsangst oder berechtigte Sorge?

Hallo liebes „mein-kummerkasten“-Team,

leider schwirre ich zurzeit immer hin und her zwischen der Angst, mir das Ganze selbst einzureden oder dem unguten Bauchgefühl doch zu vertrauen.

Folgendes ist der Fall. Ich bin zurzeit seit ca. einem Jahr in einer Beziehung, die auch wirklich super läuft. Wir verstehen uns wirklich gut (ab und an gibt es natürlich ein paar Diskussionen, aber am Ende des Tages fühlt es sich niemals schwerwiegend an), mein Freund sagt mir regelmäßig und authentisch, dass er mich liebt und zeigt mir das auch nicht nur mit seinen Worten. Im Prinzip ist er das Beste, was mir bisher passiert ist und das versuche ich jeden Tag zu schätzen und so auch Kund zu geben.

Das Einzige, das wirklich von Anfang an ein „Problem“ war oder zumindest ein flaues Gefühl in meiner Magengrube verursachte, dass er, bevor wir uns näher kamen, einmal mit seiner „besten Freundin“ geschlafen hat. Sie ist wohl selbst in einer langjährigen Beziehung und hat zu dem Zeitpunkt diese geöffnet (das war kurz nachdem er seine ehemalige Beziehung beendet hat) und ihn direkt angesprochen, ob die beiden es denn nicht probieren wollen. Ich kann es ihm auch ehrlich gesagt nicht verübeln, wer würde so ein Angebot nicht wahrnehmen? Noch dazu ist sie unglaublich schön und das Vertrauen war natürlich aufgrund deren Freundschaft schon da. Es hat sich, laut seinen Berichten, jedoch als einmalige Sache entpuppt, da sich beide danach irgendwie unwohl fühlten. Seitdem haben die beiden aber immer noch regen Kontakt (jede Woche Telefonate, tägliche Nachrichten, etc.). Er hat ihr wohl versprochen die Freundschaft nicht wegen einer Beziehung zu beeinträchtigen, doch hat er jetzt wegen mir keine wirklich andere Wahl.

Ich hab nämlich diesbezüglich geäußert, dass ich sie nicht wirklich treffen oder kennenlernen möchte und es einfach eine Unruhe in mir verursacht. Und mir auch am liebsten wäre, wenn die beiden den Kontakt reduzieren würden, da meiner Meinung nach da eine Grenze überschritten und damit die Plakette der Freundschaft verunreinigt worden ist. Ich verstehe zudem auch nicht, wieso er überhaupt das Bedürfnis hat neben seiner Beziehung so eine emotionale (zumindest gerade) Zweitbeziehung zu führen und es verletzt mich sehr, dass er da seine Prioritäten nicht setzen kann. Ich denke er will sie nicht verletzen und er hat mir auch schon beteuert, dass er den Kontakt einschränken wird, jedoch fällt es ihm echt schwer und macht in traurig. Es ist wohl auch eine sehr gute Freundschaft. Aber irgendwas hält die beiden zusammen, ich bezweifle, dass der Kontakt jemals wirklich aufhören wird. Und fühle mich zudem auch echt schlecht mit meiner Gefühlslage, da sie ja im Prinzip ein zweites Leid mit sich bringt.

Eigentlich ist die Antwort ganz simpel. Ich kann froh sein, dass er auf meine Gefühle Rücksicht nehmen möchte und ich glaube auch nicht, dass jede Beziehung von Anfang an das natürliche Commitment mitbringt, der/die Partner/in sei der Einzige für immer und ewig auf diesem Planeten. Was auch immer ich tue, am Ende entscheidet das Universum und unsere Natur von selbst, was geschehen wird. Trotzdem fällt es mir super schwer mit meiner verkopften Art einfach zu vertrauen und die Dinge laufen zu lassen. Ich bin auch nicht mehr die Jüngste und plane, mich niederzulassen und etwas aufzubauen.

Leider haben meine bisherigen Beziehungen nicht allzu lange gehalten (längste war 2,5 Jahre, Fernbeziehung) und ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich und meine Verkopftheit nicht vielleicht einfach das Problem sind. Zudem erscheinen meine Äußerungen hier vielleicht sehr nüchtern, das Problem begleitet mich jedoch täglich und beeinträchtigt meine Laune und mein Vertrauen in Bezug auf die ganze Beziehung.

Was meint Ihr? Einfach ihm vertrauen oder meinem Bauchgefühl?

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

hab vielen Dank für dein Vertrauen und deine Nachricht.

Ich kann deine Sorge verstehen. Du siehst in der besten Freundin eine Art Gefahr, befürchtest, dass die beiden erneut miteinander schlafen. Oder fühlst dich eifersüchtig, weil die beiden eine enge emotionale Freundschaft zueinander haben und hast Angst, dass sich daraus mehr als Freundschaft entwickelt.

Was ich zwischen den Zeilen herauslesen kann, ist, dass du Angst hast ihn an sie zu verlieren. Du hast Angst, dass er dich hintergeht oder vielleicht dich sogar für sie verlässt.
Es sind Ängste deinerseits, die durch etwas was mal zwischen den beiden passiert ist und durch ihren aktiven Kontakt getriggert werden.

Ich würde dich bitten, dir diese Ängste und Sorgen mal genauer anzuschauen und auch zu hinterfragen. Hat es wirklich etwas mit der einmaligen Sache zwischen den beiden zu tun? Oder könnte es vielleicht mehr daran liegen, dass dir das Vertrauen und auch Selbstvertrauen fehlt, dass du Sorge hast, dass du deinen Freund verlieren könntest?
Die beiden sind beste Freunde. Natürlich ist es schwierig, das alles auch so zu glauben, wenn die beiden schon mal miteinander geschlafen haben. Aber: Er hat sich danach nicht für sie entschieden und sie auch nicht für ihn. Das war sehr wahrscheinlich nur eine einmalige Sache. Die wirklichen Beweggründe müsstest du herausfinden und erfragen. Vielleicht war er neugierig, vielleicht brauchte er auch etwas, um sich von der Trennung abzulenken, wer weiß das schon?
Die ständige Sorge, dass zwischen den beiden mehr ist und du ihn verlierst, ist Gift für eure Beziehung.

So hart es wie klingt: Du musst lernen, ihm zu vertrauen und in eure Beziehung zu vertrauen. Vor allem wenn er dir immer wieder beteuert, dass er dich liebt und dir das auch zeigt. Wenn ständig Misstrauen da ist, beeinträchtigt das eure Beziehung und führt auf lange Sicht zu mehr Problemen oder einer möglichen Trennung. Das was passiert ist, lässt sich nicht rückgängig machen. Was du machen kannst, ist, loszulassen, es zu akzeptieren, aber auch nicht ständig darüber nachzudenken, was wäre wenn und ob es nicht nochmal passieren könnte.

Es ist schwierig, nach so einer Sache wieder normal befreundet zu sein. Aber wenn sich beide darauf einigen und da tatsächlich keine anderen Motive oder romantischen Gefühle verbergen, kann eine Freundschaft wieder ganz platonisch werden.

Du magst nicht verstehen, warum er eine so enge Freundschaft haben will. Aber schau mal: Ein Mensch allein kann nicht alles für uns sein, das wäre auch ungesund. Es ist total normal, dass man neben der Partnerin eben auch Freunde oder Freundinnen hat. Freunde geben einem etwas anderes als die Beziehung. Und die beiden kennen sich vermutlich länger. Ich würde davon abraten, deine Beziehung mit dieser Freundschaft zu vergleichen. Vielleicht fragst du ihn mal selbst, warum er weiterhin mit ihr befreundet bleiben will?

Jedenfalls ist die Geschichte sehr vermutlich zwischen den beiden vorbei. Solange er wirklich nur mit ihr befreundet ist, sollte er dir auch keinen Grund zum Misstrauen geben. Dann besteht das Problem nicht bei ihm, sondern in deinem Kopf, weil du immer wieder daran denkst, wie das mit denen beiden war und ob sich das nicht wiederholen würde. Da kann dein Freund wahrscheinlich noch so oft beteuern, wie sehr er dich liebt und dass er an ihr kein sexuelles Interesse mehr hat -- solange du dran festhälst, wird es ein Problem bleiben.

Außerdem ist es schon mal ein gutes Zeichen, dass er dir überhaupt davon erzählt hat. Er meint es also ernst und will ehrlich sein in der Beziehung mit dir.

Und die beiden haben es bei dem einen Mal belassen, weil sie sich unwohl gefühlt haben. Das zeigt doch auch, dass das mit ihnen so nicht weitergehen würde, sie wollen freundschaftlich verbleiben, also kein Grund für dich zu Sorge.

Statt dich auf die beiden zu fokussieren, solltest du den Blick auf dich und dein Selbstvertrauen werfen und schauen, woher dieses Misstrauen kommt. Schau dir an, was du tolles zu bieten hast. Warum hat sich dein Freund in dich verliebt und sich entschieden, mit dir zusammen zu sein? Was hat er an dir, was er an seiner besten Freundin nicht finden kann? Werde dir deiner positiven Seiten bewusst, stärke sie. Mehr Selbstvertrauen macht dich auch selbst attraktiver und tut auch dir selbst gut, indem du dich dann weniger mit ihr vergleichst.
Denk dran: Das was zwischen den beiden war, ist vorbei, Vergangenheit. Du bist jetzt seine Gegenwart und Zukunft, konzentriere dich mehr darauf.

Vom Partner zu fordern, dass er den Kontakt einschränkt oder sogar abbricht, halte ich für nicht so zielführend. Solange es keinen Grund zur Sorge besteht, er also hinter deinem Rücken mit ihr flirtet oder was hat, sondern beide wirklich Freunde sind, sehe ich da auch kein Problem. Ich sehe eher das Problem in deinem Misstrauen, darum glaube ich, dass es dir hilft, mehr auch an deinem Vertrauen ihm gegenüber zu arbeiten.

Ich würde an deiner Stelle noch einmal mit deinem Freund ausführlich darüber sprechen. Offenheit ist da echt das A und O. Sag ihm, wie du dich mit der ganzen Situation fühlst und welche Ängste und Sorgen du hast. Erzähle ihm, wie es dir damit geht und wie du dich damit fühlst.


Ich hoffe, ich konnte dir einige Anregungen geben und wünsche dir alles Liebe!

Viele Grüße,
Lan