Problem von Sissi - 50 Jahre

Ich möchte akzeptieren lernen

Hallo liebes Team,
Mein Problem bezieht sich auf meine 19-jährige Tochter. Ich kann deren neuen (bis jetzt noch nicht aber wahrscheinlich bald) Freund nicht akzeptieren. Vor allem deshalb, weil sie mich in dieser Beziehung angelogen hat.

Die Vorgeschichte war, dass sie einen echt netten gutaussehenden und von der Art her zu ihr passenden Jungen, der in ihrer Schule ist, im Februar mit nach Hause brachte. Mit dem war sie aber nicht richtig zusammen, sie wollten es langsam angehen lassen. Sie erzählte mir von Anfang an sehr viel von ihm und hatte mir sehr großes Vertrauen geschenkt. Ich erlebte ihre Emotionen mit und entwickelte fast selber welche, wenn sie mir von ihm erzählte, was sie gemacht oder erlebt hatten. Ich freute mich so sehr für beide. Nach ihren Erzählungen hatte ich das Gefühl ich würde ihn kennen und versteifte mich irgendwie darauf, dass er der geeignete Partner für sie ist. Ich fand ihn richtig richtig gut! Das Ganze dauerte ca. 2-3 Monate.
Nun kam es aber anders, als ich hoffte und sie beendete diese Sache mit ihm, sind aber immer noch befreundet. Er litt ziemlich darunter. Er tut/tat mir sehr leid.
Im Nachhinein sagte sie mir auch Sachen, die sie an ihm störten, die sie vorher nicht erwähnt hatte, wohl damit ich keinen schlechten Eindruck bekomme.
Meiner Meinung nach, erkennt sie den wahren Wert dieser Person nicht. Ich denke, dass ich 30 Jahre mehr Menschenkenntnis habe als sie und ich spürte einfach Emphatisch, dass er es für sie gewesen wäre.
Ich komme überhaupt nicht damit klar, dass er es nicht geworden ist, sozusagen. Er war so so lieb.
Das ist Problem eins.

Problem zwei ist, dass sie einen neuen Verehrer hat, den ich aufgrund der Dinge wie sie vorher gelaufen sind nicht akzeptieren kann. Sie muss ihn kurze Zeit später oder auch währenddessen sie mit dem anderen (fast) zusammen war, kennengelernt haben. Sie hat mich auch angelogen, indem sie bei dem neuen übernachtet hat aber mir erzählt hat, sie wäre bei einer Freundin. Das hat sie gemacht, weil sie wusste dass ich es nicht gut finden würde, dass sie sich schon wieder neu orientiert hat. Diese Lüge habe ich selbst rausgefunden, es war nicht so dass sie es mir gesagt hat. Sie hat im ersten Moment geleugnet, es dann aber zugegeben und sich für die Lüge entschuldigt. Ich kann es ihr aber irgendwie nicht verzeihen. Ich kann es verstehen. Aber die Lüge war schmerzhaft. Ich kann mich dieser neuen Sache nicht öffnen. Ich wünschte ich könnte es. Habe kein Interesse daran, mehr über ihn zu erfahren etc. So wie es vorher war, als wir immer über alles geredet haben. Sie vermisst es und ich vermiss es auch. Aber ich kann nicht aus meiner Haut heraus. Ich akzeptiere nicht die Tatsache, dass sie den „alten perfekten“ gegen einen „neuen Imperfekten“ einfach ausgetauscht hat und dann noch gelogen hat.
Ich weiß auch, dass der neue für sie der „bessere“ ist, weil sie sich bei ihm gut fühlt, wie sie sagt. Das sollte ich akzeptieren, kann es aber nicht.
Die Lüge macht es noch schwerer als es ohne schon gewesen wäre.
Mich belastet das dermaßen so, dass ich jeden Tag weine.
Ich weiß, dass es nicht meine Sache ist und sie mit dem Freund zusammen ist und nicht ich und dass sie ihn aussucht und nicht ich.
Ich weiß es! Es gelingt mir nicht darüber hinwegzusehen und es einfach zu akzeptieren.
Das geht jetzt seit einigen Wochen so.
Als ich von dem neuen noch nichts wusste, war es auch schon so, dass ich mir Gedanken gemacht habe, wie ich die beiden wieder zusammen kriege. Aber seit dem Neuen sehe ich keine Chance mehr.

Ich habe auch darüber nachgedacht mich psychologisch beraten zu lassen, aber die Plätze sind rar gesät, ich weiß, dass eine Warteliste von 1-2 Jahren keine Seltenheit ist. Ich habe auch keine Kraft mich darum zu kümmern.
Ich bin ein sehr sehr emotionaler Mensch. Ich hatte einmal vor ein paar Jahren eine psychologische Beratung als jemand aus meiner Familie sehr krank war und ich damit nicht klargekommen bin. Das Resultat war dass ich keine Psychotherapie machen konnte, weil mein Problem als „das ist völlig normal“ eingestuft wurde.

Ich habe auch niemanden mit dem ich ernst darüber reden kann.
Habe mit meinem Mann darüber geredet und der sieht den „Austausch“ genau wie ich. Wäre mit dem ersten zufrieden gewesen. Aber er kann da leichter damit umgehen indem er sagt, sie wird’s schon bald merken. Er kann mich aber psychisch nicht aufbauen, er sagt zwar ich soll mir nicht so nen Kopf machen, aber das hilft mir halt nicht. Ich denke er weiß gar nicht wie tief es in mir wütet.

Ich hoffe die Zeit heilt alle Wunden, aber im Moment fühlt sich das nicht so an, sondern eher immer schlimmer.
Ich weiß, dass ich mich da rein steigere, so war ich schon immer. Kann mich eigentlich schon gut selbst reflektieren, aber keine Lösung finden.
Vielen Dank fürs Zuhören und antworten

Stephanie Anwort von Stephanie

Hallo Sissi,

vielen Dank für deine Zuschrift.

Ich bin selbst Mutter einer 20jährigen Tochter und bitte glaube mir, wenn ich dir schreibe das ich weiß wie du dich gerade fühlst.


Tief in unseren Herzen, werden unsere Kinder immer die süßen kleinen bleiben für die wir alles tun würden um sie glücklich zu sehen.
Keiner soll ihnen Leid und Kummer zufügen. Sie sollen keine schlechten Erfahrungen machen und immer von allem nur das Beste bekommen was sie verdienen.

Wir möchten sie behüten, beschützen, vor allen Gefahren verstecken und wie eine beste Freundin bis zum Rest unseres Lebens an ihrer Seite sein.

Und genau das ist nicht der richtige Weg um unsere Kinder in die weite Welt hinaus zu lassen.
Ich musste auch erst lernen loszulassen. Und das tat so richtig weh zu begreifen das ich sie eben nicht vor allem beschützen kann. Kinder müssen unbedingt lernen auf eigenen Füßen zu stehen und merken das ihr Leben nicht nur aus Party, Spass, ausschlafen und chillen besteht und die Eltern sie rausboxen wenn etwas schief läuft.

Nein! Sie müssen lernen morgens selbst pünktlich aus dem Bett zu kommen um rechtzeitig auf der Arbeit zu sein. Sie müssen selbstständig lernen das erst Rechnungen bezahlt werden müssen bevor sie in Saus und Braus an den Wochenenden feiern gehen. Lernen das Tränen, Kummer, Angst, Stress, Sorgen zum Alltag und Leben dazu gehören genauso wie Freude, Spass, Freunde, Urlaub usw.

Wir Eltern sind nicht immer da und ein Kind muss für sich selbst sorgen können wenn es Erwachsen ist.
Und weißt du was genauso wichtig ist für unsere Kinder?


Eltern die immer hinter ihnen stehen und sie auffangen wenn etwas schief läuft, sie Liebeskummer haben, Sorge das der Kühlschrank leer bleibt weil man über seine Verhältnisse gelebt hat, Stress weil sie mal wieder verschlafen haben...Eltern die immer ein offenes Ohr für sie haben und eigene Erfahrungen und Ratschläge teilen um es anders zu machen. Zeig deiner Tochter das du sie liebst und immer hinter ihr stehst, ganz egal mit welchem Partner an ihrer Seite.

Du möchtest nur das Beste für sie, dann vergraule sie bitte nicht. Sag ihr das du egal was sie macht, du immer hinter ihr stehst. Habt Spass zusammen wenn ihr euch seht. Geht zusammen Eis essen, Kaffee trinken, spazieren. Sei für sie da und höre ihr wieder zu.
Irgendwann einmal wird man das vermissen wenn sie ihre eigene Familie hat und ihren Weg geht.
Ich denke aber das Kinder die ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern hatten, gerne zu Besuch kommen und sich uns anvertrauen als wenn man ständig etwas an deren Entscheidungen auszusetzen hat.

Bitte verstehe mich nicht falsch und versuche darüber nachzudenken.
Einer Mutter tut es weh ihr Kind scheitern zu sehen oder zu bemerken daß Fehler gemacht werden. Aber nur durch das Lernen und die eigene Intuition werden unsere Sprösslinge sich im Leben zurecht finden. Wie sollen sie lernen Fehler zu vermeiden wenn immer jemand anderes alles für sie geregelt hat?
Auch die Liebe und Beziehungen gehören dazu. Deine Tochter ist noch jung, sie muss selbst schauen was sie an einem Freund gut oder schlecht findet. Erst durch gemeinsame Zeit und Unternehmungen lernen sie sich und die "Macken" des anderen kennen und entscheiden dann ob sie zusammen passen oder nicht. Wir als Eltern müssen uns daraus halten. Deine Tochter sollte selbst entscheiden wem sie ihr Herz schenkt und mit wem sie ihre Liebe teilt. Auch wenn es in deinen Augen jetzt nicht der richtige für sie ist, kann es vielleicht der Mann fürs Leben für deine Tochter sein.

Wenn du merkst das du es doch nicht alleine hinbekommst, versuche bitte eine Therapie. Auch wenn die Wartezeit ewig dauert, tu es für euch beide.
Mach die Mutter Tochter Beziehung nicht kaputt. Haltet zusammen und vertraut euch wieder. Geht ihre Wege gemeinsam und arbeite nicht gegen sie, damit würdest du sie eher von dir wegstoßen und das möchtest du bestimmt nicht. Dafür liebst du deine Tochter viel zu sehr.
Steh hinter ihr und ihren Entscheidungen, höre ihr zu wenn sie scheitert aber lass sie ihren eigenen Weg gehen. Sie wird Erwachsen und muss lernen und du musst lernen loszulassen damit dein Kind ein glückliches Leben führen kann mit einer Mutter auf die sie sich verlassen kann auch wenn sie mal gescheitert ist und Fehler begangen hat. Lieben heißt auch verzeihen.

Ich wünsche dir alles Gute und bitte melde dich jederzeit wieder bei uns wenn du etwas auf dem Herzen hast.

Liebe Grüße
Stephanie