Problem von T. - 16 Jahre

keine Motivation

Hey, ich leide unter Depressionen und merke, dass es mir immer schlechter geht.
Seit Monaten habe ich kaum noch Motivation für irgendwas in meinem Leben. Jeden Tag nach der Schule sitze ich im Bett und starr die Wand an.
Zudem hasse ich es von Tag zu Tag mehr wie ich aussehe oder wie ich mich Verhalte. Deshalb habe ich vor Monaten anfangen weniger zu essen als sonst. Es ist aber noch nicht zu dem Punkt angekommen, dass ich untergewichtig oder sonstiges bin. Allerdings denke ich immer häufiger mich zu wieder ritzen.
Ich hasse es, dass ich mich so verhalte. Ich will nicht schon wieder ans Ritzen denken.
Ich will nicht einfach nur auf dem Bett sitzen.
Ich will und muss lernen um mein Abitur noch zu schaffen.
Meine Eltern machen die Situation nicht besser. Ich spüre den Druck und die Erwartungen die sie haben. Es frustriert mich so sehr. Ich will auch, dass sie stolz auf mich sind, wie sie auch auf meine Schwestern sind. Doch ich mach nichts. Es frustriert mich einfach.

Ich war bereits kurz in Therapie, aber habe aufgehört, weil ich von meiner Therapeutin nicht ernst genommen gefühlt habe. Ich habe im Gedanke wieder zur Therapie zu gehen, da ich Traumas habe, die noch nicht ganz verheilt sind. Nur weiß ich nicht, wo ich anfangen soll jemand neuen zu suchen.

Ich weiß generell nicht was ich machen soll.

Arvid Anwort von Arvid

Liebe Hilfesuchende,


Wenn Du einfach mal plaudern möchtest, über das, was Dich bedrückt, kannst Du Dich an die Telefonseelsorge wenden: 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 (Anruf ist kostenfrei).


Ich habe selbst einige Zeit an Depressionen gelitten und kenne nur zu gut, was Du gerade durchmachen musst. Für Außenstehende ist es meist nicht begreiflich, aber Du hast vollkommen recht: Man hat keine Motivation und lebt in einer abgestumpften Welt, indem einem plötzlich vieles egal ist. Man kann sich zu nichts mehr aufraffen und hat das Gefühl, nutzlos zu sein, zu scheitern. Selbst die einfachsten Aufgaben werden zur Herausforderung.

Was Deine Eltern betrifft: Kinder sind nicht auf der Welt, um ihre Eltern stolz zu machen. Und ihr Verhalten ist sehr fragwürdig. Sie sollten Dich unterstützen. Depressionen sind sehr ernste Erkrankungen und das müssen sie ernst nehmen. Sag ihnen das auch.
Und momentan kannst Du nun mal keine Leistungen bringen. Das müssen sie respektieren. Denn niemand kann etwas für seine Depression.

Und es ist sehr schwer, diesen Abgrund zu überwinden. Doch es ist machbar.

Wie für jede andere Erkrankung gilt auch für die Depression: Alles hat einen Grund, eine Ursache.

Auch wenn manche Menschen mehr zu depressiven Phasen neigen, als andere, gibt es immer einen Auslöser für die Depression: schlimme Erfahrungen, Schicksalsschläge, Traumata, usw.

Am Anfang des Wegen aus der Depression steht die Bewältigung der Ursache. Und um das zu erreichen, muss die Ursache bekannt sein.

Deswegen stell Dir bitte einmal die Frage, warum Deine Situation jetzt so ist, wie sie ist. Welchen Grund hat das?
Es liegt nicht an der Depression. Sie ist nur das Symptom. Die Ursache ist eine andere. Gut möglich, dass es auch die Traumata sind, von denen Du geschrieben hast.

Und deswegen kann ich Dein Vorhaben, noch einmal eine Therapie zu machen, nur befürworten. Psychotherapeuten kannst Du z.B. hier suchen: https://www.therapie.de/therapeutensuche/
Gib dazu einfach Deine Postleitzahl ein und Du findest Ansprechpartner in Deiner Nähe. Es gibt auch Spezialisten für Kinder- und Jugendtherapie.

Bei starker Depression ist manchmal auch eine medikamentöse Behandlung sinnvoll. Aber das sollte mit dem Therapeuten abgesprochen werden. Wichtig ist, dass Du Dir Zeit für die Therapie nimmst. Sie wird mit unter Jahre dauern. Denn das Problem ist nicht schnell zu lösen. Es ist ein Prozess, welcher nicht nur das regelmäßige Gespräch beinhaltet, sondern auch Persönlichkeitsanalysen, usw. Das alles zusammen führt zu einem Lösungsweg. Aber dieser ist lang. Daher solltest Du Zeit dafür einplanen.


Die Therapie sollte jetzt der erste Schritt sein. Damit legst Du den Grundstein für Deine Genesung.

Hast Du das geschafft, kannst Du auch noch andere Maßnahmen ergreifen, damit es Dir besser geht:

- einen neuen Sport anfangen (z.B. Klettern, Kampfsport, Wassersport, Tennis, usw).
Sport trägt enorm zur Gesundheit bei, auch zur psychischen. Und Du lernst im Verein neue Menschen kennen.

- Such Dir ein Ehrenamt (z.B. THW, Lebenshilfe für alte Menschen, NABU und andere Naturschutzorganisationen, usw.)
Anderen Menschen zu helfen, kann sehr glücklich machen. Du tust Gutes, lernst tolle Menschen kennen und bist in Gesellschaft)

- Nimm einen Schülerjob an: Nebenbei etwas arbeiten und Geld verdienen kann Dich auch auf andere Gedanken bringen.

- Geh öfter in die Natur, spazieren oder Radfahren: Frische Luft tut gut und macht gute Laune.

- Höre aufmunternde Musik, geh ins Kino, gern mit Freunden und gönn Dir hin und wieder mal einen Filmabend

- Vielleicht wäre ja auch Camping etwas für Dich? z.B. Radreisen mit Zelt und Freunden.


Auf jeden Fall ist entscheidend, dass Du Dein Zimmer nur noch zum Schlafen und für ein paar Stunden am Tag brauchst. Die restliche Zeit kannst Du unterwegs sein, beim Sport, im Verein, beim Ehrenamt, auf Arbeit, in der Bibliothek. Das vermeidet, dass Du zu sehr ins Grübeln kommst.

Doch um das alles machen zu können, musst Du deine Depression in den Griff bekommen. Deswegen ist das erst der zweite Schritt, nachdem Du eine langfristige Therapie begonnen hast. Das heißt nicht, dass Du es nicht trotzdem versuchen kannst. Probier jederzeit etwas Neues aus. Denn bestimmt ist irgendwo immer etwas Motivation. Und mach Dir einen Wochenplan mit genauen Urzeiten, wann Du was machst, auch das Lernen. Das vermeidet, dass Dich die Aktivitäten überfordern.



Liebe Hilfesuchende, mach Dir bitte bewusst, dass Du nichts für Deine Erkrankung und deren Folgen kannst. Es gibt keinen Grund für Dich, so streng mit Dir zu sein, weniger zu essen oder sogar an Selbstverletzung zu denken. Denn eines ist klar: Das macht es nicht besser, sondern nur noch schlimmer. Deswegen iss ausreichend, damit Du nicht untergewichtig wirst und sei geduldig mit Dir.
Es wird der Tag kommen, an dem es Dir wieder viel besser geht. Und Du wirst dann Deine Depression überwunden haben. Glaube daran und kämpfe dafür! Mit den zwei Schritten, welche ich Dir beschrieben habe, kannst Du einiges in Deinem Leben verändern. Wichtig ist, dass Du etwas veränderst. Aber das schaffst Du. Ganz sicher!

Schreib uns gern wieder, wenn Du Dich etwas bedrückt oder auch dann wenn es Dir wieder besser geht. Deine Erfahrungen können dann anderen Menschen helfen.


Alles Gute,

Arvid