Problem von Phillip - 24 Jahre

Freundschaft ausgelaufen, keine Freude mehr daran

Hey :)

Ich hab in den letzten Wochen und Monaten mit einem Problem im Freundeskreis zu kämpfen. Ich fange erstmal chronologisch an und arbeite mich weiter vor, das macht die ganze Sache logischer. Ich habe mit ca. 17 die Schule abgeschlossen und dann 2 Jahre im Betrieb meines Vaters gearbeitet. Dort und auch außerhalb hatte ich nicht wirklich mit anderen Leuten in meinem Alter zu schaffen. Nachdem ich die Schule verlassen habe waren so ziemlich alle Schulkontakte weg und im Betrieb meines Vaters waren nur ältere Frauen und Männer. Ich habe dann mit 19 meine Ausbildung begonnen und dort etwas mit Leuten in meinem Alter zu tun gehabt, jedoch nur im Betrieb/Schule. In der Zeit habe ich mich auch sehr einsam gefühlt und auch die Sorge gehabt meine jungen "wilden" Jahre zu verpassen. Ich hatte zwar sehr viele Kontakte per Chat also Telegram, Discord usw. mit anderen Gamern usw. in meinem Alter. Natürlich fehlte jedoch dieses in den Club gehen, zusammen Essen, Kino gehen, Bars, Reisen usw. Ich habe zwar in der Zeit aber 4-5x ehemalige Schulkameraden oder aus einer lokalen Gruppe Leute getroffen das wars aber auch schon. Zum Ende meiner Ausbildung (ca. 21) habe ich dann einen Kumpel (für später: K1) kennen gelernt. Dieser hat schnell gemerkt das ich eher die schüchterne passive Sorte Mensch bin. Ich wurde schnell in den Freundeskreis von Ihm integriert und hab 2 weitere feste Bestandteile seines Freundeskreis kennengelernt (K2 & K3). Auch gab es noch 2-3 "eher externe" andere mit denen man sich auch häufiger getroffen hat. Wir waren jedoch immer zu viert oder fünft unterwegs, also mit dem einen +2 & mir.

Anfangs hatten wir sehr viel Kontakt, haben uns fast jede Woche mindestens 1x getroffen und auch Spaß gehabt. Die Interessen der anderen habe ich mitgemacht und auch verfolgt. Ich habe mich manchmal jedoch eher irgendwie nicht komplett integriert gefühlt und auch das Gefühl ich werde ausgenutzt. Wir haben auch mehr geschrieben gehabt, memes usw. ausgetauscht. Der Kontakt lief auch eher nur zu dem einen Kumpel, weniger zu den 2 anderen, auch wenn man mit diesen hin und wieder geschrieben hat. Mit den Jahren wurde es immer weniger, man hat sich jedoch trotzdem oft getroffen. Nach 2 Jahren (23) haben wir vor einem Jahr zu dritt ein Gewerbe zur Beratung und Installation von Smart Home und TV Anlagen gegründet. Wir haben alle in das Gewerbe investiert und auch unsere Arbeit dazu geleistet. Das Gewerbe lief von Anfang an eher schleppend und wir haben nicht wirklich viel von der Firma raus bekommen. Vor ca. 9-10 Monaten wurde der Kontakt dann immer weniger und seltener über privates. Zu K2 & K3 war fast kein Kontakt mehr da. Man muss auch hier erwähnen, der Mensch der ich aktuell bin, hält nichts von memes usw. tauschen und ich hab auch eher weniger Lust mit "real life" leuten zu chatten, wobei hier auch die Themen fehlen.

Vor ca. 4-5 Monaten hat es dann begonnen sehr komisch zu werden. Wir haben uns viel seltener getroffen und hatten kaum kontakt. Da wir sehr wenig Kontakt hatten habe ich nicht mitbekommen das K2 seine wichtige Abschlussprüfung bestanden hat und K3 Geburtstag hatte. Daher habe ich keinem gratuliert. Die Freunde wussten oder sollten wissen das ich von Geburtstagen wenig halte, da ich das schon öfters erwähnt hatte. Entschuldigt habe ich mich jedoch nicht da ich das als unnötig Empfand. Darauffolgend gingen K1/K2/K3+ eine weitere Person 4x in kurzer Zeitspanne zum Essen ins Restaurant. Hierbei haben sie die Firmenbankkarte verwendet und auch den Bewirtungsbeleg mit den Personennamen hochgeladen. Es war allen klar das ich das mitbekommen würde, da ich auch durch die Bücher schaue. Nach dem dritten Essen habe ich natürlich einen angesprochen, dieser ist jedoch ausgewichen. Es war auch abgemacht das man solche Essenstreffen auf das Gewerbe nur macht wenn wirklich alle dabei sind.

Es war zwar scheiße, ich hab es jedoch dann nicht wirklich beachtet. Es gab dann die Jahresfeier wegen dem Gewerbe. Ich hab beiden gesagt gehabt, hey schreibt mich an wie wo was (normalerweise planen wir solche Sachen immer zusammen). Das war 1-2 Wochen davor. K1,2,3 haben jedoch die ganze Party alleine geplant und ich hab erst mitbekommen das eventuell was stattfindet nachdem ich 3 Tage vorher die Abrechnung über 400 € gesehen habe. Ich dachte mir eventuell werde ich noch kontaktiert oder was auch immer. Nein so kam es nicht. 1 Stunde bevor die Party an dem Tag beginnt hat mir einer geschrieben, Hey kommst du auch zur Party? Ist um XX Uhr. Die ganze Sache hatte so einen miesen Beigeschmack das ich dann keine Lust hatte da hin zu gehen. Eine Woche später war es dann geplant in den Club zu gehen, da wurde ich zwar frühzeitig angeschrieben ob ich auch Lust habe, ich meinte dann eher nicht, weiß noch nicht. Normalerweise wird da immer versucht zu überreden oder nochmal nachgefragt, das hat mir dann den Sprung gibt doch zu kommen da ich normalerweise immer diese Grundablehnung habe. Ich wurde dann nochmals um 3 Uhr nachts angeschrieben das ich doch vorbei kommen soll, was aber wenig Sinn gemacht hätte. Seitdem (2 Monate) gab es Funkstille und keine Treffen mehr. Ich schreibe vielleicht 1-2x die Woche mit K1 wegen der Arbeit aber sonst nichts mehr. Wir hatten auch 3 Onlinemeetings in den 2 Monaten zwecks Gewerbe, die waren aber sehr kalt, kurz und man merkte keiner hatte so richtig Interesse oder Lust darauf. Die Kumpels treffen sich jedoch häufig, sowohl zum feiern und essen gehen (teils auch mit der Firmenkarte)

Kurz gesagt: Ich fühle mich ausgeschlossen und links liegen gelassen. Ich wurde nie gefragt warum ich so passiv geworden bin, ob vielleicht etwas nicht stimmt usw. Nun bin ich soweit das ich auch keinerlei Lust mehr habe mit diesen Leuten zu schreiben oder sich zu treffen. Würde die Frage jetzt nach 2 Monaten kommen, hey wollen wir zu X gehen, hätte ich absolut null lust. Ich habe auch nicht das Bedürfnis jetzt wieder feiern oder Essen zu gehen usw. Ich finde ich hab das alles schon gesehen und irgendwie ist das nichts mehr neues für mich. Traurig über ein Bruch wäre ich nicht und einsam fühle ich mich auch nicht. Nun liegen zwei Schienen vor mir: Die Freundschaft auslaufen lassen (was womöglich das Gewerbe schadet, was mir aber wenig wichtig ist da ich finanziell sehr gut dar stehe und die Arbeit so auch kein Spaß mehr macht) oder auf die zu gehen und den Kontakt wieder verbessern/herstellen. Da es meine einzigen real life Freunde sind bin ich hier sehr zwiegespalten und kann die ganze Situation gar nicht einschätzen. Klar ist, ich habe in letzter Zeit wenig in die Freundschaft investiert oder gepflegt, bin aber auch mit vielen Sachen nicht einverstanden und zufrieden.

Wer es bis her geschafft hat, Glückwunsch und Danke :)

Adriano Anwort von Adriano

Hallo, Phillip!

An dieser Stelle möchten wir uns zunächst einmal für dein Vertrauen und deine Zeit bedanken, dich an uns zu wenden.

Lass mich ohne Umwege direkt in deine Schilderungen einsteigen und dir Folgendes gleich zu Beginn sagen: wenn du dir dessen schon bewusst bist, in "letzter Zeit" wenig in die Freundschaften investiert, sie wenig gepflegt zu haben, du aber auch weißt, dass du mit vielen Sachen nicht einverstanden und zufrieden bist, hast du meiner Meinung nach völlig selbstständig sowohl das Problem als auch die mutmaßliche Lösung des Problems erkannt.

As simple as that!

Falls du es noch nicht getan haben solltest, aus welchen Gründen auch immer, solltest du dir die Zeit und Gelegenheit nehmen, mit deinen Freunden über die Dinge zu sprechen, mit denen du nicht einverstanden und mit denen du nicht zufrieden bist. Liege ich richtig, dass du das noch nie wirklich getan hast? Du kannst mich, wenn du antworten möchtest, hier entweder bestätigen oder korrigieren. Sollte ich jedoch richtig liegen, ist die Suche nach zumindest einer Wurzel des Problems so ziemlich abgeschlossen.

Lass mich gleich das Nächste aufgreifen: du schreibst, dass allen klar gewesen sein müsse, dass du von Geburtstagen nicht so viel hältst, weshalb du K3 nicht gratuliert hattest, bzw., besser formuliert: weshalb es dir K3 nicht für übel nehmen sollte, dass du es vergessen hattest, ihr/ihm zu gratulieren. Wenige Zeilen später beschreibst du jedoch einen Zwischenfall, in welchem dir das Vergessen durch die Anderen wehgetan hatte. Nämlich als es um den Klubbesuch und die späte Frage um 3 Uhr nachts, ob du denn noch kommen würdest, ging. Du hättest dir nämlich gewünscht, dass man dich eher gefragt hätte. Was verständlich ist!

Was aber, wenn sich K3 und K2 gewünscht hätten, dass du ihnen gratuliert hättest? Unabhängig davon, ob oder was du selbst von Geburtstagen hältst. Lass mich nämlich folgendes Gedankenspiel probieren: Könnte man nämlich gleichermaßen schlussfolgern, dass, wenn die anderen vielleicht nicht viel von Klubbesuchen halten sollten (was eine These ist), du es ihnen dann ebenfalls nicht für übel nehmen dürftest, dich gar nicht erst, bzw. dich erst viel zu spät informiert zu haben?

Wie du hoffentlich anhand meines Gedankenspiels sehen kannst, ist das auf beiden Seiten der gleiche Kern der Enttäuschung. Man hätte dich, wenn ich es richtig verstanden habe, gerne früher informieren und fragen sollen, ob du denn mit in den Klub gekommen wärst. Unabhängig davon, ob die anderen Klubbesuche mögen. Doch auch Du hättest K2 und K3 gratulieren sollen - unabhängig davon, ob oder was du von Geburtstagen hältst.

Schließlich geht es in beiden Fällen, Klubbesuch und Geburtstag, nicht darum, dass man sich selbst nicht dafür begeistern kann. Sondern darum, ob es dem oder der anderen Person wichtig ist. Es wäre dir wichtig gewesen, dass man dich eher gefragt hätte. Und es wäre K3 höchstwahrscheinlich wichtig gewesen, dass du ihm/ihr gratuliert hättest.

Eher passiv zu sein ist keine schlechte Eigenschaft. Wenngleich es zugegeben Menschen benötigt, die mit Passivität und Schüchternheit von Freunden, Familie oder Verwandten richtig umgehen, sie richtig erkennen und einordnen können. Passive Menschen, so wie du es bist, sollten jedoch nicht Gefahr laufen, zwei Dinge zu über- oder sie als gesetzt zu -sehen: a) dass nicht alle Menschen Passivität und Schüchternheit richtig einordnen können (was weder Schwäche noch Fehler ist) und b), dass die eigene Passivität nicht Gefahr läuft, einen wesentlichen Bestandteil einer funktionierenden Freundschaft zu verdrängen, nämlich: Interesse haben und zeigen! Nicht vordergründig an Sachen oder Dingen, sondern in erster Linie an dem Freund/der Freundin, der Person dahinter selbst!

Um meine Gedanken dazu zum Schluss zusammenzufassen:

Sollte dir an den Freundschaften also etwas liegen (was nur du allein beantworten kannst), solltest du: 1.) mit deinen Freunden über das reden, was dich stört! 2.) Vergewissere dich, dass deine Passivität nicht Gefahr läuft, dass sie anderen gegenüber völliges Desinteresse signalisiert. 3.) Gratuliere deinen Freunden zum Geburtstag oder zu bestandenen Prüfungen! Wenn etwas nicht für dich wichtig ist, bedeutet das nämlich nicht, dass es das für andere auch ist. Und in einer Freundschaft sollte es, in beide Richtungen, vornehmlich darum gehen, was dem/der anderen wichtig ist. Nicht immer und ausschließlich, keine Frage, doch wenn du mich fragst, ist das ein Bestandteil des Wesens einer Freundschaft.


Ich wünsche dir alles Gute, liebe Grüße,
Adriano