Problem von K. - 30 Jahre

Partnersuche

Hi ich weiss gar nicht wirklich wie ich anfangen soll.

Ich habe Probleme eine Partnerin zu finden. Ich war schon mehrmals jahrelanger Single aber umso älter ich werde steigt doch die Angst keinen mehr zu finden.
Alle meine Freunde sind vergeben, haben Kinder oder sind verheiratet. Ich bin der einzige der einfach keine Partnerin findet.

Dass mittlerweile so lange das ich denke es liegt an mir. Nach meiner letzten Beziehung war ich ziemlich am Boden und depressiv. Aufgrund dessen habe ich mir Hilfe gesucht bei einem Psychologen. Mit der Zeit kam heraus dass ich an einer bipolaren Störung leide. Seitdem ist mein Selbstbewusstsein was partnersuche angeht im Keller. Ich habe einfach dass Gefühl mehr eine last zu sein als ein Partner in einer Beziehung.

Da ich 3 Schicht arbeite macht es die Partnersuche nicht leichter da ich weniger ausgehen kann als andere aufgrund der Arbeitszeit.

Dating Apps habe ich auch schon viele hinter mir auch dort wurde kaum bis nie Interesse gezeigt bei annäherungsversuchen von mir ihr gegenüber.

Ich weiss einfach nicht mehr was ich falsch mache und habe das gefühl die zeit läuft aus.

Danke fürs zuhören, das musste einfach raus, da ich sonst mit keinem über dieses Problem rede.

Nuala Anwort von Nuala

Lieber K.,

ich danke dir für deine offene Schilderung und den damit verbundenen Mut.

Da ich selbst seit mehreren Jahren solo bin, fühle ich mich in gewisser Weise auch persönlich von deiner Zuschrift angesprochen. Sehr wahrscheinlich viele andere Menschen, die sich sehnlichst eine liebevolle Partnerschaft wünschen.

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass wir die Dinge zwar zu unserem Besten beeinflussen können, also auch im Bereich Liebe, Partnerschaft. Aber es gibt weder ein "Rezept" zur ultimativen Anwendung noch eine Garantie, dass man Person(en) findet, mit der/denen man sehr lange oder bis an das Lebensende glücklich sein wird.
Auf der anderen Seite muss auch erwähnt werden, dass es potenziell mehrere oder gar viele (wenn man global denkt) Menschen gibt, die gut bis sehr gut zueinander passen würden. Nur müssen sich die Umstände auch so fügen, dass diese aufeinandertreffen, sich näher kennen - und liebenlernen können.
Ich finde es sehr wesentlich, möglichst genau zu wissen, was in der eigenen Lebenssituation förderlich oder eher hinderlich dafür sein kann. Das bedeutet im Prinzip, dass du zuerst dich heilen solltest, bevor der Rest als erfreuliche Konsequenz nachziehen kann.

In deinem Fall sehe ich mehrere Aspekte, die deine persönliche Partnersuche sehr erschweren:

1. Deine Angst
Nicht psychische Probleme sind die wahre Ursache, keine neue Partnerschaft eingehen zu können, sondern die verschiedenen Angstausprägungen. Die Angst steht der Liebe naturgemäß konträr gegenüber. Wo Angst ist, kann keine Liebe sein, sich nicht entfalten. Und Liebe meine ich hier nicht im engeren romantischen Sinn, sondern als Lebenskraft, die uns Menschen zusammenbringt und -hält. Wenn wir uns fürchten, ansteht uns dem Lieben hinzugeben, brechen wir unbewusst die Bindungen untereinander ab. Ein Beispiel: Wenn du morgens am Kiosk freundlich lächelst und dich auf den Tag freust, strahlst du Freude aus, die Andere ansteckt. Das ist eine Form von Liebe: Die Liebe zu dir selbst, zu Anderen, zu den belebten und unbelebten Dingen dieser Welt.
Ich bin davon überzeugt, dass der erste Schritt für eine Besserung der eigenen Situation immer das Entwickeln der Liebesfähigkeit ist. Denn solange du dich selbst nicht wertschätzt, halten kannst, dich in Ängsten verbirgst (weil du daran zweifelst, liebenswert zu sein mit allem, was zu dir gehört), wirst du immer weitere negative Erfahrungen produzieren.
Es geht nicht darum, sich etwas vorzumachen oder Gefühle zu verbergen. Es geht darum, authentisch zu sein und das Herz zu öffnen. Das kann man lernen. Du schriebst, dass du psychisch vorbelastet bist. Vielleicht wäre es gut, wenn du dich erneut in psychotherapeutische Behandlung begeben würdest, um ganz konkret an Selbstliebe und -fürsorge sowie einer positiven Ausrichtung in der Gegenwart zu arbeiten (was gewisse Ziele für die Zukunft mit einschließen kann).

2. Das Suchen an sich
Es ist natürlich in Ordnung, aktiv auf der Suche zu sein. Allerdings liegt hier auch eine gewisse Tücke. Vor allem dann, wenn es verkrampft wird, die Angst vor dem "Scheitern" dominant ist (anstatt das Lieben...) und jeder Misserfolg gleich neue Zweifel hervorbringt, ist das Suchen gefährlich. Das Selbstwertgefühl rauscht schnell in den Keller.
Was hilfreicher ist meiner Einschätzung nach, ist sehr bewusst zu suchen - oder bewusst auf das Suchen zu verzichten und sich ganz auf das eigene Entfalten mit möglichst vielen Freuden zu besinnen. Das hat - Überraschung - erstaunlich oft den Effekt, dass man jemanden kennenlernt oder schon Bekannten näherkommt, weil eine Entspanntheit und die Konzentration auf Interessen, Werte und eine aktive Lebensgestaltung ermöglichen, dass man als angenehme:r Zeitgenoss:in wahrgenommen wird. Wer hingegen angespannt ist, strahlt das extrem aus. Das wird dann als sehr unangenehm wahrgenommen. Darum empfehle ich dir, das aktive Suchen eventuell einzustellen oder nur unter bestimmten Vorzeichen durchzuziehen (z.B. eher interessensbezogene Börsen nutzen, die nicht ausschließlich auf Partner:innenschaft abzielen, nur phasenweise Onlinedating verwenden, einschlägige Single-Veranstaltungen nutzen, etc.).
Entspannungsübungen könnten dir u.a. helfen, eine gewisse Lockerheit zu erlangen.

Wie in allen Bereichen des Lebens gilt auch beim Suchen: Man muss es wollen und darf sich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen. Was gewisse Pausen nicht ausschließt. Es gibt viele Leute, die Datingplattformen phasenweise nutzen und dann erstmal wieder pausieren. Analog mit Veranstaltungen, Singlereisen etc.

3. Wer bist du?
Kennst du deine Stärken, deine Eigenheiten, deine Schwächen richtig gut - oder bist du eher fragend, was dich als Persönlichkeit betrifft? Ich finde es sehr wesentlich, sich selbst genau zu kennen und entsprechend a) auf die Suche nach ähnlich tickenden Personen gehen zu können und b) zu verstehen, warum manche Dinge nicht so laufen bzw. gelaufen sind wie gewünscht. Wenn du z.B. kein Typ für Partys bist, solltest du dich auch nicht dazu zwingen, welche zu besuchen. Wenn du weißt, dass du sehr einfühlsam bist, kreativ, unterhaltsam (was auch immer...), kannst du diese tollen Eigenschaften besonders hervorheben und dich mit Jenen zusammentun, die das zu würdigen wissen.
Außerdem zählen da so tolle Sachen wie Visionen, Träume, Besonderheiten, spannende Erfahrungen etc. mit hinein. Sie wärmen, beflügeln, motivieren - und spornen an! Und was gibt es Attraktiveres als Jemanden, der:die genau weiß, was er:sie vom Leben will?!

4. Der Vergleich mit deinem Umfeld
Höre auf, dein Umfeld als Referenz zu nutzen. Du könntest genauso gut fast nur von Alleinstehenden umgeben sein. Es gibt sehr viele Singles hierzulande - nur fällt es eben umso "schmerzlicher" auf, wenn man selbst solo ist, wenn der Kontrast zum restlichen sozialen Kreis besonders groß ist. Denn es ist faktisch so, dass das Eine nicht besser ist als das Andere. Es kommt sehr darauf an, was wir uns ersehnen. Doch vergiss nie, dass alles auch eine Kehrseite hat. Lerne, die Annehmlichkeiten des Singledaseins zu genießen und situativ voll auszukosten. Und davon gibt es einige, wenn du genau hinsiehst.
Vielleicht solltest du dir auch konkreter im Klaren darüber werden, was du dir genau wünschst: Eine feste Partnerschaft oder würde dir z.B. eine Freundschaft inklusive Sex reichen? Je nachdem kann nämlich dein weiteres Vorgehen gestaltet werden.
Suche dir neue Leute, die ggf. nicht in Beziehungen sind. Hier sind wie wieder beim Thema anregende Freizeitgestaltung bzw. Suche in Portalen, die nicht ausschließlich auf Romantik ausgerichtet sind.

5. Deine Arbeit/Freizeit
Sofern du deine Arbeit sehr gerne hast, gibt es daran nichts zu drehen. Dann würde ich dir empfehlen, die freien Zeitfenster (Wochenende, ein einzelner Tag unter der Woche...?) sehr gezielt für schöne Freizeitgestaltung zu nutzen.
Solltest du allerdings nicht sonderlich glücklich bei/mit deiner Arbeit sein, wäre ein Tapetenwechsel klug. Denn das gehört letztlich auch in den Bereich der Selbstliebe und der Entfaltung.
Manchmal hilft es schon, den Arbeitgeber zu wechseln, um angenehmere Arbeitszeiten zu bekommen.
Schau hier einfach, wie es dir damit geht und was du wirklich brauchst.


Ich rate dir, komplett ehrlich mit dir zu sein. Eine ehrliche "Bestandsaufnahme" sollte aber immer mit einer Akzeptanz er aktuellen Lage einhergehen. Sie ist nun mal so und du möchtest sie ändern. Punkt. Das Akzeptieren zu lernen ist wirklich toll. Du lernst, die Dinge klar zu sehen, ohne sie dauernd bewerten zu müssen. Sie SIND einfach so.

Ganz allein ist es häufig zu viel auf einmal. Daher erneut meine Empfehlung, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen (das kann auch einfach ein längeres psychologisches Coaching sein. Mittlerweile gibt es spezialisierte Coaches, die im Bereich Persönlichkeitsentwicklung, Ängste, Liebe, etc. aktiv sind und entsprechend viel Erfahrung mitbringen).

Zur Ergänzung/Vertiefung verlinke ich dir weitere Zuschriften, in denn wir denen wir deine Thematik bzw. verwandte Aspekte aufgegriffen haben:
* https://mein-kummerkasten.de/334019/ich-bekomme-keine-beziehung-mehr-ab.html
* https://mein-kummerkasten.de/332962/Ich-verstehe-Maedchen-einfach-nicht.html
* https://mein-kummerkasten.de/131561/Einsam-jeden-Tag-ein-bisschen-mehr.html
* https://mein-kummerkasten.de/333790/Leute-kennenlernen-nach-Obdachlosigkeit.html
* https://mein-kummerkasten.de/330722/Ich-brauche-einen-Freund.html
* https://mein-kummerkasten.de/289181/Kommisch-angesehen-werden-von-Frauen.html
* https://mein-kummerkasten.de/246322/Finde-keinen-Platz-in-der-Gesellschaft.html
* https://mein-kummerkasten.de/290453/Allgemeine-Unzufriedenheit-und-aengste.html
* https://mein-kummerkasten.de/332618/Einsam.html
* https://mein-kummerkasten.de/332818/Das-tiefe-Loch.html


Abschließend möchte ich dir mitgeben, dass du noch so jung bist und dein Leben nicht an die Angst "verfüttern" solltest. Du bist toll und darfst das täglich zeigen! :)

Alles Liebe!
Nuala