Problem von Anonym - 35 Jahre

Mobbing in Wiedereingliederungsmaßnahme

Hallo, ich bin sehr verzweifelt und wende mich deshalb an den Kummerkasten. Bekomme derzeit von niemandem außer meinen Eltern Hilfe, doch selbst ihre Ratschläge helfen mir nicht wirklich weiter. Zum Hintergrund: Ich befinde mich in einer Maßnahme zur Wiedereingliederung auf den 1. Arbeitsmarkt für psychisch Kranke, habe selbst chronische Depressionen. War vorher in einer Einrichtung desselben Trägers, dieser hat 2 Einrichtungen dieser Art in unserer Stadt. Derzeit werde ich dort von mehreren Personen, auch von den Sozialpädagoginnen, gemobbt. Eine von ihnen tut sich dabei besonders hervor. Dazu später.

Das Mobbing zeigt sich nicht nur durch Lästern hinterm Rücken und bestimmte Gesten, sondern auch durch Ausschließen und nicht mehr grüßen. Fast keiner spricht mit mit, wenn dann nur die Sozialpädagogin Frau U. und selbst die Sozialpädagogin Frau M. redet, wenn überhaupt, nur das Nötigste mit mir. T. Hat mir mehrfach hintereinander im Sommer, als ich draußen saß, den Vogel gezeigt, A. hat mich gleich zu Anfang als dumm bezeichnet, ebenso wie C. Ich höre öfter, wie verrückt, dumm und teilweise auch asozial ich bin (dies speziell von So.). Teilweise kann man das auch auf Toilette oder dem Gang hören, wenn die Tür zum Garten geöffnet ist. Im Garten wird öfter über mich gesprochen. Auch To., C., W., An. und F. haben mit den Vogel gezeigt. A. macht manchmal Anspielungen, die sich auf mich beziehen. Er redet dann laut vor sich hin, spricht mit sich selbst. Habe durch Mobbing Schlafstörungen, Kopf- und Magenschmerzen, ein Stresssyndrom und tiefere Phasen meiner Depression.

Das Mobbing begann schon relativ früh durch C. und A. Wenn ich im Ruheraum bin, mobbt mich F. mit Anspielungen. Nicht mal dort finde ich Ruhe. Es wird sich im Ergoraum über mich unterhalten. Ich habe auch schon einmal, als ich an der Tür zum Garten vorbeiging, gehört: „Ich kann die Frau nicht leiden!“ oder im Ergoraum behauptete man, ich würde das Krankfeiern richtig zelebrieren. (Von An. Hörte ich vor kurzem: „Die grüßt mich nicht mehr!“ in einem enttäuschten Ton. Das kann nur eine Anspielung auf mich sein, denn ich grüße oft und werde im Gegenzug fast nicht gegrüßt.) Als C. einmal im abgetrennten Raum saß, erwähnte er meinen Namen, den ich deutlich hören konnte. Wenn die Leute aus der anderen Einrichtung des Trägers aus der S.-straße montags oder mittwochs dazukommen, fühle ich mich sehr unwohl, vor allem dank F.s Anwesenheit.

Mit meinen Depressionen ist dieser Zustand des Mobbings nicht länger tragbar. Es muss etwas geändert werden, sonst gibt es nach mir noch weitere Opfer. Viel Aggression ist im Spiel: Einige sind sehr wütend, andere eiskalt und zeigen mir ihre Wut auf andere Art, auch durch passive Aggression. Ich werde ignoriert, fast niemand setzt sich zu mir, egal, wo ich sitze. Sie vermitteln mir ständig, dass sie gebildeter sind als ich. Meine gesamte Energie konzentriert sich nur auf die Maßnahme. Ich denke sehr viel über das Geschehene nach, während und nach der Maßnahme, d. h. mein gesamtes Leben dreht sich praktisch nur noch darum. Deshalb haben sich hauptsächlich die vielen Fehltag angehäuft. Die feindseligen Handlungen werden systematisch vorgenommen. (Evtl. werde ich, weil ich durch die Depressionen schon vorgeschädigt bin, gemobbt, oder weil ich als relativ neu in der Einrichtung gelte oder weil ich so ruhig und zurückhaltend bin.) Ein Anzeichen dafür, dass die Feindseligkeiten systematisch sind, ist, dass sich bei mir psychosomatische Beschwerden wie Bauch- und Kopfschmerzen, aber auch Schlafstörungen und das Stresssyndrom zeigen. Es werden Gerüchte über mich verbreitet.

Die Sozialpädagogin Frau M., die mich anfangs noch in der Einrichtung betreute, kam mir anfangs noch entgegen. Sie sagte, ich könne ihr etwas über das Mobbing in der anderen Einrichtung des Trägers erzählen und hörte sich alles geduldig an. Als ich jedoch, völlig naiv und verzweifelt, nach einem Gespräch pro Woche bei ihr fragte (es stehen einem Gespräche mit den Sozialpädagoginnen zu) reagierte sie wütend darauf. Auch am Telefon sprach sie in einem aggressiven Ton mit mir, worauf ich sie ansprach und sie rasch diesen änderte und ihren Zorn verleugnete. Sie hat, als ich mich einmal für etwas bedankte, das „bitte“ ebenfalls in einem wütenden bis arroganten Ton erwidert. Darüber gab es ein Gespräch, in dem sie ihren Ton als „selbstbewusst“ beschrieb. Dies aber erst auf meine Frage hin, ob das auch Selbstbewusstsein von ihr gewesen sein könnte. Nach ca. einem Monat in der Einrichtung hatte ich dann so eine Art kleinen Nervenzusammenbruch im Ruheraum, der direkt an ihr Büro grenzt, und sie hat darüber gejubelt und „Ja!“ gerufen. Kurz danach kam sie zu mir in den Raum und berührte die Decke an der Stelle, wo sich meine Hand befand, und tröstete mich. Ich habe sie auch erlebt, wie sie in einem etwas abgelegenen Raum mit anderen Teilnehmern über mich redete. Gegenwärtig ignoriert sie mich so ziemlich, redet eigentlich nur noch das Nötigste mit mir, außer ich initiiere ein Gespräch über ein unverfängliches Thema mit ihr. Sie hat noch viel mehr über die insgesamt 8 Monate, die ich jetzt in der neuen Einrichtung bin, getan, aber ich habe dies, wie auch das mir von den anderen Teilnehmern widerfahrene verdrängt, habe auch kein Mobbingprotokoll darüber geführt, weil ich gesundheitlich gar nicht in der Lage dazu war. Sogar der stellvertretende Geschäftsführer hat mich, als ich auf dem Gang saß und auf die Gruppe zum gemeinsamen Spaziergang wartete, vom Gang entfernen wollen und fragte die Sozialpädagogin, Frau M., ob es denn auch stimme, dass ich auf sie und die anderen Leute warte. Dabei wartete ich noch gar nicht so lange auf dem Gang. Er sprach auch in einem unfreundlichen Ton mit mir.

Es gab bisher 2 Gespräche über das Thema Mobbing mit der Einrichtungsleiterin Frau U., doch diese bewirkten nichts. Beim 1. Gespräch kam heraus, dass ich die Einrichtung wechseln sollte und beim 2. wurden meine Verbesserungsvorschläge, unter anderem der „No-Blame-Approach“, die Ausbildung von Teilnehmern als Mediatoren, eine Gruppenrunde (= eine Art WG-Runde, in der Themen und Probleme, die es gibt, besprochen werden) abgeschmettert. Die Sozialpädagogin, Frau U., kenne den „No-Blame-Approach“ nicht, es sollen auch keine Klienten als Mediatoren ausgebildet werden und ich könne nicht die Zeit der gesamten Gruppe für eine Gruppenrunde einfordern. In der Einrichtung existiere kein Mobbing, dies sagte mir Frau U. wiederholt und in einem entschiedenen Ton, wodurch ich merkte, dass dort nichts zu machen ist.

Jetzt steht Weihnachten vor der Tür und das Mobbing läuft ungebremst weiter. Ich weiß mir dagegen nicht mehr zu helfen. Deshalb bitte ich euch an dieser Stelle um Hilfe. Das Ziel der Mobber ist, mich mit voller Absicht in die Psychiatrie zu bringen und mir die Chancen auf eine Wiedereingliederung ins Arbeitsleben zu nehmen.

Wo in Deutschland gibt es Mobbingberatungsstellen? Was kann ich in meinem Fall gegen das Mobbing tun? Lektüre? Internetseiten, die weiterhelfen? Wer hilft mir noch weiter? Welche Tipps habt ihr? Wie würdet ihr euch an meiner Stelle verhalten? Was kann ich zur Prävention gegen Mobbing tun, dass so etwas nie wieder passiert? Ich möchte, dass dies auch keinem nach mir widerfährt.

Danke schon mal im Voraus für eure Hilfe.

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

ich danke dir für dein Vertrauen und deine Nachricht.
Ich finde es sehr berührend, dass du uns das alles erzählt hast und mutig, dass du es getan hast und dir Hilfe suchst.

Es tut mir wirklich sehr sehr leid, dass dir das widerfährt, zumal du schon genug mit eigenen Problemen zu kämpfen hast. Fühl dich unbedingt von mir herzlich gedrückt!

Ich finde, du bist eine sehr starke Person und toll, dass du etwas an dieser schlimmen Situation ändern willst.

Du hast eigentlich alles richtig gemacht. Du hast dir Hilfe bei der Einrichtungsleiterin gesucht und auch sogar Vorschläge gemacht, wie es besser werden.
Da frage ich mich, wie man so ignorant sein und alles abschmettern kann, wenn da offensichtlich ein Problem in der Gruppe vorliegt. Das macht mich ehrlich gesagt fassungs- und sprachlos.

Du hast versucht, dir Hilfe zu suchen, bei der Sozialpädagogin und der Leiterin, aber beide konnten oder wollten dir nicht weiterhelfen, was ich wirklich sehr traurig finde.

Ich denke auch, dass sich etwas ändern muss. Du kannst dabei viel bewirken, indem du dir verschiedenen Wegen Hilfe suchst. Ich denke da vor allem daran, dass du dich anderen anvertraust, therapeutische Hilfe annimmst, dich mit anderen Betroffenen austauscht, Lektüre durchliest. Aber auch reflektierst, was du selbst tun kannst und das ist eine ganze Menge.

Hast du mal die Mobber*innen gezielt darauf angesprochen? Ich weiß, es ist schwer, vor allem, wenn man Betroffene, unsicher und zurückhaltend ist. Vielleicht versuchst du erst einmal nur eine Person anzusprechen oder die Personen einzeln, ihnen deine Eindrücke und Gefühle zu schildern und herauszukriegen, was deren Problem ist. Ohne Schuldzuweisungen, ich weiß, dass das sehr schwer sein kann. Aber sonst blocken die Personen nur ab, verteidigen sich.

Wie sieht es mit den anderen aus? Verhalten sich alle Personen so, mit denen du zu tun hast? Gäbe es jemanden, der eher auf deiner Seite ist? Dann gehe auf die Personen zu, vertrau dich ihnen an, such dir bei diesen Menschen Unterstützung. Du bist nicht allein.

Wichtig ist, dass du lernst, dich abzugrenzen und Selbstbewusstsein aufzubauen und zu zeigen. Das hilft auch in Zukunft, so etwas zu verhindern. Ich kann mir vorstellen, dass dir das schwer fällt. Aber möglicherweise bewirkt das auch, dass die Mobber*innen dann umdenken und damit aufhören.
Beschäftige dich mit deinen Stärken und den Dingen, die du gut kannst.

Bist du eigentlich derzeit in therapeutischer Behandlung? Und wenn ja, hast du das erzählt? Ich würde dir raten, falls das noch nicht so ist, professionelle Hilfe von außerhalb zu suchen. Das alles mit dir auszumachen, ist zu viel und würde dich sehr überfordern. In therapeutischen Gesprächen kannst du dir alles von der Seele reden, was schon enorm entlastend ist. Außerdem kriegst du dann auch einen anderen Blick auf das Geschehene, erarbeitest mit dem Therapeuten Wege, wie du besser damit zurechtkommst.

Gibt es bei dir professionelle Kurse, in denen Selbstbehauptung trainiert wird? Das wäre eine super Sache, um dein Selbstvertrauen zu pushen. Dort lernst du andere Betroffene kennen, mit denen du dich austauschen kannst. Gemeinsam könnt ihr Strategien gegen die Mobber überlegen.

Ich liste dir mal ein paar informative Seiten, in die du gern reinlesen kannst. Dort findest du weiterführende wichtige Informationen, was du in deiner Situation tun kannst:
https://zeichen-gegen-mobbing.de/tipps
https://www.ifb.de/wissen/kommunikation/konfliktmanagement/mobbing-landkarte
https://mobbing-web.de
https://www.hilfetelefon.de/gewalt-gegen-frauen/mobbing.html
https://www.zeitblueten.com/news/tipps-gegen-mobbing/#Gegen_Mobbing_wehren_10_Tipps

Es gibt auch mittlerweile Beratungsstellen, die auf Mobbing spezialisiert sind. Dort kannst du dir konkrete Ratschläge holen:
http://www.fachforum-mobbing.de/regionale-hilfe-in-deutschland/
http://mobbt-die-mobber.de/hilfe-bei-mobbing/

Du kannst in folgendem Online-Verzeichnis nach einer passenden Beratungsstelle schauen, die sich in deiner Umgebung befindet:
https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe

Im Internet gibt es auch einschlägige Foren, in denen du dich mit anderen Betroffenen austauschen und Unterstützung finden kannst:
https://www.mobbing.net
https://www.psychologieforum.de/psychologie-was-menschen-belastet-12/mobbing-18/
http://www.fachforum-mobbing.de

Falls du akut jemanden zum reden brauchst, das aber lieber anonym machen willst, empfehle ich dir die Telefonseelsorge. Die ist deutschlandweit rund um die Uhr kostenlos erreichbar:
0800 111 0 111
0800 111 0 222


Sollte das alles nicht helfen und das Mobbing weiterhin bestehen bleiben, ist ein Wechsel der Einrichtung unausweichlich, um einfach neu anzufangen. Wenn die Umstände und die Verantwortlichen sich nicht ändern, kannst du leider nicht viel machen. Aber das über dich ergehen zu lassen und durchzuziehen, kann nicht der richtige Weg sein, der dich womöglich noch weiter herunterzieht. Achte unbedingt auf dich, dein Wohlbefinden und deine Grenzen!

Ich hoffe meine Anregungen können dir weiterhelfen.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, Durchhaltewillen und Mut, dich Hilfe zu suchen. Ich glaube fest an dich, dass du es schaffen kannst.

Viele Grüße,
Lan