Problem von Nadine - 26 Jahre

Angst alleine zu sein nachts

Hallo, ich habe ein kleines Problem. Es ist jetzt nicht dramatisch aber immer, wenn ich damit konfrontiert werde, ist es doch belastend und gefühlt wird es immer schlimmer.
Ich habe Angst abends/nachts alleine zu sein. Ich kann mich erinnern, dass dies schon anfing als ich Kind war. Wollte nie alleine im eigenen Zimmer schlafen etc, wobei das ja normal ist und viele Kinder nicht wollen. Durfte auch oft bei meinen Eltern im Bett schlafen und sie haben mich auch nie alleine gelassen. Ich denke da war meine Angst vor Einbrechern. Aber es gab auch nie einen Einbruch! Irgendwann als Jugendliche als dann meine Eltern hin und wieder im Urlaub waren und ich alleine im Haus war, wurde es schlimmer. Wollte dann überhaupt nicht schlafen, erst gegen 4.30 Uhr morgens, da ich dachte, dass dann nichts mehr passieren kann. Und leider ist es auch heute noch so und es wird nicht besser- selbst in meiner eigenen Wohnung nicht. Mein Mann musste vor ein paar Tagen auf Geschäftsreise und ich habe jetzt auch ein kleines Baby und es ist immer noch furchtbar für mich. Es fängt bereits abends an, wenn es dunkel wird und wird dann Stunde für Stunde beklemmender. Ich kann nicht mal genau sagen wovor ich mich fürchte. Ich Grusel mich dann vor allem. Denke an schlimme reale Nachrichten, Szenen aus Filmen und selbst wenn ich die Haustüre abschliesse hilft es mir nicht. Dazu kommt dass ich mich einsam fühle. Wenn ich dann einschlafen sollte, wache ich oft auf und träume schlecht. Wenn mein Mann da ist, dann fühle ich mich wohl und kann super entspannt einschlafen. Also ich finde es wirklich merkwürdig. Das ist doch nicht normal oder?! Zudem ich jetzt ja auch ein Baby habe und Sicherheit ausstrahlen sollte. Tagsüber alles kein Problem, da bin ich sogar sehr gerne alleine. Ich habe wirklich keine Ahnung, Was denn die Ursache hierfür sein könnte und was ich dagegen tun kann.

Liebe Grüße Nadine

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Nadine!

Danke für deine Zeilen und den damit verbundenen Mut zur Offenbarung. Ich finde es super, dass du dich an uns gewandt hast, weil du eine mittlerweile schon echt lange ein Angst-Thema hast und zudem mit einem Baby mehr als nur gefordert bist!
Es ist sicherlich kein "kleines Problem". Bitte nimm dir heraus, dein Problem als sehr wichtig und dringlich einzustufen - denn sieh mal: Ein wesentlicher Teil deines Alltags ist eingeschränkt, was Leidensdruck erzeugt und indirekt auch dein Kind beeinflusst. Du darfst und sollst Fachlichen Rat hinzuziehen (damit meine ich nicht den Kummerkasten...), sei' dir das bitte wert! --> Ich glaube also, dass eine direkte Hilfe vor Ort viel eher das ist, was du dringend benötigst.

Ich fange mit deiner Mutterschaft an, die bei Weitem kein Zuckerschlecken ist. Hut ab! Ich habe dir hier beispielhaft ein Hilfsangebot herausgesucht, das möglicherweise interessant für dich ist:
https://muetter-fuer-muetter.net/mamahilfen/

Nun zu deiner Angst beim nächtlichen Alleine Sein. Es gibt Therapien, die dir helfen können, deine Angst nach und nach zu ergründen, zu verstehen und anzunehmen. So kann sie sich immer mehr auflösen bzw. dir in den jeweiligen Situationen nicht so stark zusetzen.
Ich empfehle dir, mit deiner Hausärztin bzw. deinem Hausarzt zu sprechen, um dann die weiteren Schritte anzubahnen (Psychotherapieplatzsuche).
Auch ein Besuch in einer psychosozialen Beratungsstelle oder einer auf Ängste spezialisierten Sprechstunde (z.B. von einer Klinik) wären erste Anlaufpunkte.
* https://www.therapie.de/psyche/info/
* https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/

Ein paar Anregungen habe ich noch:
* Generell wäre es toll, wenn du dir deine Ängste bewusst dann anschaust, wenn du noch nicht an einem Abend kurz davor bist, sie zu verspüren. Denn schnell neigen wir dazu, das sehr Unangenehme "wegzuschieben" oder zu verharmlosen. So entgehen wir aber auch einem anderen Umgang damit und damit auch einem Heilungsweg. Also: Schon am Morgen und einfach über den Tag hinweg kannst du reinspüren und deinen Gedanken nachgehen. Ein Spaziergang und Aufenthalte in der Natur können dich dabei unterstützen. - Sprich bitte so umfangreich wie möglich mit deinem Partner, damit du ihn ins Boot holen kannst.
* Du kannst dir auch alles Mögliche zu seinen Ängsten aufschreiben: Davor, währenddessen, danach. Das Schreiben entlastet dich direkt und hilft, Gefühle und Gedanken zu ordnen, ein tieferes Verständnis zu erhalten.So können es auch andere Personen ggf. besser nachvollziehen, was dich bewegt.
* Auch Singen, Sprechen, Schreien (nur ohne Baby... ;)) könnte dir etwas bringen.
* Vielleicht könntest du genau an solchen Abenden vertraute Menschen dazu holen, die zumindest für einen bestimmten Zeitraum bei dir bleiben oder die mit dir telefonieren, videocallen, chatten. Aber nicht zum reinen Ablenken, sondern zum Reden. Reden über das, was in dir vorgeht.
* Den Abend maximal angenehm gestalten, wenn du allein bist: Genüsse auf den Abend legen, Belohnungen, extra Vorbereitetes erst dann zelebrieren. Rituale, Wohltuendes für Körper und Seele nutzen (z.B. ein Aroma-Bad, entspannende Musik, etwas Sport, leckeres Essen, usw.). Hier wieder: Es sollte nicht so viel Verantwortung auf dir lasten, wenn du ohnehin schon mit deiner Angst konfrontiert bist. Wenn dein Partner außer Haus sein muss, dann sollte es zumindest durch ihn (und/ Andere) Entlastungen geben, damit du beim Alleinsein auch Raum für dich haben kannst und nicht noch X Aufgaben zu erledigen hast.

Außerdem wäre es echt wichtig, gemeinsam mit deinem Mann eine Art "Notfallplanung" aufzustellen, weil es zusätzlich noch um euer Kind geht.
Wie kannst du dich absichern?
Wen kannst du anrufen?
Wer kann schnell bei dir sein?
Am besten wäre es, wenn du anfangs gar nicht so oft in der Situation wärst, alleine abends mit deinem Baby zu sein. Da sollte dein Partner schauen, dass er dich gut "abfängt", bis du dann stabiler geworden bist.

Hier habe ich noch ein paar Infos und Foren verlinkt:
- https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/52/Angst-Furcht-Phobie-Panik.html
- https://www.angstselbsthilfe.de/
- https://www.psychic.de/forum/
- https://forum.angst-und-panik.de/

Dann hast du noch das Thema Einsamkeit erwähnt. Da ich darüber bei dir zu wenig weiß, kann ich dir nur generell raten: Stelle ich auch dieser Empfindung! Wir alle kennen Einsamkeitsgefühle.
Es gibt gerade eine tolle Coaching-Ausgabe vom Spiegel, in der es u.a. um Einsamkeit und den konstruktiven Umgang (---> Nutzen, Chancen) geht. Sehr lesenswert :)
Natürlich gibt es auch viele kostenlose Infoseiten im Netz oder Literatur aus der Bücherei z.B.
- https://utopia.de/ratgeber/alleine-sein-gruende-fuer-einsamkeit-und-wie-du-damit-umgehst/
- https://utopia.de/ratgeber/einsamkeit-ueberwinden-5-tipps-wie-du-es-schaffst/
- https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/coronavirus/einsamkeit-bekaempfen-tipps-vom-experten-723949.html

So, das waren jetzt sehr viele Informationen. Doch nimm es mal mit auf deine "innere Reise" - nicht alles wird gleich dran sein und sich erledigen. Es wird dauern, aber das haben solche Belastungen leider so an sich.
Ich drücke dir die Daumen, dass du die Herausforderung durch deine Angst angehen und nach und nach bewältigen wirst.

Ich wünsche dir alles Liebe - bitte melde dich wieder, wenn du den Drang zur Mitteilung hast!
Sei gegrüßt,
Nuala