Problem von Jassi - 14 Jahre

Mein Dad

Ich habe seit einiger Zeit ein Problem,welches mich ziemlich belastet.
Es geht um meinen Dad,er ist 36 Jahre alt.Meine Eltern trennten sich als ich sechs war,aber er blieb eine wichitige Person in meinem Leben! Er hat mir viele Dinge beigebracht um die sich meine Mum nie gekümmert hätte,zum Beispiel Schwimmen,er hat mir die Natur gezeigt die ja heutzutage immer weniger wird usw. Ich sah ihn immer als Vorbild an und ich hatte eine super Bindung zu ihm-eigentlich eher so als wäre er mein großer Bruder.
Dann verließ ihn nach 4 Jahren Beziehung seine Freundin,die ich immer sehr mochte.Von da an viel er in ein Tiefes Loch-man muss dazusagen das eine seiner negativen Eigenschaften sein Selbstmitleid ist...Ich merkte wie schlecht es ihm ging,ich war da etwa 12 und er heulte sich sozusagen bei mir aus. Damit war ich sehr überfordert,aber ich versuchte immer ihm zuzuhören und Rat zugeben.Er fing dann an,wie wild nach einem Lebenssinn zusuchen weil er sich total leer fühlte-und er probierte alles durch.Er war nie religiös, und auch ich bin konfessionslos und wurde nie mit Religion konfrontiert. Egal was er versuchte,er wollte mich immer miteinbeziehen und versuchen in mir Begeisterung dafür zuwecken.Er meditierte,laß tausend Bücher die in Richtung Esoterik gingen usw. Doch durch nichts besserte sich seine Gefühlslage, er fiel immer tiefer in sein Loch.Ich erinnere mich daran,als wir zusammen im Urlaub in der Türkei waren.Er lernte jemand kennen der auch eine bestimmte Religion praktizierte-irgendwas in Richtung Buddismus.Der Typ wirkte auf mich ganz nett,und wir saßen dann echt in seinem Bungalow und er erklärte uns seine Religion(er saß dann immer lange zeit vor einem Bild und wiederholte immer wieder dasselbe wort) Im Nachhinein sagt mein Vater das war ein ganz komischer und kaputter Kerl-ich hab immernoch Toleranz dafür.Dieser Urlaub mit meinem Dad war damals (vor einem Jahr) eine richtige Heilung für mich, denn zuvor hatte ich monatelang richtig stark Bulimie.Im Urlaub fing ich wieder an normal essen und genießen zukönnen,mein Vater unterstütze mich sehr.
Später fing dann die schlimmste Zeit an-mein Dad hatte irgendwo jemanden kennengelernt,der ihn wieder einmal total mit seiner Religionsansicht beeinflusst hatte.Mein Dad fuhr ab dann jedes Wochenende in eine etwas weiter entfernte Stadt,zu diesem Gemeindehaus.Er veränderte sich total! Er nahm ab,sein Gesicht fiel ein,er redete wirklich nur noch scheisse.Viele seiner Freunde die ich immer alle total gern mochte,wendeten sich von ihm ab, was ich verstehen konnte.Es wurde unerträglich-oft rief er mich in der halben Nacht an,wenn ihm mal einfiel das ich ja seine Tochter bin,und erzählte mir Dinge-bis ich total aufgelöst war und heulte.Am nächsten Tag war ich meist so durcheinander das ich nicht einmal zur Schule ging.Meine Mum und seine Eltern vermuteten es wäre eine Sekte,daran hatte ich auch schon oft gedacht. Überhaupt litten auch seine Eltern sehr unter der Veränderung ihres Sohnes. Wir versuchten gemeinsam alle Infos darüber zusuchen-aber nie konnte unser Verdacht bestätigt werden.Irgendwann gaben wir auf,denn er blieb dabei und ließ sich nicht abbringen.Er ist so intolerant geworden,das einzig richtige ist seiner Meinung nach seine Ansicht.Ich kam überhaupt nicht mehr mit ihm klar-Weihnachten brach ich den Kontakt ab.Es war schrecklich,er behandelte seine Eltern wie Dreck obwohl sie sich nur sorgten,laberte mich zu über Konsum usw. Ich hielt es nicht mehr aus! Insgesamt ging es mir tatsächlich besser weil ich bis zu diesem Monat dabei blieb-ich sah ihn nicht und telefonierte nicht mit ihm.Dann hörte ich von meiner Mum das es ihm wohl besser ginge und er auch wieder zuseinen Eltern Kontakt aufgenommen hatte.Ich fasste mir ein Herz und rief ihn einfach an-es war komisch.Er war noch ziemlich so wie ich ihn zuletzt in Erinnerung hatte-z.b. sagt man ja einfach mal so ohne sich dabei etwas zudenken "oh mein gott" dann kommt von ihm "jassi,reiß dich zusammen und rufe den Herren nicht ohne Grund!Das sagt man nicht!" Ihm zuliebe bemühte ich mich also darum,es zu vermeiden.Es tat mir aber bloß weh mit ihm zureden-nach einiger Zeit sagte ich,das ich mich wieder melde, aber er mich in Ruhe lassen sollte.Nach dem Gespräch musste ich so heulen. Das ist nicht mehr mein Dad den ich sehr geliebt habe,das ist er nicht. Ich will meinen alten Dad zurück,auch wenn das trotzig klingt.Er war alles für mich, auch wenn er mich damals nicht wie seine Tochter behandelt hab.Ich hab ihm das verziehen denn er war so jung-und er gab sich alle Mühe.Früher wohnte er immer auf dem Dorf,und oft habe ich mit meinen Freundinnen dort übernachtet.Wir hatten noch eine richtig schöne Kindheit dadurch- kletterten auf Bäumen,spielten im Fluss,bauten uns Hütten und dachten uns alle möglichen Fantasie Dinge aus.Ich vermisse die Zeit wo ich noch ein Kind war- da war alles noch so einfach.Auch die Urlaube die ich mit meinem Dad hatte waren die schönsten,immer besser als die mit meiner Mum und meinem Stiefvater.Ich fühlte mich wenn ich mit ihm und seinen Kumpels weg war, zum Beispiel in Frankreich,total toll.Ich mochte sie alle so gerne,sie ließen mir viele Freiheiten und behandelten mich wie eine Erwachsene.Das jetzt alles anders ist,und mein Dad nie wieder mit mir in den Urlaub fahren wird-ich kann es nicht akzeptieren.Für mich ist es so als wäre mein richtige Dad gestorben-es tut so weh! Klar versuche ich stark zusein aber manchmal kriege ich deshalb Alpträume,ich muss weinen,oder habe Rückfälle in meine Essstörung Bulimie.
Ich will ja damit klar kommen-aber schaffe es nicht.Manchmal versuche ich mit meiner Mum darüber zureden,aber die ist selbst überfordert wenn ich damit ankomme.Das ist auch zuviel verlangt,sie litt 2Jahre an starken Depressionen und meine Oma sagt immer ich soll sie sogut es geht schonen und nicht mit sowas wieder belasten.Ich schaffe es aber nicht immer meiner Mum das fröhliche Mädchen vorzuspielen-dafür kennt sie mich auch einfach zugut.
So,es tat gut das alles mal ohne schlechtes Gewissen aufzuschreiben. Ich hoffe ihr könnt mir sagen was ich machen kann.Das ich meine heile Welt von damals nicht zurückkriegen kann,ist mir schon klar.
Sorry das es so lang geworden ist.Schön,das es sowas wie euch gibt wo man sich mal auskotzen kann!
Liebe Grüsse von Jassi

Anwort von Sabine

Hallo Jassi!

Es tut mir leid, dass Du so den Abstand zu Deinem Vater bekommen hast, da er sich so verändert hat. Leider hat man so oft keine andere Möglichkeit, als es zu akzeptieren, was um einen passiert.
Ich finde, jetzt geht es aber um Dich. Du schreibst mir von Deiner Bulimie und den Kummer, der so tief sitzt und auch bei Deiner Mutter keine Stütze findet, weil sie selber so belastet ist. Das ist traurig, aber nunmal Tatsache. Ich will ehrlich sein. Ich finde, Du solltest Dich mit Deiner Bulimie an fachliche Hilfe wenden, falls Du das nicht schon getan hast, denn alleine bekommt man das nur sehr schlecht in den Griff. Und wenn Du dann einen Arzt aufgesucht hast, der Dir hilft, dann solltest Du auch mit ihm über die Sache mit Deinem Vater sprechen. So offen und ehrlich, wie Du es auch hier getan hast. Du kannst es alleine nur schlecht verarbeiten, habe ich den Eindruck bekommen und solltest vielleicht mal mit einem Psychologen sprechen. Deswegen meinte ich auch, dass Du es auch dem Arzt erzählen sollst, denn er müßte dann auch erkennen können, dass Du es alleine nicht weiter verarbeiten kannst und es Dich sehr belastet. Er kann Dich dann weiterleiten an einen Psychologen. Ich denke, dass eine löst das andere aus. Die Probleme lösen die Krankheit aus.
Du hast uns wahrscheinlich geschrieben, um Dich zwar in erster Linie auszukotzen, aber vielleicht auch in zweiter Linie, weil Du wissen willst, wie das endlich aufhört. Mir zeigt das, dass Du es willst und Du drum kämpfen würdest und deswegen glaube ich, dass ein Gespräch mit Psychologen Dir vielleicht helfen kann. Die Ergebnisse solcher Gespräche und deren Hilfe ist viel erfolgreicher, wenn man mitarbeitet und mitkämpft, dass es besser wird. Du zeigst uns doch in Deiner Mail, dass Du es so nicht magst und das es Dich lähmt, wie Du fühlst. Versuche also ein Gespräch zu bekommen, damit ihr gemeinsam herausfinden könnt, wie Du am besten damit umgehen kannst. Bitte sei bei dem Psychologen in dem Gespräch ehrlich und offen. Er sollte alles wissen. Wie Du denkst und fühlst, damit er es auch richtig einschätzen kann. Erzähle ihm nicht, was Du glaubst, dass er hören will, sondern erzähle ihm was Dich bedrückt. In dem Gespräch solltest Du egoistisch sein und das Gespräch hast Du bekommen um alles rauszulassen, was Dich bedrückt. Dafür sind diese Menschen da und das haben sie gelernt. Nur ist Deine Mitarbeit und Ehrlichkeit dabei eines der Grundvoraussetzungen.
Ich denke, Du solltest die fachliche Hilfe in Angriff nehmen. Auch wenn Du unter Bulimie leidest und Dich die Mitteilungen von Deinem Dad immer wieder erschüttern, trotzdem halte ich Dich für ein sehr starkes Mädchen, die genau weiß, was sie will.

Lieben Gruß.