Problem von Anonym - 20 Jahre

Probleme in vielen Bereichen

Meine Probleme sind von vielschichtiger Natur und am besten fange ich da an, wo sie am größten sind. Als ich 3 Jahre alt war, starb meine Mutter und ich glaube das dies der Ursprungspunkt aller meiner Probleme ist. Mittlerweile sind 17 Jahre vergangen, doch ich glaube das sich im Laufe der Zeit alles immer weiter verschlimmert. In meiner Familie gibt es neben mir noch 2 weitere Geschwister die älter sind, sowie meinen Vater, der es geschafft hat nach dem Tod meiner Mutter mir und meinen Geschwistern eine Zukunft zu ermöglichen, wie sie wohl in anderen Familien bei der verhandenen Lage nicht möglich gewesen wäre. Die Problematik dabei ist jedoch, dass sich mein Vater sehr unter dieser Situation des Todes meiner Mutter gelitten hat und dies immer noch tut. Dies führte in unserer häuslichen Gegenwart immer wieder zu Streit mit der Folge, dass zuerst mein Bruder auszog (verständlich weil er studieren wollte) und danach meine Schwester die Flucht ergriff, um die häusliche Situation nicht mehr ertragen zu müssen. Erschwerend hinzu kommt, dass mein Vater eine Art Phasen-Alkoholiker ist, der geprägt durch seine beruflichen Erfolge eine sehr provokative Natur darstellt. Diese Situation selbst belastet mich, da ich zusammen mit meinen Vater in einem sehr großen Haus wohne, was weitere Probleme für mich aufwirft. Das von uns bewohnte Haus ist in einem so maroden Zustand, dass ich mich selbst davor ekele. Immer wieder versuchte Renovierungsarbeiten und darauf folgende Abbrüche dieser führten dazu das es mittlerweile keinen Raum mehr gibt, den man als "bewohnbar" im herkömmlichen Sinne titulieren kann. Dies wäre im Grunde genommen auch nicht weiter problematisch, jedoch fühle ich mich einfach im Stich gelassen von meinen Geschwistern. Da ich alltäglich diese Situation erleben muss, sie auch noch hinzukommend meinen Vater belastet und ihn häufig zum trinken animiert habe ich schon häufig an die Vernunft meiner Geschwister appeliert, mir unterstützend zur Seite zu stehen und möglicherweise etwas zu verändern. Das genaue Gegenteil tritt jedoch immer und immer wieder auf. Während meine Schwester an einer chronischen Geldknappheit leider und eigentlich immer wieder nur nach Hause kommt, um die durchaus vorhandene Freundlichkeit meines Vaters und seine unterstützenden Ratschläge anzunehmen dabei jedoch keine Gegenleistung bzw. Verbesserung ihrer eigenen Situation erwirkt (mittlerweile besitzt sie ca. 4000? Schulden) und eigentlich nur auf sich selbst fixiert ist, gibt es da noch meinen Bruder, der sich auch nicht gerade mit vernünftigen Verhaltensmustern bekleiden kann. Er selbst findet weder Halt noch Orientierung in seinem Umfeld was er auch komplett auf die häusliche Situation überträgt. Ich bin im Endeffekt der leidtragende, da ich gerne etwas an dieser Situation ändern möchte, jedoch immer wieder Enttäuschungen ertragen muss. Anstatt Unterstützung zu erfahren wie bei dem von mir beschriebenen Renovierungsarbeiten, belasten mich die Probleme meiner Familie noch zusätzlich, da ich sehe das sich alle in eine Richtung entwickeln, die irgendwann in einem totalen Fiasko enden wird.
Die größten Sorgen dabei drehen sich um meinen Vater, der sich mittlerweile nur noch durch den Fernseher am täglichen Leben beteiligen kann und ansonsten nur durch das Telefon Kontakt zur Außenwelt herstellt. Es macht mich krank mitansehen zu müssen, wie ein einst so stolzer und in allen Lebensbereichen erfolgreicher Mensch vor mir zu Grunde geht, ohne dass ich dabei helfen kann etwas zu verändern.

Da ich von sehr nachdenklicher Natur bin, glaube ich gerade das dies meine Hauptproblematik darstellt, was sich auch auf andere Lebensbereiche überträgt. Im Alter von 15 Jahren musste ich in der Schule die schlimmsten Mobbing Attacken aushalten, was sich über 2 Jahre zog. Erst als ich immer schlechter in der Schule wurde und eine Jahrgangsstufe wiederholen musste, änderte sich meine Situation. Ich habe es geschafft mich aus dieser Situation zu befreien, habe neúe Freunde kennengelernt und auch meine Schulnoten haben sich sehr stark verbessert, sodass ich, wenn ich bald meine Abi in der Tasche, danach sogar schon einen Ausbildungsplatz habe.

Dies alles ist zwar schön und gut, doch löst es meine eigentliche Problematik nicht. Ich merke, dass sich in mir eine Art gespaltenes Persönlichkeitsbild entwickelt. Einerseits schaffe ich es, durch meine mittlerweile sehr gereifte Persönlichkeit Aufgaben die die Schule betreffen auf sehr hohem Niveau zu bearbeiten, doch andererseits sehe ich keine Entwicklung was meine eigenen Bedürfnisse, außerhalb der allltäglichen Arbeit, angeht. Mir fällt es sehr schwierig einfach einmal locker an Situationen heranzugehen, was es mir vor allem erschwert eine Freundin zu finden. Weder in der Disco bin ich dazu in der Lage einfach mal jemanden anzusprechen, noch in der Schule einem Mädchen meine Gefühle zu äußern. Das unlogische daran ist jedoch, dass es mir noch nie schwer gefallen ist, mich mit Mädchen zu unterhalten. Dies kommt aber meißt nur zu Stande, wenn ich sie näher kennengelernt hab. Die Enttäuschung ist dann aber häufig immer die gleiche. Entweder hat sie einen Freund oder sie besitzt nur ein rein platonisches Interesse. Und gerade das ist es was mich zweifeln lässt. Mein äußeres Erscheinungsbild tut dazu ein übriges. Durch die vielen Enttäuschungen die ich mittlerweile ertragen musste, fühle ich mich immer wieder in der Situation gefangen unattraktiv zu wirken. Zwar bin ich bis auf die Phase des Mobbings noch nie in meinem Leben direkt damit konfrontiert worden, jedoch fühle ich dies in meiner Seele. Aber selbst das ist wieder etwas gespalten. Ich schaffe es zwar Menschen zum Lachen zu bringen, kann diese positive Ausstrahlung jedoch nicht dazu verwenden mit jemanden eine Beziehung einzugehen. Gerade auch das häusliche Umfeld gestaltet es mir sehr schwierig positiv in diesem Bereich zu denken. Wenn ich schon den Gedanken daran hege, jemanden mit zu mir nach Hause zu nehmen, graut es mir. Meine Gedanken drehen sich meist immer schon um den 2. / 3. Schritt, nicht aber um den Anfang, der mir häufig so schwer fällt. Deshalb beschäftige ich mich immer mit den Gedanken der Zukunft. Was soll ich tun wenn ich eines Tages durch berufliche Erfolge, die ich mir sicher erarbeiten kann, mein Elternhaus verlassen muss und ich damit den Menschen, der mir am meißten im Leben zukommen lassen hat, meinen Vater allein zurück lasse?
Diese Frage beschäftigt mich immer wieder und lässt häufig eine Wut auf meine Geschwister entstehen, die trotz ihres Alters von 22 bzw. 24 eigentlich eher dazu in der Lage sein müssten, mir unterstützend zur Hilfe stehen zu können. Eher belasten sich mich zusätzlich, weil sich mir zwar gerne zuhören, mir ihre bereitwillige Unterstützung sogar noch zusichern, jedoch das genaue Gegenteil davon erwirken. Es ist schon traurig zu hören, dass man offeriert bekommt, dass alles was zuvor in einem scheinbar konstruktiven Gespräch besprochen wurde, sofort wieder vergessen wird oder das immer wiederkehrende Besserungsabsichten, vor allem die meiner Schwester, einfach im nichts verpuffen. Auch die Hilfe meines Vaters für meine Geschwister wird dementsprechend genutzt, was zur Folge hat, dass er wieder anfängt zu trinken. Aggressivität besitzt er dadurch zwar nicht, jedoch wird mir immer wieder deutlich wie viel Schwerzen er ertragen muss. Eine Zeit lang hat er auch vom herbeigewünschten Tod geredet, was mich eigentlich noch mehr Angst macht. Das aller schlimmste ist jedoch, dass unsere gemeinsamen "Familiensitzungen" immer nur von sporadischer Natur gestaltet sind und selten von Harmonie. Man findet sich an Weihnachten einmal zusammen ein, tut so als wäre alles okay und im Endeffekt ändert sich nichts.

Ich glaube das diese Probleme eigentlich nur von der Ausgangsbasis, dem Tod meiner Mutter, verursacht wurden. Es ist schon interessant einen Menschen, an dem man keinerlei Erinnerung hegt, am meißten in seinem Leben zu vermissen, da sie scheinbar, wie mir aus den Erzählungen von Verwandten geschildert wurde, ein sehr lebensfroher und kreativer Mensch war. Genau diesen Punkt vermisse ich immer und immer wieder. Mir fehlt eigentlich an nichts, die Schule läuft gut, ich habe immer genügend Geld zu Verfügung, meine Freundschaften sind alle intakt, doch eigentlich fehlt es mir an etwas elementären, was scheinbar niemand verstehen bzw. verbessern kann.
Ich selber versuche es in die Hand zu nehmen, doch die Fülle der Probleme stellt mich vor immense Schwierigkeiten. Ein Haus zu renovieren, Die Schule zu absolvieren, Eine Ausbildung, womöglich noch kombiniert mit einem Studium, anzufangen, meinen kranken Vater zu pflegen, ältere Geschwister zur Unterstützung zu annimieren, Freundschaften zu erhalten und dann auch noch das Problem mit dem finden einer Partnerin, die sich solch einen mist auch noch den ganzen Tag antun möchte, erdrücken mich scheinbar. Äußern tut sich das in einem verdreckten Umfeld, ja selbst mein Zimmer sieht aus wie sau. Ich finde nicht die geeignete Basis, um die ganzen Probleme am Schopf zu packen und nacheinander zu lösen.

Ich bin mir relativ sicher, dass diese Fülle an Aufgaben kaum dem regulären Persönlichkeitsbildes eines 20 Jährigen entsprechen, was ein weiterer Punkt wäre. Hilfe von außerhalb findet kaum statt. Entweder sie wird nicht in Anspruch genommen, wie die feste Überzeigung meines Vaters, dass eine Therapie keine Abhilfe schaffen würde oder das Verhalten der Verwandten, die möglicherweise noch ein negatives Bild von meinem Vater besitzen, dessen provokative Ader nicht wirklich erbaulich wirkt. Aber auch dies ist ein Problem. Durch das hohe Alter unserer Familie (Mein Vater ist 63), gibt es kaum Ansprechstationen, die man um mögliche Hilfe bitten könnte. weder Onkels / Tanten / Oma / Opa sind noch am Leben bzw. wohne in der näheren Umgebung um hilfreich zur Seite zu stehen. Und selbst wenn ein sehr seltener Besuch bei diesen ansteht, gibt es kaum etwas produktives, was erwähnenswert wäre. Eher wird noch das Bild vermittelt, dass mein Vater einer der Hauptschuldigen an dieser Situation sei, was so aber zu einfach wäre. Schließlich muss man bedenken, welch schwierige Situation vor einem Menschen steht, wenn er 3 Kinder im Alter von 3, 5 und 7 zu versorgen hat, wenn gleichzeitig die Person stirbt, die den Teil der Kindererziehung übernehmen sollte. Meine Geschwister lassen sich jedoch von diesem Bild blenden und versuchen sich eher in diesem Trugbild zu verkriechen, als selber das Heft in die Hand zu nehmen und etwas zu verändern.

Ist jetzt mittlerweile etwas viel geworden, jedoch hoffe ich das ihr möglicherwiese einen hilfreichen Rat habt, was man in dieser Situation tun könnte. Ich habe diese Probleme selbst einem Psycholgogen offenbart, jedoch konnte der mir auch keinen Rat mitgeben. Naja wenigstens hat er dafür gesorgt, dass ich nicht zur Bundeswehr muss ;)

Hoffe auf eure Antwort

Anwort von Sabine

Hallo!

Dein letzter Satz in Deiner Mail hat mich aus der Bahn geworfen. Anfangs bin ich regelrecht versunken in Deinen Erzählungen und zum Schluß: Danke, ich brauch deswegen nicht zum Bund.
Ich hoffe, dass es nur nebebei erwähnt war und kein schlechter Scherz.
Nun aber zu dem, was ich ich dachte, als ich Deine Mail gelesen habe.
Du scheinst ein sehr sozial eingestellter Mensch zu sein. Das Du Deine Mutter vermisst oder jemanden, der Dir genau das geben kann, was eigentlich nur eine Mutter vermitteln kann, dass kann ich sehr gut verstehen. Vielleicht kommen daher die Probleme. Müssen aber nicht. Warum ich sagen mag, dass Du sehr sozial eingestellt bist, vermag daher, dass Du viel nach den anderen schaust. Du möchtest, dass es alles gut geht und keiner streitet und Frieden herscht und keiner Probleme hat und das alles perfekt ist. Irgendwie scheinst Du aber Dich dabei zu vergessen. Du bist doch auch wichtig. Du schreibst zwar, dass Du möchtest ,dass es allen gut geht, aber dafür müssen die anderen auch bereit sein es anzunehmen von Dir. Man kann es niemandem aufzwingen. Du kannst ihnen zeigen, dass Du für sie da sein möchtest, aber vergiss Dich nicht dabei. Nimm es als Nebenrolle an, aber Hauptrolle bist doch Du. Was willst du? Was macht Dich glücklich? Und wo liegen Deine Ziele? Versuche Dich mit Deinen jetzt 20 Jahren ein wenig zu lösen von den anderen. Sie stehen alle auf eigenen Beinen und wissen alle, dass Du gerne für sie da bist. Nun solltest Du aber mal dran sein. Schule, Beruf, Urlaub, Hobby, Freundin. Das sind auch Dinge, die auch wichtig für Dich sind. Du ziehst Dir ein paar Schuhe an, die an allen Ecken drücken und Dir weh tun. Nimm das Paar Schuhe, welches Dir passt und wo gerne drin laufen magst. Du selber wirst Dich dann akzeptieren können und vielleicht dann auch bald eine Partnerin bzw. Freundin. Ich kann mir nicht denken, dass jemand von Dir verlangt diese ganzen Aufgaben zu erledigen. Es ist Dein Inneres, welches Dich da auf den Weg schickt zu helfen und da zu sein und alles ins gerade Licht zu drücken. Wenn Du etwas nicht essen magst, weil es nicht schmeckt. Isst Du es dann trotzdem oder lässt Du es stehen? Kochst Du etwas anderes, was schmeckt? Was ich sagen möchte ist, das Du vielleicht Deinen Weg finden solltest um glücklicher zu werden. Du bist doch auch wichtig.

Lieben Gruß