Problem von Anonym - 25 Jahre

Beziehungsunfähigkeit

Hallo zusammen
Ich habe schon ein paar Probleme zum Thema Beziehungsunfähigkeit gelesen aber die passen nicht so ganz auf mich.
Also versuche ich es mal selber.

Mein Exfreund und ich waren jetzt 1 1/2 Jahre zusammen. Zum Anfang lief es sehr gut, er war sehr aufmerksam, kümmerte sich lieb um mich und wir haben sehr viel Zeit zusammen verbracht. Dazu muss ich noch sagen, dass wir zusammen studieren und sogar im selben Haus wohnen (nicht in der selben Wohnung) und so praktisch fast jeden Tag zusammen waren.
Nach etwa einem halben Jahr fing er auf einmal an merkwürdig zu werden, er sagte Verarbredungen ab und gestand mir schließlich dass es ihm etwas zu viel sei. Er bräuchte mehr Zeit für sich und wolle eine Beziehungspause. Ich bin seine erste feste Freundin und vor mir hatte er nur Affären von 2-4 Wochen, aber nichts ernstes. Er liebt mich, aber er sagt auch ständig dass er nicht beziehungsfähig sei, weil er nie eine richtige Beziehung miterlebt hat. Seine Eltern haben sich sehr früh getrennt und seine Mutter hatte daraufhin noch eine weitere Ehe die auch sehr schlecht geendet ist. Es war meist sehr chaotisch.
Auf jeden Fall haben wir, mehr oder weniger, eine Pause gemacht und nach ein paar Wochen haben wir es nochmal versucht. Das ist jetzt ein 3/4 Jahr her. In dieser Zeit beschränkte sich unsere "Beziehung" eigentlich nur auf seine oder meine Wohnung. In der Uni oder bei Freunden galten wir als getrennt und er wollte auch nicht wirklich das jemand weiß das wir wieder zusammen sind. Das konnte ich noch akzeptieren weil ich dachte mir der Zeit wird es schon wieder. Nur ist jetzt noch hinzugekommen, dass er sich mir gegenüber, auch wenn wir alleine ausgehen, sehr distanziert verhält. In der Wohnung ist noch alles ok, aber sobald wir rausgehen, reden wir kaum miteinander, er umarmt oder küsst mich nicht und wir gehen nebeneinander her als wären wir Bekannte. Das verletzt mich und vor kurzem reichte es mir und ich habe ihm gesagt das müsse sich ändern. Na ja, er sagte er habe soviele Gedanken immer im Kopf und könne sich nicht auf mich konzentrieren. Er macht sich auch oft selber Probleme wo gar keine sind, weil er es von zu Hause auch nur kennt, dass es ständig Probleme gibt. Er meinte er liebt mich und er möchte auch eigentlich gerne mit mir zusammen sein, aber es wäre ihm zuviel auch noch mir Aufmerksamkeit zu schenken. Er wolle erstmal mich sich selber klar kommen. Also haben wir Schluss gemacht.
Ich kann das schon verstehen und würde ihm gerne dabei helfen. Aber es macht mich ärgerlich und auch traurig, dass er nicht bereit ist für unsere Beziehung zu kämpfen, zumal wir ja keine ernsthaften Probleme miteinander haben. Er zieht sich lieber zurück und will alleine sein.

Ich liebe ihn halt sehr und er ist mein bester Freund. Da wir von unserer Wohn- und Lebenssituation uns auch ständig sehen, versuchen wir Freunde zu sein, was ganz gut funktioniert. Aber die Sehnsucht ihn zu küssen und zu umarmen ist halt immer da.
Ja so sieht es aus und ich hoffe ihr habt einen kleinen Rat für mich.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Es ist schwierig, Dir zu schreiben, wo doch eigentlich er es ist, der Rat und Hilfe annehmen sollte. Du selbst bist ihm sozusagen ausgeliefert. Solange er sich sperrt, wirst Du nichts machen können. Was mich wundert ist, dass es anfangs so gut lief und plötzlich sind seine Ängste erwacht.

Wir tragen alle unser Päckchen aus der Kindheit durch's Leben. Die einen ein großes, andere ein kleines. Aber nichts, was in der Beziehung der Elter passierte, passiert auch zwangsläufig in unsere. Meine Eltern sind verheiratet, seit sie beide 19 waren. Das ist in meinem Leben auch nicht geschehen. Ich habe viele Trennungen durchlebt. Und es wäre doch der Umkehrschluss, dass ich heute seit Jahren glücklich verheiratet sein müsste. Verstehst Du, was ich meine? Und das muss in seinen Kopf.

Er scheint sich selbst schon zu reflektieren, zu gucken, woher seine Probleme stammen. Nun sollte er noch einen weiteren Schritt gehen und gucken, wie er sie lösen kann. Im Moment läuft er davon. Er hat Ängste vor der Bindung - kann er sie benennen? Was passiert in seinem Kopf, wenn er mit Dir zusammen ist? Oder was könnte passieren? Wovor genau hat er diese große Angst, dass er lieber die Beziehung aufgibt? Dass es auch bei euch zu einer Trennung kommen kann? Nun, das hat er ja jetzt. Und zwar aus eigenem Antrieb. Ein Stück weit hat er seiner Angst selbst recht gegeben.

Hat er mal darüber nachgedacht, mit seinen Ängsten mit Hilfe einer Therapie aufzuräumen? Oder glaubt er von sich, damit auch allein fertig zu werden? Wenn ja, warum fängt er dann nicht jetzt mit Dir damit an?

Wenn er sich bereit erklärt, kann er Dich haben. Das wiegt ihn in Sicherheit. Er muss sich nicht heute mit den Ängsten auseinander setzen - er hat ja die Zeit. Er kann warten, bis es von allein besser wird. Aber wird es das? Ich würde eine normale Freundschaft nicht gut führen können. Es täte mir zu weh. Vielleicht kannst Du was bewegen, indem Du Dich zurückziehst und ihm zeigst, wie das Leben ohne Dich ist und dass Du es wert bist, über seinen Schatten zu springen. Zugegeben, der Schuss kann auch nach hinten losgehen.

Wenn seine Angst so tief sitzt, dann sollte er wirklich fachliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Alles Gute!