Problem von Anil - 20 Jahre

Ausbildungsabbruch

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich habe im Februar eine Ausbildung zur Bankkauffrau angefangen. Nur gefällt mir diese Ausbildung überhaupt nicht. Sie wird sogar immermehr zur Qual. In der Filiale in der ich arbeite, wurde ich so gut wie gar nicht eingearbeitet. Außerdem wird seit Anfang an von mir verlangt, dass ich die Servicedinge sowie Fragen der Kunden an einem Platz alleine erledige, nur habe ich dabei keinen festen Ansprechpartner, an den ich mich wenden könnte und bei dem ich mich erkundigen könnte, denn auf die meisten Fragen habe ich keinerlei Antwort, noch weiss ich bei manch anderen Servicedinge nicht wie sie überhaupt bearbeitet werden. Ich muss immer durch die Filiale laufen und mir jemanden suchen, der gerade kein Beratungsgespräch führt. Nur ist das weder für die Kunden noch für mich eine optimale Lösung, wenn ich während eines Kundengesprächs 3-4 mal wieder weglaufe, um mir die Frage von einer Kollegin beantworten zu lassen. Die meisten Kunden reagiern nur gereizt.Mit dieser Situation umzugehen ist sehr schwierig für mich. Und oft überfordert sie mich einfach. Obwohl ich schon mit meiner Betreuerin in meiner Filiale und mit meiner Ausbilderin über meine Probleme in der Filiale gesprochen habe, konnten mir beide nicht weiter helfen. Hinzu kommt auch, dass der Beruf an sich nicht unbedingt der passenste für mich ist. Ich bin nicht unbedingt verkäuferisch veranlagt, was man nur leider heutzutage in einer Bank sein muss. Nur wusste ich leider vorher nicht, dass auch schon auf Azubis so ein verkauferischer Druck ausgeübt wird. Ich würde auch am liebsten aufhören, da mir der ganze Stress zu viel wird. Ich kann nicht mehr! Ich habe andauernd Kopfschmerzen. Ich bin normalerweise ein sehr motivierter Mensch und sehr daraufbedacht gute Leistungen zu vollbringen, aber meine Motivation ist in der letzten Zeit sehr geschrumpft. Da ich noch in der Probezeit bin, würde ich am liebsten aufhören und im Herbst anfangen Betriebswirtschaft zu studieren. Ich habe auch schon mit meiner Ausbilderin darüber gesprochen. Aber ich kann nicht aufhören, denn ich wohne noch zu Hause bei meinem Vater ( meine Mutter ist vor fast drei Jahren gestorben), und ich würde enorme Probleme mit ihm kriegen, wenn ich aufhören würde. Er sieht ja auch jetzt schon wie schlecht es mir geht, aber ihn interessiert das überhaupt nicht. Jedesmal wenn ich mit ihm darüber sprechen möchte, blockt er ab. Er ist der Meinung, die Situation in der Filiale ist zwar schlecht, aber ich sollte trotzdem weitermachen."Es sind ja nur zwei Jahre". Ich hatte sogar schon ein Abkommen mit ihm geschlossen, dass ich versuchen würde mit der Situation zu recht zu kommen und versuchen würde dass beste daraus zu machen. Aber wenn ich es nicht schaffen sollte, sollte er mich halt verstehen, dass ich aufhören möchte, und nicht weiter gegen mich sein. Aber er hat sich nicht dran gehalten. Er sieht wie schlecht es mir geht, und ich habe ihm auch gesagt, dass die Ausbildung zur Qual wird, aber alles was er mir geantwortet hat, war, ich wäre so labil wie meine Mutter, die hätte auch bei Problemen sofort aufgegeben. Jetzt habe ich nicht nur in meiner Ausbildung Stress und Probleme, sondern auch noch zu Hause. Ich kann meine Ausbildung nicht weitermachen, aber auch nicht aufhören! Aber ich habe auch nicht genügend Geld, um zu sagen ich ziehe einfach aus. Ich weiss auf jedenfall nicht weiter. Ich sehe keine Lösung für meine Probleme. Ich habe das Gefühl mein ganzes Leben gerät aus den Fugen und ich kann nichts dagegen machen. Ich hoffe, dass Ihr mir helfen könnt.

Anwort von Sabine

Hallo Anil!

Alles was fremd oder neu ist, kommt einem anfangs sehr schwierig vor. Es klingt schon danach, als hätte man Dich in das kalte Wasser geworfen, aber andersherum gesehen hast Du jetzt die Möglichkeit den anderen zu beweisen, dass Du es knacken kannst.

Das Du Dich gemeldet hast, dass die Beratungsgespräch ohne Hilfe noch nicht laufen, dass ist gut. So werden die anderen geweckt und Dir kann erklärt werden, wie es zu laufen hat. Klar reagieren die Kunden gereizt, wenn man ständig den Gesprächsplatz wechselt um Informationen zu holen. Andererseits könnte es besser klappen, wenn Du einfach ehrlich bist. Sage den Kunden, dass Du erst seit geraumer Zeit die Ausbildung begonnen hast und um fachliche Informationen zu bekommen, sollte er sich gedulden, dass Du mit einem Kollegen sprechen kannst. So beruhigt man die Kunden vielleicht ein wenig.

Wie Du merkst, möchte ich Dir eigentlich in Deinem Ausbildungplatz unter die Arme greifen und ich würde mich - auch für Dich - viel mehr freuen, wenn Du diese Ausbildung machen würdest. Mit dieser Ausbildung hast Du später gute Chancen weiterzukommen. Klar wäre ein Studium auch eine schöne Sache, aber es ist heute verdammt schwer eine Stelle zu bekommen. In der Arbeitswelt und in der Ausbildung. Viele Schüler müssen sogar die Städte wechseln um einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Liegt Dir dieser Job allerdings überhaupt nicht, dann solltest Du mit Deinem Vater über andere Möglichkeiten sprechen und sie auch direkt auf den Tisch bringen. "Papa, ich will studieren". So kann er feststellen, wie ernst es Dir ist und vielleicht greift er Dir dann doch unter die Arme. Leichter wäre es von der Situation her, wenn Du die Ausbildung durchziehen würdest. Diese Sprüche "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" sind asbach-uralt und ich konnte sie auch nie leiden. Dennoch ist etwas dran. Die Beurfswelt ist eine andere als die Schulwelt. Es ist anstrengender und es kommen plötzlich völlig neue Dinge auf einen zu. Es ist ein regelrechter Kampf manchmal, aber es kommen auch wieder ruhiger Zeiten, wenn man einiges erst einmal aus dem ff kann. Von Situation zu Situation lernst Du dazu und von Gelegenheit zu Gelegenheit brauchst Du immer weniger Deine Kollegen zur Beratung. Bald könntest Du die Kunden komplett alleine beraten und verschaffst Dir sogar einen super tollen Ruf, so dass Du immer gut weiterempfohlen werden könntest und überall gerne angenommen wirst. Klar, es ist hart und oftmals schwer, aber wenn man die Ausbildung geschafft hat, dann weiß man wofür man es getan hat und ist glücklich es abgeschlossen zu haben.
Ich hatte damals ähnlich wie Du gedacht und wollte manchesmal die Lehre beenden, weil meine Chefs (ich hatte 4 davon) manchmal grauenhaft waren. Einer von denen kannte im dritten Lehrjahr noch nicht einmal einen Namen. Erschreckend oder. Ich muß allerdings auch dazu sagen, dass in meinem Ausbildungsbüro jährlich 4 neue Auzubis eingestellt wurden. Oftmals mußte ich wirklich die blödes Arbeiten erledigen, die manchesmal nichts mit meiner Ausbildung zu tun hatten. Dennoch tat ich es, denn ich tat es für mich und für das, was ich erreichen wollte. Hart, schwer, erschöpfend und was weiß ich nicht noch alles. Viele Tränen und eine harter Kampf. Danach wußte ich aber wofür ich es tat und bin heute dankbar, dass ich durchgehalten habe.

Lieben Gruß