Problem von Anonym - 26 Jahre

Problem

Hallo,

ich weiß gar nicht, wie ich am besten anfangen soll. Ich habe seit 8 Jahren einen Freund. Diesen habe ich vor knapp 4 Jahren geheiratet. Es war keine super-romantische Hochzeit. Natürlich haben wir aus Liebe geheiratet, jedoch mit einem eher bodenständigem Hintergrund.

Ich hatte damals ein Studium angefangen und mein Freund war zu der Zeit in einer Firma berufstätig. Er ist Maschinenbauingeneur und hat in der Firma die Produktion geleitet und war für die Qualität verantwortlich. Jedenfalls wollte er immer etwas anderes arbeiten. Sein Traum war in der Forschung unterzukommen. Eines Tages stand in einer Fachzeitschrift ein tolles Angebot, das genau für ihn das richtige war. Er hat sich kurzer Hand beworben. Wir dachten auch nicht, dass es je etwas werden könnte. Es kam dann aber so, dass es tatsächlich geklappt hat.

Der Nachteil des Jobs war, dass er im Ausland ist. Von meinem Studienort wären es ca. 800 km weg gewesen. Nach einigem hin und her haben wir beschlossen, dass wir hier her ziehen. Ich gab alles auf, mein Studium, meine Familie, meine Freunde. Wir haben noch schnell geheiratet vor dem Umzug. Ich bin dann hier - im zum Glück deutschsprachigen Ausland - ein halbes Jahr ohne Job gewesen. Habe Tag für Tag in unserer Wohnung gesessen mit mir selbst. Hatte keine Bekannten oder Freunde etc. Nach einem halben Jahr habe ich einen Job gefunden, seit dem ist auch das Heimweh nicht mehr so stark da.

Mein Problem ist nun, dass immer, wenn mich etwas aus dem Alltag herausreist, mir es total schlecht geht. Mir ist dann richtig schlecht (auf dem Magen) und ich bin antriebslos etc. Das ging nach ca. 2 Jahren hier los. Erst langsam und weniger stark, mittlerweile ist es richtig schlimm. Es geht schon los, wenn ich eine Woche vorher weiß, dass wir nach Hause fahren oder Besuch bekommen etc. Selbst in den Urlaub fahren oder Kurse besuchen werden zur Turtur.

Seit September befinde ich mich deswegen in Psychotherapeutischer Behandlung. Mit meiner Therapeutin bin ich jetzt darauf gekommen, dass es an dem Umzug von Deutschland hierher liegt, da ich mich ins Ungewisse gestürzt habe. Mein Unterbewußtsein denkt jetzt immer, wenn etwas neues passiert, was nicht Alltag ist, dass es dieselbe Situation wieder durchleben muß. Ziemlich kompliziert... Ich habe sie auch gefragt, wie dass denn sein kann, denn ich wollte ja mit und warum es dann erst später angefangen hat und nicht gleich. Sie sagte, dass ich mich am Anfang noch in einem "Schock"zustand befunden habe, wo das nicht zum Ausbruch gekommen ist.

Ich muß das "Trauma" jetzt verarbeiten. Aber ich weiß nicht wie. Momentan mache ich Autogenes Training und setze mir Suggestionen, versuche positiv zu denken, meditiere etc. Ich habe aber das Gefühl, dass es nicht wirklich etwas bringt. Mittlerweile ist es ja so, dass ich schon Angst habe davor, dass wir irgendwohin in Urlaub oder nach Hause fahren und es mir wieder schlecht geht.

Ausserdem habe ich auch das Gefühl, dass unsere Beziehung nicht mehr optimal läuft. Ich weiß nicht, ob ich meinen Freund noch liebe. Wir streiten uns oft. Ich denke auch, dass er gar nicht zu schätzen weiß, was ich alles für ihn aufgegeben habe. Glaub', es ist für ihn selbstverständlich. Er sagt, dass er mich liebt, aber ich bin mir nicht sicher, ob es nicht vlt. doch nur die Gewohnheit ist, die aus ihm spricht. Auf der anderen Seite motzt er mich ständig an, sagt, dass ich blöd bin und so. Ab und zu denke ich dann, dass ich vielleicht zu schnell geheiratet habe. Wenn man verheiratet ist, trennt man sich eben auch nicht so schnell, wie wenn man nur so zusammen ist.

Jedenfalls hab ich das Bedürfnis, erstmal mit mir selbst wieder klar zu kommen. Zu schnell gibt man sich selbst auf. Was kann ich tun? Habt ihr vielleicht einen Tipp?

Anwort von Michaela

Hallo,

zuerst einmal möchte ich dir ans Herz legen, mit deiner Therapeuten noch mal zu reden. Wenn du das Gefühl hast, dass das autogene Training dir nichts bringt, dann solltest du es ihr sagen. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, sich zu entspannen und ruhig zu werden, z. B. Muskelrelaxation nach Jacobsen, aber auch körperorientierte Methoden wie z. B. Tai Chi, Yoga... Jeder Mensch ist anders, hat andere Bedürfnisse, und das eine hilft beim einen, beim anderen wiederum nicht. Es kann eine Weile dauern, bis du das Richtige für dich gefunden hast, aber die Suche lohnt sich auf jeden Fall! Vielleicht ist es auch gar keine spezielle Technik, sondern ein Hobby, das du schon lange mal wieder anfangen wolltest? Nimm dir die Zeit, die du brauchst.

Du schreibst einerseits, dass du deinen Freund geheiratet hast, andererseits ist er für dich immer noch dein "Freund". Das liest sich, als ob du diese Veränderung im Kopf noch nicht wirklich nachvollzogen hast, vielleicht aus den Gründen, die du während deiner Therapie herausgearbeitet hast. Wichtig fände ich, dass du ihm mal sagst, was der Umzug ins Ausland für dich bedeutet und was du für ihn alles aufgegeben hast, was dir fehlt - warum du überhaupt eine Therapie brauchst, um zu dir selbst zu finden! Vielleicht ist er so beschäftigt, dass er es nicht sieht, und vielleicht ahnt er, dass er es sehen sollte, es aber nicht kann - und deshalb so gereizt ist.
Weiterhin wäre es ein Thema für deine Therapie, über die Beziehung zu deinem Mann zu reden. Ich kann von hier aus nicht sagen, ob die Krise, die ihr derzeit habt, mit deinen Problemen zusammen hängt, oder ob sie sich in etwas anderem begründet. Jede Beziehung gerät hin und wieder in eine Krise, als eine Art Prüfstein, und man sollte sich die Zeit nehmen um zu prüfen, was wichtig für einen in der Beziehung ist und was man auf jeden Fall damit erhalten kann und will; Auf Biegen und Brechen jedoch und zum Nachteil einer der beiden ist es fraglich, ob sich der Aufwand lohnt - aber das kannst nur du mit deinem Mann zusammen herausfinden.

Was auch immer es ist, ich beglückwünsche dich zu deinem Mut, eine Therapie zu machen und sie auch durchzuziehen, denn es ist mehr als schwierig, sich selbst zu betrachten und schmerzhaft und Schritt für Schritt zu lernen, sich anzunehmen!

Viele Grüße & weiterhin viel Erfolg - und schreib uns, wenn du magst, was sich weiterhin ergeben hat,

Michaela