Problem von Anne - 17 Jahre

Papa, ich liebe dich so sehr.

Vor jetzt fast 9 Jahren ist mein Vater gestorben. Vor 8 Jahren ist meine älteste Schwetser ausgezogen und wohnt jetzt in einer anderen Stadt. Vor zwei Jahren ist meine andere Schwester ausgezogen und wohnt jetzt auch in einer anderen Stadt, weil sie dort eine Ausbildung macht. Letzten Sommer bin ich auch in die Stadt gezogen, wo sie wohnt. Ich habe mir gedacht, dadurch unternehmen wir mehr miteinanedr, aber das machen wir nicht. Nach dem Tod meines Vaters brach für mich eine Welt zusammen. Er war meine Bezugsperson und ich habe ihm wirklich alles erzählen können. Er war immer für mich da. Er hatte immer Zeit für mich. Mit meiner Mutter kam ich nie gut zurecht und selbst nach dem Tod hat sich daran nicht viel verändert. Ihre Mutter, also meine Oma, hat sich dann mit um uns Kinder gekümmert. Aber leider ist sie vor eineinhalb Jahren gestorben. Seitdem bin ich allein. Ich habe keinem mehr dem ich was erzählen kann. In meiner alten Schule hatte ich keine Freunde und in der neuen Schule habe ich zwar welche, aber ich kann denen noch nicht alles erzählen und besonders nichts über meine Familie. Mein Vater war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ich dekne ganz oft an ihn und bin dann abgelenkt. Er hat damals Selbstmord begonnen und niemand weiß warum. Meine Mutter erzählt, er hat es nicht verkraftet, das meine älteste Schwester ihn wegen versuchter Vergewaltigung angezeigt hat. Meine älteste Schwester habe ich noch nicht gefragt ob das stimmt. Ich kann das nicht. Vielleicht reiße ich damit alte Wunden auf. Meiner Mutter glaube ich das auch nicht, weil sie will sich jetzt ja nur gut machen. Sie bemerkt wie wenig sie gemocht wird. Warum ich sie so wenig mag ist halt, weil ich kann mit ihr nicht reden. Sie ist wie als würde ich gegen eine Wand sprechen. Sie antwortet nicht. Ich habe ihr das auch gesagt, aber sie sagt dann immer was soll ich denn sagen. Ich überlege schon lange warum mein Vater sich wohl umgebracht hat. Ich habe diesen Verdacht auch schon vor meiner Mutter geäußert, aber sie meinte nur so ist das nicht. Ich vermute, er wollte sich von meiner Mutter scheiden lassen, weil er sie nicht mehr liebte und wollte uns Kinder mitnehmen. Aber meine Mutter wollte uns Kinder behalten und vor Gericht. Dieses aber wollte er nicht und hat sich dann umgebracht. Ich habe manchmal auch das Gefühl, dass meine Mutter nicht meine Mutter ist. Sie benimmt sich immer so komisch. Es ist unbeschreiblich. Ich habe es ihr auch schon gesagt, aber sie sagt nur ich bin deine Mutter. Was soll ich denn jetzt machen? Ich will zu meinem Vater. Ich habe schon oft darüber nachgedacht auch Schluss mit meinem Leben zu machen, weil ich dann wider bei meinem Papa und meiner Oma bin. Den wichtigsten menschen in meinem Leben. Ich liebe meinen Papa doch so sehr. Wenn ich doch nur den wahren grund seines Selbstmordes wüsse.

Anwort von Michaela

Hallo Anne,

vielen Dank, dass du uns vertraust und dein Problem aufgeschrieben hast!
Während ich deine Nachricht lese, entsteht vor mir das Bild einer jungen starken Frau, die viel mitgemacht und ihr Leben auch allein gemeistert hat. Jetzt scheinen deine Reserven aufgebraucht zu sein, und es ist an der Zeit, dass du innehältst und noch einmal nachschaust, was davon noch da ist.
Du schreibst, dass deine Familie sich im großen und ganzen zurückgezogen hat. Zwischen dir und deiner Mutter herrscht Schweigen - die Gründe dafür sind für dich nicht ersichtlich, ebenso wenig, warum dein Vater sich das Leben genommen hat. Würde sich etwas an deiner Situation ändern, wenn du es wüsstest? Glaubst du, dadurch die Gründe für die Verschwiegenheit in deiner Familie zu erfahren?

Ich kann dir auf diesem Weg leider nicth allzu viel helfen, weil das, was du schilderst, etwas grundlegendes ist. Es gibt eine Site im Internet, auf der du Trost und Unterstützung erfahren kannst:
http://www.allesistanders.de/de/index.html
Dort triffst du Menschen, die wissen, wie du dich fühlst, und die dir die Aufmerksamkeit schenken können, die du brauchst.
Weiterhin ist es evtl. nötig, dass du dich mit jemandem unterhältst, der sich professionell mit deinen Fragen befasst. Das kann zunächst dein Hausarzt sein. Er kann dir weiterhelfen oder dich an jemanden verweisen, mit dem du reden kannst, z. B. einen Psychologen für Familienfragen. Du bist in einer Situation, in der du Hilfe brauchst, und du darfst sie auch annehmen. Wenn deine Familie dir die Antworten, die du brauchst, nicht geben kann oder will, findest du sie vielleicht mit einem Außenstehenden, der dir auch helfen kann, den Schmerz ertragen zu lernen.

Ich hoffe, ich konnte dir einen Impuls geben. Ich würde mich freuen, wenn du uns schreibst, wie es weitergegangen ist.

Viele liebe Grüße,

Michaela