Problem von Horst - 43 Jahre

Tochter eingessperrt wegen Alkoholproblem

Hallo Kuka-Team,

meine Tochter (14) benimmt sich zu Hause unmöglich. Sie beleidigt und streitet den ganzen Tag mit meiner Frau. Außerdem hat sie angefangen zu rauchen und geht am Wochende ohne unsere Erlaubnis aus und kommt ziemlich angetrunken wieder zurück.
Vor 4 Wochen kam dann am Samstagabend ein Anruf aus dem Krankenhaus.
Unsere Tochter musste aufgrund des viele Alkohols der Magen ausgepumpt werden und sie hatte eine Alkoholvergiftung. Außerdem war sie kurze Zeit bewusstlos.

Nun wussten meine Frau und ich keinen anderen ausweg, als unsere Tochter rauszuwerfen oder in ihr zimmer zu sperren.
Wir haben uns für das letztere entschieden.
Alle Spielsachen, Computer, Bücher, alles außer Bett und Schrank wurden aus dem Zimmer ausgeräumt und wir haben sie nun seit 4 Wochen eingesperrt.
Sie bekommt morgens, mittags und abends das Essen von meiner Frau durch die Türe gereicht sonst bleibt aber die Türe verschlossen. Sie hat seit 4 Wochen das Zimmer nicht mehr verlassen und wir haben sie auch von der Schule beurlaubt. Wir wollen dies noch 2 weitere wochen tun und hoffen dann,
dass sie sich gebessert hat.

Da unsere Tochter schon ziemlich blass und krank aussieht, weil sie seit 4 Wochen das Haus nicht mehr verlassen hat wollten wir fragen ob es auch noch einen anderen Weg gibt sie wieder auf einen besseren Weg zu bringen.

WIR HOFFEN AUF EURE HILFE.

GRUß HORST

Jeanett Anwort von Jeanett

Hallo Horst,

mit deinem Problem hast du beim Kummerkastenteam einigen Staub aufgewirbelt. Zuerst muss ich dir folgendes sagen: Was du da mit deiner Tochter tust, ist Freiheitsberaubung! Was immer sie auch getan hat, es berechtigt dich nicht, sie wochenlang einzusperren wie ein Tier. Damit erreichst du gar nichts. Alles was passieren wird ist, dass deine Tochter Reißaus nimmt. In 20, 30 Jahren, wenn du vielleicht ihre Hilfe und Unterstützung brauchst, wird sie nicht da sein. Ihr habt ihr sogar den Schulbesuch verwehrt, möglicherweise macht ihr euch dadurch sogar strafbar. Also mit so krassen Erziehungsmethoden erscheint ihr in den Augen eurer Tochter einfach hilflos und überfordert und gebt kein gutes Beispiel.

Aufgabe der Eltern ist es, mit ihrer Erziehung und ihrer Liebe aus ihren Kindern lebens- und gesellschaftsfähige wohl erzogene Menschen zu machen. Kinder brauchen dazu gute Vorbilder und feste Grenzen. In der Pubertät, in der sich deine Tochter jetzt befindet, geht man immer bis an diese Grenzen und versucht herauszufinden, was passiert, wenn man diese Grenzen überschreitet. Diese Erfahrungen müssen alle jungen Menschen in diesem Alter machen. Das Erwachsenwerden ist eine schwierige Phase und kann nicht nur den Eltern, sondern ganz besonders auch den Kindern den letzten Nerv rauben. Kinder opponieren grundsätzlich gegen ihre Eltern, alles was sie sagen, wird erst mal in Frage gestellt. Die Kinder lernen damit, sich ihre eigene Meinung zu bilden und diese zu verteidigen. Das kostet Nerven, besonders die der Eltern, logisch.

Ich glaube, deine Tochter hat schon einige Erfahrungen gemacht, die sie bestimmt nicht wiederholen will, z.B. diese Alkoholgeschichte. Aus dieser Erfahrung hat sie selbst bereits gelernt.

Ich kann dir sagen, was deine Tochter in diesem Alter am nötigsten braucht, und das ist die Sicherheit und Geborgenheit eines intakten Elternhauses, ein Ort, an den sie immer zurückkehren kann, wo sie sich sicher fühlen kann, wo Eltern da sind, bei denen sie sich ausheulen kann, bei denen sie, wenn sie will, wieder ganz Kind sein kann. Eltern, die zuhören können, trösten können, viel viel Verständnis aufbringen können, sind für ein heranwachsendes Mädchen unentbehrlich.

Das heißt natürlich nicht, dass ihr alle Jugendstreiche durchgehen lassen könnt, im Gegenteil. Dafür gibt es Grenzen, wie oben schon erwähnt. Wenn diese Grenzen überschritten werden, müsst ihr als Eltern konsequent sein. Eure Maßnahme mit dem Einsperren war jedoch völlig falsch. Ihr fordert damit den Trotz eurer Tochter geradezu heraus. Zwar hat sie jetzt begriffen, was passiert, wenn sie ihre Grenzen überschreitet, aber sie hat auch sehr deutlich erkannt, dass ihr als Eltern nicht in der Lage seid, die wichtige Geborgenheit zu spenden, die sie so nötig hat. Dabei können Eltern durchaus auch Gefühle zeigen. Eure Tochter ist jetzt in einem Alter zwischen Kind- und Erwachsensein. Aber sie versteht auch Gefühle. Wenn ihr ihr erklärt, WARUM ihr dieses und jenes nicht erlaubt, dann wird sie wesentlich mehr Verständnis auch für euch zeigen. Sie wird erkennen, dass Eltern auch nur Menschen sind. Macht eurer Tochter klar, dass ihr sie liebt, was auch geschieht, dass ihr immer zu ihr haltet, dass ihr in jeder Situation immer für sie da seid. Wenn ihr diese Sicherheit bieten könnt, erzieht ihr euer Kind zu einem selbstbewussten zielstrebigen Menschen.

Bedenke immer, dass so krasse Erziehungsmethoden nicht nur von der Schwäche der Eltern zeugen, sondern auch eure Tochter immer dazu animieren werden, noch weiter und immer stärker über die Stränge zu schlagen. Wer an zu kurzer Leine gehalten wird, hat einen stärkeren Drang, diese Leine zu zerreißen als jemand, der viel Auslauf hat.

Es ist nun höchste Zeit, dass ihr an eurer Erziehung etwas ändert. Der erste Schritt dazu ist das Gespräch mit eurer Tochter. Erklärt ihr, dass ihr euch völlig überfordert gefühlt habt und nicht wusstet, wie ihr mit dieser Situation umgehen solltet. Sagt ihr, dass eure Entscheidung mit dem Einsperren sicher falsch war, aber das einzige war, was euch in diesem Moment eingefallen ist. Erklärt ihr, dass ihr sie nur schützen wolltet und bittet sie, dass sie mehr Rücksicht auch auf euch nimmt und dass solches Über-die-Stränge-schlagen für jeden von euch unangenehm ist. Schließlich liebt ihr doch euer Kind und habt Angst um sie. Lasst also nie wieder Zweifel aufkommen an dieser Liebe, bietet euerm Kind Geborgenheit und eine Heimat. Dann wird sie später auch immer gern zu euch zurückkommen.

Zum Schluss noch eine Empfehlung: Es gibt eine Hotline, an die sich Eltern wenden können, die mit der Erziehung ihrer Kinder Probleme haben. Da ihr offenbar dringend noch einen professionellen Rat gut gebrauchen könnt, solltet ihr euch das Elterntelefon wenden:

Elterntelefon
Telefon 0800 111 05 50
Internet: http://www.elterntelefon.de

Ich wünsche euch, dass es noch nicht zu spät für eine Wende in der Erziehung ist!

Liebe Grüße
euer Kummerkastenteam