heimweh
Ich bin jetzt seit circa 9 monaten in den USA, genauer gesagt in Kansas.
Seit dem letzten Monat habe ich bemerkt, dass irgendwas mit mir nicht mehr normal ist. Ich bin nur noch traurig, denke an zuhause und fuehle mich einfach wie eingesperrt. Die Sache ist, dass sich meine Seele unterdrueckt wird, ich kann nicht aeussern was ich wirklich denke. Die Sache ist, dass Kansas sehr konservativ ist, meine Gastfamilie eingeschlossen, und ich bin jemand, der sehr liberal ist und den Mund ausmacht, d.h. Kritik ehrlich ausspricht, wenn sie angebracht ist. Hier hingegen muss ich all das, was mich ausmacht unterdruecken. Die einzige mit der ich offen und ehrlich reden kann ist eine andere Austauschschuelerin hier.
Es ist einfach diese Leere in mir. Ich komme nachhause und das erste was ich mache ist,ich schliesse die Tuere hinter mir und lege mich ins bett.
Jeden Tag fallen mir aufs neue Dinge auf, die ich nicht leiden kann. Zum Beispiel, dass fast alle Leute hier total intolerant und oberflaechlich sind. Das Essen ist total ungesund und ueberhaupt, die meisten Leute koennen nicht damit umgehen, dass ich ein Vegetarier bin. Sie verstehen einfach nicht, warum sich ein Mensch mit 15 jahren dazu entscheiden kann, keine Tiere mehr zu essen.
Und ueberhaupt, alle sind sehr oberflaechlich. Das einzige was fuer die Maedchen zaehlt ist ihr Aussehen. Keiner achtet auf die Intelligenz.
Ich kann einfach nicht mehr damit umgehen. Ich zaehle schon die Tage bis ich wieder nach hause gehen kann.
Anwort von Vanessa
Hey Johanna,
Ich kann gut nachvollziehen, wie du dich fühlst. Ich vermute mal, dass du ein Austauschjahr machst und dir so noch drei monate in den Staaten bleiben?
Es liegt jetzt an und in dir, aus der verbleibenden eine schöne Zeit zu machen, die dich nicht quält sondern positiv beeinflusst!
Du kannst für dich selbst verschiedene Strategien anwenden, um dir das zu erleichtern. Zunächst einmal würde ich dir raten: Geh raus! Bleib nicht zuhause in deinem Zimmer und lege dich ins Bett und warte, dass der Tag vergeht.Konzentriere dich auf die schönen Dinge um dich herum. Vielleicht machst du gern Sport? Versuche nicht nur die negativen Dinge zu sehen.
Die von dir empfundene Oberflächlichkeit deiner Mitmenschen stört dich und schränkt dich in deinem Verhalten ein. Hast du schon mal versucht mit einigen von den Mädels intensive Gespräche zu führen? Viel mit ihnen zu reden und zu unternehmen? Dagegen zu sein, wenn es wieder nur darum geht, dass eine Haarspliss hat und die andere einen neuen Nagellack? Sei Achtsam und verurteile sie nicht, bevor du sie genau kennengelernt hast, denn wenn du sagst, dass alle Oberflächlich sind, kann es schnell passieren, dass du alle über einen Kamm scheerst!
Ein aufgetakeltes Mädchen muss ja auch nicht gleich dumm sein. Hast du mal einige Sportkurse besucht, die Teamsportarten anbieten? Dort hast du sicherlich die Möglichkeit Zusammenhalt kennenzulernen.
Kritik anzubringen in dieser konservativen Gesellschaft ist wahrhaftig manchmal ein Kunststück. Doch versuche dich nicht von den Vorstellungen und Einsichten deiner Mitmenschen zu verunsichern lassen. Du bist schließlich du und niemand soll oder kann dir verbieten du selbst zu sein. Versuche deine Kritik so zu verpacken, dass sie nicht als Angriff sondern als pure Meinungsäußerung verstanden werden kann, wie zB "es ist okay, wenn du das so siehst. meine aufassung dazu ist..." oder so. wenn du Formuliernungen entdeckst, die deine Kritik nicht als ganz so brisant erscheinen lassen, ist es vielleicht einfacher, du selbst zu sein.
Wenn gar nichts mehr geht, wende dich an deine Austauschorganisation, die kennen sich sicherlich bestens mit solchen Problemen aus.
Als letztes kann ich dir nur noch mal ans Herz legen: Lass dich nicht fallen und vergiß nicht wer du bist. Du bist doch eigentlich gar nicht die, die sich nach der Schule immer ins Bett legt. Und du bist doch auch nicht die, die nur die negativen Sachen erkennt, oder?
Hoffe, ich konnte ein bisschen helfen und wünsche dir noch eine Schöne verbleibende Zeit! :)