Problem von Anonym - 22 Jahre

Trennung Überwinden

Hallo Kummerkasten-Team,

da es sehr schwierig ist einen Psychologen zu finden, der nicht nach der ersten Sitzung einen aus dem Zimmer schreiend rausschmeißt und selber heftige Probleme hat, habe ich gedacht, dass ich Euch mal um Rat bitten kann.

Vor ca. 3 Jahren habe ich sie getroffen. Wir hatten eine sehr schöne Zeit bis wir zusammengezogen sind. Am Anfang ging alles ziemlich gut, bis ich der Depression sehr stark verfallen bin, d.h. fast nur noch mit mieser Laune versucht habe mir zu helfen. Ich hab oft geschrien und die Wand mit blutenden Händen auseindergenommen. Ich hab versucht meine sehr schlechte Beziehung zu meiner Mutter, bzw. meine Kindheit, innerlich zu verarbeiten (bzw. eine schlechte Beziehung zu mir und der ganzen Welt). Ich hatte immer gesagt, dass ich Zeit brauche, und dass sie mir etwas Zeit lassen soll, und dass wenn sie mich liebt, dann muss sie auf mich warten (damals habe ich nicht gemerkt, dass es ein Vorwurf war und das die Beziehung bereits angeschlagen ist), habe für sie nichts mehr gemacht, habe angefangen mich selbst sehr zu hassen.
Ich hatte richtige Probleme mit mir selbst, habe sie total vernachlässigt, aber es nicht gemerkt, ich hab mich immer total einsam und verlassen gefühlt, obwohl sie in meiner Nähe war (wie andere Menschen auch) und auch sehr gut zu mir (ich liebte und liebe sie über alles und immer noch).
Ich gebe zu, dass ich sie sehr schlecht behandelt habe, vernachlässigt habe und das bereue ich wie nichts anderes in meinem Leben. Langsam hat sie sich von mir entfernt und ist alleine in Urlaub nach Afrika gefahren (mit ihrem Vater), was mir sehr weh getan hatte, da ich damals Prüfungen schreiben musste und die Depressionen noch lange nicht vorbei waren, dadurch habe ich mich noch verlassener gefühlt als jemals zuvor. Sie hat ihr langweiliges Studium irgendwann geschmissen (angeblich nicht meinetwegen), um Psychologie zu studieren, 500 km weg von mir. Damals war ich mir immer noch nicht im Klaren wie Ernst es ist, als sie mich manchmal darauf angesprochen hat, dass sie zweifelt, ob das mit uns noch was werden kann, und dass sie mich noch liebt. Ich sagte immer nur ganz hart (wie weich ich doch bin, hab ich erst nach der Trennung zu spüren bekommen), dass sie sich entscheiden müsste und habe den Gedanken völlig abgeblockt, ohne über ihre Gefühle zu reden (ich Idiot) oder sich ernsthafte Gedanken zu machen. Ein paar Mal habe ich sie noch besucht aber zwischen uns gab es oft Streit und ich hatte immer wieder das Gefühl, dass sie mich immer weniger vermisst. Sobald sie weggezogen ist, ist mir alles klarer geworden, ich habe angefangen mich zu verändern, hab wieder Sport getrieben, wie früher, und es ging mit mir wieder Berg auf. Trotzdem schien sie sich immer weiter von mir zu entfernen.
Als wir noch zusammen im Urlaub waren, bevor sie den Studiengang gewechselt hatte, hat sie auch mal weinend gefragt, ob es nicht besser wäre eine Beziehungspause einzulegen und ich habe ihr gesagt, dass ich nichts davon halten würde, weil eine Pause in einer Beziehung eigentlich deren Ende ist. Ich habe alles hingenommen, als würde es sich nicht um meine Beziehung handeln, sondern um Fragen bei "Wer wird Millionär?". Entsprechend gelassen habe ich auch die Antworten darauf gegeben: "Tja, das musst Du schon selber wissen, aber eine Pause ist nicht drin, Hop oder Flop, entscheide Dich!".
Weihnachten 2005 wollte sie Schluß machen, ist mit Blumen zu mir gekommen und weinend sagte sie, dass sie es nicht mehr kann. Dass sie mich nicht mehr vermisst, wenn sie alleine mit ihren neuen Freunden an der neuen Uni Zeit verbringt und das kann keine Liebe sein, und dass ich doch viel mehr verdienen würde als jemanden, der nicht mal an mich denkt. Ich hatte sie darum gebeten mir noch eine Chance zu geben und noch einmal alles durchzudenken, da wir mal eine sehr schöne Zeit zusammen verbracht hatten und sehr viel für uns bedeutet haben. Eigentlich dachte ich immer, dass sie die Frau meines Lebens sein wird. Sie dachte das Gleiche über mich, jedenfalls über eine bestimmte Zeit. Weihnachten war es also noch nicht endgültig vorbei. Im Januar habe ich sie noch besucht und wir haben unseren letzten Tanz auf dem Hochschulball gehabt, es musste auch aus Dirty Dancing "I've Had The Time Of My Life" sein. Was denn sonst?! Sie hat sich aber nicht mehr so sichtbar gefreut wie früher mal, dass sie mich sieht. Es war früher wirklich anders, vielleicht eben Verliebtheit.
Am Valentinstag 2006 hat sie dann via Telefon Schluß gemacht, nachdem ich ihr Blumen geschickt habe. Für sie war es ja eh nur alles Kommerz - naja stimmt schon irgendwie. Da wusste ich, dass kämpfen wenig Sinn macht, da es bereits das zweite Mal ist, dass sie sich so entscheidet. Wir haben uns danach getroffen, um Freunde zu bleiben aber ich habe es nicht verkraftet.
Nun dauert es schon ein paar Monate jetzt, dass ich immer noch sehr stark an ihr hänge und nicht mehr "normal" Leben kann. Jeden Tag habe ich die gleichen Gedanken, die mich nicht mehr loslassen wollen. Ich denke jeden Tag daran, dass es meine Schuld ist, dass ich die Liebe meines Lebens verloren habe, weil ich mich teilweise wie ein richtiger Arsch benommen habe. Ich stelle mir immer wieder vor wie es war bevor der ganze Stress angefangen hat und wie ich dann später zu ihr war. Wie ich sie darum gebeten habe nicht in eine Disse mit Freunden zu gehen und bei mir zu bleiben, weil es mir schrecklich schlecht geht, wie ich damals ihre Angst gesehen habe als ich so laut geschrien habe und die Wand zerschlagen habe.
Ich habe so starke Gewissensbisse, dass ich sonntags machmal den ganzen Tag heulend, wie ein kleines Baby, im Bett verbringe und nicht die Kraft dazu habe aus dem Bett aufzustehen. Ich suche immer nach Ablenkung, habe alle Stafeln von allenmöglichen Filmserien 5 mal durchgeschaut und lese jede Woche ein neues Buch. Nichts hilft und das Gewissen beißt und beißt mich in den A****. Jedes mal, wenn ich sie sehe und das war letzte Woche wieder mal der Fall, werden die Wunden noch größer und umso intensiver müsste ich an ihnen lecken. Ich hatte schon bei einem Treffen Selbstmordgedanken, so dass, so freundlich wie sie ist, sie mich mal in eine Klinik gefahren hat (die in der Klinik haben eine Therapie für angebracht befunden aber anscheinend war es nicht weiter schlimm, da ich einfach nach Hause konnte). Beim letzten Treffen habe ich auch erfahren, dass sie neuerdings auch einen Freun hat - d.h. jetzt ist alles endgültig aus und vorbei, bis der neue Freund kam war immer eine Hoffnung da, jetzt ist alles aus.

Was soll ich denn machen um "normal" weiterleben zu können? Welche Fragen soll ich mir selbst beantworten, um mein Gewissen nicht mehr mit mir spielen zu lassen? Wie soll ich mich verhalten, wenn ich sie wieder sehe? Wie soll ich mich zurückhalten nicht dem neuen Freund zwei blaue Augen zu verpassen? Ist es langsam so schlimm mit mir, dass ich tatsächlich in eine Klinik gehen sollte? Wie werde ich die Wut und die Verzweiflung los? Wie soll ich diese Trennung verarbieten? Sie sagte ich soll meditieren (das hilft zwar schon aber nur für Momente) und noch mehr Sport treiben - hilft alles nicht.
Jeden Tag schlafe ich total übermüdet und fertig ein, ich habe jeden Tag Bauchschmerzen wie vor einer sehr schwierigen und bedeutenden Prüfung oder als ob ich in Lebensgefahr wäre. Wenn es so weiter geht, dann weiß ich nicht wie es endet. Mir das Leben selbst zu nehmen ist zu feige und ich würde gerne weitergehen/weiterkommen aber mir fehlt langsam die Kraft. Wie mache ich jetzt weiter?

Gruß,
Eine Pole

Anwort von Michaela

Hallo,

wenn eine Trennung nach so langer Zeit immer noch wehtut, ist es wirklich am besten, professionelle Hilfe zu suchen. Dafür kämen Hausarzt, Psychologen, Heilpraktiker, etc. ín Frage, schon alleine deswegen, weil sie den Gedankenkreisel, in dem du dich anscheinend befindest, durchbrechen könnten. (Ich glaube übrigens nicht, dass einer von diesen Leuten dich schreiend aus dem Zimmer schmeißt, wie du es am Anfang deiner E-Mail so schön beschrieben hast :-) Wenn das erst mal geschafft ist, kannst du daran gehen, für dich wieder "Normalität" zu finden und dein Leben so zu gestalten, dass du es leben willst. Ob du dazu in die Klinik musst, kann ich von hier aus nicht beurteilen, und wie intensiv deine Aggressionen sind, kann ich von hier aus auch nicht einschätzen. Eine Klinik bedeutet übrigens nicht, dass man ruhiggestellt in einer Hab-mich-lieb-Jacke sitzt und den ganzen Tag lustige Dinge sieht. Dort wird hart gearbeitet, um wieder ins Leben zurückzufinden - und manchmal geht es auch nicht anders. Einige Therapiekonzepte, z. B. die Verhaltenstherapie, benötigen sogar einen schützenden Rahmen, in dem neue Verhaltensmuster erst einmal geübt werden, bevor man sich damit wieder in die "andere" Welt traut. Zudem gibt es dort das Pflegeteam, das dich dabei unterstützt, dich selbst zu verstehen. Sie übernehmen die Aufgabe eines Spiegels, um bildlich zu sprechen, d. h. sie sagen dir, wie du auf sie wirkst und erarbeiten mit dir Möglichkeiten, das evtl. zu verändern, wenn du dich damit nicht wohl fühlst oder aneckst. Es ist übrigens auch nicht unüblich, potentielle Patienten wieder nach Hause zu schicken, wenn sie von einem Psychiater als stabil eingeschätzt werden. (Nicht jeder, der sich dort vorstellt, muss dort auch bleiben!)
Zudem gibt es mindestens zwei Konzepte, mit denen in Psychiatrien gearbeitet wird: Es gibt geschlossene Abteilungen, die für gefährdete Patienten vorgesehen sind oder solche, die sich aufgrund einer chronischen psychischen Erkrankung in einer akuten Krise befinden und intensive Betreuung brauchen, bis sie wieder selbst zurecht kommen (gemessen an ihren Möglichkeiten). Und es gibt die sog. "offenen" Stationen, die Tageskliniken. Auch hier gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann dort für eine Weile wohnen, ohne als besonders gefährdet eingestuft zu werden, und eine Verhaltenstherapie ohne großartige medikamentelle Unterstützung mitmachen. Oder man kommt morgens in die Klinik und geht Abends wieder nach Hause - als ob man zur Arbeit geht. Nach außen hin ist die letzte Form unauffälliger, aber wesentlich anstrengender, weil man das Gelernte sofort in der "normalen" Welt umsetzen muss. Welche Form jeweils geeignet ist, hängt von der Persönlichkeit des Patienten und der Einschätung des Pflegeteams ab, genauso wie die Erfolge.

Ich rate dir deshalb auch zum Aufenthalt in einer Klinik, weil du am Ende deiner E-Mail ganz viele Fragen stellst, die du dort, also in einer geschützten Umgebung, in aller Ruhe analysieren und herausfinden kannst, welche Wünsche und Ziele du damit verbindest. Es ist nicht anstößig, das in einer Klinik, bei einer Selbsterfahrung in der Karibik oder im stillen Kämmerlein zu tun; fraglich hingegen ist, dass man es sich selbst verweigert und die Chance auf Besserung leichtfertig vergibt, bis es nicht mehr anders geht, und in dieser Zeit den Leidensdruck unnötig erhöht. Denn hast du nicht etwas Besseres verdient als das?

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen. Wenn du magst, kannst du uns gerne noch mal schreiben und erzählen, wie es weitergegangen ist!

Viele Grüße,

Michaela