Problem von Anonym - 22 Jahre

Eigenes Leben führen - Abkapseln von den Eltern

Meine Familie
Ich liebe sie wirklich von ganzem Herzen, aber ist es nicht möglich, dass ich trotzdem mein eigenes Leben habe?

Ich bin vor 4 Jahren ausgezogen, habe eine eigene Wohnung und einen Freund, studiere viel und arbeite nebenbei.

Vor einiger Zeit sind meine Eltern in die Nähe gezogen (50km) und haben auch ein großes Haus gebaut, eine Etage war komplett für mich. Dieses Angebot habe ich ausgeschlagen, was zu Unverständnis und Streit führte. Ich versuche, mindestens einmal die Woche zu Besuch zu sein, aber selbst das ist Ihnen zu wenig. Für mich aber, ist es immer Stress! Meistens wird erwartet, dass ich dort übernachte.

In letzter Zeit wird der Druck immer größer... meine Eltern werfen mir vor, ich sei egoistisch, denke nur an mich, hätte keinen Familiensinn und hätte alles vergessen, was sie für mich getan haben... Das ist doch aber überhaupt nicht wahr! Ich leide sehr unter ihren Beschuldigungen und weiß nicht, was ich machen kann. Alles was ich tue, ist falsch und egoistisch.

Bitte sagt mir nicht, dass ich versuchen soll, mit meinen Eltern zu reden, und bitte schlagt auch nicht Therapie vor. Und dass andere mit meinen Eltern sollen, ist auch ausgeschlossen...

Alex Anwort von Alex

Hallo,

das Problem zwischen dir und deinen Eltern liegt wohl darin, dass du mit 22 dein eigenes Leben leben willst: eigene Wohnung, Studieren im Sinne von dem eigenen Leben eine Richtung geben, dein eigener Job, Ungebundenheit etc., was aber natürlich nicht heißt, dass du dich von deinen Eltern abkapselst und mit ihnen nichts mehr zu tun haben willst oder nicht das anerkennst, was sie für dich getan haben.

Andererseits haben deine Eltern das Problem, dass ihnen nun bewusst wird dass ihre kleine Tochter ein eigenes Leben führt und nicht mehr die ist, die immer daheim ist. Dieses Loslassen, obwohl es ja kein absolutes Loslassen sondern nur eine Art "Freilassen in die große Welt" ist, weckt in deinen Eltern den Eindruck dass sie dich nun verloren haben; sie haben Angst, dass der Kontakt abreißt, und diese Anpassung an die neue Situation macht ihnen Probleme. Das wird sich aber mit der Zeit ändern, und zwar dann, wenn du man dir anmerkt dass du nicht irgendwie gezwungenermaßen deine Eltern besuchst, sondern aus eigener Entscheidung, und wenn sie merken dass du gerne kommst, (natürlich in Maßen, nämlich genauso viel wie du willst) ihre Nähe suchst und ihnen dadurch unterbewusst klar machst, dass du gerne bei ihnen bist, dass du immer noch da bist, wenn auch nicht jeden Tag. Gehe mit Freude und positiven Gedanken zu ihnen und auf sie zu, sag ihnen dass du gerne kommst, und mit der Zeit werden sie merken dass du nicht "weg" bist und auch nicht gegen sie oder gegen die Familie bist, sondern du immer noch in vollem Maße ihre Tochter und damit Teil der Familie bist und es sich außer der Tatsache, dass du dein Leben selbst in die Hand nimmst, nichts verändert hat.

Das ist ein Weg, der kann dauern, aber das wird sich mit der Zeit alles einstellen und das Verhältnis wird sich bessern.

Viel Glück!