Problem von Anonym - 24 Jahre

Missbrauch in der Kindheit

Liebes Team,

heute ist der erste Tag, an dem ich im Netz surfe und mich bewusst mit dem Problem auseinander setze.
Ich bin als Kind von meinem Onkel sexuell missbraucht worden. Beziehungsweise war es so, dass ich ihn oral befriedigen musste. Ich weiß nicht, ob er mich auch vergewaltigt hat in dem Sinne. Daran kann ich mich nicht erinnern.
Ich vermute, dass ich zwischen 5 und 8 Jahre alt war. Ich weiß es aber nicht mehr genau.
Das Problem habe ich nie vergessen, aber in diesem Jahr kommt es ganz besonders wieder hoch.
Ich habe damals auch meinen Eltern (Mama und Stiefvater) davon erzählt. Aber heute habe ich erst erfahren, dass sie wohl damals mit meinem Opa, seinem Vater, darüber geredet haben und auch mit meiner Oma. Meine Oma hat wohl nur immer gesagt, dass kann nicht sein. Und mein Opa hat meinen Onkel gewahnt, er solle damit aufhören, weil er sonst ins Gefägniss wandern könne, dafür was er macht.
Jahrelang hab ich geglaubt, dass sie nichts unternommen haben. Erst dieses Jahr hab ich erfahren, dass sie mit meinen Großeltern darüber gesprochen haben!
Ich empfinde es so, dass immer alles tot geschwiegen wurde, dann würde ich es schon vergessen. Aber sowas vergisst man nicht. In letzter Zeit ist es ganz schlimm. Ich bekomme die Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Immer und immer wieder sehe ich die gleichen schrecklichen Bilder. Und ich verstehe einfach nicht, wie ein Mensch einen so kleinen Kind sowas antun kann. Ich glaube das ist sogar mein größtes Problem. Jeden Abend werden diese Bilder schlimmer. Ich fange dann an vor mich hin zu starren und kann stundenlang weinen. Ich denke, dass das auch der Grund ist, warum ich abends so schlecht einschlafe. Ich liege meist um die 2-3 Stunden wach, bis ich endlich eingeschlafen bin. Ich habe jetzt auch erstmals mit meinem Freund darüber gesprochen. Er wusste zwar so grob davon, dass mein Onkel mich missbraucht hat. Aber wir haben nie näher drüber gesprochen. Jetzt habe ich ihm gesagt, dass mich diese Gedanken quälen und nicht los lassen.
Ich weiß nicht was ich tun soll. Ob ich vielleicht mal einen Termin bei einem Psychologen machen soll?! Jedoch weiß ich nicht wie das geht. Brauch man eine Überweisung vom Hausarzt oder muss man eh alles selbst bezahlen? Ich weiß es nicht. Denn leisten könnte ich es mir nicht, da ich Studentin bin.
Im Moment schaffe ich es nicht mal morgens zur FH zu fahren. Obwohl ich dringend hin möchte. Ich schaffe es einfach nicht. Ich fühle mich total leer und antriebslos. Ich habe Angst, dass das Leben an mir vorbei läuft!!!!

Ich würde mich wirklich sehr über eine Antwort freuen. Und habe großen Respekt vor eurer Arbeit und finde es toll, dass ihr hier ehrenamtlich Arbeitet!!! Hut ab!!!

Vielen dank und lieben Gruß

Anwort von Andrea

Hallo,

erst einmal: Respekt, dass du es versuchst zu schaffen, dich mit deinem Problem auseinander zu setzen!

Schlimm, dass innerhalb der Familie so etwas gelaufen ist! Ich zurecht deinen Frust verstehen und auch deinen Ärger, dass du
1. die ganzen Jahre in einem falschen Glauben lagst
2. keine Hilfe indem Sinn von deiner Familie bekommen hast.

Solche Erfahrungen gehen öfters ins Unterbewusstsein und man kann so etwas meistens ohne Hilfe nicht überwinden und schon gar nicht vergessen!
Dass du solche Bilder nicht vergisst und dass diese dich am Einschlafen hindern, wundert mich auch nicht.

Aber was ich sehr mutig von dir finde ist, dass du mit dienem Freund darüber gesprochen hast. Wie hat er reagiert, kann er dich nicht unterstützen?

Deine Idee, dir einmal professionelle Hilfe zu holen finde ich klasse. Schließlich wissen die dort noch immer mit am Besten Bescheid und können dich unterstützen und du kannstt versuchen deine Gedanken los zu werden und wieder ein wenig mehr ohne Angst zu leben.

Eine Möglichkeite wäre, dass du dir Hilfe bei einer Beratungsstelle holst. Dort ist es anonym und kostet dich nichts. Vor allem bekommst du keine Rechnungen (wenn die noch über deine Eltern laufen) nach Hause geschickst.
Ansonsten, wenn du gesetzlich versichert bist, musst du glaube ich dir eine Art Überweisung holen.
Wenn du privat versichert bist, dann ging das z.B. bei mir so, dass ich einfach so einen Termin ausmachen konnte.

Hol dir Hilfe, vielleicht wäre eine Beratungsstelle wirklich ein erster Anflaufspunkt. Schau doch einmal über das Internet nach einer Stelle in deiner Nähe. Oder informier dich doch auch bei Wildwasser, die können dir sicherlich besser weiter helfen!

Lieben Gruß Andrea