Problem von Anonym - 27 Jahre

Familie?

Hallo liebes KuKa-Team,

Seit längerer Zeit bin ich etwas orientierungslos im Leben, manchmal finde ich keine Freude an den Dingen die ich früher gerne getan habe.

Nun aber zur chronologischen Abfolge der Dinge die in den letzten 2 Jahren geschehen sind: (Oktober 04) Scheidung meiner Eltern; im Zuge dessen wurde mir bekannt, dass mein Vater meine beiden Schwestern jahrelang missbraucht hat; (März 05) Selbstmordversuch meiner Mutter; langwieriger Prozess der Abnabelung vom Vater, da ich psychisch nicht damit umgehen konnte zwischen zwei Fronten zu stehen und mein Vater absolut unfähig war Vergangenheit aufzuarbeiten; letztendlich Anzeige gegen meinen Vater und Kontaktabbruch meinerseits. (Jänner 06)

Parallel dazu habe ich mich zum Outing entschlossen (ich fühle mich zu Männern hingezogen), da ich kein Doppelleben führen will. Nach mehreren unglücklichen Versuchen bin ich nun seit einem Monat wieder mit meinem Exfreund zusammen. Aber wirkliches Glück kommt nicht auf - einerseits ist er 10 Jahre älter und war vor der Beziehung mit mir etwa genauso lange alleine (ohne Beziehung) wie ich (etwa 6 Jahre). D.h. hier prallen 2 Welten aufeinander, die es sich als Single ganz gut eingerichtet haben. Er ist ausserdem jemand der nicht über aufkommende Probleme reden kann. Wir schaffen es einfach nicht gemeinschafliche Interessen zu entwickeln. Das alleine wäre schon schwierig genug ..

Im Prinzip geht es momentan nicht so schlecht: Ein Haufen Veränderungen im Leben, ... neuer Job, etc. aber jetzt wo Weihnachten vor der Tür steht, ist einfach die Frage nach Familie im Raum ...

Von meiner Familie habe ich mich etwas zurückgezogen, einerseits aus Selbstschutz, andererseits bauen meine Schwestern nun selbst schon Familien auf, eine hat geheiratet, die andere tut´s nächstes Jahr. Meine Mutter halte ich nicht besonders lange aus, ich denke sie hat ihr 'Unglück' noch immer nicht ganz verarbeitet, aber immerhin hat auch sie jetzt einen neuen Freund.

Mein Freund ist mir nicht Familie und ich frage mich ob ich mich jemals in einer Partnerschaft mit einem Mann soetwas wie 'wir sind Familie' empfinden kann.
Ich habe mir immer schon Kinder gewünscht ... (nur so nebenbei bemerkt)
Ich denke was mir fehlt ist irgendwie die gemeinsame Planung der Zukunft ... andererseits macht eine solche Planung nicht wirklich Sinn, wenn man skeptisch gegenüber der momentanen Beziehung ist oder sich überhaupt die Frage stellt, ob man mit einem Mann glücklich werden kann.

Hmm, kaum eine konkrete Frage aber viele Gedanken ...
Familie?
"Im wissenschaftlichen Sinne ist die Familie
? ein Gebilde zwischenmenschlicher Vereinigung, das aus
mindestens drei Gliedern besteht (Soz.)" (Zitat aus

Nun ja, in einer schwulen Beziehung fehlt dann wohl ein Glied ... ?

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

In meinen Antworten hier habe ich sehr oft von 'Aufräumen' gesprochen. Das Leben ordnen, den seelischen Dachboden entrümpeln, Altlasten abwerfen usw. Mir scheint, das hast Du getan. Mit vielem abgeschlossen, verarbeitet, einen neuen, anderen Blick entwickelt. Das ist schön! Und nun stehst Du in Deinem aufgeräumten Leben und siehst leere Plätze. Habe ich recht? Da macht die innere Wohnung zur äußeren keinen Unterschied. Wenn wir aufräumen, entrümpeln usw. suchen wir nach neuem, um der Wohnung eine neue Note zu geben. Für die einen besorgen wir neue Gardinen, die zum neuen Gefühl passen - für die andere können wir nur durch das Leben laufen und neues 'Füllmaterial' suchen. Oder es uns finden lassen. Wie auch immer.

In diesem Jahr hast Du mit vielem abgeschlossen. Das neue kann das Jahr des Findens werden.

Kinder sind sicher ein schweres Thema für Dich. Aber wie ist es mit hetero-Partnerschaften, die aus irgendwelchen Gründen keine Kinder bekommen können? Können die nicht auch jede Menge Glück finden? Braucht es das dritte Glied? Und ist die wissenschaftliche Erklärung von Familie wirklich Deine? Mein Sinn von Familie beinhaltet auch Harmonie, Verständnis, Auffangen, da sein... und da braucht es keine drei Menschen. Oder aber es können ganz viele sein. Der Sinn und das Gefühl von Familie ist meiner Meinung nach nicht an Blutsverwandtschaft gekoppelt.

Wie es mit Deiner Beziehung weitergeht, wird die Zeit zeigen und Du wirst Entscheidungen treffen, Richtungen finden. Ich weiß nicht, ob Du mit ihm glücklich sein kannst. Aber das wirst Du erleben und es wird sich zeigen. Wenn er nicht so recht über aufkommende Probleme reden kann, dann kann es ja erst mal reichen, wenn er zuhört. Erkläre ihm einfach mal, wie es in Dir aussieht, welche Gedanken dort sprudeln, welche Ängste und welches Glück...

Alles Gute und ein tolles 2007!
Dana