Problem von Anonym - 20 Jahre

missbraucht

Hi
hatte auch am 13.05. schon geschrieben, aber das ist ja leider verloren gegangen. und meine Frage ist so dringend.ich wurde vor drei Jahren von einem Typen, den ich kaum kannte vergewaltigt. Ich war einen Monat vorher ungefähr mit ihm zusammengekommen, ich weiß nicht warum, wahrscheinlich einfach nur um nicht allein zu sein.Er hat mich vom Anfang an nur angeschrieen und gedroht mich zu schlagen. Dann hat er mich vergewaltigt. Wir waren in einem abgelegenen Dorf auf seiner Abschlussfete und hatten keine Möglichkeit nach Hause zukommen.
Es war ihm egal, das ich es nicht wollte, und es war ihm egal, dass ich furchtbare Schmerzen hatte. Er war sich sicher, ich müsse ihm auch mal einen Gefallen tun. Er wäre ein so guter Freund und ich wüsste das gar nicht zu würdigen. Erst habe ich mich gewehrt, habe versucht bestimmt und selbstsicher zu wirken. Ich habe ihm versucht zu sagen, dass es weh tut, dass ich es nicht will, dass wir noch warten sollen. irgendwann hab ich es nur noch über mich ergehen lassen.Ich konnte nicht gehen, also lag ich die ganze Nacht neben dem Wesen, das mir mein extrem kleines bisschen Würde genommen hatte und wartete, dass es endlich morgen war.Er hatte scheinbar gar nicht verstanden, was er mir angetan hatte und ich dachte schon fast, vielleicht würde ich überreagieren. Dabei tat mir alles weh, ich konnte nichts mehr sagen, hatte scheinbar gar keinen Gemütszustand mehr - ich war nicht wütend, nicht traurig, nicht sauer oder enttäuscht sondern irgendwie gar nichts - und fühlte mich voller ekliger - seiner - Bakterien. Ich habe zuhause 1 Stunde lang kochend heiß geduscht, bis meine Haut so sehr brannte, dass der andere Schmerz kurzzeitig in den Hintergrund getreten war.
Ich konnte ihn nicht verlassen. Ich hatte zu sehr Angst vor ihm. Schon vom Anfang an hatte er nur geschrieen, nie hatte er einen Sinn für Realität, und alles was ich dachte oder machte war immer falsch. Er hätte mich wohl umgebracht, wäre ich gegangen. Ich war noch fünf schreckliche Monate mit ihm zusammen, bis er mich verlassen hat. Trotzdem hatten wir nie wieder Sex. vielleicht hatte er doch ein bisschen was begriffen.Meine diese Geschichte aufzuschreiben ist nicht schwer, weil ich sie schon so oft für mich aufgeschrieben habe. Gelesen oder gehört hatte sie noch nie jemand.Vor jetzt ca. 3 Wochen habe ich meiner besten Freundin davon erzählt. Sie ist die einzige die es weiß. Wir kennen uns erst seit ca. 2 Jahren und sind seit ca. 1 Jahr richtig eng befreundet. Das schönste an ihr ist, dass sie mir Lebensfreude gibt, weil sie so nett und schlagfertig und so. ganz anders ist als ich.
Meine Freundin ist sehr aufgeschlossen und redet gerne über Sex. Sie ist seit 3 Jahren glücklich mit ihrem Freund, und sie hat nie verstanden, warum ich nicht mitrede. sie wusste ja nicht, das ich es nicht kann. Schließlich hatte ich nie wieder Sex.
Meine Freundin war natürlich schon geschockt, als ich es ihr letztens abends im Stadtpark erzählt habe und meinte, ich solle zum Therapeuten gehen. Hier bei uns gibt es so eine ehrenamtliche Beratungsstelle, die mich also auch nichts kosten würde. Sie war schon öfters mal dort.
Ich dachte immer es würde alles gut funktionieren, ich dachte immer ich hätte es gut verdrängt. Meine Freundin aber sagt, das habe ich nicht. Scheinbar habe ich ihr das Geschehene so leise und monoton und mit ganz anderer Stimme und so abgestumpft erzählt.
Meine Freundin kennt mich nicht so, wie ich vorher war, aber ich habe über das, was sie gesagt hat nachgedacht und sie hat recht.
Früher war ich immer diejenige, die auf das ständige Lächeln angesprochen wurde. Ich habe immer gelacht, ich war immer fröhlich, egal was war. Ich war zu allen nett, ich habe gern geflirtet, ich war gern unter Menschen.Heute trage ich nur noch unfreundliche Farben wie schwarz und braun, ich schminke mich dunkel und lache kaum. Mir selbst fällt das gar nicht auf, nur werde ich ständig darauf angesprochen, ob ich irgendetwas habe.Ich mag keine Fremden. Ich hasse es, wenn man ständig auf Partys auch nur zufällig angepackt oder gestriffen wird.
Ich mag keine Feten. Ich möchte nicht angesprochen werden, ich möchte nicht tanzen, ich möchte nicht feiern.Ich mag mich nicht wie ich jetzt bin. Ich habe einen Freund, mit dem ich seit 6 Monaten zusammen bin. Er weiß nichts von all dem. Wir haben keinen Sex und kommen uns überhaupt körperlich kaum nahe. Ich mag es einfach nicht. Ich sehe überhaupt keinen Reiz darin.Ich hatte nach dem, der mich vergewaltigte schon einen Freund, nach ca. 2 Jahren. Mit ihm war ich nur sehr kurz usammen, aber mit ihm habe ich im selben Bett geschlafen, wir hatten keinen Sex aber schon anders irgendwas wie Spaß. Für mich war es nicht wirklich Spaß sondern wohl eher der Wunsch ihn zufrieden zu stellen.Aber das alles wird scheinbar immer weniger, jetzt mit meinem Freund gehts einfach nicht.Ich weiß mein Freund hat es nicht leicht mit mir. Mein Freund ist ständig eingeschnappt und denkt natürlich ich würde ich nicht lieben, nicht weil wir keine Sex haben, jedenfalls sagt er das nicht, sondern einfach weil ich in jeder Lebenslage ziemlich reserviert bin. Ich will niemandem im Arm liegen, dann fühl ich mich gefangen und ich lass mir nicht gern in mein Leben reinreden. Ich wirke auf ihn wohl wie ein ständiger Nein-Sager.Ich dachte ich könnte es einfach vergessen, könnte es verdrängen und irgendwann wäre es weg. Ich dachte ich fang einfach an ihn zu hassen und werde stark dadurch. Ich dachte ich verarbeite es für mich alleine und lass es niemals jemanden wissen. Ich dachte ich könnte bestimmen, was mich beeinflusst, ich dachte ich wäre die für die ich mich noch bis vor kurzem gehalten habe. und jetzt sind all die Gedanken nur noch Scheiße.nichts mehr wert.Ich weiß meine Freundin hat recht, das ich zum Therapeuten sollte und ich weiß auch, dass ich mit meinem Freund sprechen muss und ich will ja auch was ändern. fühl mich nur einfach nicht in der Lage darüber zu sprechen. Es aufzuschreiben ist okay. Ich weiß nicht, ob ich jemand fremdes, also dem Therapeuten einfach so etwas, was mir passiert und was nun ich bin, erzählen kann. Außerdem habe ich mir so sehr vorgenommen ihm keine Träne mehr zu geben... und das würde nicht funktionieren.
Bei meinem Freund habe ich Angst, dass er krampfhaft versucht mir zu helfen... das er meint alles ändern zu können, aus mir die perfekte Freundin machen zu können, meint je mit mir Sex haben zu können. das möchte ich nicht, weil es so utopisch ist. Außerdem würde ich da sicher heulen. Vielleicht nimmt er mich auch einfach nicht ernst... oder er kommt damit gar nicht zurecht.
Aber was ja eigentlich meine Frage war... sollte ich auf meine Freundin hören und jetzt schon zum Therapeuten gehen, obwohl ich so viel Angst davor habe oder kann auch irgendwann trotz der so langen Zeit nochmal das Gefühl kommen ich sei nun bereit?Ich weiß einfach nicht was ich machen soll.

Anwort von Sabine

Hallo!

Ich kann mich der Meinung Deiner Freundin nur anschließen. Was Dir passiert ist vor langer Zeit über den langen Zeitraum ist, wie Deine Mail klingt, noch nicht verarbeitet und verstanden. Verstehen wird es sowieso niemand, denn für sowas gibt es kein Verständnis. Was er Dir damals angetan hatte gehört eigentlich angezeigt und bestraft. Wie Du selber schon festgestellt hast, hat er nicht nur Deinem Körper Leid zugefügt, sondern auch Deiner Seele. Und auf der Seele bleiben auch Narben. Vergessen kann man sowas nicht, aber man kernen damit zu leben. Du solltest wirklich über Deinen Hausarzt einen Psychologen aufsuchen und ihm das Geschehene schildern. Er wird Dir sagen können, wie man damit leben kann und wie man mit soetwas umgeht.
Ich bin der Meinung, dass Du auch mit Deinem Freund sprechen solltest. Ich weiß, dass es Dir schwer fällt und Du nicht darüber sprechen magst, aber versuche es nicht mit Dir allein klarzumachen. Es ist schwierig, es ist sehr schwierig. Du möchtest schließlich auch irgendwo wieder ein wenig vertrauen können, lieben können. Was Dir Dein Ex vor langer Zeit angetan hat, darf nicht wieder passieren. Eigentlich gehört er angezeigt.
Es ist gut, dass Du mit Deiner Freundin darüber gesprochen hast. Du bist für sie ab jetzt auf jeden Fall leichter zu verstehen als zuvor. Freunde können Dich ansehen, aber nicht in Dich hinein. Ich finde, das gleiche gilt auch für Deinen Freund. Du willst eine Beziehung mit ihm und Du willst glücklich sein. Hierzu gehört eine Portion Vertrauen, die von ihm und von Dir kommen sollte. Vertrauen ist auch eine der Basen einer Beziehung.
Gehe zu Deinem Hausarzt und schildere ihm, was Du uns geschildert hast. Er wird Dir eine Überweisung ausstellen für ein psychologisches Gespräch. Ich kann Dir für dieses Gespräch bei dem Psychologen auch nur raten alles zu erzählen was in Dir vorgeht. Alle Fragen, die Dich beschäftigen. Zur Not schreibe sie Dir auf und nimm den Zettel mit. Schildere ihm Situationen und Moment, die Du nicht mehr wie früher erlebst, damit er Dich verstehen kann und auch richtig mit Dir darüber sprechen kann. Solch ein Gespräch hilft wirklich. Glaube mir. Wenn Du wieder leben willst ohne Ängste, dann befreie Dich von der Vergangenheit soweit es geht.

Lieben Gruß.