Problem von Anonym - 27 Jahre

Glückliche neue Beziehung und doch unglücklich

Liebes Kummerkasten-Team,

hier mein Problom.

Nachdem ich eine 2-jährige Affäre mit dem Mann einer Freundin hatte und dieser sich 3x von mir getrennt hatte, sind wir letztendlich letztes Jahr hoch offiziell zusammengezogen. Stets stand ich hinter ihm und habe "seine Wunden gepflegt". Als dann ich beruflichbedingt so ziemlich am Ende war, ist er pünktlich zu meinem Geburtstag nach dem offiziellen "Happy Birthday" mit den Kindern (2 Mädchen; eine von ihm, eine von mir) ausgezogen. Da es für mich absolut kein zurück gibt, habe ich mich nach einer Trauerphase von ca. 4 Stunden in Schale geworfen und bin auf Tour, schließlich hatte ich ja Geburtstag. Die Gefühle für ihn sind längst weg, da ich so bitterlich enttäuscht wurde, dass - auch, wenn er es wieder versucht - eine Beziehung, ja sogar eine Freundschaft, meinerseits unmöglich ist. Ich hatte mich einmal auf ihn verlassen wollen und er ist einfach kommentarlos vor den Augen der Kinder ausgezogen. Das zur Vorgeschichte und meinem Vertrauen in die Menschheit.

Seit 3 Wochen bin ich nun neu liiert. Der Mann ist ein Traum; völlig ausgeglichen, nett und ein absoluter gentlemen. In all meinen vorhergehenden Beziehung ging es sehr emotional - natürlich auch durch mich - zu. Der neue Mann in meinem Leben steht zu meinem Kind, das ist neu für mich. Meine Eltern haben ihn bereits akzeptiert, was auch noch nie vorkam. Ich komme aus einer streng katholischen Familie und bin ganz eindeutig mit einer gescheiterten Ehe (aus der meine Tochter stammt) das "schwarze Scharf" der Familie.

So, eigentlich ist alles in der neuen Beziehung perfekt. Es erscheint uns beiden, als wären wir bereits ewig zusammen. Wir haben lange überlegt, ob wir den Schritt zu einer Beziehung wirklich wagen und haben dadurch extrem viel geredet. Im Grunde bin ich absolut emotional gesteuert, aber in diesem Fall muss ich eingestehen, habe ich meine Gefühle gebremst und bin zu einem "Kopfmenschen" mutiert. Gut, unterm Strich kam das Gleiche dabei heraus: ich habe mich für eine Beziehung entschieden. Er ist durch und durch ein "Kopfmensch". Vielleicht stört mich das, ich bin mir nicht sicher. Alles was er tut - bsp. die Entscheidung zu einer Beziehung - wird zunächst durch sein eigenst entwickeltes "Risikomanagementprogramm" in seinem Kopf geprüft.

Mein Problem ist nun, dass alles absolut perfekt läuft und genau das macht mir Angst. Ich bin und war schon immer innerlich sehr unruhig. Diese ganze Harmonie und Ruhe ist mir unbekannt; nicht, dass es mir nicht gefällt oder ich an den Gefühlen zu ihm zweifle, nein. Aber immer wieder kommt das Gefühl hoch, dass ich sein Leben, das doch vollumfänglich grundsolide ist, völlig aufwirble. Das tut ihm nicht gut. Bin ich am Wochenende mit Freundinnen unterwegs, kann er nachts nicht schlafen (einerseits total süß, anderseits total krank, oder!?)

Natürlich sollte er selbst entscheiden, was ihm gut tut und was nicht, aber ich kann nachts nicht mehr schlafen. Ich liege wach neben ihm und er spürt, dass mich etwas beschäftigt. Ich bin einerseits so glücklich, ausgeglichen und zufrieden wie nie, andererseits habe ich Angst erneut so enttäuscht zu werden wie in meiner letzten Beziehung. Sobald mein Freund einen Schritt auf mich zugeht, gehe ich 3 zurück. Das schlimmste daran ist, er bemerkt es und spricht mich offen darauf an, aber ich kann es nicht vernüftig erklären. Wie auch, ich verstehe es selbst nicht einmal.

Er hat jetzt vorgeschlagen, dass wir unsere Treffen herunterschrauben, weil ich das wohl so wolle. Ich konnte ihm keine Antwort geben. Eigentlich möchte ich ihn sehen, schließlich bin ich frisch verliebt, aber ich habe ich Bremse komplett durchgetreten und frage mich selbst, warum tust das nur?

Alles sehr kompliziert. Ich vertraue ich nicht so schnell, vom öffnen mal ganz abgesehen. Das ich ihn für das Tun seiner Vorgänger nicht "bestrafen" kann u.s.w. ist alles klar, aber warum tue ich es trotzdem?



Sein Prinzip einer Beziehung ist wie folgt:

Eine Münze die man fest in einer verschlossenen Faust hält, schmerzt irgendwann und beim öffnen der Faust, kann sie einem aus der Hand fallen. Deshalb sollte man eine Münze immer auf der ausgestreckten Handinnenseite offen liegen haben. So kann man sie bei sich tragen, ohne sie fest zuhalten und zu verlieren.

Ist ja alles schön und gut; sicherlich auch richtig, aber wie soll ich mich auf emand einlassen, wenn ich von Anfang an Angst habe, dass es schief geht. Ich bin mit viel Liebe und dem Gefühl am Anfang einer zum scheitern verurteilten Beziehung in meine Beziehung gegangen.

Anwort von Sabine

Hallo!

Deine Denkweise kommt mir bekannt vor und soll ich Dir sagen, was mir mal jemand darauf geantwortet hat: "Du denkst zuviel". Heute weiß ich, dass dieser Mensch, der es zu mir gesagt hat, völlig Recht hatte. Nur leider ist der Mensch jetzt fort.

Du hast viele Erfahrungen aus vorherigen Beziehungen bekommen und sie kleben noch irgendwie an Dir. Du weißt aber auch, dass nicht alle Menschen gleich sind und Du nicht alle über einen Kamm scheren kannst. Es ist Dir klar, nur kannst Du es wohl irgendwie noch nicht in die Realität umsetzen.
Kannst Du das Prinzip Deines Partners eigentlich nachvollziehen? Ich will Dir mal erklären, wie ich es verstehe. Die Münze, die ist der Partner und Dein Freund weiß genau, wenn er sie zu fest hält, dann schmerzt es, denn die Beziehung könnte ersticken. Das offene Hinlegen der Münze auf die ausgestreckte Hand verlangt Vertrauen und eine ruhige Hand, damit die Münze (sprich der Partner) dort auch immer liegen bleibt. Ich denke, dass Du es auch wohl verstanden hast, aber trotzdem wollte ich es noch gerne einmal erörtern, denn sein Prinzip, dass gefällt mir.
Deine Angst wieder enttäuscht zu werden ist irgendwo berechtigt, doch solltest Du nicht zu sehr in Deiner Vergangenheit herumkramen sondern vielmehr mit Deinem Partner in die Zukunft schauen. Deine Vergangenheit und die Erfahrungen liegen hinter Dir. Ich weiß, dass man das nicht einfach so ablegen kann und nicht vergessen kann, aber wenn Du zu sehr darauf rumdenkst, dann wird es Dir in jeder kommenden Beziehung schaden. Jeder Mensch ist anders und in jeder Beziehung muß neues Vertrauen geschaffen werden.
Du schreibst, dass Du ausgeglichen und zufrieden bist in Deiner Beziehung. Nur Deine Vergangenheit und die Erfahrungen kannst Du nicht loslassen. Versuche die Momente mit Deinem Partner zu genießen. Eine Garantie, die wirst Du nicht bekommen. Die gibt es für eine Beziehung nicht. Die Liebe, der Glaube und die Hoffnung, die können eine Beziehung stärken. Das Miteinander, die Ehrlichkeit und das wachsende Vertrauen sind die Punkte die Dir die Basis für eine perfekte Beziehung schaffen können. Die Dinge aus der Vergangenheit,die haben an einem gekratzt, doch sollte man sie nicht unbedingt mit in die neue Beziehung bringen, denn sie können mehr Schaden anrichten und werden einem unschuldigen Menschen zu Füßen geworfen.
Er scheint Dich zu lieben,wie Du beschreibst und er will Dir vertrauen. Durch seine Worte und sein Handeln hast Du bereits selber festgestellt. Du solltest nicht das Handtuch werden bevor er und Du noch gar keine richtige Chance hattet. Genieße die Momente mit ihm und sei glücklich. Schaue nach vorne und nicht zurück.
Ich weiß, dass wir Frauen manchmal einfach zuviel denken, dass sagt man uns halt nach, aber es ist wohl eine Art Schutzinstinkt von uns. Klar, machen Männer es auch, aber oft nicht so offensichtlich wie wir.
Versuche die Vergangenheit abzuhaken und auch die schlechten Erinnerungen. Versuche mit Deinem Partner vielleicht ganz neu anzufangen und in ihm zu vertrauen. Er scheint ein lieber Mensch zu sein, der Dich sehr lieb hat.
Wenn Du ihn wirklich liebst, dann versuche ihm auch das, was Du für ihn empfindest wirklich entgegen zu bringen, damit ihr euch nicht aus den Augen verliert nur weil es eine Vergangenheit gibt.
Eine Garantie hast Du nicht und wirst Du auch nicht bekommen. Wenn Du nicht glauben kannst und hoffen kannst, dann wird jede Beziehung in Zukunft schwer werden.

Lieben Gruß.