Problem von Walter - 52 Jahre

Mehrfachbehinderung

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wurde 1989 wegen einem Schminke- Carzinom T4 im Nasenrachenbereich Chemo u. Radiologisch (64GY) Therapiert . Seit 1996 sind in einem zunehmenden Verschlimmerungszustand folgende Behinderungen aufgetreten .rechtes Ohr taub , linkes Ohr hochgradig Schwerhörig , rechtes Ohr Tinnitus ca. 100-110 db. linkes Ohr ca. 50-60 db. Kieferklemme mit 1,5 -2cm Öffnung Muskeltraining zwecklos , Gleichgewichtsstörungen in Form von progessiv steigendem Bewegungschwindel . Seit 2000 zunehmender Zahnverlust , wurde von der Strahlenklinik angekündigt . Verhärtete Hals und Schultermuskulatur . keine Speicheldrüsen , dem zufolge Mundtrockenheit . Rentenantrag , viele Gutachten bestätigen alles Folgeschäden der Strahlentherapie . Kann aber laut Gutachter 6 Std. vollschichtig damit Arbeiten
natürlich mit gewissen Einschränkungen ! Mein Arbeitsvermittler bemüht sich sehr um mich , kommt aber immer zu dem Ergebniss das mich keiner mit diesen Behinderungen trotz stattlicher Unterstützung haben will . Viele gespräche mit Ärzten haben immer nur das eine Ergebniss , irgenwelche Therapien seien zwecklos da das Innenohr durch die Strahlentherapie so geschädigt sei das es irrreparrabel ist . Wurde auch von einem namhaften Neurologie Prof. an einer Klinik in München bestätigt , den ich für ein Rentengutachten hinzugezogen hatte . Krankenkassen lehnen im Zahnbereich einen kostenlosen Zahnersatz ab , Begründung : der Zahnverlust könne nicht von der Stahlentherapie kommen , dann hätte er früher auftreten müssen ! . Ein Hörgerät für mein linkes Ohr kostet 3000-3500? , die K.-kassen bezahlen nur ca. 560?. das aber nur nebenbei bemerkt . Nicht nur der Verlust meiner Arbeitsfähigkeit ( ich war Fahrlehrer ) auch die privaten Probleme durch meine Behinderungen führen immer mehr zu nachhaltigen störungen der Lebensqualität und Lebensfreude . Unterhält man sich mit einem Therapeuten darüber bekommt man noch zur Antwort ich soll doch dankbar sei das man mir mit 36 Jahren das Leben gerettet hat und versuchen mit meinen Behinderungen klar zukommen ! Die Ehe und Familie leidet durch unzureichendes Verständniss für meine Behinderungen . Immer wieder kommt es zu missverständnissen und Streit . Das ich mich immer mehr zurück ziehe dafür wird kein Verständniss aufgebracht eher noch Vorwürfe . Viele Internetseiten beschreiben meine Probleme sogar im Detail teilweise mit Therapievorschlägen usw. nur was nutzt es wenn man kontakt aufnimmt und es wird einem gesagt keine Hilfe möglich . Ich weiß nicht mehr weiter . Wie soll langfristig meine Zukunft aussehen ? In ein paar Jahren Zahnlos vieleicht noch verlust der Resthörigkeit . Soweit zu meinem Problem .

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Walter

Anwort von Sabine

Hallo Walter!

Danke für Deine Mail und Dein Vertrauen.

Sicherlich ist es hart, wenn man nur noch hört "hier geht es nicht mehr" oder "keine Änderung in Aussicht". Ich kann mir denken, dass es sich anfühlt wie, als käme man nicht vor und zurück.

Auch, wenn Du die Mitteilung des Therapeuten recht heftig in Worten herübergebracht hast (hoffe, dass es nicht wortwörtlich gewesen ist), muss ich ihm ein wenig zustimmen in dem, was er gesagt hat. Ja, er hat im Grunde recht, nur würde ich es ein wenig aus einer anderen Perpektive betrachten.

Wenn ich Du wäre und ich wüßte, wie es um mich steht und ich auch weiß, dass Heilung kaum möglich ist, würde ich aufhören mich dagegen zu wehren oder versuchen dagegen anzukämpfen. Für den Moment würde ich versuchen zu akzeptieren, dass ich diese Krankheit habe, anstatt zu versuchen dagegen anzukommen. Es ist auch nicht gut, wenn man versucht es zu verheimlichen oder zu verstecken. Je offener man damit umgeht, um so besser kann man lernen damit zu leben. Ich könnte mir vorstellen, dass der Therapeut genau das gemeint hat. Lerne damit zu leben, damit Du besser damit umgehen kannst.

Du bist unter ärztlicher Aufsicht (denke ich mal) und sobald auch nur irgendwas neues auf entdeckt wird, was Deiner Heilung beitragen kann, wird man sich bei Dir melden.

Das es dann auch mal Stress im trauten Heim geben kann und Streit mit der Frau, kann ich mir auch gut vorstellen, denn eine Krankheit, die einen beschäftigt, lässt kaum freie Gedanken zu. Du berichtest sehr ausführlich über Deine Krankheit. Teilweise mit Fachbegriffe, wo ich nichts mit anfangen kann. Das zeigt mir aber auch, dass Du Dich sehr damit beschäftigt hast. Wo ich beim Thema der freien Gedanken bin. Wahrscheinlich vermisst Deine Frau, genau wie Du, die Zeit, wie es einmal gewesen ist. Ihr habt euch mal gefunden und ihr liebt euch. Durch die Krankheit hat sich vieles verändert. Das muss jedoch nicht eure Liebe zerstören. Sie liebt Dich und Du liebst sie. Ihr könnt wieder richtig zueinander finden, wenn ihr euch wieder die Zeit und Gedanken schenken könnt. Versuche mal einen Tag (oder länger) die Krankheit nicht zu eurem Hauptthema zu machen. Versucht einmal an euch zu denken. Gönnt euch mal wieder was. Geht zum Essen aus oder ins Kino oder jetzt, wo es wieder etwas schöner wird vom Wetter her, einen schöenn Spaziergang vielleicht mit einem Picknick auf einer Bank. Sie weiß, was mit Dir los ist und sie würde Dir bestimmt helfen wollen, wenn sie könnte.

Wie gesagt, denkt wieder an euch und versuche das, was man im Moment sowieso nicht ändern kann, nicht zu eurer Hauptsache zu machen.

Walter, es ist mir schwer gefallen Dir zu antworten. Man weiß nie in welche Richtung man antworten soll. Ich habe rein aus dem Bauch heraus nun geschrieben und hoffe, dass ich Dir ein wenig weiterhelfen konnte.

Lieben Gruss