Soforthilfe von Michaela

Familie/ allgemeine Familienprobleme

Die Familie - Wir werden in sie hineingeboren, verbringen die ersten Jahre in ihr, und irgendwann bauen wir uns eine eigene. Hier kriegen wir das Rüstzeug für das Leben in der Gesellschaft, lernen uns selbst kennen, entfalten uns, machen die ersten Erfahrungen. Wer keine hat, sehnt sich nach ihr, wer in ihr lebt, flucht manchmal, dass es kracht: Das ist die Familie!

Was bedeutet FAMILIE?
Für jeden von uns bedeutet sie die Wurzeln. Wer nicht weiß, zu welcher Familie er gehört, fühlt sich entwurzelt und stellt sich somit auch in Frage. Werden Familien geteilt, sei es durch Adoption, Tod, Trennung, Scheidung, dauernde Krankheit stellen diese Trennungen oft sehr schmerzliche Wendepunkte im Leben dar.
Familie bedeutet Leben mit all seinen Facetten: Liebe, Hass, Wut, Streit, Zuneigung, Verständnis, Ehre, Selbstwert, Entfaltung... Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Im wissenschaftlichen Sinne ist die Familie
  • ein Gebilde zwischenmenschlicher Vereinigung, das aus mindestens drei Gliedern besteht (Soz.)
  • ein zeitlich begrenzter oder lebenslänglicher Verband von Geschlechtspartnern vorwiegend im Dienste der Brutpflege (Biol.),
  • eine gesellschaftliche Institution, die ihren Erlebenscharakter im sozialen Feld hat. Heimat, Mutterboden, Entwicklungsbedingung, Bestimmung der Entfaltungsrichtung usf. spielen mit. (Psych.)

Kurz: Die Familie sichert in jeder Hinsicht den Fortbestand der Rasse Mensch!

ROLLENVERTEILUNG
Wir haben eine Funktion in der Familie und können, je nach Situation, Vater, Mutter oder Kind sein. Damit ist der Konflikt vorprogrammiert!
Die Rollen sind nicht scharf zueinander abgegrenzt. Jeder ist für alles verantwortlich und legt seinen Schwerpunkt dabei auf das, was er am besten kann, also z. B. der Vater aufs Geldverdienen, die Mutter hat eher das Händchen für die Kindererziehung oder umgekehrt. Ein Rollentausch ist jederzeit möglich und manchmal auch nötig, bedeutet jedoch in jedem Fall eine Veränderung der bekannten Strukturen. Jedes Familienmitglied muss in diesem Fall dazulernen, was zu Problemen führen kann.
Das bekannteste Beispiel, das jeder ab 20 schon erlebt hat, ist die Pubertät, die für alle in der Familie eine Belastung bedeutet und eine Neudefinition der einzelnen Rollen vonnöten macht.

Was sich wie die familiäre Apokalypse liest, ist bei genauerem Hinsehen ganz normaler Alltag. Wir als Mitglieder haben uns daran gewöhnt, haben Strategien entwickelt, die uns zu vollwertigen Teilnehmern der Familie machen, und lernen fürs weitere Leben! Immer nur Schmusekurs ist zwar angenehmer, kann aber beim Schritt in die raue Realität auch zu erheblicher Verunsicherung führen; jede Erfahrung hat, im Nachhinein betrachtet, ihren Wert und auch ihren Sinn. In der Familie findet die \"Schule fürs Leben\" statt.

PROBLEME, DIE HÄUFIG AUFTRETEN
Wenn´s läuft, sind alle zufrieden, und man kommt ohne größeren Schaden heraus. Meistens jedoch kommt es zu Ereignissen, die das Familienleben zwar interessant, aber nicht wirklich lustig machen. Probleme aller Art tauchen auf, die gelöst werden wollen. Und manchmal hat man das Gefühl, dass es immer mehr werden, je länger man zusammen lebt. In der virtuellen Welt des Kummerkastens und in der Realität trifft man häufig auf

  • Eltern-Kind-Verständnis (Pubertät)
  • Scheidung, Trennung, Krankheiten, Tod
  • körperliche und seelische Gewalt
  • sexualisierte Gewalt (Inzest)
  • Sucht
  • Familiengeheimnisse
  • Traditionen...


EINFACHES BEISPIEL
Vater steht mit beiden Beinen im Arbeitsleben, Mutter ist Hausfrau. Kinder sind noch schulpflichtig. Die Rollenverteilung (Ernährer, Pfleger, Pflegebedürftige) ist klar vorgegeben.
Das Ereignis:
Der Vater hat einen Unfall, der ihn auf lange Sicht an den Rollstuhl fesselt. Er ist immer noch der Vater, jedoch aufgrund der Erwerbsunfähigkeit nicht mehr der Ernährer und hat somit seine definierte Rolle des \"Ernährers\" eingebüßt, zusammen mit dem Respekt und der Wertschätzung, die dieser Rolle entgegen gebracht wird. Er wird zu Recht frustriert sein und nach Möglichkeiten suchen, den Frust zu verarbeiten.
Die Mutter ist nun gezwungen, die Rolle des Vaters anzunehmen. Wenn sie dazu wegen z. B. fehlender Berufsausbildung nicht in der Lage ist oder keine Stelle findet, führt das die Familie nicht wieder zurück zu dem gesicherten Standard, in dem sie bisher gelebt hat. In der Regel springt der Staat ein. Die Mutter kann nach wie vor die Pflegerolle ausüben. Jedoch kommt es in solchen Fällen häufig zu Sorgen und auch zu Lebensangst, begründet auf der unsicheren finanziellen Situation, die die Mutter nicht ausgleichen kann. Sie wird ebenfalls frustriert sein.
Die Kinder spüren die Verunsicherung der Eltern und müssen auch mit dem neuen Rollenverständnis der Eltern fertig werden. Autorität, wie der Vater sie als Ernährer hatte, wird auf die Mutter übertragen, die diese Anforderung nicht in dem Ausmaß erfüllen kann. Zusätzlich erkennen sie die erweiterte Pflegebedürftigkeit des Vaters, was ihn unterschwellig zum Konkurrenten um die Mutterliebe macht.
Das Ergebnis:
Die Beziehung Vater - Mutter wird dahingehend beeinträchtigt, als dass der Vater durch den Verlust der Ernährerrolle auch die Rolle des attraktiven Sexualpartners einbüßen kann, was evolutionswissenschaftlich zu begründen wäre. (Ernährer = Erzeuger des Nachwuchses). Zu dem finanziellen Frust gesellt sich der Beziehungsfrust. Die Mutter sucht aktiv oder passiv, auf jeden Fall unbewusst einen Ersatz für den Gegenpart.
Häufig kommt es hierbei zur Übertragung der Ernährerrolle auf die Kinder, was dramatische Auswirkungen hat: Die Kinder können aufgrund ihrer Entwicklung die Familie weder ernähren noch den geistigen Anspruch erfüllen, den die Mutter an den Vater hat bzw. hatte. Die Kinder werden zur Lösung von "Erwachsenenproblemen" herangezogen, die sie überfordern und ihre kindliche Erlebniswelt einschränken und auch erschüttern können. Erfahrungen werden dadurch zu früh gemacht, die durch das fehlende Rüstzeug nicht verarbeitet werden können. Sie fühlen sich zu Unrecht als Versager.
Die Eltern wissen in der Regel, dass etwas verkehrt läuft, sind jedoch oft nicht in der Lage, die Abhängigkeiten zu verändern, da ihnen evtl. ebenfalls die Erfahrungen fehlen oder sie sich aufgrund von Verlustängsten vor diesen Erfahrungen verschließen...

Man kann dieses Beispiel beliebig fortsetzen. Viele der genannten Dinge kommen einzeln vor und sind als solche schon Störung genug für das Familiensystem. Auslöser ist meist dafür ein unvorhergesehenes Ereignis oder eins der oben genannten Probleme.


  • Warum ist es so schwierig, bestehende Familienkonstellationen zu verändern?
    Wenn man einen "Schuldigen" dingfest machen will, so ist es wohl die Homöostase. Es klingt auf den ersten Blick wie eine Krankheit.
  • Was bedeutet das für die Familie?
    Durch ein Ereignis wird das natürliche Gleichgewicht der Konstellation gestört. Wie im o. g. Beispiel grob skizziert kommt es zu einer Neuverteilung der Rollen, die unbewusst übernommen werden, um die Familie auf jeden Fall zu erhalten, denn die Mitglieder brauchen die Familie, um überleben zu können - ein Überbleibsel aus der Urzeit! Nach dieser Rollenverteilung läuft es auch wieder einigermaßen. Jeder hat seinen neuen Platz gefunden und erfüllt seine Pflicht.
    Das funktioniert allerdings nur so lange, bis erste Verschleißerscheinungen auftreten, weil z. B. ein Kind nicht die Erfahrung hat, die ein Erwachsener in eine Beziehung mitbringt. Überlastung ist die Folge, Trotz als Selbstschutz das Ergebnis, der sich oft in verminderten Schulleistungen äußert, vermehrtem Streit in der Familie, in extremen Fällen Drogenkonsum, Trebergängertum...

  • Warum wird trotzdem diese "schlechte" Rollenverteilung aufrecht erhalten?
    Es ist z. T. die Angst vor dem Neuen, auch vor der Veränerung. Jeder wird durch die Neuverteilung gezwungen, sein Verhalten zu rechtfertigen bzw. sich Fehltritte einzugestehen, die ihn in den Augen der anderen entwerten könnten. Zudem wird die "neue" Verantwortung bewusst, die mit der neuen, jetzt frei gewählten Rolle auf jeden zukommt. Aus Selbstschutz will man sich manchmal auch nicht verändern, weil man die alte Veränderung noch nicht verarbeitet hat. Ein gutes Beispiel ist hier das neurotische Pferd von Watzlawick. http://www.gedanken.de/beitraege/pferd.html
    Zudem kommt es durch die neue Verteilung von Verantworung und Rolle zu Missverständnissen, mit denen man sich auseinander setzen muss. Das kann sehr schmerzhaft sein, weswegen es oft vermieden wird.

ERSTE HILFE
Manchmal wünscht man sich telepathische Fähigkeiten, doch das werden wir wohl so schnell nicht erleben. Deshalb hat sich vor allem eines bewährt: Reden, reden, reden. Anders geht es nicht.
Damit aus dem Reden keine ergebnislose Großkonferenz wird, hilft es, sich an ein paar Regeln zu halten.

Vorab: Wer ist Schuld?
Ganz klar: Niemand.
Alle haben ihr Bestes getan, um den Karren am Laufen zu halten - haben ihre Fähigkeiten eingesetzt, um das "Familienschiff" zu retten. Aber manchmal wird alles zuviel, und nichts geht mehr. Deshalb sind Schuldzuweisungen beim Streit in der Familie unangemessen. Man ist natürlich wütend auf die anderen: "Warum hast du..." "Du hättest doch...!" "Ich hab dir doch gesagt...!"
Im Nachhinein sind viele Kleinigkeiten zusammen gekommen, die das Fass haben überlaufen lassen. Man sollte dem anderen Schwächen zugestehen, genauso wie man seine Schwächen anerkennt. Und dass wir Fehler machen, liegt in unserer Natur. Übrigens: Im Kino haben selbst Helden eine zweite Chance. Geben wir unserer Familie auch eine!

Allgemein
  • Was am Ende rauskommen soll. Wenn man eine Diskussion ohne Ziel beginnt, wird sie auch so verlaufen: Ziellos und ohne Ergebnis. Die Überlegung, was man mit dem Gespräch bezweckt, spart viele mühsame Umwege. Z. B. möchte der Vater, dass Abends alle ihre Schuhe im Flur ordentlich abstellen, weil er sonst morgens drüber stolpert. Oder die Kinder fühlen sich vernachlässigt und wollen wieder mehr mit den Eltern unternehmen, statt immer nur vor der Glotze zu hocken.
  • Jedes Problem ist diskussionswürdig. Wenn die Mutter sich darüber aufregt, dass die Socken immer "auf links" im Wäschekorb liegen, ist das ein Punkt für eine kleine Diskussion, auch wenn das der Rest der Familie nicht so sieht. Sie hat die Arbeit damit, sie wieder herumzudrehen. Spätestens dann, wenn sie es nicht mehr tut und die anderen nicht mit verkehrt gedrehten Socken herumlaufen wollen, werden sie es auch als Problem sehen, denn dann müssen sie die Socken selbst drehen. Also lieber gleich was dazu sagen.
  • Jeder kann ein Problem zur Diskussion vorschlagen. Familienvorstand hin oder her - jedes Mitglied der Familie ist vollwertig, ob Kinder, Mutter, Großmutter, Tanten, Onkel - alle dürfen. Wenn sich jemand nur schwer oder gar nicht Verhör verschaffen kann, ist es auch legitim, wenn er sich Hilfe holt, z. B. einen Bekannten, Verwandten, Freund... Solange dieser Helfer das Problem mitlösen möchte, ist das in Ordnung.
  • Sachlich bleiben. Wie gerne würde man losbrüllen, weil die Blumen schon seit Wochen vor sich hin trocknen! Doch was bringt´s, wenn man sich gehen lässt? Der andere tut es auch. So ist schnell Streit entstanden, den man gut hätte vermeiden können.
  • Deshalb ist jedes ruhig vorgetragene Argument ein besserer Schritt zur Lösung. Je sachlicher, d. h. je weniger Gefühle daran beteiligt sind, desto schneller hat man auch eine Lösung gefunden. Evtl. kann man sich auf einen "Schiedsrichter" einigen, wenn man ahnt, dass das mit dem sachlich bleiben nicht ganz hinhauen wird.
  • Persönliche Meinungen sind in Ordnung. Wenn jemand mit einem Vorschlag nicht einverstanden ist, ist das okay. Vielleicht kann dann ein Gegenvorschlag gemacht werden. Diskutieren geht in diesem Fall über dumpf vor sich hinbrüten.
  • Der Fünftagesplan. Damit auch was draus wird, kann man sich einen Kunstgriff aus dem Projektmanagement zu nutzen machen: Der Fünftagesplan ist besonders bei komplizierteren Fällen ganz nützlich, um den Überblick zu behalten. Wenn es um Socken oder Schuhe geht, geht es natürlich auch ohne.

Welche Lösung ist für welches Problem gefunden worden?
  • Welche Schritte sind nötig?
  • Wer ist für was verantwortlich?
  • Bis wann soll die Lösung vorliegen?


Der letzte Punkt ist ein "dezenter" Hinweis darauf, dass die Lösung auch tatsächlich umgesetzt werden soll; es wird positiver Druck aufgebaut. Wenn man etwas in einer bestimmten Zeit schafft, ist auch ein gewisser Stolz das Ergebnis.

Ehe und Partnerschaft - "Früher war es nicht so langweilig..."
Oft hat einer - oder beide - das Gefühl, dass früher alles besser war.
Wut, Verlassenfühlen, der Gedanke an Trennung, Untreue, Routine, Langeweile, Probleme mit den Kindern, Mutlosigkeit, keine Perspektive für die Beziehung machen die Partnerschaft zur Hölle. Da gerade bei solchen "Diskussionen" die Emotionen hochkochen, sind Sachlichkeit und Verständnis füreinander im Ehegespräch unbedingt Voraussetzung!
Folgende Fragen haben sich gerade hier bewährt:
  • Was hat hat uns früher an unserer Beziehung gefallen? Warum haben wir uns ineinander verliebt?
  • Was wollen wir gemeinsam ändern?
  • Welche Schritte wollen wir gehen - und was sind wir bereit (auf-)zu geben? Was ist jeder von uns bereit zu geben?
  • Wie stellen wir uns eine gemeinsame Zukunft vor?
  • Wollen wir uns gemeinsam einigen, oder soll uns jemand dabei helfen?

Der letzte Punkt wird als besonders heikel empfunden. Denn das Nach-außen-Tragen des Problems ist auch für die Partner die Einsicht, dass tatsächlich etwas nicht stimmt und dass etwas getan werden muss - wenn die Lebensqualität aller Familienmitglieder nicht auf Dauer darunter leiden soll.
Eine Familienberatung, sei es nun staatlich oder privat bei einem Familientherapeuten, ist in diesem Fall besonders geeignet. Die Person, mit der man redet, ist neutral, und man kann zunächst auch alleine hingehen, wenn man nicht die Kraft hat, sich mit seinem Partner auseinander zu setzen. Es geht hier um das Annehmen von Hilfe, die man in manchen Phasen seines Lebens braucht, und das ist absolut legitim!
Familienberatungsstellen findet man in den Gelben Seiten oder über die Zentrale der Stadtverwaltung.

Geschwister
Welche Eltern haben nicht schon mit den Zähnen geknirscht, wenn die lieben Kleinen sich mal wieder in den Haaren lagen? Auseinandersetzungen zwischen Geschwistern sind normal und schulen die Kinder, mit Konflikten umzugehen. Wenn die Auseinandersetzungen jedoch gar nicht mehr enden wollen oder gar in Tätlich- und Handgreiflichkeiten münden, wenn die Aggressivität keine Grenzen mehr kennt, sollte man handeln.
Das Gespräch mit den Kindern zu suchen ist ein guter Gedanke, das Gespräch an sich braucht sehr viel Kraft. Kinder und Jugendliche sind eigenständige Persönlichkeiten, die ihre Meinungen - beeinflusst durch die Entwicklung - manchmal nicht so äußern können, dass alle damit umgehen können. Der Vorstoß der Eltern "Wir machen das jetzt so, wie ich das sage, weil ich deine Mutter bin!" mag für den Moment etwas bringen, schürt jedoch auf längere Sicht Unmut und Trotz bei den Kindern.
Auch wenn es schwer fällt: Kinder sind in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet nicht, dass man ihnen in allem freie Hand lassen sollte! Sie brauchen gleichzeitig Führung und Unterstützung, um das zu erreichen, was sie wollen - und auch um einzusehen, dass manche Dinge anders sind bzw. anders behandelt werden müssen. Man könnte es vergleichen mit einer Verhandlung zwischen Politikern: Du betrittst mein Land unter gewissen Voraussetzungen, und ich respektiere dein Land ebenso. Wenn das nicht funktioniert, werden Sanktionen verhängt. Diplomatie ist das Gebot der Stunde.
Gleichzeitig gilt es klarzumachen, wer die Hauptbverantwortung hat. Das ist in jedem Fall der Erziehungsberechtigte, solange das oder die Kinder nicht volljährig sind. Es bringt nichts, wenn man in den Kindern nur gleichberechtigte Partner sieht, ohne ihnen ihre Grenzen zu zeigen (Pädagogen mögen mich dafür steinigen!)
Als Beispiel kann man sich die Familie als Unternehmen vorstellen, das von ein bis zwei Chefs, den Eltern, betrieben wird. Sie haben die Übersicht, sie wissen über alles Bescheid, und sie haben auch die Erfahrung, um den Betrieb am Laufen zu halten. Die Kinder gehören natürlich dazu und tragen zum Erhalt des Betriebes bei. Geht der Betrieb pleite bzw. gibt es Krach im Familienunternehmen, tragen die Eltern als Chefs dafür die Verantwortung, dass es wieder läuft. Die Angestellten, also die Kinder haben Mitspracherecht. Was letztlich getan wird, liegt in der Verantwortung der Eltern, die sie der Familie gegenüber haben.
Das Bild, das die Familie nach außen zeigt, ist ein Abbild der inneren Verhältnisse. Da kann man nicht schummeln. Ständiger Geschwisterstreit kann ein Zeichen sein für unausgesprochene Konflikte zwischen den Eltern. Warum? Kinder leben das aus, was sie vorgelebt bekommen. Das mag für manche Eltern hart klingen, ist aber auf der anderen Seite ein guter Anzeiger dafür, wie es tatsächlich ist. Hier kann man ansetzen und eine Veränderung anstreben. Und von der Erkenntnis bis zur tatsächlichen Veränderung ist es oft nur ein kleiner, wenn auch mühsamer Schritt.

Eifersucht
Wer hat das größere Geschenk? Wen haben die Eltern lieber? Warum ist der andere besser in der Schule als ich? Eifersüchteleien zwischen Geschwistern gehören ebenfalls zum Familienalltag. Kinder lernen dadurch, sich selbst wahrzunehmen, abzugrenzen und mit negativen wie positiven Emotionen umzugehen. Gleichzeitig testen sie ihre "Außenwirkung": Ist es okay, wenn ich mich vom anderen bewusst abhebe? Und wann kippt die positive Anerkennung ins Gegenteil?
Meist reicht es, locker zu bleiben und es bei dem Wettstreit zu belassen, wenn er nicht extrem wird und man das Gefühl hat, dass es nur noch um schneller-höher-weiter geht oder einer darunter leidet. In diesem Fall hilft Geduld und ein Gespräch mit den Wettstreitern: Jeder Mensch ist anders - und man mag alle Kinder so, wie sie sind. Vielleicht gibt es jedoch einen triftigen Grund, z. B. fühlt sich einer von beiden zurückgesetzt, oder der Erfolg in der Schule wird unterschiedlich anerkannt, oder... Zusammen können Maßstäbe entwickelt werden, die weder über- noch unterfordern, und denen alle gerecht werden. Wenn es trotzdem nicht besser wird und der Druck auf die Familie wächst, kann eine Familienberatung helfen.

Eifersucht ist vor allem dann ein Thema, wenn Familienzuwachs ins Haus steht. Selbst wenn das Kind während der Schwangerschaft auf das neue Geschwisterchen vorbereitet wurde mit Zimmer einrichten, Bauch streicheln, Anziehsachen und Spielsachen aussuchen, kann es zu Eifersuchtsszenen kommen, die sowohl für die Eltern als auch für das ältere Kind dramatisch sind.
Oberstes Gebot ist hier: Ruhe bewahren. Für kleinere Kinder ist es schwierig zu begreifen, dass sie ihre Eltern jetzt "teilen" müssen, nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit bekommen. Je älter das Kind ist, desto härter wird es von dieser "Entthronung" getroffen, und um so mehr Feingefühl ist von Seiten der Eltern nötig. Liegen mehr als 6-8 Jahre zwischen den Geschwistern, nimmt die Angst des Verlassenwerdens wieder ab, da das Kind sich notfalls jetzt schon alleine versorgen kann und sich bis dahin auch schon in einigen Gruppen (Kindergarten, Schule) behauptet hat.
Was können Eltern tun?
  • Beim ersten Besuch im Krankenhaus kann das neue Baby ein kleines Geschenk "mitbringen". Dadurch fühlt sich das ältere Geschwister geschätzt und anerkannt.
  • Zusammen mit dem Rest der Familie kann eine kleine Willkommensfeier vorbereitet werden, bei der jedes Familienmitglied eine wichtige Rolle übernimmt: Einer sorgt für das Essen, einer schreibt ein Gedicht, der nächste kümmert sich um Mutter und Baby...
  • In der ersten Zeit wird das ältere Geschwister von anderen Familienmitgliedern intensiver betreut, z. B. werden Ausflüge mit der Oma unternommen, Papa liest Abends Geschichten vor, kleine Rituale werden eingeführt, um die neue Situation für das Kind erträglicher zu machen. Das Baby kann aber auch mal beim Papa sein, während sich die Mutter für das ältere Geschwister Zeit nimmt.
  • Das ältere Kind darf das Baby mitversorgen und spürt so, dass es immer noch dazu gehört. So lernt es das neue Geschwisterchen besser kennen, und und und...

Einschlägige Literatur dazu gibt es auf dem Markt zu Hauf, so z. B. auch kostenlos in Apotheken "Baby und die ersten Lebensjahre".

Pubertät
Manchmal hilft aber auch das Fusseligreden nicht mehr, ganz besonders in der Pubertät. Diese zweite "Trotzphase" wird laut Wissenschaftlern der Mayo-Klinik in USA darauf zurück geführt, dass das Gehirn noch einmal einen enormen Wachstumsschub erfährt, genau wie im Alter von 2-3 Jahren. Durch den "Anbau" weiterer Hirnsubstanz erfolgt eine Neustrukturierung der Vernetzung - und führt damit zum vorübergehenden Chaos. (Im Geo 5/2005 gab es dazu einen interessanten Bericht.)
Die Auswirkungen sind bekannt: Klamotten, Musik, Verhalten, Leistungen verändern sich und können die Eltern zur Verzweiflung treiben. Jugendliche in der Pubertät können auch delinquent werden, d. h. sie begehen Straftaten. In diesem Fall greift u. a. das Jugendamt ein, um den weiteren Lebensweg der Jugendlichen zu beobachten und in eine andere Richtung zu fördern.
Eltern können bei Problemen mit ihren Kindern jederzeit Kontakt mit dem Jugendamt aufnehmen, wenn sie sich überfordert fühlen. Die dort tätigen Sozialarbeiter haben ein fundiertes Studium vorzuweisen, mit dem sie auch bei Rechts- und psychologischen Fragen weiterhelfen können. Die Hilfe ist kostenlos. Und auch hier gilt, dass Hilfe angenommen werden darf. Man muss es ja nicht an die Öffentlichkeit bringen.

Kranke Familienmitglieder
Erkrankt ein Familienmitglied längerfristig, bedeutet das u. a. aufgrund der Erkranung und der neuen Rollenverteilung (s. Beispiel) eine große Belastung für die gesamte Familie. Dem Kranken wird in der Regel durch das Versorgungssystem geholfen; die Angehörigen wissen oft nicht, wie sie mit ihren Ängsten und Nöten umgehen sollen, und fühlen sich allein gelassen.
Wie im einzelnen Fall zu verfahren ist, hängt von der Erkrankung und den Gegebenheiten innerhalb der Familie ab. Auch hier kann eine Familienberatung helfen.
Der im Anhang genannte Link zeigt Verweise auf Stellen, bei denen man sich als Angehöriger spezielle Hilfe holen kann.

Beispiel: Sucht
Oft beginnt sie schleichend, wird von den anderen belächelt oder als Marotte abgetan. Zwanghaftes Verhalten, das nicht abgestellt werden kann, wird zur Sucht. Man braucht es, um den Tag durchzustehen. Mit der Zeit wirkt sich diese Sucht auf den Rest der Familie aus.
  • Man spürt die Anspannung der Mutter und will sie entlasten, indem man die Tablettensammlung im Badezimmer "übersieht".
  • Der Vater ist abends abgespannt, so dass man ihm das Bier schon beim Betreten der Wohnung auf den Tisch stellt.
  • Die Eltern erhöhen das Taschengeld, weil sie wissen, dass ihre Kinder sich nur wohlfühlen, wenn sie topaktuell gekleidet sind.
  • Der Kühlschrank ist voll, aber die Tochter besteht nur aus Haut und Knochen.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Sucht ist eine Familienkrankheit, bei der der Süchtige der Symptomträger ist. Ein Spiel, das alle Angehörigen mitspielen, obwohl sie spüren, dass es nicht gut ist; und auf der anderen Seite wissen sie nicht, was sie tun können, um dem Teufelskreis zu entkommen.
Gefühle wie Scham, Wut, Hilflosigkeit kennen sowohl der Süchtige als auch die Angehörigen. Doch das Gesetz der Familie - und des Überlebens - besagt, dass ein "Outing" das Ende der Familie ist. In gewisser Weise stimmt das auch, denn mit dem Schritt in die Öffentlichkeit ist die Existenz als "Suchtfamilie" nicht mehr anonym möglich. Es muss etwas geschehen.

Suchtberater, Psychologen, Therapeuten beschäftigen sich damit. Auch ehrenamtliche Gruppen wie die Anonymen Alkoholiker, die wohl bekannteste Selbsthilfevereinigung für Suchtkranke, bieten Hilfe für Erkrankte und Angehörige. Dabei geht das Spektrum der Hilfe weit über die Suchterkrankung hinaus. Unter www.anonymealkoholiker.de gibt es interessante Links für alle diesbezügliche Fragen.

ALLES WIRD GUT
Hört das je wieder auf? - Ja.
Oft haben Eltern das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Oder Kinder glauben, niemals unbeschwert eine eigene Familie gründen zu können, weil sie im schlimmsten Chaos aufgewachsen sind. Jedoch wird - und das lege ich jedem ans Herz - in schwierigen Situationen nicht nur gelitten, sondern man kann sich auch etwas für den weiteren Lebensweg davon bewahren:

  • Man weiß auf jeden Fall, was man nicht möchte und
  • kann sich überlegen, wie man sich seine Zukunft konkret vorstellt.
  • Die Fehler, die gemacht wurden, und die Lösungen, die man gefunden hat, können an anderer Stelle modifiziert und angewendet.
  • Erfahrungen gehören zum Leben dazu und weisen auf die Frage nach dem - Seine Familie zu so anzunehmen, wie sie ist, bedeutet auch Erwachsen zu werden.

Eine Familienberatung ist für alle Beteiligten hart, aber sie lohnt sich. Man tut sich im ersten Moment keinen Gefallen damit, und nach ein paar Wochen sieht es so aus, als ob der Ärger noch größer geworden wäre - was bei allen Beratungen der Fall ist. Ist dieser Tiefpunkt jedoch überschritten, geht es schrittweise wieder nach oben. Der Mut, das durchzuhalten, wird auf jeden Fall belohnt. Natürlich kann keiner sagen, wie eine Beratung endet. Ein großes Ziel sollte jedoch in jedem Fall sein, dass sich die Familienmitglieder besser fühlen.



Links, Telefonnummern, Adressen

Kinder- und Jugendtelefon
Telefon 0800 111 03 33
Internet: kinderundjugendtelefon.de
E-Mail: info@kinderundjugendtelefon.de

Elterntelefon
Telefon 0800 111 05 50
Internet: http://www.elterntelefon.de

Telefonseelsorge
Telefon 0800 111 0 111 (evangelisch)
oder 0800-111 0 222 (katholisch)
Internet: www.telefonseelsorge.de

Pro Familia
Telefon 069 639002
Internet: www.profamilia.de
E-mail: info@profamilia.de

www.familienhandbuch.de

Angehörigenhilfe

Zu erfragen über Auskunft, Gelbe Seiten, Internet:
Beratungsstellen
Jugendamt der Stadt

Sonstiges:
www.babyundeltern.de

http://www.anonymealkoholiker.de

Quellen:
Dorsch, Psychologisches Wörterbuch, 14. Auflage 2004, Verlag Hans Huber, Schweiz