Problem von sonja - 18 Jahre

Versagensängste

Hallo,
Ich habe folgendes Problem:
Schon in der 3. Klasse war ich wegen \"Ticks\" (Stirn runzeln, Zucken mit der Nase, Augen zusammen kneifen, Kopf in den Nacken legen) beim Kinderarzt. Dieser erkannte sofort, dass ich überlastet bin doch mein Vater tat dies als Übertreibung ab. Mein Vater verglich mich häufig mit anderen, die angeblich besser in der Schule, höflicher, fleißiger und weniger zickig waren. Besonders häufig verglich er mich mit seinem Patenkind \"Sie spielt so toll Klavier. Wenn du auch aufs Gymnasium willst, musst du auch ein Instrument spielen. Du wirst es später bereuen\". Als sie durchs Abitur fiel und ich mit Schadenfreude reagierte war icht natürlich in den Augen meines Vaters der Unmensch. Selbstverständlich kann sie nichts dafür, dass sie das Lieblingsvergleichsobjekt meines Vaters war und ich hätte diese Schadenfreude auch niemals ihr gegebüber geäußert, doch mein Vater hatte überhaupt kein Verständnis für meine Gefühle. Auch als ich vor 2 Jahren kurz vor den Sommerferien ziemlich mit Klausuren überfordert war meinte er nur \"geh doch auf die Realschule, wenn dus halt nich packst\" statt mich zu trösten. Dass ich diese Sätze zitiere, zeigen wie stark sie sich eingebrannt haben. Wenn mein Vater mich heute kritisiert, breche ich häufig in Tränen aus. Ich hatte einfach mein Leben lang und auch jetzt noch das Gefühl seinen Anforderungen nicht gerecht zu werden. Dies wirkt sich auch auf alle anderen Bereiche aus. Ich habe zwar keine Prüfungsangst (was zu erwarten gewesen wäre) aber ich habe Angst vor Menschen und unbekannten Situationen. Ich habe ständig Angst ihren Erwartungen nicht gerecht zu werden oder als unhöflich und dumm abgestempelt zu werden. z.B. habe ich vor kurzem zum ersten mal in der Schulmensa gegessen. Vorher musste ich jedoch eine Freundin fragen wie genau das Essenholen abläuft weil ich Angst hatte irgendetwas falsch zu machen und mich zu blamieren. Ich weiß, dass diese Angst irrational ist aber ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann. Ich hoffe sie können mir helfen oder mir eine Stelle nennen, wo ich Hilfe finden kann. Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt zum Schulzozialarbeiter zu gehn, doch ich war mir nicht sicher, ob dies in seinen Aufgabenbereich fällt. Vielen Dank im Vorraus.

Sonja

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Sonja.

Es ist bitter, wenn Dein Vater Dich nicht als Geschenk empfindet.

Du bist ein Geschenk! So wie Du bist!

Der Dummkopf ist Dein Vater!

Und nur daran solltest Du Dich jemals messen:
Es ist nicht Deine Aufgabe, dem gerecht werden zu wollen, was irgendein Dummkopf von Dir erwarten mag!
Von einem Dummkopf kannst Du nicht erwarten, dass er Dich versteht!

Weißt Du, was der Fehler vieler Eltern ist?

Sie setzen ihre Erwartungen von ihrem eigenen unerfüllten Leben um in die Hoffnung darauf, dass "ihr es besser macht".

Es ist wirklich dumm! Aber es gibt die Väter, die von ihren Kindern erwarten:

- dass sie einmal ihre Nachfolge antreten,
- dass sie all das einmal erreichen, wozu sie selbst nicht in der Lage waren.

Weißt Du, was mich davon überzeugt macht, dass Dein Vater seinen eigenen verpassten Zielen in Dir nachtrauert?

Er versucht, Dir "Vorbilder" zu setzen (sein Patenkind), die dem, was er selbst vielleicht erreichen wollte am ehesten zu entsprechen scheint.

Er hat in seinem eigenen Leben bereits vor sich selbst versagt!

Und versucht, die Schuld für sein Versagen auf Dich abzuwälzen!

Dabei gibt es eigentlich weder für Deinen Vater, noch für Dich eine Schuld!

Es gibt irre geleitete Vorbilder und Vorstellungen davon, was ein ausgefülltes Leben beinhalten sollte!

Lasse Du Dich nicht Irre machen!
Lasse Dich niemals fangen durch falsche Vorbilder und irre geleitete Wunschvorstellungen!

Es mag besonders weh tun, wenn der eigene Vater der Prototyp eines solchen irre Geleiteten ist!

Und es braucht sehr viel Kraft und Selbstbewußtwsein von Dir, dem entgegenzutreten.

Aber Du wirst es schaffen, Deinen eigenen Weg zu gehen.

Dazu gehört auch: "Versuch und Irrtum"!

Dazu gehört, dass Du selbst den, von dem Du meinst, dass er Dir zumindest weiter helfen kann, auch ansprichst und ihm Deine Fragen stellst!

Stelle Deinem Schulsozialarbeiter Deine Fragen. Und er wird Dir sagen, wer Dir den richtigen Rat zu Deinen aktuellen Problemen geben kann.
Selbst, wenn er es nicht selbst ist: er wird Dir weiter helfen.

Scheue Dich vor niemandem, Deine Fragen zustellen:

es gibt keine dumme Fragen! Nur inkompetente und dumme Antworten!

Das ist nicht Dein Problem!

Sondern ein Problem derer, die Dir keinen wirklichen Rat erteilen können und Dich mit Deinen Sorgen alleine lassen!

Viel Kraft und Mut auf Deinem Weg

wünscht Dir von ganzem Herzen

Bernd