Problem von Anonym - 14 Jahre

Die Kinder meiner Schwester

Es geht eigentlich eher mehr um meine Halbschwester und die Tochter meiner Halbschwester. Also ich sage mal jetzt einfach Schwester. Meine Schwester hat mit 19 ihr erstes Kind bekommen, konnte sich darum aber noch nicht kümmern und hat es uns gegeben, aber nur damit wir uns um ihre Tochter kümmern bzw. sie wollte sie später halt selbst weitererziehen. Wir waren einverstanden und meine Nichte war auch immer fröhlich gelaunt usw.. Und an ihrem 5. Geburtstag sollte sie halt bei ihren Eltern übernachten und dann haben wir nur ein Anruf von meiner Schwester bekommen, dass die ihre Tochter jetzt halt da behalten. Uns war schon klar, dass sie irgendwann wieder zu ihren Eltern muss, aber wenn dann mit einem vernünftigen Abschied! Gut, ich gehe ja auch meine Schwester besuchen bzw. ich übernachte manchmal bei ihr. Meine Nichte schien total eingeschüchtert zu sein und sie hatte dann auch eine kleine Schwester die 1 Jahr alt war. Sie musste dann auch mit 5 Jahren auf ihre kleine Schwester aufpassen, meine Schwester hat ihre zweite Tochter nur Essen bzw. Trinken gegeben, gewickelt, ist aber auch im Sommer mit beiden mal rausgegangen auf den Spielplatz. Es kam mir aber schon merkwürdig vor, ich meine, eine 5-Jährige passt auf ihre kleine Schwester auf. Und nicht nur das, meine Schwester schickt die Beiden auch immer wieder auf ihr Zimmer! Höchstens zum Essen kommen die dann mal in die Küche oder sie sehen im Wohnzimmer Fern oder sie gehen draußen spielen. Nach mehreren Wochen habe ich meine Nichte dann mal gefragt, wie es denn so war, als sie dann halt bei ihrer Mutter bleiben musste. Die Kleine meinte, dass sie wieder zu uns nach Hause wollte, aber ihre Eltern haben dann die Zimmertür abgeschlossen und gesagt, dass sie sich gefälligst benehmen soll und dass sie zu uns nicht darf! Und es sah nicht so aus als ob die Kleine lügt. Und ständig sagt meine Schwester auch wenn meine Nichte mal lacht \"Lach nicht so doof\" oder ähnliches. Ich finde so etwas ist für ein Kind ziemlich erniedrigend, wenn die Mutter sagt, dass man nicht so doof lachen soll. Naja ok, ich konnte das einfach nicht für mich behalten und habs meiner Mutter erzählt. Meine Mutter meinte, wir könnten dagegen nichts machen, wir sollten abwarten bis meine Nichte älter ist und sich halt dagegen wehrt. Ich habe dann mal meine Schwester gefragt, warum die Kleine denn nicht zu uns kommen darf, und da meinte meine Schwester, dass sie Angst haben würde, wir würden ihr ihr Kind wieder wegnehmen. Ich weiß nicht ,was sie mit \"wieder\" meint. Denn sie war es, die meine Nichte einfach so nahm ohne dass wir uns verabschieden konnten! Und wir würden ihr ihre Tochter niemals wegnehmen! Wie sollten wir das überhaupt machen? Die Kleine entführen oder was? Meine Nichte fragt auch immer wieder, wann ich mal wieder zu denen komme, weil ich ja so selten da bin. Das tut mir auch irgendwie voll leid, aber ich habe auch viel in der Schule zu lernen weil ich halt nicht in allem die Beste bin. Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll, dass meine Nichte so eingeschüchtert ist. Ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll und OB ich etwas dagegen machen kann. Ich mag meine Nichte wirklich sehr, wir waren, als sie bei uns wohnte, wie Schwestern. Ich will sie beschützen und sie fehlt mir sehr und sie meint auch immer dass ich ihr ganz großes Vorbild bin. Ich hoffe auf eine Antwort.

PS : Ihr seid echt super, ihr gebt immer gute Ratschläge, wie man handeln sollte etc. Deshalb hoffe ich, dass ihr mir gute Ratschläge geben könnt.

Franzi Anwort von Franzi

Liebe Unbekannte,

ich freue mich, dass du dich an uns wendest!

Weißt du, ich bin selbst Mutter von einem 5 jährigen Sohn. Und auch ich habe ihn bekommen, als ich erst 21 war. Deine Mail hat mich zu Tränen gerührt. Einmal, weil du so eine tolle Tante bist und deine Nichte sich wahrscheinlich immer auf dich verlassen kann und zum anderen, weil deine Nichte anscheind kein schönes zu Hause hat. Es tut mir in der Seele weh, wenn ich sowas lese.

Wieso konnte deine Schwester sich noch nicht um die Kleine kümmern? Hat sie sich noch zu jung gefühlt? Warum hat sie die Kleine einfach so mitgenommen? Ich habe so viele Fragen, die du mir wahrscheinlich auch gar nicht beantworten kannst.
Fakt ist aber, dass man ein kleiner Kind nicht einfach aus seiner gewohnten Umgebung reißen kann. Deine Nichte hat sich bei euch wohl gefühlt und konnte mit Sicherheit nicht verstehen, warum sie nun so plötzlich bei ihrer Mutter wohnt. Sie wurde in keinster Weise darauf vorbereitet, was aber bitter nötig gewesen wäre. Euch trifft natürlich keine Schuld, ihr wusstet schließlich nicht, wann die Kleine zu ihrer Mutter zieht. Dass deine Schwester sie einfach bei sich behält, konntet ihr nicht wissen.

Was soll die Kleine Maus denn denken? Sie hat 5 Jahre bei euch gewohnt, muss dann aus ihrem Gewohnten Umfeld raus und dann ist da noch eine kleine Schwester, die schon ein Jahr bei ihrer Mutter lebt, obwohl sie ihre ersten Lebensjahre nicht dort verbringen durfte. Überlege dir mal, wie du dich fühlen würdest. Du wirst bei der Oma "geparkt" und deine Schwester darf bei deine Mutter wohnen. Ich glaube, dass so eine Situation für ein Kind absolut grausam ist. Es kann durchaus sein, dass deine Nichte sich weniger geliebt fühlt und nicht weiß, wie sie damit umgehen soll.

Als sie noch bei dir gewohnt hat, war sie ein Stück weit der Mittelpunkt eures Lebens. Ihr wart eine Ersatzfamilie für sie. Sie wurde vorbehaltslos geliebt und zu einem fröhlichen, aufgeschlossenem Mädchen erzogen.

Bei ihrer Mutter läuft das allerdings ein wenig anders. Dort muss sie auf ihre kleine Schwester aufpassen. Erstens entspricht das gar nicht den Interessen einer 5 jährigen und zweitens kann sie noch gar keine Verantwortung übernehmen, weil sie noch viel zu klein ist. Auch dass die beiden Mädchen immer in ihrem Zimmer sein müssen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Wie gesagt, mein Sohn ist auch 5 Jahre alt und darf sich bei uns in der Wohnung in jedem Raum aufhalten. Klar, wenn das Wohnzimmer mal voll Spielzeug ist, sage ich auch mal, dass ein Kinderzimmer für Spielzeug da ist, aber ansonsten stört es mich überhaupt nicht, wenn er sich in den einzelnen Räumen aufhält.

Du hast ganz Recht. Ich bin mir auch sicher, dass deine Nichte nicht gelogen hat. In diesem Alter können Kinder noch gar nicht richtig lügen. Klar, sie versuchen mal zu schwindeln, aber das merkt man sofort. Und da du 5 Jahre mit ihr zusammen gelebt hast, kannst du das auch sehr gut beurteilen. Dass sie die Wahrheit gesagt hat, nämlich dass sie wieder zu euch will, hat überhaupt nichts mit schlechtem Benehmen zu tun. Die Wahrheit rechtfertigt kein Einschließen im Zimmer! Die kleine Maus hat das aus voller Überzeugung gesagt, weil sie sich bei euch sehr wohlgefühlt hat. Bei ihrer Mutter aber darf sie kein richtiges Kind sein, muss nach strengen Regeln leben und für die kleine Schwester die Verantwortung übernehmen.

Auch mit dem Lachen hast du Recht! Es gibt doch nichts schöners, als ein Kinderlachen! Durch den Spruch, den ihre Mutter dann sagt, fühlt sie sich natürlich erniedrigt und sie darf keine Gefühle zeigen. Dabei kann ein Kinderlachen so viel Freude bereiten. Ein Kinderlachen ist absolut ehrlich und kann so viele unterschiedliche Dinge ausdrücken. Ich finde es schlimm, wenn man einem Kind das Lachen verbietet.

Du schreibst, dass deine Mutter abwarten will, bis sich deine Nichte wehren kann. Wie soll sie sich wehren, wenn es für sie normal ist, dass die Mutter die Macht über sie hat? Sie wird total eingeschüchtert und lernt doch, dass sie einfach nur das tun muss, was ihr vorgeschrieben wird, damit es keinen Ärger gibt. Die Kleine wächst also mit einer ständigen Unterdrückung auf, was sie in ihrer Entwicklung erheblich beeinträchtigen wird.

Habe ich das richtig verstanden, dass ihr die Kleine, wenn überhaupt, nur noch bei deiner Schwester besuchen dürft? Ihr habt das Recht dazu, sie zu besuchen, bzw. dass sie euch besuchen darf!

Es ist so, dass ihr über das Jugendamt zu eurem Recht kommen könnt. Zumal sie so eine lange Zeit bei euch gelebt hat. Es ist natürlich immer schwer, so etwas innerhalb der Familie zu machen, weil das zu einem bösen Streit führen kann.

Ich denke, dass es am besten wäre, wenn ihr euch mal alle zusammen setzt. Mach deiner Schwester deinen Standpunkt klar. Auch deine Mutter sollte dabei sein und darum kämpfen, dass ihr das Enkelkind nicht entzogen wird. Die Kleine war ein Familienmitglied von euch, welches 5 Jahre bei euch gewohnt hat. Es ist doch völlig klar, dass man da nicht einfach zugcken kann und will, wenn es ihr schlecht geht. Außerdem fehlt bei euch ja nun auch ein Stück in der Familie. Ich befürchte, dass du alleine gar nichts ausrichten kannst. Das muss deine Mutter tun. Rede zuerst mit deiner Mutter darüber. Sag ihr, dass du dir Sorgen machst und dass du gerne möchtest, dass euch die Kleine besuchen kommt. Bestehe darauf, dass deine Mutter dir zuhört und frag sie, ob sie es in Ordnung findet, dass die Kleine unter solchen Umständen aufwachsen muss. Außerdem solltest du sehr genau beobachten, wie es der Kleinen geht. Vielleicht hilft auch ein Gespräch mit deiner Schwester selbst. Du kannst ihr ruhig erzählen, dass die Kleine sich anders verhält als bei euch. Vielleicht merkt sie gar nicht, dass sie im Moment überfordert ist. Biete ihr deine Hilfe an! Du könntest ihr vielleicht mal die Kinder abnehmen und auf sie aufpassen, so dass deine Schwester ein wenig zur Ruhe kommt. Ich weiß selbst, dass so eine kleine Auszeit oft sehr gut tut und man danach neue Energie getankt hat. Außerdem kannst du ihr von deinen Sorgen erzählen. Ich denke, dass sie zumindest über eine Änderung nachdenken wird. Wenn deine Schwester nicht einsichtig ist, bleibt dir nur der Gang zum Jugendamt.

Um zusätzliche Hilfe und Beratung zu bekommen, würde ich dir raten, mal bei einer Beratungsstelle vorbeizuschauen. Die Mitarbeiter dort haben Schweigepflicht und dürfen nicht mit deiner Schwester und auch nicht mit deiner Mutter darüber reden. Vielleicht kannst du dort noch nützliche Tipps bekommen, damit es deiner Nichte wieder besser geht.

http://www.dajeb.de/suchmask.php
Dort gibst du einfach deine Postleitzahl ein und dann werden dir Beratungsstellen in deiner Nähe gezeigt. Achte darauf, dass die Beratungsstelle Hilfe zur Kindererziehung anbietet, dann können die Mitarbeiter dir besser helfen.

Ich drücke dir die Daumen, dass du ein bisschen was erreichen kannst und würde mich freuen, wenn du mir davon erzählst.

Alles Liebe ,
Franzi