Problem von Misses X - 15 Jahre

wie erkenne ich ob ein anderer Autist ist?

Liebes Kummerkasten-Team,
ich gehe in die 10 Klasse an einem Gymnasium. In meiner Klasse ist ein Junge etwa in meinem Alter. Ich bin seit der 7 Klasse mit ihm in einer Klasse und hatte seit anfang an kein intesives verhältnis zu ihm. Wir haben uns nie gestritten oder so, sondern wir hatten einfach nichts miteinander zu tun. Das liegt vielleicht daran das er sehr schüchtern ist, oder/ und das sein verhalten oft komisch ist. Er redet nicht gerne mit anderen Menschen. Antwortet (wenn er überhaupt antwortet) nur sehr leise oder unverständlich. in der Schule meldet er sich nie, und wenn er aufgerufen wird sind seine Antworten sehr angehackt. Er spricht sehr schnell und in einer gehobenen Sprache. Allerdings setzt er keine Mimik oder Gestik ein. zudem weicht er immer von einem weg, wenn man ihn anspricht. Im Unterricht beschäftigt er sich immer mit etwas anderem. da er sehr mathematisch begabt ist, rechnet er oft an irgendwelchen Sachen herum, die total unsinnig sind. Auch sonst verstehen wir sein Verhalten oft nicht. Wenn er zum Beispiel darauf besteht immer an dem gleichen Platz zu sitzen, und da sehr hartnäckig bleibt...
allerdings ist er sehr intelligent. wie schon erwähnt ist er sehr begabt in mathe. auch sonst schreibt er immer 1 oder 2 in der schule. doch er ist immer sehr darauf bedacht das wir seine noten nicht sehen. das macht sonst in der klasse keiner. was ich sonst von seinen fähigkeiten mitbekomme ist, dass er super klavier spielen kann!
Was auch noch sehr auffallend ist: heute haben wir in der Klasse etwas besprochen und uns dazu in einen Stuhlkreis gesetzt. nach und nach ist er immer weiter rausgerutscht, sodass er nach einiger Zeit ca. 1 meter von dem Kreis entfernt saß. auch auf die Aufforderung hin wieder in den Kreis zu rutschen, tat er das nicht. Ich weiß nicht wieso er sich nie (das hat er noch nie getan!!!!) in die Klasse integriert. er hat auch keine wirklichen Freunde in der Klasse. das heißt allerdings nicht das er gemobbt wird! Wie es außerhalb der Schule ist weiß ich nicht..
Leider führt sein Verhalten in letzter Zeit dazu, das andere Schüler denken er wollte nur Aufmerksamkeit.
Nach der Schule habe ich ihn mit einem freund darauf angesprochen und ihm gesagt das ich mir Sorgen machen und mir wünschen würde wenn er sich etwas integrieren würde. wir wollten ihm helfen, wissen aber nicht wie. wir haben ihn gefragt ob es in der klasse probleme gibt, oder ob er vor irgendetwas angst hat. oder wieso er sonst sich nicht integrieren kann/will. er meinte dann das ihm alles egal sei, was wir allerdings nicht verstehen können! und das es nicht an der Klasse liegt, sondern wenn dann an sich selber. zu hause hat er keine ernsthaften probleme (hat er jedenfalls gesagt)
ich weiß nicht ob ich ihn vielleicht mit der ganzen situation überrumpelt habe oder vielleicht sogar verletzt habe? das war auf keinen fall meine absicht. ich will ihm helfen und dachte ich sage ihm das ich mir sorgen machen (auch im hinsicht auf die zukunft. er wird ja in der arbeit sich auch integrieren müssen) und ich ihm nichts böses will. das das keiner aus der klasse will und wir alle nur wollen das er sich integriert, aber sein verhalten ist uns oft rätselhaft.
nach dem gespräch habe ich meinem kumpel gesagt, das ich schon länger beobachte das er anzeichen von autismus hat. allerdings möchte ich ihn selber nicht darauf ansprechen. und ich bin mir auch nicht ganz sicher ob man wirklihc von autismus sprechen darf/kann.
ich weiß das es nicht meine aufgabe ist sein psychologe zu sein. bestimmt möchte er das auch nicht, aber ich mache mir sorgen und möchte ihm gerne helfen. aber ich weiß nicht wie. können sie mir sagen was ich machen soll?

misses - X :)

Dana Anwort von Dana

Liebe Misses X!

Es ist sehr liebenswert, dass du dich so um euren Schulkameraden kümmern willst. Du bist sensibel für deine Umwelt und Menschen sind dir nicht einfach egal. Du hättest ja auch den Jungen als "blöd" und "idiotisch" abtun können. Aber nein, du siehst sein Potential, machst dir Sorgen und überlegst, wie du ihm helfen kannst. Bewahre dir das, es ist ein wunderbarer Charakterzug. :)

Das Problem: ich bin auch keine Psychologin und selbst wenn ich eine wäre, dürfte ich aus der Ferne überhaupt keine Diagnose stellen. Es klingt allerdings so, wie du es beschreibst, als sei dein Mitschüler hochbegabt. Hochbegabungen haben oft das Problem, dass sie fachlich unglaublich gut sind, in manchen Fächern sogar viel zu gut (wie er in Mathe), aber sozial sehr häufig total im Hintertreffen sind. Das kann ich aus Erfahrung sagen, habe ich schon mehrfach Hochbegabte unterrichtet - sie brauchen eine völlig andere Betreuung als "Normalos". Sie verstehen oft nicht, warum das anderen Menschen nicht klar ist, was für sie selbst sonnenklar scheint. Sie verstehen nicht, wie andere Menschen ticken und können sich da nicht hinein versetzen. Sie kommen einfach mit ihrem sozialen Umfeld absolut nicht klar.

Ob das nun Richtung Autismus geht oder Richtung Asperger Syndrom oder was es da alles an sozialen Schwächen und Krankheiten gibt, kann ich wirklich nicht sagen, da müsstest du tatsächlich einfach mal bei einem Psychologen anrufen und um Hilfe, bzw Aufklärung bitten. Allerdings kann es sein, dass auch der Psychologe keine Ferndiagnosen stellen will, es hat doch sehr den Schein des Unprofessionellen.

"Zu seinem Glück zwingen" wirst du deinen Mitschüler nicht können, ich warne auch vor "Missionartum", also dass ihr mit allen Mitteln versucht, ihn so zu "biegen", dass er in die Klasse passt. Das wird nicht funktionieren. Vielleicht war auch diese Holzhammermethode nicht unbedingt die beste. "Sag uns, was mit dir los ist!!" ist oft doch sehr überfordernd, gerade, wenn der Angesprochene damit nicht rechnet. Allerdings muss man euch zugute halten, dass ihr Schüler seid und keine Fachleute und dass ihr euch einfach Sorgen gemacht habt.

Wenn ich dir einen Rat geben soll, dann ist das eher der, dass ihr ihn so akzeptiert, wie er ist. Er hat wahrscheinlich in sich selbst genug Probleme (Hochbegabte haben meist sehr heftige Denkweisen und müssen mit vielen komplexen Erkenntnissen umgehen, über die ein "normal Sterblicher" gar nicht nachdenkt) und bräuchte eher Akzeptanz seines Selbst anstatt zum Problemfall zu werden. Bezieht ihn ab und an ganz leicht ein, indem ihr ihm eine Frage stellt oder ihn um Hilfe bittet, abseits des Unterrichtes. Zeigt ihm, dass ihr ihn mögt, egal, wie er drauf ist. Sowas kann entspannen. Wenn ihr merkt, dass es bei ihm nur auf Widerwillen stößt, würde ich ihn auch in Ruhe lassen. Ihr könnte seine Probleme nicht lösen, dafür seid ihr nicht ausgebildet. Und mit seinen Eltern zu reden, würde ihn nur sein Gesicht verlieren lassen. Ich würde erstmal beobachten, wie er auf eure kleinen Gesten reagiert. Seid ihm gegenüber freundlich und offen, aber versucht nicht, ihn euren eigenen Einstellungen und Weltanschauungen zu unterwerfen. Er ist wie er ist - genau wie du bist wie du bist.

Ich wünsche euch viel Erfolg im Kleinen, vielleicht schafft ihr es ja!

Liebe Grüße,

Dana