Problem von Anonym - 41 Jahre

Ich bin unglücklich hier zu wohnen

Liebes Kummerkasten- Team,

Ich habe meinen jetzigen Partner übers Internet kennengelernt.
Seit eineinhalb Jahren sind wir zusammen, und seit einigen Monaten teilen wir auch eine Wohnung. Wir sind beide kinderlos und nie verheiratet gewesen.
Das Probem ist, ich fühle mich in der Umgebung wo wir wohnen, fremd und nicht glücklich. Ihm zuliebe bin ich freiwillig von der Stadt in sein Dorf gezogen, weil er hier einen fixen Job hat, und meiner Arbeit, die ich sehr liebe, gehe ich weiterhin nach, obwohl ich dafür täglich 3 Fahrstunden in Kauf nehmen muss. Ich habe kein Auto, aus gutem Grund, weil ich neben den Kosten auch keine Parkmöglichkeiten bei der Firma habe. so bin ich umständehalber auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und verliere täglich viel Zeit, komme völlig erschöpft heim und habe zu nichts mehr Energie. Wir wollten ursprünglich ein Baby haben, dadurch habe ich mich auch zu dem Umzug hier überreden lassen. Er könne dann weiterhin seiner nahen Arbeit nachgehen während ich das Kind versorge.
Nun, schwanger bin ich nicht geworden, und mittlerweile glaube ich, dass wir gar kein Kind zeugen können, er würde allerdings nicht zum Arzt gehen um sich mal durchchecken zu lassen.
Ich kenne in dem Ort sonst niemanden und bin von den Leuten hier auch nicht sonderlich angetan, denn von dem was ich mitbekomme, wird hier sehr viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt - Kleinstadtmief, wie man so schön sagt - ich mag nicht ausgehen und meinen Freund beim Treffen mit seinen Trink-Kompanen zusehen, denn das ist leider einmal wöchentlich sein Hobby, dem ich überhaupt nichts abgewinnen kann. Er arbeitet im Schichtdienst und wir sind ohnehin nicht wirklich oft zusammen.
Ich bereue es, nun sozusagen 'in der Falle zu sitzen', denn ich möchte wieder in die Stadt zurück wo ich mein Leben und meine Freunde habe, hier fühle ich mich verloren ich kann hier nicht heimelig werden.
Mein Partner hat kein Interesse daran, das Leben hier aufzugeben. Er ist hier aufgewachsen, auch seine Eltern sind da, und auch bei diesen habe ich das Gefühl, nicht richtig verstanden zu werden. Und dann ist da auch sein Job, der ihn zwar zermürbt, von dem er aber leben muss, und pendeln, so wie ich das tue, das würde er nicht machen.
Immer öfter denke ich daran zu gehen und mir eine Wohnung in der Stadt zu suchen, ich denke da an eine Eigentumswohnung, die ich mir in Raten leisten könnte, allerdings allein, denn meinem Partner fehlt leider der richtige Bezug im Umgang mit Geld. Wir könnten beide in dieser Wohnung leben, doch ich fürchte, so gut wie ich ihn kenne, wird er sich eher von mir trennen als diesem Wunsch nachzukommen.
Es ist nicht mehr so einfach, etwas liegen und stehen zu lassen wenn man sich bereits eine gemeinsame Bleibe eingerichtet hat. Die Beziehung würde dann zerbrechen. Das möchte ich nicht.
Hier werde ich allerdings auch nicht glücklich.
Ich gehöre nicht hierher, und mein Partner würde sich an einen anderem Ort unwohl fühlen.
Bisher habe ich nicht direkt mit ihm darüber gesprochen, denn ich weiss wie empfindlich er auf alles reagiert. Wenn ich mich über die langen Fahrtzeiten beklage, dann meint er, es war ja auch mein Wunsch hier zu leben. das stimmt. Ich wollte es versuchen. Doch die Dinge scheinen sich anders zu entwickeln.
Ich weiss mir leider keinen Rat.


Michaela Anwort von Michaela

Hallo!
Vielen Dank für deine Email!
Ich habe deine Email nun mehrere Male gelesen und versuche zu ergründen, was dich an dieser Beziehung noch festhalten lässt. Du möchtest nicht, dass die Beziehung zerbricht. Aber von Liebe schreibst du nichts? So wie du schreibst, wirkt es, als ob du dich innerlich schon total von deinem Lebensgefährten distanziert hast. Und ihm scheint es da rein vom Lesen deiner Email nicht anders zu gehen. Du sprichst ihn auf deine Probleme mit der täglichen Pendelei an und er zuckt praktisch nur mit den Schultern und sagt dann mehr oder weniger "war doch deine Entscheidung"? Hört sich für mich nicht nach einer erfüllenden und gut funktionierenden Beziehung an.
Du schreibst ja auch ganz direkt: ich gehöre nicht hierher und ich kann hier nicht glücklich werden. Also hast du dich doch eigentlich schon entschieden. Es passt einfach nicht und die Beziehung, die ihr beide führt, scheint nicht so gut zu sein, als dass es sich lohnen würde, die ganzen Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Tut mir leid, dass ich das so deutlich sage.
Ich würde dir raten, den Plan mit der Eigentumswohnung in die Tat umzusetzen. Zieh wieder in die Stadt in die Nähe deiner Arbeit. Du musst dich deswegen ja nicht gleich trennen; ihr könntet es ja auch mit einer Wochenendbeziehung versuchen. Wenn er aufgrund seines Schichtdienstes eh oft weg ist, macht das ja bald keinen Unterschied mehr, ob du nun bei ihm wohnst oder in deiner eigenen Wohnung. So hättet ihr aber vielleicht das Wochenende, um euch mal ganz auf eure Beziehung zu konzentrieren. Sollte er das nicht wollen und die Beziehung deswegen beenden, lass ihn gehen. Du hast an seinem Wohnort keine Möglichkeit, glücklich zu werden; du hast dort keine Freunde, fühlst dich verloren und unglücklich. Du kannst aber nicht dich selbst aufgeben, nur um an der Beziehung festhalten zu können. Such dir ein Umfeld, in dem du dich wieder wohlfühlen kannst und beende die Beziehung, wenn es nötig ist. Klar ist es nicht einfach, sich zu trennen, wenn man sich bereits gemeinsam eingerichtet und eine gemeinsame Wohnung hat. Das darf dich aber nicht davon abhalten, wieder glücklich zu werden! Das ist vielleicht ein stressiger Monat eingetauscht gegen ein danach folgendes zufriedenes und sicherlich glücklicheres Leben!
Und vielleicht hast du dann auch die Möglichkeit, jemand Neues kennenzulernen, der einfach besser zu dir und deiner Lebenssituation passt. Ich wünsche dir für deine Entscheidung und für deinen weiteren Weg alles Gute!
Viele Grüße,
Micha