Problem von Jacob - 13 Jahre

WICHTIG :'( Habe echt ein scheiß Leben und ......

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich hoffe ihr werdet mir antworten, denn das ist das erste mal das ich nun wirklich darüber spreche ....
Ich bin jetzt 13 Jahre alt und gehe auf ein Gymnasium in Koblenz in die 7. Klasse.
Oma und Opa habe ich nicht mehr... (leider, habe sie nie kennengelernt)
In der Schule gibt es keinen Stress nur bei mir zuhause...
Meine Eltern haben sich im Oktober 2010 scheiden lassen, jedoch haben ich und mein Bruder (20) viel zu viel von ihrem Streit mitbekommen, sodass wir beide oft Abends weinend im Bett lagen. Mir ging es in der Zeit schon richtig schlecht.
Ich habe alle zwei Tage zwischen meinen Elternteilen gewechselt also Montag,Dienstag bei meinem Vater und Mittwoch, Donnerstag bei meiner Mutter.Das Wochenende war dann immer abgewechselt.
Mit meinem Bruder habe ich mich eigentlich (bis auf paar kleine Streitereien)
immer gut verstanden und wir haben zusammen gehalten. Er ist jetzt jedoch in Köln studieren und ich bin alleine. Der streit zwischen meinen Eltern ist trotz Trennung immernoch wie am Anfang.Meine Mutter hat einen neuen Freund, den ich generell sehr mag. Mein Vater hatte auch eine neue Freundin die Ihn jedoch dann betrogen hat, was mein Vater sehr verletzt hat. Mein Vater war immer so der Familienmensch und für ihn war die Trennung schon schlimm genug aber dann noch das. Als ich bei meiner Mutter war und einen ziemlich heftigen Streit mit ihr hatte sind mein Bruder und ich weinend zu meinem Vater gefahren.
Auf dem Weg dorthin hat mein Bruder mir erzählt das meine Oma (Mutter von meiner Mutter) Suizid begangen hat weil sie sehr unglücklich usw war. Über die anderen Gründe möchte ich nicht so gerne sprechen.Dies war sehr sehr schlimm für mich wodurch ich Nächte nicht schlafen konnte weil meine Mutter mir so sehr Leid getan hat und alles. Meine Mutter wusste nicht, dass ich das weiß.

All das war Ende November 2010.
Darüber was jetzt kommt, habe ich noch nie mit jemanden gesprochen außer mit meiner Mutter und meiner Freundin (14).
Am 1. Dezember 2010 ist ein sehr sehr guter Freund von mir verschwunden.
Ich konnte ihn Tage nicht auf dem Handy erreichen und ich habe mir ganz schlimme Sorgen gemacht weil er dunkelhäutig war bzw Afrikaner. Seine Mutter hat ihn das letzte Mal gesehen als er ein Paket von der Post abholen sollte Er war zwei Monate verschollen..
Diese Zeit war so schlimm für mich da mir immer geholfen hatte wenn ich Probleme gehabt habe und mich immer beschützt hat. Er war 15.
Am 27.01.2011 bekamm ich dann einen Anruf von seiner Mutter , dass er ... tot... in Köln aufgefunden wurde. Die Todesursache konnte man nicht feststellen da er 2 Monate im Rhein gelegen hat...
Ihr wisst nicht wie schlimm das für mich war ich wollte nicht mehr leben und habe angefangen mich zu ritzen.
Ich habe mir seinen Namen in die Haut geritzt um ihn weiter ihn mir zu fühlen.
Es war sicherlich kein Suizid da er einer der glücklichsten Menschen war die kannte.
Ich habe ihn so geliebt wie einen Bruder.
Auf seiner Beerdigung bin ich dann zusammengebrochen weil ich nicht mehr konnte.
Ich habe seid dieser Zeit oft an Selbstmord gedacht da alles auf einmal in mir war. Traurigkeit wegen dem Verlust meines Freundes, Hass auf meine Eltern weil mein Vater nur rumsitzt und heult und meine Mutter meinen Vater schlecht Macht.Außerdem
Verzweiflung wegen allem.
Ich bin Wochen nach dem Januar nicht in die Schule gegangen.Habe kaum was gegessen und war depressiv.

Ich habe jedoch dann neuen Mut geschöpft als ich eine wunderbare Freundin bekam.
Sie ist ein Jahr älter als ich und hat mich in allem aufgemuntert.
Mit ihr bin ich jetzt vier Monate zusammen.
Jedoch habe ich vor einem Monat wieder Depressionen gehabt und
hatte keine richtigen Gefühle mehr für sie ich habe sie dann angerufen und Schluss gemacht.Ich hätte es persönlich nicht gekonnt.
Jedoch dann als ich aufgelegt habe fing ich ganz schlimm an zu weinen und vermisste sie so schlimm das ich sie 2 Stunden später nochmal angerufne habe und es nochmal versuchen wollte.
Sie liebt mich sehr , sie hat dann JA gesagt.
Die nächsten drei Wochen waren wieder sehr schön zwischen uns beiden.
Doch jetzt habe ich das gleiche Gefühl wie als Schluss machen wollte.
Ich hab einfach das Gefühl das ich wieder Singel sein will.
Jedoch habe ich Angst wenn ich wieder Schluss mache, dass dann alle Gefühle wieder für wiederkommen.
Das belastet mich sehr weil sie mich so sehr liebt und ich sie nicht verletzten möchte.

Vor 3 Tagen hatte ich ein Gespräch über mein Leben mit meiner Mutter, weil sie wissen wollte wie es mir geht wegen meinen Freund. Sie hat es auch sehr belastet. Da habe sie darauf angesprochen mit ihrer Mutter mit dem Suizid.
Sie brach sofort in Tränen aus und ich auch. Sie erklärte mir die ganze Geschichte und ich erklärte ihr wie schlimm es für mich war als 10 jähriger zu erfahren das die eigen Oma Suizid begangen hat.
Sie erklärte mir auch, dass mein Opa nicht friedlich eingeschlafen ist wie ich es immer erzählt bekommen habe sondern überfahren wurde..

All das wollte sie mir erst mit 16 sagen-

All diese Probleme belasten mich im Moment..

- die Trennung und der Streit meiner Eltern
- der Verlust eines guten Freundes
- der Verlust aller Opas und Omas
- die Traurigkeit meines Vaters
- die Liebesschwankungen zu meiner Freundin

Bitte helft mir!!
Ich habe schon so oft an Selbstmord gedacht jedoch will ich es meinen Freunden und allen nicht antun, da ich weiß wie es ist jemanden den man liebt zu verlieren.

Und bitte. nichts von diesen Sachen hier ist gelogen. Bitte nehmt es ernst.

Liebe Grüße,

J.C

Dana Anwort von Dana

Lieber Jacob!

Für dein junges Leben hast du schon ganz schön viel einstecken müssen. Familienmitglieder nie gekannt zu haben, ist schon sehr schade, aber einen guten Freund, gerade in diesem Alter, verlieren zu müssen auf so eine üble Art und Weise, das ist wirklich schlimm und ich kann sehr gut verstehen, dass es dir mehr als schlecht damit geht.

Dazu all der Streit und diese ganzen Unsicherheiten in deinem Leben...all das macht deine momentane Stimmung mehr als verständlich. Du reagierst also nicht "über", auch mit dem Ritzen nicht. Es ist völlig logisch, dass du dir momentan Ventile suchst, in denen Frust, Trauer, Wut und Verzweiflung einfach mal für einen Moment getilgt werden, damit du mal frei atmen kannst.

Ich würde dir nun gerne ein wenig helfen, diese Gefühle zu "kanalisieren", sie in die richtigen Bahnen zu lenken.

Ritzen befreit für den Moment. Man spürt sich, man hat die unbedingte Kontrolle über sich selbst (wenn schon alles andere außer Kontrolle gerät/geraten ist) und der körperliche Schmerz befreit vom seelischen Schmerz. Aber - und ich nehme an, das hast du bereits gemerkt - nur für einen sehr kurzen Zeitraum. Du richtest alle Emotionen gegen dich selbst. Es ist ein nach innen gekehrter Prozess. Das Problem: daraus folgt ein Negativkreislauf, der so nicht durchbrochen werden kann. Du bekommst von außen Grund zur Wut, zur Trauer und bringst es nach innen. Das ist wie wenn man Wasser in ein Fass füllt...und dieses nie leert. Irgendwann läuft es über.

Und dieses Überlaufen kann dann Selbstmordgedanken mit sich ziehen, wenn man das auf dich überträgt. Du wirst immer voller und voller, das Ritzen scheint ein paar Schöpflöffel zu entfernen, aber das scheint nur so. Und irgendwann läuft das Maß über.

Das Gute: du hast das inzwischen gemerkt! Das ist wirklich richtig gut. Du hast gemerkt, dass du nicht klar kommst, dass zu viel in dir drin ist, dass da ein Berg ist, der kaum bestiegen werden kann und vor dem du auch zurück schreckst. Es ist einfach zu viel für die Seele. Völlig verständlich und klar. Nun müssen wir dafür sorgen, dass du mit dieser Erkenntnis, Hilfe zu brauchen und mit diesem Berg richtig umgehst. Wenn du dich von dem Berg überrollen lässt, ist die Negativspirale auf ihrer Spitze angelangt. Aber genau das wollen wir beide ja nicht und auch sicher niemand in deinem Umfeld.

Apropos Umfeld: es ist völlig logisch, dass es dieses Auf und Ab mit deiner Freundin gibt. Sie ist 14, sie ist keine Fachfrau für Seelenfragen und sie entstammt damit aus einer völlig anderen Welt. Sie wäre total überfordert, wenn sie wirklich wüsste, was in dir abgeht. Ich möchte dir raten, keine Kurzschlusshandlungen durchzuführen. Bleib erstmal mit deiner Freundin zusammen und warte ab. Diese Zweifel hängen mit deiner sonstigen seelischen Verfassung zusammen. Versuch erstmal das zu regeln.

Regeln...ja wie denn?

Du hast uns geschrieben, du hast dich geöffnet und geredet. Du hast dir Luft gemacht. Damit hast du den allerersten Schritt in die richtige Richtung getan. Jetzt heißt es: Mut finden und diesen Weg weiter laufen.

Und dieser Weg heißt: "Ich brauche Hilfe, ich schaffe das nicht allein!"

Selbst Erwachsene würden mit den Sorgen und Nöten, die du hast, nicht alleine umgehen können. Da ist Hilfe einfach wirklich nötig, Jacob. Als erstes möchte ich dir ans Herz legen, mal über dies alles mit deiner Mutter zu sprechen. Ich glaube, dass ihr, auch wenn es oft Streit gibt und der Bruch mit deinem Vater über allem lastet, doch ein Band zueinander habt. Ihr habt ja schon in letzter Zeit mal ehrlich geredet und du bist ihr ja auch ein Anliegen, sonst würde sie sich nicht zu dir setzen und dich fragen, wie es dir geht. Und dann will sie ja wirklich wissen, wie es dir geht. Das ist schon mal wirklich schön und kann helfen. Rede mit ihr über alles, auch darüber, dass du dir schon mal vorgestellt hast, einfach zu sterben. Erkläre ihr, wie schlecht es dir momentan geht und dass du Hilfe brauchst.

Und dann wäre eine Therapie am sinnvollsten.
Diese Trauerarbeit kannst du nicht alleine bewältigen und das ist auch nicht notwendig. Du musst nicht stark sein und das alles alleine auf die Reihe kriegen. Du selbst beschreibst dich schon als depressiv...ich möchte da keine Diagnose stellen, aber es ist sicher besser, hier zu einem Fachmann oder einer Fachfrau zu gehen, die sich genauestens damit auskennt. Das sage ich nicht nur so dahin, Jacob, ich weiß, wovon ich spreche. Am besten wäre eine Kombination aus Psychiater und Psychologe. Ein Psychiater ist ein ausgebildeter Arzt, der auch Medikamente verschreiben kann (die zB deine Stimmung einfach etwas heben und dir den Alltag erleichtern) und ein Psychologe ist meist im Diplomstudiengang ausgebildet und für Gespräche spezialisiert. Und beides ist bei dir nötig.

Du musst lernen dürfen, wie du mit der Trauer umgehst, wie du mit den Bildern umgehst, die dann kommen und wie du für dich selbst wieder an Stärke und Selbstwert gewinnst. Du wirst lernen, Ventile einzusetzen, die produktiv sind, die sich nach außen richten und die dein "Fass" leeren, so dass der Druck allmählich nachlässt.

So wie du uns unten schreibst: "Bitte, nehmt das ernst!", so bitte ich dich jetzt: "Nimm das ernst, bitte." Man merkt ja deutlich, dass du gerne aus dieser Situation raus willst, dass du hoffst, dass dieser Berg vor dir kleiner wird. Und die Fachleute werden dir dabei helfen, erstens von dem Berg was abzutragen und zweitens nehmen sie dich an der Hand und führen dich langsam drüber hinweg. Und du glaubst gar nicht, wie gut es tut, nicht mehr alleine mit dem allen zu sein.

Ich kann dir also nur raten: sprich mit deiner Mutter und dann setzt euch vor Google und sucht mal Adressen und Telefonnummern von Psychiatern und Psychologen in deiner Gegend raus (Einfach "Psychiater" "Psychologe" "Psychotherapie" bei Google eingeben und deine Heimatstadt dazu. Wenn du in einer kleinen Stadt wohnst, versucht die nächstgrößere Stadt). Das kostet nix, man kann einfach einen Termin machen und hingehen. Man kann sogar einfach so hingehen. Ich weiß, dass es hilft.

Ich weiß, ich habe jetzt zu dir wie zu einem Erwachsenen gesprochen...aber ich denke, das war auch richtig so. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du auf dem Weg weiterläufst, den du eingeschlagen hast. HILFE - die ist jetzt unerlässlich. Und dann wirst du merken, wie der Reihe nach Lasten von deiner Seele abfallen...bis du wieder durchatmen kannst, ohne ein Messer auf deinem Arm.

Wirklich alles Liebe für dich, Jacob!

Dana