Problem von Ratsucher - 32 Jahre

Was soll ich machen? Bitte helft mir!

Hallo lieber Kummerkasten,

ich bin zwar keiner, der online sein Tagebuch veröffentlicht oder bei Facebook bzw. Twitter alles postet, was so abgeht.
Aber auch bei mir hat sich die Sehnsucht nach einem anonymen Rat ergeben.

Folgender Sachverhalt:
Vor 11 Jahren habe ich meine jetzige Frau kennengelernt. Am Anfang war es echt richtige Liebe. Sex Sex Sex. Bestimmt 4 mal die Woche. Die Jahre vergingen, alles war wunderschön. Wir wohnten bei meinen Eltern im dörflichen Haus. In diesem Ort kannte mich jeder, und ich war ein angesehener Bürger, da Erfolgreich bei diversen Vereinen.
Plötzlich haben wir Nachwuchs bekommen. Wir hatten mal darüber gesprochen, aber mir war das ganze nicht so bewusst. Ich war ja noch jung. Gerademal 25 Jahre.
Meine Tochter wurde geboren.
Sehr schönes Erlebnis.
Doch die Zeit des Vereinslebens, der Freunde muss in Kauf genommen werden.
Wir zogen um, in eine Stadt.
Vielleicht mein erster Fehler.
Ich lebte vor mir hin. Familie alles gesund und munter.
Meine Tochter wächst und wird immer größer.
Was ich am Wochenende nicht mit meinen Kumpel erledigen konnte (des war seitdem gar nicht mehr der Fall) hab ich zu Hause getan.
Ich kaufte mir den ersten Kasten Bier.
Und ich fühlte mich gut dabei.
Keine Eltern reden rein, ich bin frei.
Super
Meinen Beruf habe ich auch gewechselt.
Bin von einem Bankangestellten zu einem selbständigen Finanzberater gewechselt.
Hat sich alles seriös angehört.
Das Problem ist, dass man gehörigen Stress hat.
Ich fing immer mehr an, mal hier oder da einen Kasten Bier zu kaufen.
Der Familie gings noch gut.
Plötzlich sagte meine Freundin: Ich bin schwanger.
Wir haben immer verhütet. Auf alles aufgepasst.
Und doch ist es passiert.
Ich traute ihr keinen Seidensprung an.
Ich war mal wieder auf Seminar. 400 km weit weg.
Plötzlich rief mich die Schwester meiner Freundin an:
Sie wurde ins Krankenhaus gebracht.
Erhebliche Blutungen.
Es sieht schlecht aus.
Hab das Seminar gleich abgebrochen und bin zurückgefahren.
Da stellte sich heraus, dass wir gerade noch Glück hatten.
Wir haben dann noch während der Schwangerschaft geheiratet.
und nochmal betone ich: Wieso sie schwanger geworden ist, weiß ich nicht.
Ich habe es als Schicksal aufgenommen.

Die Wohnung war nun zu klein für uns und wir zogen um.
Dort lebten wir 2 Jahre.
Ich habe mich immer um ein eigenes Haus geschehrt.
Wollte dies endlich.
Leider hat das Eigenkapital nicht ausgereicht.
NAch 3 Jahren haben wir uns entschlossen, mal wieder umzuziehen.
In einem Haus.
Zwar gemietet. Aber neu gebaut.
Das wird super und unsere Beziehung aufbauen.
So dachten wir.
Aber das Gegenteil ist geschehen.
Ich habe meinen Job gewechselt und bin weiter selbständig.
Bin immer unterwegs und komme unter der Woche selten vor 20 Uhr nach Hause.
Unsere große Tochter ist mittlerweile schon 6 Jahre alt und kommt in die Schule.
Wir haben uns beide nach etlichen Streitigkeiten ausgeredet.
Die Beziehung scheint in die Brüche zu gehen.
Manchmal denke ich mir, wir sind nurnoch zusammen, weil es die beiden Kinder gibt.
Aber nun:
Ich komme heim. Und sehe den Schwangerschaftstest
Die Bestellung!!!
Und dazu wurden noch Pillen bestellt, die zur Förderung einer Schwangerschaft dienen sollen.
Die Bestellung ist leider in den Postkasten gelangt - und ich war zu früh (vor meiner Frau) zu Hause. Des war nicht gewollt. Aber ich wars.
Aber Pillen, die zur Förderung der Schwangerschaft dienen sollen????
Ok!!!

Habe sicherlich nicht alles hier erzählt und ich konnte auf keinefall meine Gefühle preisgeben.
Aber ich wollte nur einen Menschen finden, der mir irgendwie die Augen öffnet.

Vielen Dank

Dana Anwort von Dana

Hallo!

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Es lautet folgendermaßen:

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Ich habe mir das Problem vom 03.02.2013, 00:30 Uhr von Ratsucher (32 Jahre) durchgelesen und könnte dem Ratsucher vielleicht bei dem Problem mit der Arbeit helfen. Er hätte dann wieder mehr Zeit für die Familie. Da Ihr keine eMail Adressen rausgebt (was ich sehr gut finde) würde ich euch bitten dem Ratsucher mit diesem Problem meine eMail Adresse zu geben. Er könnte mich dannn direkt bei Interesse anschreiben.

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Wenn du den Kontakt wünschst, können wir das deichseln. Melde dich, wenn dich das Angebot interessiert!

Liebe Grüße und danke an den Anbieter! Das ist total nett!

Dana


Lieber Ratsucher!

"Die Augen öffnen"...das steht mir aus der Ferne mit dem kleinen Einblick sicher nicht zu. Du hast ein kompaktes Leben, viel ist da drin...da kann ich mich nicht hinstellen und "Augen öffnen", mit diesem kleinen Fenster an Sicht auf dein Leben.

Aber ich habe mir deine Geschichte, soweit du mich hast teilhaben lassen, sehr genau durchgelesen und denke, trotzdem einige Anhaltspunkte für dich zu haben, da ich ein wenig meine nachfühlen zu können, was da gerade passiert. Im Prinzip weißt du es sogar selbst, meine ich...du kannst es nur noch nicht so fokussieren und ehrlich aufschreiben.

Vorweg: von "Fehlern" sollten wir insgesamt überhaupt nicht sprechen. Jede Entscheidung, auch vermeintlich falsche, dienen im Leben zur Entwicklung. Und wenn diese Entscheidungen jetzt dazu führen, dass du ernsthafter über alles nachdenkst und den Weg der Hilfe gehst, dann ist das auch ein guter Weg, wenn auch einer mit Umwegen.

So.

Es gibt drei "Stränge" in deiner Erzählung, wie ich das feststellen konnte.

1. Strang: deine langsame, aber stetige Entwurzelung (Wohnort, Arbeit)
2. deine Partnerin und ihre Gefühlswelt
3. eure Kinder

Der erste Strang ist mit Sicherheit der für dich persönlich wichtigste, da das, was da mit dir passiert, sich auf die beiden anderen Stränge auswirkt und auf dich selbst. Du beschreibst es ja eigentlich selbst sehr gut: du hast dich immer mehr und immer mehr von deinen Wurzeln entfernt. Sowohl wohntechnisch als auch arbeitstechnisch. So eine Entwurzelung nagt an einem mehr als man denkt. Du sehnst dich nach deinem Leben zurück, das du hattest, du bist unzufrieden mit deiner Selbständigkeit...da lohnt es sich doch, mal da anzusetzen und zu überlegen, was man da ändern könnte.

Gibt es eine Möglichkeit des "Rückzugs"? Also des Umzugs in deine frühere Heimat? Würde deine Frau das mitmachen? Mitmachen wollen? Hast du einen Wunsch, wohin es gehen sollte/könnte? Was ist mit deinem Job? Gibt es eine Möglichkeit, von der Selbständigkeit zurück in ein Angestelltenverhältnis zu gehen? Du merkst, dass dich die Selbständigkeit aufreibt, dass du kaum daheim bist, dass du dich in der Stadt unwohl fühlst und dass du eigentlich "raus aus deiner Haut" willst, wobei die "Haut" in dem Fall eigentlich aus den gesamten äußeren Umständen besteht.

Wenn dem so ist, sollte man auch etwas ändern. Ein langes Gespräch mit deiner Frau ist da vonnöten, auch, was die beiden anderen Stränge angeht. Aber zu dem Gespräch später mehr, erstmal ist es wichtig, dass DU weißt, was DU willst und wie DU es ändern könntest. Denn so weiter zu dümpeln und sich in die Arbeit zu stürzen, ist sicher nicht sinnvoll, es holt dich doch immer wieder ein.

Schauen wir uns mal den zweiten Strang an, deine Frau.
Zuerst: sei nicht böse auf sie. Versuche, sie zu verstehen.

So, wie es mir scheint (wissen kann ich es nicht, da dein Text mehr nicht zulässt), so, wie ich es da heraus lese, fühlt sie sich furchtbar alleine und steckt ihre Energie in die Mutterrolle. Wenn sie schon nicht viel von dir haben kann, will sie wenigstens das...die Kinder. So sieht es für mich aus, wenn ich das lese. Für sie scheinen die Kinder sehr wichtig, die Familie, das Zusammensein...und wahrscheinlich gibt es auch in ihr eine gewisse Grundtraurigkeit, wie sich alles entwickelt. Wie gesagt, das ist nur "so eine Ahnung", aber auch da kann nur ein persönliches, liebevolles Gespräch zwischen euch beiden Klärung schaffen.

Auf jeden Fall scheint es euch beiden nicht gut zu gehen mit der Situation. Grund genug, etwas zu ändern.

3. deine Kinder.
Du hattest es dir anders vorgestellt, aber nun ist es so, wie es ist.
Dass du Familienpapa bist, sollte ja eigentlich nichts an deiner Beziehung zu deiner Frau ändern müssen, auch sollten sowohl für dich als auch für deine Frau gewisse Freiräume geschaffen werden. Sowohl für euch als Paar, als auch für euch als Familie, als auch für euch als einzelne Personen. Jeder Bereich muss seinen Platz finden, sonst entsteht ein Ungleichgewicht.

Insgesamt gilt: das, was traurig und unglücklich macht, zu verringern, das, was glücklich macht, zu stärken.

Ein guter Ansatz wäre, die Kinder mal ein Wochenende zu Oma und Opa zu verfrachten (oder zu Freunden, irgendwohin, wo beide entspannt dort bleiben und ihr nicht dauernd drüber nachdenken müsst, wie es den beiden dort wohl geht) und dann einfach mal zu zweit wegzufahren. Das Wochenende zu nutzen, um mal wieder über EUCH zu sprechen, darüber, wie es in der Beziehung weiter gehen könnte, welche Wünsche da sind, welcher Wille. Es sollte hierbei nicht darum gehen, wer was falsch gemacht hat, sondern darum, wer wie viel zu der Erneuerung der Beziehung beitragen will. Wenn kein Wille mehr für die Beziehung da ist, dann wird sie trotz Kindern irgendwann zerbrechen - und dann tut es keinem gut, zusammen zu bleiben. Kinder ertragen eine vernünftige und gut erarbeitete Trennung wesentlich besser als eine dauerbedrückte Atmosphäre, weil die Eltern versuchen, irgendwie zusammen zu bleiben, obwohl sie das innerlich schon längst abgehakt haben.

Momentan ist so viel in euch drin, um euch rum...es sind viele Baustellen, die angegangen werden müssten. Baustellen, die das "Allgemeinbefinden" stören und die vielleicht sogar falsche Schlüsse zulassen (sowas wie: "wir lieben uns eigentlich kaum noch..."), weil man so im seelischen Stress ist, dass man gar nicht sieht, WAS eigentlich falsch läuft. Man schiebt es auf die Kinder, auf die Beziehung...dabei liegen die Probleme woanders.

Und das solltet ihr mal zusammen angehen. Überlegt, was gerade passiert, warum es passiert, was man verbessern könnte, WIE man es verbessern könnte...lasst Zweisamkeit zu und ruhig auch mal ein paar Tränen. Und dann schaufelt euch einen neuen Weg frei, den ihr BEIDE gehen möchtet.

Ich wünsche dir alles Liebe und Gute, den Mut, die Dinge anzusprechen und auch die Gedanken zuzulassen, die vielleicht Veränderung bedeuten. Es muss keine schlechte Veränderung sein. Und vielleicht ist deine Frau doch (noch) mehr an deiner Seite als du ahnst...

Liebe Grüße,

Dana