Problem von Barbara - 44 Jahre

er ist so geizig

Liebes Team,
ich habe ein Problem. Ich habe vor 1 Jahr einen Mann(54) kennengelernt. Er hat für mich seine Ehefrau verlassen und ist recht schnell zu mir gezogen. Da ich nun in einer anderen Stadt einen Job bekommen habe, haben wir dort eine gemeinsame Wohnung angemietet. Meine 20-jährige Tochter ist mit uns gezogen. Nun merke ich immer mehr, das mein Freund geizig ist.
Ich verdiene nur 500€ und meine Tochter ebenfalls. er bekommt 1350€ monatlich. Nun zahlt er die Miete von 480€ und ich zahle die kompletten anderen Kosten von insgesamt knapp 500€. Meine Tochter bezahlt mir ein Kostgeld von 150€. Nun meint er, er bekäme von uns noch Geld, da man ja alles durch 3 teilen müsste.Ich habe ihm schon gesagt, das er ja über 300€ mehr zur Verfügung hat als wir und das er ja immer noch sparen kann.
Ich bin nur noch unglücklich. Ich kann mir noch nicht mal mehr einen Strauss Blumen kaufen und er scheffelt das Geld wo er kann! Ich habe es ihm auch schon einige Male gesagt und ihm auch schon einen Brief geschrieben.
Dann habe ich das Gefühl, das er mich für sich ganz allein haben will. Er mäkelt ständig an meiner Tochter herum. Er sagt auch zu Bekannten, das er meine Tochter für berechnend hält, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist. Er macht sie vor gemeinsamen Bekannten und sogar vor meiner Familie schlecht. Meine Freunde kommen schon nicht mehr zu uns da er so unfreundlich ist. Wenn ich mal allein unterwegs war, dann meckert er, es wäre schon so spät oder er sitzt mit einem angefressenen Gesichtsausdruck im Wohnzimmer. Ich habe ihm auch schon gesagt, das ich diese Bevormundungen nicht mag und er mir das Gefühl gibt, als wäre ich noch ein Kind und würde nichts allein entscheiden können. Ich habe schon gesagt bekommen, das er nicht gut für mich ist!
Auch habe ich den Eindruck, das er ein Kontrollfreak ist. Immer guckt er, was ich mache... ein Beispiel....letzte Woche habe ich den Müll rausgebracht.... als ich reinkam, stand er in der Tür und fragte mich, warum ich ihm nicht Bescheid gesagt habe!
Er sagt mir auch mehrmals am Tag, das er mich liebt,ich liebe ihn ja auch... aber ich weiß nicht, wie ich das alles durchstehen soll. Ich habe ihm gesagt, das ich, wenn das so weitergeht, eine eigene Wohnung nehmen werde. Danach ist er dann immer ganz geknickt, tröstet mich, fragt mich, ob ich Geld brauche.
Ich bin so ein Typ, der immer versucht, das Beste aus einer Situation zu machen, aber manchmal fehlt mir einfach die Kraft.
Ich habe so viel für ihn aufgegeben...meine gewohnte Umgebung, meine Unabhängigkeit, ja, sogar meine Familie und ein Teil meiner Freunde.
Ich liebe ihn, seine Berührungen, seine Nähe...aber sein Geiz macht mich fertig.
Können Sie mir einen Rat geben? Ich hoffe, eine Antwort von einem mit der Problematik vertrautenTeam zu bekommen.
Im Voraus vielen Dank.

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Barbara,

vielleicht versuche ich Dir zuerst einmal ein paar mögliche Gründe für das Verhalten Deines Freundes zu geben. Mal schauen, ob ich mich einigermaßen in einen meiner (fast) Altersgruppe hineinzudenken vermag. Und ob ich Dir das auch hoffentlich noch wertfrei rüberbringen kann?

Der "Lebensplan" in unseren Geburtsjahrgängen war meist von dem Gedanken geprägt: bis 40 das Wichtigste erreichen. Familie und Karriere!
Von 40 bis zum Renteneintritt steht das "Erhalten und Festigen des bis dahin Erreichten" an.

Daraus kannst Du schon erkennen, das es bei einem Mann, der mit 54 seine Ehefrau verlässt, wahrscheinlich schon vorher einen Defizit in der Umsetzung der Planung gegeben hatte!
Ich sage mal einfach, dass ein 54-jähriger Mann seine Ehefrau nicht einfach verlässt, wenn sich nicht schon vorher ein Gefühl aufgebaut hatte, dass etwas falsch gelaufen ist.
Ohne Dir als sicherlich reizvoller Frau zu nahe treten zu wollen:

Du warst wahrscheinlich der Anlass bzw. der Auslöser, dass er den Mut gefunden hat, sich den Irrtum einzugestehen! Sich einzugestehen, dass er mit seiner Lebensplanung vor einen Prellbock gefahren ist.
Du wirst letztendlich aber nicht der Grund für diese Trennung sein.

Da sind 50-Jährige ähnlich wie Tenies: viele trauen sich erst, eine "falsche" Partnerschaft zu beenden (loszulassen), wenn sie in der anderen Hand schon den "Schwimmreif" spüren, der sie vor dem Untergehen rettet! Vor der Einsamkeit! Vor dem "Nicht versorgt sein"!


Soweit die Theorie (meine Theorie).


Nun versuche Dir, Deinen Freund als einen solchen Mann vorzustellen:
er wird irgendeine Stellung zu seiner Vergangenheit beziehen müssen!
und das ist auch "Stellung beziehen" gegenüber seiner "Ex"!
Ob das von Hass getragen wird?
Oder "nur" von Enttäuschung?
Vielleicht begleitet von Dankbarkeit für die doch irgendwie gemeinsam verbrachte Zeit mit zumindest teilweise gemeinsamen Träumen und Zielen?
Hass wird ihn zermürben!
selbst, wenn er bei der Scheidung "Sieger" bleibt, wird er all die Jahre verlieren, die seine Erinnerung, seine Vergangenheit - sein bisheriges Leben - ausmachen!

Nun kann das dazu führen, dass er seiner "Ex" etwas schuldig ist!
Unterhalt? Freundschaftliche Zueignung (Hilfe)?

Vielleicht steht sein Einkommen ja nicht allein ihm zur Verfügung?
(Das wäre eine Möglichkeit, warum Dir "Knappheit" als Geiz vorkommen kann! Warum irgendwo gelesene Geldbeträge nicht immer stimmen!).

Ist auch der Partnerin nicht immer zu vermitteln, wenn man der "Ex" was gibt, was ihr nicht gerichtlich zugesprochen wurde?

Der zweite mögliche Grund für sein Verhalten: auch eine "verkorkste Ehe" bietet einem ein Mindestmaß an Geborgenheit und Sicherheit!
Das hat er aufgegeben!
Er wollte diese Beziehung nicht mehr und Du wirst niemals für diese seine Entscheidung Verantwortung tragen, oder gar Schuld!

Aber er wird vielleicht in Deiner Liebe den Grund gesehen haben, etwas "ungeliebtes" aufzugeben!
Und merkt nun, dass zu dem "Rettungsring", den er braucht, um sich sicher zu fühlen, Liebe allein nicht ausreicht! So erfüllend und schön sie auch sein mag!

Ihm fehlt die "Sicherheit", die ihm die "Gewohnheit" (der Ehe) geben konnte, selbst, als sie ihm ungeliebt worden ist!

Vielleicht braucht er, nachdem er all seine "Planziele" aufgegeben hat, einen neuen Plan? Etwas, was er sicherlich gerne mit Dir zusammen angehen wird! Etwas, was ihm die Zuversicht gibt, mit Dir "an einem Strang zu ziehen", auch, wenn es nur um solche trivialen Dinge wie Geld geht.
Vielleicht reicht es ja wirklich, wenn Du ihn fragst, wie ihr es schafft, den nächsten Kühlschrank ohne Kredit zu finanzieren?

Oh je, Barbara!

Ich würde Dir gerne noch all die tausend anderen Gründe nennen, die aber auch nur den selben Sachverhalt aus anderen Blickwinkeln ein wenig deutlicher machen können, warum ich glaube, dass Dein Freund sich eigentlich total widersprüchlich fühlen wird:

von einer Liebe erfüllt! Bei der er weiß, dass es euch beide gleichermaßen erfüllt!

mit dem Gefühl, dass ihn all eure Liebe nicht wird auffangen können, sobald Du (wie er selber seiner Ehefrau gegenber) merken wirst, dass er nicht mehr in Deinen eigenen Lebensplan passt!


Und er darf (hoffe ich) davon ausgehen, dass Dein Kind eher zu Deinem eigenen Lebensplan gehören wird, als irgendwer sonst!

Er fühlt sich nicht als zu Dir "passend"! so sehr er auch zu Dir gehören will!

Es bleibt nur Eins, dass ich Dir raten kann und will:

Sprich offen und ehrlich mit ihm darüber, wie Du Dir Dein Leben vorstellst!
Frag ihn, was er von Dir - außer aller Liebe - von Dir erwartet!
Fragt euch gegenseitig, wann ihr den Anderen für zu "aufwändig" erachten werdet, dass ihr ihn in "gewerbliche Pflege" verbringen wollt!
Macht euch beide kompromisslos klar, was jeder von euch in der Beziehung braucht! Wovon er nicht abgehen kann und wird!

Macht einen gemeinsamen Plan!

Schaut auf die "Planzeiten", die euer Plan zur Realisierung braucht!
(einem 54-Jährigen ist es nicht so leicht zu vermitteln, wenn es 10 Jahre braucht, um ein Ziel zu erreichen, dass er für eure "gemeinsame" Zukunft als "Unverzichtbar" hält!)
Wenn Planzeiten verlängert werden müssen, sollten Sachargumente ausschlaggebend gewesen sein!
(Völlig untauglich: "Ich war noch nicht bereit dazu", oder Ähnliches)!

Ich mag es auch einmal hart sagen: Du hast mit Deiner eigenen statistischen Lebenserwartung noch ungefähr (hoffentlich mehr!) 40 Jahre, die Du verplanen kannst! Dein Freund 16 Jahre?

Ihm tut jeder Tag mehr als Doppelt so weh, wie Dir, wenn er etwas planen will und es mit der Abstimmung nicht funktioniert!

Ich selber würde (wegen ähnlicher Lebenserwartung, wie die Deines Freundes) sagen, dass jeder Tag einer unerfüllten Hoffnung mehr wiegt, als der Monat ganz ohne Perspektive!
Weil jedes "in Hoffnung gehalten werden" auch "gestohlene Planzeit" ist!

Es wird also für Deinen Freund darauf ankommen, ob die Perspektiven, die eure Beziehung ihm in seiner "Restplanungszeit" eröffnen, ihn in seiner gesamten Lebensplanung weiterbringen!

Und wenn Du ihm ohne Umschweife heute sagst:"so nicht"!

Wird es ihm sicherlich besser bekommen, als wenn Du täglich oder wöchentlich Entscheidungen aufschiebst, die ihm auch nur signalisieren, dass Du dem "IHR" als Gemeinschaft keine schlüssige Antwort geben kannst!

"Ja! Ja!" oder "Nein! Nein!"
Was darüber hinaus geht, ist unnützes Geschwätz!

In einer Partnerschaft muß (!!!!) man sich zu einer gemeinschaftlichen Aussage durchringen! Einigen!

Schieb es nicht auf!

Du sollst und darfst nichts erdulden oder mit Dir geschehen lassen!

Und für Deinen Freund wird es eine unverzichtbare Erkenntnis sein, wenn er durch Dein "Nicht Zögern" weiß, dass er es mit Dir weder mit einer Marionette, dessen Fäden er zieht, noch mit einer, die selbst nicht entscheiden kann, was sie wirklich will, zutun hat!

Bitte nimm meinen Versuch, ihn zu verstehen, nur als den Versuch, Dir Argumente zu vermitteln, die er Dir vielleicht nicht verständlich machen kann.
Siehe es niemals als "Argument", dass Dich dazu verleiten soll, ihm entgegenzukommen, wenn Du es anders siehst!
Ich habe eine Art, Sachen zu sehen: das soll und darf für Dich nicht bedeuten, dass ich "Recht" habe!
Was für Dich richtig ist, mußt Du immer und in jedem Fall selber entscheiden!

Und selbst, wenn Du meinst, dass ich Deinen Freund richtig getroffen habe: es ist immer noch kein Argument dafür, dass er "Der Richtige" für Dich ist!

Das ist wohl nur der Fall, wenn Deine Liebe nicht Mitleid wird!
Und wenn Du feststellen kannst, dass er in Deine Lebensplanung hineinpasst!

Alles Liebe,

Bernd