Problem von Anonym - 21 Jahre

Mein Vater und sein neues Leben

Hallo Liebes Kummerkasten Team,

ich habe hier schon einige Beiträge von anderen gelesen die ungefähr die selbe Situation haben wie ich.


Zu meiner Situation gehört schon eine lange Vorgeschichte, die wichtig ist zu wissen um mich vielleicht ein bisschen besser zu verstehen...


Ich bin 21 Jahre alt und meine Eltern haben sich geschieden als ich 2 Jahre alt war. Mit dieser Trennung hat ( auch wenn man denkt mit 2 Jahren bekommt man das noch nicht so mit) getrennt. Diese Trennung hat meine Mama und mich total fertig gemacht, sodass ich einige Zeit später ( mit 12 ) auch in Therapie musste. Ich hatte das alles nicht richtig verkraften können hatte Essstörrungen und andere psychische Probleme. Nach dieser Therapie konnte ich besser mit dem Thema Mama und Papa umgehen jedoch war der Wunsch nach einer "richtigen Familie" immernoch da.

Als ich ungefähr 6 war lernte mein Vater seine neue Freundin kennen. Da ich damals noch so jung war und wahrscheinlich noch gar nicht viel darüber nachgedacht habe, ist es mir auch nicht schwer gefallen die Freundin zu akzeptieren. Ich hatte nie Probleme mit ihr und verstand mich immer gut. Jedoch war der Wunsch das das meine Eltern wieder zusammen kommen immer noch groß.

Ich war immer ein Papa-Kind auch wenn wir schwere Zeiten hatten ( er hat oft Gewalt angewendet) trotzdem hatte ich immer eine bessere Beziehung zu ihm anstatt zu meiner Mutter. Mit 16 hatte ich schwere Zeiten mit meiner Mama nur Streit, Geschreie und sie hatte mich öfter aus der Wohnung rausgeschmissen. Dadurch war Papa für mich immer mehr zu Nummer 1 geworden. Wir sind uns so gleich und nah und er ist der wichtigste Mensch in meinem Leben! Mit 19 Jahren ist mein Vater dann in ein Haus sehr weit weg von mir gezogen... Das tat mir schon ziemlich weh, ich konnte nicht mehr einfach zu ihm wenn etwas war, er war mir so fern aber nach einigen Monaten fand ich mich damit ab. Viel Zeit ist vergangen nun bin ich 21 Jahre alt und vor 2 Tagen kam dann nach 21 Jahren die Hammer Meldung.

Mit 51 Jahre ( seine Freundin 40 ) bekommen sie noch ein Kind. Ein Mädchen ! Für mich ist die Welt zusammengebrochen wir waren beim Essen so wie immer im Restaurant und kurz vor dem Gehen wird mir die Nachricht wie eine Backpfeife reingeknallt, das ich eine Halbschwester bekomme. Ich fiel in einen Schockzustand. Schnell wurde mir dann auch noch ein Ultraschall Bild hingeknallt ich sollte mir den Namen aussuchen und könnte dann auch noch Babysitten am Wochenende.. Mit Tränen in den Augen lief alles wie ein Film an mir vorbei. Ich wollte nicht weinen ich wollte IHR nicht Ihr Glück versauen. Ich konnte aber auch nicht herzlichen Glückwunsch sagen. Ich wollte nur noch gehen, Essen konnte ich sowieso nichts mehr. Ich ließ mir eine Ausrede einfallen das ich gehen müsse und verabschiedete mich ganz normal, ging zu meinem Auto und dort brach alles aus mir heraus. Ich fing an zu zittern konnte nicht aufhören zu weinen und zu wimmern. Ich konnte kein Auto fahren und dachte nur das mir mein Herz rausgerissen wurde.

Nach langer Zeit fuhr ich nachhause. Wie sollte ich das meiner Mutter erklären, meine Mama die wegen ihm schon so viel gelitten hatte ?! Ich weinte und weinte die ganze fahrt lang und kam auch weinend zuhause an. Dann erzählte ich ihr die Sache und brach zusammen. Ich hatte einen Nervenzusammenbruch und stehe gefühlt wieder kurz davor. Mein Papa, den ich so sehr liebe. Er nannte mich immer seine Prinzessin sein Ein und alles und einzige Tochter. Ich komme damit nicht klar, mit dem Gedanken das er zu einer anderen 21 Jahre jüngeren auch sagen wird das sie sein Ein und Alles ist, seine Tochter. Ich komme damit nicht klar das auf seinem Geburtstag bald noch jemand Papa ich hab dich lieb sagt. Ich will nicht das er die selben Gefühle auch für ein anderes Kind hat und ihr alles gibt was er mir gegeben hat. Es ist Egoistisch ja ich weiß aber nach 21 Jahren innigster Beziehung kann ich nichts anderes sagen. Es geht mir nicht darum das ich denke das er mich weniger lieben wird oder keine Zeit mehr für mich hat, ich denke das er und ich trotzdem Kontakt haben und er sich wie immer bei mir melden wird. Es geht mir darum das ich nicht damit umgehen kann das jemand die selben Gefühle von ihm bekommt die ich auch bekomme, dass jemand auch zu ihm Papa sagt. Ich bin seine Prinzessin und Tochter und nicht ein 21 jähriges jüngeres Kind.

Da ich psychisch schon sehr labil bin wenn es um meine Eltern geht habe ich Angst das z.B die Essstörungen wieder kommen oder etwas anderes. Ich kann nicht glauben das er mir sowas antut für mich ist es das schlimmste was mir passieren könnte ( abgesehen vom Tod)

Seit Montag habe ich keinen Kontakt mehr zu ihm ich will ihn nicht sehen, sprechen oder hören. Ich kann nicht mit ihm darüber reden mein Vater ist ein Typ Mensch der keine ernsten Gespräche führen kann er zieht alles ins Spaßige und macht aus allem ein Witz obwohl er merkt wie berührt sein Gegenüber ist. Deswegen bringt ein Gespräch nichts. Außerdem wird er mir nur sagen können das er mich genauso liebt wie vorher und sich nichts ändern wird. Das ist aber NICHT mein Problem. Mein Problem ist das ich nicht einsehen kann nach 21 als Einzelkind jemand anderes sagen zu hören " das ist auch mein Papa , er liebt mich genauso wie dich" das will ich nicht !!! Ich weis es gibt keine Lösung denn man kann es nicht rückgängig machen aber ich weiß auch nicht was ich tuen soll.

Ich ekel mich so vor ihm und bin so enttäuscht wie kann man mit 51 noch ein Kind bekommen jeder denkt doch es sei ihr Opa und wenn sie 15 ist ist er 66 wenn überhaupt noch ( Gott bewahre) aber in unserer Familie ist kein Mann älter als 64 geworden.

Ich kann seit dem Tag nichts mehr essen, nicht mehr schlafen bekomme Heulanfälle und die dauern dann bis zu 4-5 Stunden. Meine Gedanken sind woanders und ich habe kein Grund mehr zu Lachen. Ich habe Angst das ich wieder zum Psychologen muss aber im Moment sieht es nicht anders aus.

Er ruft seitdem immer an aber ich gehe nicht mehr dran ich will nichts mehr von ihm hören. Ich versuche mich damit abzufinden das ich keinen Papa mehr habe. Ich werde niemals akzeptieren können ,dass das Baby dabei ist ich will sie als Familie nicht zusammen sehen !
Sie hat die Familie und die Zeit mit MEINEM Vater jetzt, die ich immer wollte, diese " heile" Familie.. Ich bin so am Boden zerstört und bitte dringend um Rat. Wie gesagt ein Gespräch führt zu nichts weil man mein Problem eigentlich nicht lösen kann. Das Baby ist nunmal da und man kann es nicht rückgängig machen. Aber mich so zu überrumpeln einfach so beim Essen und mich zum Babysitten zu bitten finde ich echt zu krass. Das ist nicht mein Vater den ich einst so geliebt hatte...

Es ist ein ziemlich langer Text ich hoffe man kann mich verstehen und Ihr könnt wenigstens ein bisschen nachvollziehen wie ich denke und was ich fühle. Ich danke euch im voraus


LG

Dana Anwort von Dana

EDIT: und schon ist ein externes Leserfeedback für dich angekommen:

Link: http://mein-kummerkasten.de/298005/Feedback-zu-Mein-Vater-und-sein-neues-Leben.html

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Liebe Unbekannte.

Ich habe dein Problem jetzt zweimal gelesen, damit mir auf keinen Fall etwas entgangen ist. Dann habe ich eine ganze Weile gegrübelt, wie ich mit dir darüber schreiben soll. Denn das, was sich bei mir im Kopf gebildet hat, ist sicher nicht das, was du hören möchtest. Ich habe mich entschieden, dir sehr ehrlich zu schreiben, was in mir ist, seit ich das Problem gelesen habe und möchte, dass du es dir bis zum Ende wirklich durchliest, dann ein, zwei Tage sacken lässt und dann nochmals liest.

Es ist mir wichtig, dir zu sagen, dass ich dich VERSTEHEN kann, dass Bauch und Herz manchmal dann solche Signale senden. Es ist mir wichtig, dir zu sagen, dass ich dich als Menschen nicht verurteile und völlig neutral einstufe. Ich bin nicht gegen dich, ich bin für dich. ABER ich möchte dir gerne sagen, dass ich dich gerne "gegen dich selbst" beraten möchte.

Du liebst deinen Vater? Das zeigst du ihm gerade sehr wenig.
Ja, du bist extrem egoistisch und besitzergreifend.

Ich weiß, es tut weh, so etwas direkt ins Gesicht gesagt zu bekommen. Ich möchte daher gerne aufarbeiten, warum ich dir das sage. Warum tröste ich dich jetzt nicht und ergreife Partei für dich? Weil ich denke, dass du klug genug bist, nach einer Weile diese Situation so zu sehen, wie sie ist.

Deine Eltern haben sich scheiden lassen. Sie hatten dafür sicher Gründe und konnten miteinander einfach nicht leben. Das haben sie als Mann und Frau entschieden, nicht als Vater und Mutter. Das muss man trennen. Dein Vater hat ein neues Glück gefunden, mit einer neuen Frau. ABER du warst IMMER Teil seines Lebens und bist ihm nahe geblieben, das bedeutet, du bist ihm SO wichtig, dass er dich immer in seinem Leben haben wollte. Da unterscheidet er sich von unglaublich vielen Vätern, die sich mit einer neuen Familie eher von der alten Familie absetzen. Er gehört eindeutig zu dem "guten Teil" der Väter, die ihre Kinder wirklich lieben und weiterhin den Kontakt pflegen und die Nähe zulassen. Auch seine Freundin hat den Kontakt mit dir aufgebaut, was auch nicht immer so selbstverständlich ist. Das bedeutet, dass sie beide feine Menschen sind und DU SELBST auch ein feiner Mensch sein musst, dass sie den Kontakt weiter wollten.

Deine Mutter scheint einige Probleme zu haben, die aber nicht unbedingt nur mit der Scheidung zusammen hängen, so scheint es mir jedenfalls. Probleme sind meist vielschichtiger und man kann die Scheidung, die Trennung und deinen Vater nicht als einzigen Grund hinstellen. Übrigens auch nicht die Tatsache, dass dein Vater eine glückliche neue Beziehung hat, während deine Mutter dies wohl nicht hat.

Und genau hier machst du den entscheidenden Fehler. Du isolierst dich selbst, wendest dich ab.
Hat dein Vater irgendwie verlauten lassen, dass DU NICHT TEIL dieser (neuen) Familie bist? Mit Sicherheit nicht. Im Gegenteil! Es wurden schon Zukunftspläne gestrickt, wie du weiterhin ganz normal und natürlich Teil bleibst. Dein Vater hat das absolute Recht, noch Kinder zu bekommen, wenn er das will. Und wenn du ihn liebst, stellst du dich dieser Tatsache nicht in den Weg! Er darf das! Er hat ein Recht auf Glück. Und er will dich an seinem Glück und weiterhin an seinem Leben unbedingt teilhaben lassen, siehst du das nicht?

Du bist lediglich sauer, weil du immer seine Prinzessin warst und nun wird da was Kleines geboren, das ebenfalls einen Platz im Herzen deines Vaters bekommen wird. EINEN Platz. Nicht DEINEN Platz. Und das musst du dringend trennen lernen, sonst wirst du dich selbst aus der Familie heraus katapultieren. Nicht dein Vater tut das, DU tust es. Du bist extrem eifersüchtig und strafst gerade deinen Vater ab. Damit strafst du aber auch dich selbst ab, denn du nimmst dir selbst das, was dir wichtig ist.

Dein Vater ist nicht dein Besitz. Dein Vater ist ein unabhängiger Mann, der dich liebt, weil du seine Tochter bist. Und er liebt seine Freundin und er wird das neue Kind lieben. Aber Liebe steckt nicht in einer Aldi-Tüte und wenn man einiges an Liebe rausgeholt hat, ist dann nichts mehr drin! Liebe ist etwas, das bodenlos und kompromisslos verteilt werden kann! Das neue Kind ist kein Ersatz für dich! Es ist ein Ergebnis einer liebenden Beziehung. Auch du warst das Ergebnis einer liebenden Beziehung und selbst, wenn dein Vater keinen Kontakt mehr zu deiner Mutter hat, bist DU für ihn immer noch immens wichtig, das kann man sogar aus deinen verletzten Zeilen rauslesen! Du willst es nur gerade nicht sehen.

Wenn du auf deiner Meinung beharrst, wirst du vereinsamen und verbittern, was deinen Vater angeht. Und ich sage dir hier deutlich: Du bist nicht im Recht. Absolut nicht. Wenn du auf deinen Vater böse bist und ihm vorwirfst, dass er nochmals Papa wird, dann bist DU diejenige, die die Beziehung killt. Nicht dein Vater. Er hat dich in die Familie weiterhin eingeladen (obwohl du erwachsen und eigenständig bist!), will dich weiterhin als Teil der Familie sehen. Du hingegen hast dich rausgezogen, bist böse und unversöhnlich und willst deinen Dad als bösen Täter hinstellen, während du das Opfer bist. Aber dem ist nicht so. Ich kann nur hoffen, dass du das einsiehst, wenn du eine Weile durchgeatmet hast und mal an der frischen Luft warst.

Ich kann dir nur wärmstens empfehlen, diesen Fehler zu sehen, zu deinem Vater zu gehen, dich in seine Arme zu schmeißen und dich einfach mal von ihm durchknuddeln zu lassen. Und dann redet ihr in RUHE drüber. Sag ihm ruhig, dass du Angst hast, nicht mehr seine Prinzessin zu sein, sag ihm, dass du Angst hast, eure innige Verbindung geht flöten. Sensibilisiere ihn für deine Nöte! Das ist sicher nicht verkehrt. Aber dann kann er REAGIEREN! So, wie du es jetzt tust, haust du ihm die Tür vor der Nase zu und alles ist erledigt. Du wirst sehen, er wird erschrocken sein und dir sehr ehrlich sagen, dass du nach wie vor seine Kleine bist, die er über alles liebt.

Und das wird sich nicht ändern.

Es liegt rein an dir, da jetzt das Richtige draus zu machen. Und ich kann dir nur raten: suche den Kontakt zu deinem Vater, am besten sofort. Und am besten persönlich. Und wenn du zu seiner Arbeit fährst und ihn kurz im Büro oder wo auch immer besuchst. Glaub mir, wenn du dich ihm in die Arme geworfen hast, wird sich alles schnell klären und euch geht es wieder besser miteinander.

Und auch, wenn du das jetzt noch nicht siehst: du wirst MEHR Liebe bekommen. Denn da wird ein kleiner Mensch groß, der zu seiner großen Schwester aufsehen wird...und sie SEHR lieben. Das kann ich aus Erfahrung sagen, meine Geschwister sind auch in großem Abstand zu mir gekommen. Und sie haben mich immer sehr geliebt und tun das heute noch. Es ist etwas völlig anderes, wenn man so einen großen Abstand hat und es ist ein wundervolles Gefühl, eine Sechsjährige voller Stolz sagen zu hören: "Meine große Schwester ist...."

Denke einfach eine Weile über meine Worte nach. Und dann schlucke deinen Ärger, zeige deinem Vater DEINE Liebe und gib ihm die Chance, dir SEINE zu zeigen.

Alles Liebe,

Dana