Problem von Lisa - 14 Jahre

ES ist einfach nur oft sch...

Mir geht es sehr oft schlecht... In der Schule tue ich immer so als ob alles Super&Toll wäre selbst wenn ich mit meinen Freunden treffe sag ich auch immer mir geht es ganz gut oder Inordung. Aber Zuhause geht es mir eigentlich extrem schlecht. Meine Eltern streiten sich manchmal. Ich bekomme immer die Schuld egal was ich mache selbst wenn ich es nicht war sagen meine Eltern das ich es war. Das ist wieder eine der Sachen die mich verletzen. Oft halte ich das nicht aus dieses auf immer freundlich tun und fange dann an zu weinen. Selbst ich weiß das ich den anderen und mir nur was vorspiele und eigentlich nicht ehrlich zu mir selbst bin. Zu meinen Freunden sag ich zwar manchmal wenn mich mal was nervt. Manchmal habe ich auch diese Tage wo ich denke das Selbstmord eine Lösung wäre um den Problem mit Freunden,Familie, Schule zu entfliehen. Irgendwie wollte ich nie alt werden sondern mich selbst später umbringen.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo Lisa!

Ich möchte dir Mut machen, denn du hast etwas Entscheidendes erkannt: Anderen ständig etwas vorzuspielen kostet entsetzlich viel Kraft. Und die fehlt dir dann, um die Höhen und Tiefen des (täglichen) Lebens zu bewältigen. In deinem Fall z.B. die Konflikte mit deinen Eltern: Vor lauter Nettsein kannst du dich einfach nicht wehren, ihnen nicht deine Wut und Verletzlichkeit zeigen!
Dass du auch schon an Selbstmord gedacht hast, verwundert mich da gar nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Menschen schon einmal so verzweifelt waren, dass sie solche Gedanken hatten. Kein Wunder, denn wir leben nicht in einer Welt, in der es immer schön und angenehm ist. Allerdings stehst du derart unter Druck, dass du vielleicht in letzter Zeit öfter daran denkst.

Ich versuche mich an einem bildlichen Vergleich: Angenommen, du bist Kapitän auf einem Schiff. Das Schiff ist auf hoher See, wo es an manchen Tagen recht ruhig zugeht, an anderen Tagen aber Sturm und viel Regen aufkommt. Du bist also tagtäglich für das Schiff, für euer Transportgut und die Mannschaft verantwortlich. Um dich herum sind noch andere Schiffe und du bist ständig bemüht, immer ein blütenweißes Segel und ein aufgeräumtes Deck zu haben. Du polierst und wäschst, nur damit dich anderen Kapitäne sehen, was für ein makelloses Schiff du hast. Gleichzeitig entgeht dir, dass es plötzlich ein Loch im Schiffsbauch gibt, wo immer mehr Wasser einströmt... du bist so sehr mit dem schönen Schein an Deck beschäftigt, dass dir das wirkliche Problem total entgeht. Bis es fast zu spät ist... zum Glück hast du ein paar tapfere Matrosen an Bord, welche dich noch rechtzeitig auf das Unglück aufmerksam machen. So könnt ihr gemeinsam das Schiff retten, ohne darauf zu achten, was die anderen Kapitäne sagen.
Die Matrosen in diesem Bild sollen deine Gefühle sein. Sie sind gerade aktiv, sie schlagen Alarm! Sie zeigen dir, dass es so nicht weitergehen kann. Denn kein Mensch schafft es, immer gut gelaunt, entspannt und kontrolliert zu sein. Ein Mensch sein heißt, viele verschiedene Gedanken und Gefühle zu haben und diese auch zu zeigen. Vielleicht nicht immer und jedem, aber grundsätzlich lebt es sich einfacher, wenn man hinnimmt, dass nicht jeder Tag voll Sonne sein kann. Trauer, Wut, Angst, Zweifel, Überforderung, Eifersucht, Neid und all die anderen Mitglieder deiner "innerlichen Mannschaft" wollen sich genauso an Deck zeigen dürfen wie Stolz, Freude, Spaß, Mut, Kraft, Talente,.... sie wechseln sich ab, wenn man es zulässt. Eine traurige Minute kann von einer heiteren Stunde abgelöst werden und umgekehrt.

Es fällt dir bestimmt nicht leicht, den nächsten Schritt zu gehen, also nicht immer an Deck zu stehen, sondern auch mal mit den Matrosen irgendwo im Schiffsbauch in schmutzigen Ecken herumzukriechen, um Löcher abzudichten...
Such dir doch eine Freundin/einen Freund aus, bei dem du mal etwas von deinen nicht so fröhlichen Gedanken äußerst. Es muss ja nicht gleich alles sein, was dir gerade auf dem Herzen liegt. Du kannst mit einem leichter verständlichen Thema "vorfühlen", ob du gehört und verstanden wirst. Wenn das der Fall ist, kannst du immer mehr von dir preisgeben bzw. auch nach den Empfindungen und Erfahrungen deiner Freunde fragen. Echte Freunde hören zu, sagen vielleicht ihre eigene Sicht, trocknen auch mal Tränen und sind einfach für dich da. Sie freuen sich bestimmt, wenn du dich ihnen öffnest. Das ist ja ein Vertrauensbeweis und daher sehr, sehr wertvoll! :)
Außerdem könntest du deine Gedanken in einem Tagebuch festhalten. Das gibt zusätzlich Kraft, Erleichterung und Sicherheit, besonders dann, wenn mal niemand zum Reden da ist. Auch die Gedanken, die man niemandem zu sagen wagt, sind dort gut aufgehoben.

Wenn du dich auf diesen Versuch einlässt, wirst du merken, wie erlösend es ist, einfach man selbst zu sein. Das tut richtig gut. Wir sind keine Roboter, die nur auf Lächeln programmiert sind, zum Glück! Das Leben ist so viel aufregender und reicher, wenn alle Matrosen an Bord UND an Deck sein dürfen. Und dann werden bedrückende Gedanken auch ganz schnell kleiner.

Ich wünsche dir alles Liebe!
Nuala