Problem von Lea - 15 Jahre

Suizid..

Hallo,
dann fange ich auch mal gleich an... Ich möchte mich umbringen.... Wobei ich denke das ich es nicht wirklich will sondern das es besser wäre.. Ich ritze mich schon seit ungefähr 2 Jahren und fast niemand weiß es außer meine Beste Freundin...

Ich fühle mich nirgends wohl, nicht mal in meiner Familie, klar liebe ich meine Eltern über alles,
aber es gibt oft Momente wo ich mir denke es wäre einfach besser alleine zu sein.

Über meine Probleme rede ich ungern und möchte sie eigentlich nicht erwähnen, trotzdem erzähle ich ein bisschen.

Ein teilweise großes Problem ist mein Bruder.. er schikaniert mich übelst, schlägt mich und macht mir einfach mein Leben zur Hölle.
Ich habe zwar freunde.. aber leider die falschen.. ( ich möchte nicht unbedingt mehr drauf eingehen)
Es gibt sehr viele Gerüchte über mich und meiner Familie, das wir Assozial und Hartz-4 Empfänger sind. Dabei stimmt das nicht, wir sind weder Assozial noch Hartz-4 Empfänger, ( ich habe nichts gegen Hartz-Empfänger) Beide meiner Eltern Arbeiten und verdienen gut, wir sind nicht reich aber auch nicht arm. Klar gibt es oft Situationen wo wir auf das Geld achten müssen, aber wer tut das nicht?
Es ist auch so das ich in der Klasse fertig gemacht werde. Da ich auch die einzigste Deutsche in der Klasse bin.

Mein aussehen gefällt mir nicht... Ich bin nicht dick...oder auch nicht zu dünn.. Ich gefalle mir einfach nicht..

Meine beste Freundin wohnt 7 stunden (mit dem auto) entfernt von mir, wir haben uns über das Internet kennengelernt. Wir Telefonieren oft über Skype, und machen auch die Cam an. wir gehen uns jetzt fast 1 Jahr. Sie ist die einzigste Person im Leben die ich freundin nennen kann.

Zurück zu meinen Problemen zuhause... ich bin mit meinem Bruder zusammen in einem Zimmer.. Das recht klein ist.
Wir sind noch nie umgezogen, ich weiß nicht wieso aber ich glaube meine eltern wollen einfach nicht umziehen.

ich fühle mich nutzlos, kann nachts kaum schlafen, grübel sehr viel und verletze mich selbst.
Ich habe manchmal Herzschmerzen, aber möchte es niemanden erzählen, aus angst niemand glaubt mir.

Es sind nicht meine ganzen Probleme... über viele möchte ich einfach nicht reden.

Mein absoluter Wunsch wäre es wenn ich und meine Familie einfach nur ganz weit weg ziehen, das ich dort neue Freunde finde.. meine Ängste vergesse....

Ich könnte noch so viel erzählen.. aber das mit dem vertrauen ist so eine Sache....

Ich habe sehr oft das verlangen mich umzubringen...


Lg Lea..

Dana Anwort von Dana

Liebe Lea!

Es ist einfach schlimm, dass Lebensumstände einen manchmal dazu bringen, sich selbst und das ganze Leben in Frage zu stellen. Leider geschieht dies öfter als man so denkt...und so ist es auch dir passiert.

Durch die Faktoren in Schule, Familienleben, Wohnsituation gewinnst du die Erkenntnis, nicht wertvoll und wichtig für die Welt zu sein...und am besten doch gar nicht zu existieren, dann wären alle Probleme gelöst. Klar, wären sie. Es wäre ja nichts mehr da. Nichts. Alle Probleme auf einen Schlag weg, aber auch alles sonstige. Keine Freundin mehr bei Skype, keine Umarmung der Eltern mehr, keine Chancen auf spätere Freude und Erfolg im Beruf, keine Chancen mehr auf einen netten Freund oder sogar eine eigene Familie...nix. Du schreibst: "ich will es nicht wirklich, aber es wäre besser.." Was genau wäre besser daran? Mir fällt kein einziger Grund ein.

Das Gute ist, dass du selbst merkst, dass es eben NICHT besser wäre, sonst hättest du es vermutlich schon getan. Du selbst merkst, dass etwas ANDERES besser wäre...nämlich die Änderung deiner Lebensumstände, damit alles besser wird. Und genau DA setzen wir beide jetzt zusammen an.

Schauen wir mal auf deine Probleme. Ich fasse mal in Stichpunkten zusammen, was oben steht:

- ritzen
- Bruder, der dich übelst behandelt
- Wohnsituation (Zimmer mit diesem üblen Bruder)
- falsche Freunde
- blöde Klasse
- eigenes Nichtgefallen
- nur eine Freundin
- nutzlos fühlen, Schlafschwierigkeiten, Herzschmerzen

Das sind die Probleme, die du mir aufgeschrieben hast. Es mögen nicht alle sein, ich verstehe auch, dass es schwer ist, sich jemandem zu öffnen, den man überhaupt nicht kennt. Aber dein Leidensdruck scheint so groß zu sein, dass du es wenigstens versucht hast. Und das ist doch schon mal ein guter Schritt.

Lea, du möchtest nicht sterben oder "weg sein". Im Gegenteil. Du möchtest Besserung für deine Lebensumstände, das sieht man deutlich. Und dazu hast du auch das Recht. Ich bin der Meinung, dass zwei Faktoren dein Leben schon um einiges verbessern würden.

1. ein eigenes Zimmer (welches du mit 15 auch haben solltest!)
2. eine neue Klasse

Lea, es wird Zeit, dass du dein Glück in deine Hände nimmst und für deine Rechte und dein Wohlfühlen eintrittst. Du bist es wert!

Ihr müsst überhaupt nicht "weit weg ziehen", damit deine Lebensumstände besser werden können. Manchmal reichen kleinste Faktoren, damit es besser wird. Und um das zu erreichen, wirst du REDEN müssen, Lea. Schnapp dir deine Eltern in einer ruhigen Minute und erkläre ihnen, dass du wirklich stark leidest. Dir zur Info: Kinder haben ein eingetragenes Recht auf Privatsphäre und man kann eine 15jährige, die in der Entwicklung zur Frau steht, nicht in ein Zimmer mit ihrem Bruder stecken. Das geht einfach nicht. Du hast das Recht auf deinen privaten Raum. Da ihr nicht arm seid, wie du schreibst, müsste es möglich sein, eine Wohnung zu finden, die eben vier Räume hat (drei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer). Auch wenn deine Eltern darüber niemals nachgedacht haben, zwinge sie dazu. Freundlich und respektvoll, aber dringlich. Du brauchst deine eigenen vier Wände, die hättest du schon mit 12/13 gebraucht. Dass deine Eltern das nicht sehen, macht mich sehr stutzig. Verstehen sie nicht, was mit dir da passiert? Sehen sie nicht, dass du und dein Bruder nicht klar kommt? Dass es da überhaupt Redebedarf geben muss und deine Eltern dir dein Zimmer nicht von selbst zugestehen, ist sehr schade. Aber egal, sprich es bitte an.

Was deine Klasse betrifft: normalerweise rate ich Mobbing-Opfern nicht dazu, die Klasse zu wechseln, sondern fange woanders an. Bei dir ist es anders, da du schreibst, du seist die einzige Deutsche in deiner Klasse. Wenn dies wirklich so ist, kann ein Klassen- oder Schulwechsel dir starke Erleichterung verschaffen. Ich weiß nicht, ob du momentan die Kraft hättest, diesen ganzen Weg zu gehen, der mehr Akzeptanz bedeutet, da hier nicht nur seelische Missverständnisse vorliegen, sondern wahrscheinlich auch kulturelle, da ist das Ganze noch schwerer. Dieses Fertigmachen geschieht meist aus Unsicherheit heraus (der Mobber, nicht der Gemobbten!) und kann meist nur mit viel Geduld und Mühe abgestellt werden. Hier haben wir aber auch kulturelle Probleme, eben weil dir andere Kulturen entgegen treten, mit anderen Einstellungen etc...da könnte es länger dauern, das in den Griff zu kriegen und ich glaube, bei dir müsste momentan einfach schnell eine Änderung her, damit es dir besser geht.

Bitte also deine Eltern zum Gespräch und setze die beiden Punkte auf die Tagesordnung. Bitte sie darum, dir wirklich zuzuhören, dich ausreden zu lassen und bemühe dich um Sachlichkeit. Schreibe dir notfalls auf, was du sagen möchtest. Es kann passieren, dass du weinen musst, das ist ok, aber versuche, keine Vorwürfe zu bringen, sondern nur die Tatsache, dass es dir seelisch wirklich schlecht geht und du diese beiden Änderungen haben MUSST, um wieder Land zu sehen. Du liebst deine Eltern, sagst du...und ich bin mir sicher, sie lieben dich. Vielleicht sehen sie das Problem gerade einfach nicht, sind zu beschäftigt mit anderen Dingen...dann muss man ihnen klar sagen, was gerade Sache ist. Bleibe respektvoll, aber trete für deine Sache ein, es ist zu wichtig.

Du bist Lea. Und du bist es wert.

Sollten deine Eltern dir nicht zuhören (was ich nicht hoffe!) oder dich nicht ernst nehmen (was ich auch nicht hoffe!), dann wäre das Nächste ein Gang zu einer Erziehungsberatungsstelle. Der Name klingt furchtbar, keine Ahnung, warum die den gewählt haben, es klingt nach "meine Eltern sind nicht fähig, mich zu erziehen und ich bin furchtbar ungezogen...", aber das ist Quatsch. Eine Erziehungsberatungsstelle ist Auffangstation für alle Probleme, die Eltern ODER Kinder haben. Das Gute: die Beratungen sind kostenfrei und die Berater unheimlich nett. Das Schöne: sie nehmen dich ernst und helfen dir so lange, bis das Problem aus der Welt ist. Da hättest du Fachleute an der Hand, die dir Rat geben können und die vielleicht sogar mit dir mit deinen Eltern reden. Einfach Hilfestellung vor Ort. Wenn du bei Google "Erziehungsberatungsstelle" und deine Heimatstadt eingibst, wirst du meist fündig, es sei denn, ihr wohnt in einem sehr kleinen Dorf, dann nimm die nächstgrößere Stadt, die für dich erreichbar ist.

Du hast das Recht auf einen eigenen Raum. Du hast das Recht auf Glücklichsein, auf stressfreies Lernen und Freude in der Klasse. Nimm es dir! Sorge dafür, dass du es bekommst! Richte die Wut und Verzweiflung nicht mehr gegen dich selbst (ritzen), sondern konfrontiere dein Umfeld damit. Das fordert Mut, ich weiß, aber es macht alles SO viel besser.

Im ersten Moment hat man den Eindruck, du liebst dich selbst so wenig, dass du einfach "nicht mehr da sein willst". Aber im zweiten Moment sieht man, dass da eigentlich eine kleine Lea in dir drin ist, die kämpfen will. Und daher spreche ich dich so an, wie ich es tue. Kämpfe, Lea. :)

Ja, ich weiß, das sieht jetzt wie ein Berg aus, der kaum zu überklettern ist. Aber wenn du es zB schaffst, den Mut zusammen zu nehmen und deine Eltern ernst und sachlich um ein Gespräch zu bitten, dann könnte das der Anfang eines neuen Lebens sein, das dir um so vieles mehr gut tut. Was meinst du?

Ich bin auch hier, falls du nochmals schreiben willst, mehr Mut brauchst oder mir erzählen möchtest, was daheim beim Gespräch passiert ist. Ich gehe erst einmal davon aus, dass deine Eltern dich lieben und dir zuhören. Aber denk dran, du hast mich hier in der Hinterhand und kannst auch gerne unter "Feedback" dann nochmals schreiben.

Lea, ich wünsche dir viel Erfolg und die nötige Kraft, dein neues Leben anzustoßen.

Alles Liebe!

Dana