Problem von Anonym - 16 Jahre

Vermisse alte Lehrerin

Hallo ,

Es begann alles in der 6. Klasse , als wir eine neue Referendarin auf unsere Schule bekamen.
Sie war ca. 28 Jahre alt , und sogar meine Landsfrau , was sie irgendwie direkt sympatisch gemacht hat. In der 6 & 7 Klasse hatte ich mit ihr unterricht , bis sie ihr Refrendariat abgeschlossen hat und die Schule wechseln musste. Wir bekamen eine neue Lehrerin in dem Fach und alles verlief normal , bis zur 9 Klasse , als wir anfingen über unseren Abschlussball zu reden , ich wollte dass wir sie einladen , weil ich sie immer total nett war.
Eine andere Lehrerin hat noch Kontakt mit ihr , daher weiß ich in welchem Stadtteil sie wohnt und auf welcher Schule sie unterrichtet , mehr nicht.
Seit der 9 Klasse vermisse ich sie , dass sind schon fast 1 1/2 Jahre . Ich muss jeden Tag an sie denken und ich verspüre eine Art Druck im Herzen. Immer wenn ich Musik höre treffen mich die Worte direkt ins Herz. Ich weiss gar nicht was ich tun soll. Auch wenn dass jetzt komisch klingt , ich habe alles im Internet durchsucht um irgendetwas zu finden , dass vielleicht meine Gefühle beruhigt , da ich sie richtig stark und das ist unbeschreiblich vermisse. Da seit der 7 Klasse einige Jahre vergangen sind , kann ich mir sie auch nicht 100% vorstellen , zum glück habe ich ein Foto von ihr , von ihrer neuen Schule.
Ich weiss wirklich nicht was ich machen könnte , ich würde alles dafür geben um mit ihr Kontakt zu haben , so oft habe ich noch nie an jemanden gedacht. Ich könnte die andere Lehrerin von meiner alten Schule fragen nach einer Telefonnummer , aber dafür bin ich zu schüchtern , da ich mir nie was anmerken lasse. Selbst wenn ich ihre Nummer hätte , ich würde zu viel Angst haben ihr zu schreiben , da ich nicht weiss ob sie mich überhaupt noch kennt , selbst wenn doch , sie hätte bestimmt kein Interesse mehr Kontakt zu haben.
Letzten Sommer war ich auf einem Fest , auf dem eine Freundin sie schon einmal getroffen hat , allerdings habe ich sie nicht gesehen.
Ich habe zwar keine Suizidgedanken , aber manchmal bin ich so stark traurig , dass ich mich frage was ich machen kann , ob ich sie jemals sehen werde , ob der Schmerz vergeht.
Ich habe so oft von ihr geträumt , oft sehe ich in Facebook Zitate , die mich richtig an sie erinnern.
Es mag vielleicht so klingen als wäre ich verliebt in sie , aber ich vermisse sie nur unsterblich doll und ich wäre echt gerne mit ihr gut befreundet.
Was kann ich denn nur machen , es schmerzt so im Herzen. Ich hab oft so eine Art dröhnen im Kopf. Manchmal hab ich echt keine Lust etwas mit Freunden zu unternehmen , da ich von der Trauer so müde bin
Ich will auch mit niemandem darüber reden , da es irgendwie eine komische Geschichte ist.
Ich hab sie in mein Herz geschlossen , aber ich weiß selbst nicht warum. Ein starker Auslöser war denke ich mal , dass sie meine Landsfrau ist.

Bernd Anwort von Bernd

Hallo,

Du hast zwar noch einmal geschrieben. Aber ich nehme nun diesen (vorletzten Text), weil er für mich am meisten aussagt: Deine Gefühlslage wohl am vollständigsten widerspiegelt.
Zuerst einmal habe ich versucht, das Alter Deiner Lehrerin zurück zu rechnen: Ein Referendariat dauert 18 Monate, also 1 1/2 Jahre. Vor dem Referendariat steht das Hochschulstudium mit einer Dauer von 4 - 5 Jahren. Wenn Deine Lehrerin ein normales Abitur gemacht hatte, konnte sie mit 19 oder 20 Jahren das Studium beginnen. Als Du sie kennen gelernt hast, war sie also wohl eher 25 Jahre alt.
Warum will ich Dir zeigen, dass sie jünger ist, als Du vermutest?
Für eine 12-jährige (also Dein Alter, als Du sie kennen lerntest) sind Menschen von 28 - 30 Jahren bereits "alte Säcke".
Das meine ich nicht einmal so böse, wie sich das anhören mag. (Bin ja selber einer :-))
Es ist bloß so, dass irgendwo in dieser Zeit viele Menschen sich komplett umkrempeln: vom revolutionierenden Studenten zum "angepassten" Etablierten.
Als Du diese Lehrerin kennen lerntest, warst Du selber in der ersten "Umkrempelungs"-Phase: der Pubertät.
Einen Grund, warum Dir gerade diese Lehrerin so ans Herz gewachsen ist, hast Du selber genannt: weil sie Deine Landsmännin ist. Das kannst Du getrost noch ein wenig weiter sehen. Darin steckt nämlich das Gefühl, Dich von ihr besonders gut verstanden gefühlt zu haben. Und das zu einer Zeit, wo Du wahrscheinlich (hoffentlich!) begonnen hast, langsam nach und nach alles in Frage zu stellen: die Eltern zu streng und verbieten alles, was Dir Spaß gemacht hätte? Die Schule und das Pauken für einen Abschluss, dessen Sinn man gerade nicht so richtig sieht?
Für junge Menschen in diesem Alter sind ältere Lehrer schon manchmal auch Vorbilder. Aber vor allem sind sie meist "unerreichbar": mit ihnen spricht man über ihr Fach, über Klassenarbeiten und Noten.
Aber nicht über seine Gefühle, Ängste und Sorgen? Ältere Lehrer flössen eher Respekt ein und man spürt den Abstand, der zwischen ihnen und den Schülern besteht?
Referendare und jüngere Lehrer suchen selbst noch ihren Weg: sie sind von ihren Schülern in vielen Dingen gar nicht so weit entfernt.
Das fängt bereits damit an, dass sie ja - wie ihre Schüler - noch immer nicht wissen, was einmal aus ihnen werden wird. Teilweise sind sie sogar abhängig vom Verhalten ihrer Schüler (bei den Probestunden).
Was ich Dir sagen will?
Ich kann mir gut vorstellen, dass Dich Deine Lehrerin sehr beeindruckt hat! Zu einer Zeit, als Du besonders verletzlich warst, mag sie Dir die Erwachsene gewesen sein, bei der Du Dich verstanden gefühlt hast?

Solchen Menschen (die uns in ganz speziellen Situationen unseres Lebens verstehen und begleiten und besonders nahe stehen) wirst Du noch oft begegnen. Wenn Du Glück hast, wirst Du sie erkennen und achten, wie Deine Lehrerin.

Ich will Dir auch verraten, warum Du Bedenken hast, ihr nun wieder zu begegnen. Warum Du nun nicht weißt, wie Du Dich verhalten sollst:

Vielleicht kennst Du es ja auch schon: Du hörst ein Lied. Und wenn Du dann die Augen schließt, öffnen sich mit diesem Lied ganz spezielle Bilder. Erlebnisse, Gefühle und Träume, die sich für Dich mit genau diesem Lied verbinden?!
Spiele mir "black bird" von den Beatles und ich werde schlagartig schwermütig werden :-)
Wenn Du Deiner Lehrerin nun nochmals begegnen wirst, stehen diese fast 2 Jahre eigenes Erleben zwischen euch.
Eine lange Zeit, in der sich jeder von euch beiden ganz persönlich und ganz unterschiedlich weiter entwickelt hat.
Das Leben ist keine CD, bei der Du nur dasselbe Lied auswählst, um all das wieder erleben (wieder fühlen) zu können, was es bei dem tatsächlichen Erlebnis ausgelöst hatte.
Das Leben ist aber auch Erinnerung! Je länger es währt, um so mehr Erinnerungen werden wir haben.
Am Ende nennen wir das wohl "Lebenserfahrung"?

Aus Deinen Zuschriften erkenne ich eine Sehnsucht. Ein Suchen nach dem Verständnis, dass Deine Lehrerin Dir damals vermitteln konnte?
Oder auch ein Suchen nach herzlicher Sicherheit?
Ein Suchen nach Deinem Weg?

Die Erfahrung, die die Erinnerungen an Deine Lehrerin in Dir wach halten: bewahre sie Dir!

Es ist schwer, sich auf den Weg zu machen, wenn man Menschen dabei hinter sich lässt, von denen man sich verstanden fühlte.
Aber es ist notwendig!

Du wirst es schaffen!

Alles Liebe,

Bernd