Problem von Anonym - 17 Jahre

Familienprobleme

Hallo liebes Kummerkastenteam,

Ich habe so was noch nie gemacht und ich bezweifle auch , dass mir weitergeholfen werden kann, aber ich brauche jemanden um das was mich bedrückt rauszulassen, da ich weder Familie noch Freunde damit "nerven" möchte. Ehrlich gesagt habe ich einfach große Angst davor in Tränen auszubrechen, da mir das sehr unangenehm ist ,vermeide ich Gespräche über meine Gefühlslage. Also ich schildere mal mein Problem und ich versuche es kurz zu halten , da es sehr komplex ist : meine Mutter hat sich nach vielen Jahren endlich dazu entschlossen sich von meinem gewalttätigen Vater scheiden zu lassen. Dieser terrorisiert uns immer noch und versucht uns so gut wie möglich Steine in den weg zu legen. Ein Stein , nennen wir es so, ist dass er die Wohnung in der wir leben gekündigt hat und wir in zwei Monaten schon ausziehen müssen, wobei wir bis jetzt noch keine Wohnung gefunden haben. Wir sind vier Personen, ich habe noch zwei jüngere Geschwister. Der Vermieter will den Mietvertrag nicht verlängern und wir haben wirklich alles was in unserer Macht steht versucht um was zu ändern, sind von Behörde zu Behörde gelaufen, haben einen Anwalt eingeschaltet, haben zich Formulare ausgefüllt und bis jetzt sind wir keinen Schritt weiter. Da mein Vater in einem seiner Wutausbrüche eine Tür beschädigt hat, droht uns der Vermieter nun auch mit einer Anklage . Meine Mutter arbeitet nicht da sie die ganzen Jahre über von meinem Vater mitversorgt wurde, dieser arbeitet nämlich. Ich weiß einfach nicht weiter, ich mache gerade mein Abitur und sehe das in gewisser Weise gefährdet. Außerdem mache ich mir sehr große Sorgen wegen der Anklage, ich wüsste nämlich nicht woher meine Mutter das Geld für die Anwaltskosten anschaffen sollte, falls diese Anklage wirklich rechtskräftig wird . Mir ist klar dass man Anträge beantragen kann, sodass dann die Kosten getragen werden, aber was ich meine und befürchte ist, dass wenn der Vermieter gewinnt und wir Schadensersatz zahlen müssen , dass dann meine Mutter ohne alles da stehen würde. Frauenhäuser etc haben wir kontaktiert und angefragt und niemand kann uns weiterhelfen , ich habe einfach riesengroße Ängste wegen unserer Situation, ich sehe meine Mutter regelmäßig weinen und ich merke auch dass ihr Lebensmut schwächer wird, ich versuche zu helfen wo es nur geht, aber die Schule nimmt sehr viel Zeit ein. Danke dafür dass es so was wie euch gibt, ihr habt mir bis jetzt noch nicht weitergeholfen aber das hier zu schreiben erleichtert mich ein wenig.

Monika Anwort von Monika

Liebe Unbekannte,

danke für deine Mail an uns, ich hoffe ich kann dir ein wenig weiterhelfen.

Erst mal finde ich es sehr gut, dass es deine Mutter geschafft hat sich zu trennen. Das war bestimmt ein sehr schwerer Schritt, denn Gewalt schüchtert ungemein ein und untergräbt das Selbstwertgefühl.
Man ist ja versucht zu denken, durch die Trennung hättet ihr es geschafft und endlich Ruhe und Frieden. Das ist wohl leider nicht passiert.

Trotzdem heißt es jetzt nicht aufgeben sondern weiter kämpfen!
Falls euer Vater wieder vor euer Tür steht und randaliert, euch beschimpft, bedroht etc. scheut euch nicht die Polizei zu rufen! Was möglich ist, wäre ein sogenanntes Kontaktverbot zu erwirken. Das heißt, euer Vater darf sich euch dann für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr nähern.
Da dein Vater die Tür eingeschlagen hat, glaube ich kaum, dass ein Richter euch die Kosten dafür aufbrummen könnte. Er hat den Schaden angerichtet, also muss auch er dafür haften!

Da er die Wohnung gekündigt hat, gehe ich davon aus, dass er sie gemietet hatte, als deine Eltern noch zusammen waren? Ihr solltet auf jeden Fall Unterstützung bei der Wohnungssuche erhalten. Es tut mir leid, dass eure Bemühungen bisher noch nicht erfolgreich waren - bitte nicht aufgeben! Schaut euch aber auch nach einer neuen Wohnung um. Das ist bestimmt nicht leicht, etwas für 5 Personen zu finden, aber auch nicht unmöglich.
Ihr habt schon viele Behörden und Anlaufstellen eingeschaltet, ich nenne dir trotzdem welche, die mir einfallen würden.
Einmal eine Sozialberatung zum Beispiel bei der Caritas. Die beraten euch bei allem rund ums Geld, haben eventuell auch Kontakte zu Vermietern und können sich gegebenenfalls auch mit dem Arbeitsamt in Verbindung setzen. Dieses würde euch finanziell unterstützen, falls euer Vater keinen Unterhalt zahlt. Für diesen Fall wäre ein weiterer Ansprechpartner das Jugendamt.
Wie du schon selbst geschrieben hast gibt es Frauenhäuser oder auch einen Frauennotruf, der Frauen berät, wenn sie körperlicher oder seelischer Gewalt ausgesetzt sind. Meist arbeiten die wiederum eng mit der Polizei zusammen. Auch bei der Polizei gibt es meist zuständige Beamte für häusliche Gewalt.

Das Ganze ist sehr komplex und wird sich nicht von heute auf morgen klären lassen.
Ich finde es sehr bewundernswert, dass du deiner Mutter unter die Arme greifen willst. Trotzdem darf und soll dein eigenes Leben nicht zu kurz kommen!
Wann triffst du dich noch mit Freunden oder gehst deinen Hobbies nach?
Gibt es unbeschwerte Momente, in denen du einfach abschalten kannst?
Was macht ihr als Familie gemeinsam, das euch gut tut?
Vielleicht kannst du deine Mutter auch entlasten indem du sie ein wenig ablenkst? Ein Spaziergang? Ein kleiner Ausflug? Ein schönes Essen kochen?
Alles was euch als Familie zusammenschweißt und stärkt, euch zeigt wir sind eine Einheit und wir lassen uns nicht unterkriegen, das sollte euch helfen!
Mit wem kannst du noch darüber sprechen. Das Schreiben hat dir bereits gut getan vielleicht würden dir Gespräche auch gut tun? Eventuell mit einem Vertrauenslehrer? Einem Mitarbeiter einer Beratungsstelle?
Bleib nicht alleine mit deinem Kummer!

Ich kann dich und euch nur darin bestärken euren Weg weiter zu gehen. Ihr habt den ersten Schritt gewagt und seit von eurem Vater weggegangen. Gebt jetzt nicht auf sondern kämpft weiter und versucht euch gegenseitig Mut zu machen und euch Energie zu holen indem ihr auch mal abschaltet und wieder schöne Erlebnisse habt.

Ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute
Monika