Problem von Alina - 15 Jahre

Sorge um meinen Schwarm!

Liebes Kummerkastenteam,
Erstmal danke das Ihr das hier durch lest. Ich hoffe ihr könnt mir helfen.
Ich bin seit knappen 2 Jahren in einen Klassenkameraden verliebt. Natürlich weiß keiner davon. Also ich (15) und mein Schwarm (16) gehen nun in die 10 Klasse. Unsere Abschlussklasse. Ich bin auch nicht wirklich beliebt, sodass wir kaum reden. Ich beobachte ihn eher aus der ferne.

Gut dann komme ich mal zum Problem. Das Problem ist, dass er sich seit dem Anfang des Jahres komisch benimmt. Er ist total anders! Er ist verdammt Respektslos zu den Lehrern, hört nicht auf sie und benimmt sich wie der letzte Dreck im Unterricht! Er gerät mit den Lehrern oft in Konflikten, beleidigt sie manchmal sogar. Es tut mir einfach weh, wenn ich ihn so sehe.

Als ich mal zum Arzt musste, habe ich ihn auf dem Weg dorthin mit seinen Freunden gesehen. Uns hat eine Bahn Schiene getrennt, die gerade unten war. Als er mich sah, sah er mich ich weiß auch nicht.. geschockt ? an. Aufjedenfall sah ich an ihn runter, und sah eine Zigarette! Dann kam der Zug durchgefahren und als der Zug weg war, war mein Schwarm ebenfalls verschwunden. Von da an, hatte ich bei ihm irgendwie immer so ein richtig schlechtes Gefühl. Als ich dann hörte, dass er Feiern gehen würde, verstärkte sich das Gefühl im Magen. Er kam am nächsten Tag total verkatert in die Schule, behandelte die Lehrer noch mieser als sonst. Das passiert nun fast jeden Tag! Ich sehe ihn immer mit anderen Klassenkameraden in die Raucher Ecke laufen, wenn er an mir vorbei läuft reiche ich immer schon den miesen Rauchgestank. Ich höre von ihm auch immer sagen, da er paar Plätze weiter sitzt, immer sagen wie viel er Trinkt und das es auch hin und wieder zum richtigen Absturz kommt. Ich mache mir verdammte Sorgen! Jedes Wochenende Kriege ich kaum ein Auge zu, weil ich ganz genau weiß das er auf irgendeiner Party ist und sich bis zur Bewusstlosigkeit trinkt. Ich habe Angst, dass er irgendwann in einer Ecke rum liegt, weil er zu viel getrunken hat. Ebenfalls tut es mir weh zu wissen, mit wie vielen Mädchen er was hatte. Ich meine, vor zwei Jahren war er noch der liebe Junge, der mich unbedingt zum lächeln bringen wollte und jetzt bringt er mich zum weinen. Letzte Woche, bin ich, als er angelehnt bei den Fächern stand, über seine Füße gestolpert und er hat sich leise Entschuldigt. Das hat mein Herz irgendwie wieder höher schlagen lassen. Ich will ihn vergessen, aber es geht einfach nicht. Auch wenn er irgendein Blödsinn baut, ich kann ihn einfach nicht hassen! Ich habe es das ganze Jahr versucht aber es geht einfach nicht! Er ist der erste, in den ich mich verliebt habe. Aber er ist so anders geworden. Ich mache mir immer sorgen um ihn.

Könnt Ihr mir bitte helfen ? Ich weiß nicht mehr was ich tun soll!
Danke für alles.

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Alina,

eines ist klar: Es ist super, dass du dir um deinen Schwarm Sorgen machst und erkennst, dass er sich in Gefahr bringt. Sowohl, was seine Zukunft angeht, als auch seine Gesundheit. Trotzdem ist ihm am wenigsten geholfen, wenn du dich deshalb ängstigst und verzweifelt überlegst, wie ihm zu helfen wäre. Ich führe unten noch aus, wie ich mir eine Hilfe für ihn vorstelle - wenn das möglich ist. Vorher sind mir noch ein paar andere Sachen wichtig.

Das Erste, was du unbedingt im Hinterkopf behalten solltest: Niemand verlangt von dir, ihn zu hassen! Schließlich hast du ganz richtig erkannt, dass es eben nicht nur die unvernünftige Seite an ihm gibt. Er hat auch eine fürsorgliche, nette und humorvolle Ader, und diese ist ja nicht von heute auf morgen verschwunden. Er lebt sie gerade nicht aus, das ist der Punkt. Weder musst du ihn vergessen, noch musst du ihn hassen. Beides wird dir sowieso nicht gelingen, und daraus mache ich dir auch keinen Vorwurf. Wenn du hörst "Lasst den, schaut doch, was er für ein Idiot geworden ist", sollte in deinem Kopf immer die Erkenntnis aufleuchten, die du schon hattest: Es ist ja nicht so, dass er verrückt geworden ist. Jedes schlechte Verhalten hat auch seine Gründe - wer weiß, welche das sind? Vielleicht hat er Probleme zuhause, vielleicht hat er einen Freund verloren, oder sonst einen Verlust erlitten? Man weiß es nicht. Jedenfalls sind sein Verhalten in der Schule, das Trinken und alles Andere, keine Anzeichen, dass er plötzlich ein völlig anderer Mensch wäre. Er durchläuft eine Entwicklung, so wie auch du, und diese ist bei ihm von riskanten Aktionen begleitet. Dass du dir deshalb Sorgen machst, ist verständlich und löblich. Und auf keinen Fall ist seine Wandlung ein Grund, ihn plötzlich abzulehnen. Deine Gefühle für ihn sind ja etwas Positives - und man kann gegen seine Gefühle eben nicht an. Da hilft es auch nichts, dass er wechselnde Freundinnen hat, heftig feiert und raucht. Gefühle sind manchmal gegen den Verstand, aber das ist ja auch nur gut so. Wo wäre die Welt sonst, würden wir stets nur den einfachsten Weg gehen?

Trotz allem solltest du auch nicht vergessen: Dass das, was er tut, unvernünftig und öfters auch gefährlich ist, weiß er selbst. Es mag nicht von ungefähr kommen, dass er sich dazu herablässt, diese Risiken sucht. Aber das ändert nichts daran, dass er sich bewusst entschieden hat, zu trinken, den Unterricht zu stören, zu rauchen, und was nicht alles. So hart es klingt: Die Möglichkeit besteht, dass er erst gewisse Erfahrungen machen muss, um zu merken, wie gefährlich all das ist. Es gibt viele, die alle Warnungen in den Wind schießen - auch deine. Man muss ihn irgendwo auch "machen lassen", niemand kann zu seinem Glück gezwungen werden. Außerdem bleibt es seinen Freunden ja nicht verborgen, was mit ihm vorgeht, und seiner Familie mit Sicherheit auch nicht. Zwar spräche nichts dagegen, dass du ihm sagst, wie sehr du dich um ihn sorgst. Das würde aber nur Sinn machen, wenn seine Reaktion dir egal ist. Denn es könnte ja sein, dass er dich harsch zurückweist, von deiner Angst gar nichts hören will. Zumal ihm ja nicht klar ist, was du für ihn empfindest. Und hältst du es für klug, dir selbst noch mehr Angst und Sorge aufzuladen? Wo es dir ohnehin schwer fällt, von deiner Liebe zu ihm zu erzählen? Ich sage: Es ist super, wenn du dich traust, ihm mitzuteilen, dass du dich sorgst. Und ich hätte dir auch geraten, ihm deine Liebe zu gestehen - allein schon, damit du Gewissheit hast, wie er zu dir steht. In diesem Fall muss ich jedoch sagen: Schütze zuerst dich selbst. Tu lieber nichts, wobei du selber ein ungutes Gefühl hast. Ich würde ihn nur auf all das ansprechen, wenn du dir deiner Sache sicher bist. Wenn du etwas davon hältst, sagen zu können: "Wenigstens weiß er jetzt bescheid!" Wenn das aber nicht so ist, und du Gefahr läufst, noch mehr Schmerz und Angst in dir wachzurufen, dann würde ich eher abwarten.

Mit Sicherheit bieten solche Situationen, wie du sie bei den Fächern erlebt hast, sich an, um ihm etwas den Mut zu stärken. Und auch sonst spricht ja nichts dagegen, ihm durch ein Lächeln, freundliche Bemerkungen oder einen Gruß zu versichern, dass du ihn weiterhin gern hast. An dieser Stelle wirst du aber merken: Deine Liebe zu ihm ist nicht nur eng mit deiner Sorge verknüpft, weil das eine aus dem anderen entsteht. Sondern auch, weil es dir vielleicht unangenehm ist, diesen "schwierigen" Jungen zu lieben? Daher frage dich erst: Kann ich dazu stehen, dass ich ihn liebe - auch wenn sein Ruf nicht der beste ist? Es vielleicht weitersagen, vielleicht sogar ihm selbst? Das ist noch lang keine Gewähr dafür, dass er sich ändert. Das wird sowieso nicht von jetzt auf gleich gehen. Aber wirklich helfen - wenn das dein Wunsch ist - kannst du ihm ja nur, wenn du mit ihm in Kontakt trittst. Und jetzt ist die Frage, willst du das? Traust du dich das? Denn über kurz oder lang wird es sich ergeben, dass du deine Liebe zu ihm erklären musst. Falls die Gerüchte nicht eh schneller sind als du. Und dann ist da ja noch er selbst. Was, wenn er abweisend ist, von dir nichts wissen will? Das wäre wahrscheinlich schwer zu ertragen. Aber immerhin wäre dann die quälende Ungewissheit vorbei, und du könntest sicher sein, dass dein Bemühen in ihm arbeitet - um vielleicht irgendwann Früchte zu tragen.

Daher ist es mir so wichtig, dir klar zu machen, dass du ihn weder vergessen noch gar hassen musst. Er ist in einer schwierigen Lebensphase, probiert sich aus, hat ungute Weisen, seine - vermuteten - Probleme zu lösen. Das kann für ihn gefährlich ausgehen, und auch Andere leiden darunter, das ist so. Aber deshalb ist er noch kein Abschaum, den man ignorieren und ablehnen muss. Er verdient es weiterhin, dass man sich um ihn bemüht. In deinem Fall führt es leider dazu, dass deine Sorge dich allmählich auffrisst, ohne etwas zu bewirken. Du kannst es also auf den Versuch ankommen lassen - dann musst du jedoch damit leben, wenn er deine Hilfe und Liebe nicht will. Ohne Einsicht von ihm geht es nicht, und diese ist vielleicht noch nicht reif. Oder du versuchst, dir selbst eine Grenze zu setzen, jetzt - weil es eben so sein muss. Um dich selbst zu schützen, und weil auch er einen Wunsch nach Veränderung spüren sollte, wenn sich was ändern soll. "Eine Grenze setzen" soll nicht bedeuten, dass du von deinen Gefühlen ablässt. Das wird nicht gehen, wenigstens nicht gleich. Aber es gilt einen Weg zu finden, wie du weniger von ihm abhängig sein kannst. Denn das bist du gerade - ohne dass er es weiß. Generell gilt: Es ist toll, dass du dir Gedanken machst, und er verdient sie auch. Jedoch darfst du auch dich selbst nicht vergessen. Denn so ist niemandem geholfen. Und das wäre doch schade, oder? Du kannst deinem Schwarm am besten einen Dienst erweisen, wenn du dich nicht aufgibst, sondern einen kühlen Kopf behältst, und dich nicht einschüchtern lässt. Denn so merkt er nicht nur, wie wichtig er für dich ist, sondern respektiert dich auch umso mehr. Und so kann er am besten einsehen, dass es noch Dinge im Leben gibt, für die es sich zu kämpfen, zu disziplinieren lohnt. Wer weiß, vielleicht wirst du eines davon? Bist es womöglich bereits?

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul