Problem von Christina - 28 Jahre

Angst den Freund zu berühren

Hallo,
leider habe ich ein ziemliches Problem. Ich bin 28 und habe einen fünf Jahre älteren Freund. Wir sind seit 6 Monaten zusammen, kennen uns bereits zwei Jahre. Wir hatten beide noch keinen Partner. Mein Problem ist, ich habe solch eine Angst ihn zu berühren. Ich befürchte immer, er könnte es als Aufforderung für mehr sehen und dass er dann alles schneller macht. Auch befürchte ich, dass das alles irgendwie unanständig wäre, wenn wir uns küssen oder gar miteinander schlafen würden. Er sagte jetzt, dass wir vielleicht in ein paar Monaten miteinander schlafen könnten. Da bekomme ich schon Panik wenn ich nur dran denke. Dabei sehne ich mich nach einer Beziehung ich liebe ihn sehr und er mich auch. Wenn mein Freund mich von hinten umarmt, zucke ich immer richtig zusammen und kann das alles gar nicht genießen und ihm auch nichts zurückgeben. Eben weil immer die Angst kommt, dass er dann noch schneller mit mir ins Bett will als ohnehin schon.
Wie kann ich diese Ängste überwinden und seine Berührungen genießen und ihm auch mehr geben?
Es wäre total toll wenn ihr meine Frage beantworten würdet.
Gruß Christina

Judith Anwort von Judith

Liebe Christina

Danke für Deine Offenheit und Dein Vertrauen in uns.
Das klingt wirklich, als würdest Du leiden. Du steckst zwischen den Gefühlen: Einersteits hast Du Angst vor Körperlichkeit und vor Sexualität. Andererseits möchtest Du auch eine Beziehung führen uns sehnst Dich nach Nähe.

Was mich aufhorchen lässt ist, dass Du denkst, Du könntest etwas "Unanständiges" verursachen, oder aber ihn zu Dingen verleiten, die Dir nicht gefallen. ZB., dass er schneller mehr will und Du Dich dann in die Ecke gedrängt fühlst.

Ihr seid nun seit 6 Monten zusammen und wenn ich das richtig verstehe, läuft da körperlich nicht viel. Ihr habt noch nicht miteinander geschlafen, und auch vom Küssen sprichst Du im Konjunktiv.

Ich habe zweierlei Überlegungen zu dem Thema.
Zum einen: Versucht doch mal, "Sex", also "den Akt an sich", nicht als das ultivative Ziel zu sehen. Da verkrampft man nur. Zwischen Händchen halten und miteinander schlafen gibt es viel mehr, und das hat mit Vertrauen, Nähe, Intimität und sich Kennenlernen zu tun. So, wie ihr seit 6 Monaten den anderen in seinen Interessen, Wünschen, Werten und Hobbies kennenlernt, könnt ihr (solltet ihr, meiner Meinung nach) auch sexuell die Sache angehen. Niemand wacht eines schönen Morgens auf und wird vom Coach Potato zum Marathonläufer. Mit körperlicher Intimität ist es dasselbe: Übung macht den Meister. Und vor allem hilft hier, Vertrauen aufzubauen durch miteinander Reden.

Wenn Dein Freund sagt, er möchte mit Dir schlafen, heisst das ja auch, dass er Dich begehrt, Dich körperlich kennenlernen will. Nicht nur für seine, sondern auch für Deine Befriedigung. Sprecht miteinander. Ihr seid beide unerfahren - also nehmt Euch Zeit, sagt Euch gegenseitig, was in Euch vorgeht. Sprecht über Eure Ängste und Wünsche. Achtet auch den anderen, und sagt stopp, wenn es nicht das ist, was Ihr möchtet. Und so tastet Ihr Euch langsam aneinander heran.

Ich frage mich allerdings auch, Christine, warum Dir Sexualität so viel Mühe macht. Das Thema ist für Dich mit viel Scham besetzt, kann das sein? Sex ist nicht schmutzig, sexuelles Verlangen ist natürlich und eine wunderschöne Sache, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Ist das mal etwas vorgefallen bei Dir, was Dich verstört hat? Was Dir die Möglichkeit nimmt, Sexualität unbeschwert und angst- und schamfrei zu geniessen? Geh mal in Dich, und gegebenenfalls helfen auch hierüber Gespräche. Mit Deinem Freund, damit er weiss, dass das Thema für Dich schwierig ist und er Dich nicht versehentlich überrumpelt. Aber vielleicht helfen auch ein paar Sitzungen bei einem Therapeuten, damit Du die Vergangenheit ruhen lassen kannst und frei und unbeschwert im Hier und Jetzt leben kannst.

Ich wünsche Euch beiden alles Gute!

Herzlich,
Judith